Sie sind heiß begehrt und meistens rar: Öffentliche Toiletten sind in Mainz in der Innenstadt dünn gesät. Das Häuschen am Mainzer Hilton kennen noch viele, die unterirdischen Toiletten am Markt viele schon nicht mehr – und danach herrscht ohnehin Ödnis, wenn es um die Frage geht. Wohin mit dem Bedürfnis? Die Stadt Mainz will das nun ändern – den Biontech-Millionen sei Dank. Man wolle ein neues Toiletten-Konzept für Mainz entwickeln, kündigte Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) an. Man wolle Bedarfe ermitteln und schauen, wo es weitere öffentliche Häuschen brauche.

Öffentliche Toilette am Rheinufer neben dem Hilton Hotel. - Foto: gik
Öffentliche Toilette am Rheinufer neben dem Hilton Hotel. – Foto: gik

26 öffentliche Toiletten gibt es nach Angaben der Homepage der Stadt Mainz in der Landeshauptstadt – ein Blick auf die Karte wie etwa bei Google Maps, lässt den Suchenden indes eher ratlos zurück: Von den 26 Toiletten werden in der Innenstadt gerade einmal sieben angezeigt, rund um den Hauptbahnhof weitere drei, in der Mainzer Neustadt weitere vier. Im eigens dazugehörenden Stadtplan der Stadtverwaltung zeigt sich: mittgezählt werden offenbar – und nicht zu Unrecht – Toiletten im Rathaus, im Stadthaus sowie in den Ortsverwaltungen, doch die sind an die Öffnungszeiten der Ämter gebunden.

Öffentliche Toiletten in Form von eigenständigen Häuschen verzeichnet die Liste der Stadt schließlich 12: Da sind die Häuschen am Hilton und in der Kaiserstraße, am Adenauer-Ufer am Rhein wird ebenfalls ein Häuschen verzeichnet, ferner in der Bonifaziusstraße, im Eisgrubweg, in der Heugasse und in der Badergasse. Auch die öffentliche Toilette am Markt ist natürlich dabei, hinzugezählt werden aber auch öffentliche WCs im Hauptbahnhof sowie auf der Zitadelle.

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Reicht das, um Mainz anständig mit Toilettenhäuschen zu versorgen? Das will jetzt das Wirtschaftsdezernat der Stadt Mainz herausfinden: Man werde ein Toiletten-Konzept in Auftrag geben, kündigte Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) nun an: „Wir wollen nachsehen: wo sind Bedarfe, wo könnten Toiletten hin, und in welchem Umfang brauchen wir Toiletten.“ Das neue Konzept solle Lücken aufspüren und „gewährleisten, dass die Leute auch ihren Bedürfnissen nachkommen können“, sagte Matz – so solle auch die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt gesteigert werden.

Wo fehlen in Mainz öffentliche Toiletten? Das will die Stadt Mainz nun wissen. - Foto: gik
Wo fehlen in Mainz öffentliche Toiletten? Das will die Stadt Mainz nun wissen. – Foto: gik

Tatsächlich ist Wildes Urinieren schon seit Jahren ein Ärgernis in der Stadt, oft geschieht es, weil eine öffentliche Toilette eben gerade nicht zu finden ist. Andere Städte hätten bereits solche Toiletten-Konzepte in Auftrag gegeben, betonte Matz. International ist man da ohnehin längst weiter: Berühmt sind die Toiletten in der französischen Hauptstadt Paris, die den Besucher mit Musik erfreuen – und ihn mitspülen, wenn er nicht rechtzeitig das Örtchen verlässt. In den USA wird alljährlich die schönste öffentliche Toilette beim  “American Best Restroom Award” gekürt – nur in Deutschland versteckt man die Häuschen verschämt in schmutzigen Ecken.

Dabei waren einst öffentliche Toiletten etwa im Berlin der Kaiserzeit regelrechte Sehenswürdigkeiten, ein lange Geschichte haben die oft gar nicht so stillen Örtchen sowieso: Schon im antiken Rom gab es öffentliche Latrinen, dort herrschte munteres Treiben und man klönte bei der Verrichtung eifrig. Sogar Geschäfte wurden hier abgewickelt, und so vermuten manche, dass hier der Ursprung des Sprichworts „sein Geschäft machen“ liegt.

 

Danach wurde es düster: Im Palast von Versailles gab es angeblich 2000 Zimmer – aber nur eine Toilette.  Erst 1775 meldete Alexander Cumming das Patent für das erste Water Closet (WC) mit Geruchsverschluss an, wie der Tagesspiegel zu berichten weiß. Es war der Durchbruch der Toilettenkultur und der Beginn der modernen Badezimmer, damit nahm aber parallel die Zahl der öffentlichen Toiletten stetig ab – auch, weil diese ein ständiges Problem mit der Sauberkeit und oft auch des Vandalismus mit sich bringen.

Zerstörte Toilette im Mainzer Volkspark - ein großes Problem bei den Örtchen ist Vandalismus. - Foto: gik
Zerstörte Toilette im Mainzer Volkspark – ein großes Problem bei den Örtchen ist Vandalismus. – Foto: gik

Nun ist auch in Mainz oft guter Rat teuer, und für Touristen oft ein endloses Suchspiel – das Nachsehen haben Restaurants, die die Suchenden auffangen müssen. Die Linke will nun am morgigen Mittwoch im Mainzer Stadtrat wissen, ob die Anzahl der öffentlichen Toiletten analog zur Anzahl der Einwohner in Mainz in den vergangenen 30 Jahren gestiegen sei? Schließlich habe die Einwohnerzahl in dieser Zeit um fast 12 Prozent zugelegt, dazu kämen Events wie das Mainzer Marktfrühstück mit mittlerweile weit mehr als 6000 Besuchern.

„All diese Menschen „müssen“ auch mal“, heißt es bei der Linken – gebe es bei der Stadt eigentlich „eine Bedarfsliste“ für solche Häuschen? Nein, eine Bedarfsliste gebe es bisher nicht, so die Antwortet aus dem Wirtschaftsdezernat, Hinweise ergingen häufig aus den Gremien oder von Seiten der Bevölkerung. Auch die Freien Wähler haben eine umfangreiche Anfrage zum gleichen Thema gestellt, der Fokus liegt bei ihnen aber auf den Mainzer Festen.

 

Wie viele Toiletten habe es am Rosenmontag, beim Marktfrühstück, beim Rheinland-Pfalz-Tag und bei der Johannisnacht gegeben, will FW-Stadtrat Erwin Stufler wissen, und: Wie lange seien die Wartezeiten bei Männern und bei Frauen? In Mainz gebe es bei öffentlichen
Toiletten auf Festen „noch großes Entwicklungspotential“, sagte Stufler: „Die Wartezeiten vor den Toilettenwagen auf den Mainzer Festen sind manchmal länger als die Zeit
für den Besuch des Festes. Wieso weibliche Gäste länger auf eine freie Toilette warten sollen als Männer, erschließt sich wohl nur männlichen Veranstaltern.“

Vorzeige-Toilettenhäuschen in Mainz am Münsterplatz. - Foto: gik
Vorzeige-Toilettenhäuschen in Mainz am Münsterplatz. – Foto: gik

Im Dezernat Matz sah man sich außerstande, die Anfrage bis zum Mittwoch zu beantworten und will das nun im September nachholen. Matz verwies in ihren Antworten zudem darauf, dass ja genau deshalb nun eben ein innerstädtisches Toilettenkonzept geplant sei, das durch eine externe Planungsfirma durchgeführt werden soll.

Betrachtet werden soll zunächst der zentrale Innenstadtbereich zwischen Hauptbahnhof und Rheinufer, gemeint ist hier der Bereich zwischen Zollhafen und Winterhafen. Dabei solle „neben der Standortfrage auch die gestalterischen Aspekte sowie die Ausstattung betrachtet werden“, sagte Matz, und verriet vergangene Woche: „Wenn es gut läuft, dann bekommen wir unser eigenes Mainzer Toilettenhäuschen.“

Info& auf Mainz&: Einen Stadtplan und eine Liste der öffentlichen Toiletten in Mainz findet Ihr hier bei der Stadt Mainz im Internet. Eine List der öffentlichen Toiletten samt Stadtteilen und Stadtparks findet Ihr hier beim Wirtschaftsbetrieb der Stadt Mainz im Internet.