Die Stadt Mainz macht Ernst bei der Geschwindigkeitsüberwachung: Gleich neun neue Blitzanlagen will die Stadtverwaltung einrichten, drei stationäre Messanlagen zur reinen Geschwindigkeitsüberwachung sowie sechs Blitzanlagen an Ampeln und Kreuzungen in Form moderner Säulen. Diese können sowohl das Überfahren bei Rot als auch Geschwindigkeitsüberschreitungen ahnden. Dazu soll es eine mobile Messstation in einem Trailer geben – geplante Einnahmen: mehr als 1,74 Millionen Euro pro Jahr.
Im Jahr 2019 änderte das Land Rheinland-Pfalz die Zuständigkeit für die Überwachung des rollenden Verkehrs, seither ist die Stadt Mainz für die Kontrollen selbst zuständig. Geschwindigkeitsüberschreitungen und Rotlichtverstöße hätten „maßgeblichen und ursächlichen Anteil am Verkehrsunfallgeschehen“, betont die Stadt, Raser gefährdeten das Leben anderer Straßenverkehrsteilnehmer. Der Verpflichtung zur Kontrolle müsse und wolle man nachkommen.
Durch unangepasste Geschwindigkeit werde Lärm verursacht und es würden Schadstoffe freigesetzt, argumentiert das Verkehrsdezernat weiter, deshalb sei „in der Innenstadt Tempo 30 angeordnet“ worden – das müsse nun aber auch kontinuierlich überwacht werden. Mit mobiler Überwachung alleine sei das aber nicht leistbar, „ohne dabei andere Risikostellen zu vernachlässigen.“ Eine Kombination von stationären, semistationären und mobilen Messanlagen solle hier Abhilfe schaffen.
In einer Vorlage für den Stadtrat am Mittwoch sieht das Verkehrsdezernat von Dezernentin Katrin Eder (Grüne) deshalb die Anschaffung von gleich neun neuen stationären Blitzanlagen im Stadtgebiet sowie einer mobilen Messeinheit vor. Die drei stationären Messanlagen würden „an besonders kritischen Stellen“ aufgestellt, die so kontinuierlich überwacht würden und damit „Ressourcen zur mobilen Überwachung anderer Stellen freisetzen“, argumentiert die Vorlage weiter.
Überwachen sollen die drei Blitzanlagen vor allem das neue Tempo 30 in der Mainzer Innenstadt: So ist eine Anlage in der Altstadt in der Rheinstraße in Höhe Weintorstraße in Fahrtrichtung Rathaus geplant, eine zweite auf der Rheinallee in Höhe des Zollhafens stadteinwärts kurz hinter der Feuerwache in Höhe der Lahnstraße. Ein drittes stationäres Geschwindigkeitsmessgerät sieht die Vorlage in der Langenbeckstraße vor, in der Kurve bei der Auffahrt zur Uniklinik auf der rechten Seite. Ob an dieser Stelle besonders häufig Unfälle passieren, teilte die Stadt nicht mit, man verspreche sich allgemein eine verbesserte Einhaltung der Verkehrsregeln im Sinne der Verkehrssicherheit, heißt es lediglich.
Überhaupt legt das Verkehrsdezernat in seiner Vorlage für den Stadtrat keinerlei Mainzer Zahlen zur Begründung vor: Wie viele Rotlichtverstöße es in Mainz in den vergangenen Jahren gab, wird ebenso wenig aufgeführt wie die Zahl der Temposünder im Stadtgebiet. Dennoch sollen an sechs Kreuzungen Blitzanlagen errichtet werden, die sowohl das Überfahren bei Rotlicht als auch Geschwindigkeitsverstöße erfassen und ahnden helfen sollen. Von den sechs Blitzern sollen jeweils drei im Wechsel mit Kameras bestückt werden, das richte sich „nach dem Verkehrsaufkommen und individuellen Bedarf zur Überwachung“, teilte die Stadt mit. Für die Verkehrsteilnehmer sei dabei nicht ersichtlich, welche Messstelle aktuell überwacht werde, so dass der Effekt immer eintrete.
Demnach sollen Blitzer an der Kreuzung Kreuzstraße/Am Stollhenn in Mombach, an der Kreuzung Am Judensand/Am Fort Gonsenheim am SWR-Funkhaus sowie an der Kreuzung Mainzer Straße/Koblenzer Straße am Ortseingang von Gonsenheim installiert werden. Auf dem Kästrich soll eine Blitzanlage an der Kreuzung Augustusstraße/Am Kupferberg entstehen, an der Pariser Straße Ecke Geschwister-Scholl-Straße die Fahrtrichtung stadtauswärts überwacht werden. In der Rheinallee wird es zusätzlich einen Blitzer an der Kreuzung zur Kaiserstraße geben.
In welcher Höhe Verstöße gegen Rotlicht vorkomme, dazu habe man kein eigenen Erfahrungswerte, räumt die Stadt in der Vorlage selbst ein: „In Ermangelung eigener Erfahrungswerte wurde mit anderen, in der Größe in etwa vergleichbaren Kommunen Kontakt aufgenommen.“ Dazu habe man in Göttingen und Wiesbaden nachgefragt, wo bereits seit längerer Zeit die kombinierten Überwachungsanlagen von Rotlicht und Geschwindigkeit eingesetzt würden.
In Wiesbaden beziffere man die Anzahl der Rotlichtverstöße je Anlage im Stadtgebiet mit rund 1.000 Fällen jährlich, insgesamt werde dort von 3.300 Rotlichtverstößen und 23.650 Geschwindigkeitsverstößen pro Jahr ausgegangen. Dazu will Mainz nun auch einen beweglichen Trailer mit stationärer Blitzanlage anschaffen, wie er bereits von Autobahnen bekannt ist, der Trailer soll an wechselnden Stellen im Stadtgebiet eingesetzt werden und die mit Personal betriebenen mobilen Messfahrzeuge ergänzen. Auf Basis der Fallzahlen der Stadt Göttingen werde für den sogenannten „Enforcement-Trailer“ von rund 30.000 Geschwindigkeitsverstößen pro Jahr ausgegangen, so dass in Summe von 75.150 Geschwindigkeitsverstößen auszugehen sei, dazu rechne man in Mainz mit rund 1.650 zu erwartenden Rotlichtverstößen.
Auf dieser Basis errechnet die Stadtverwaltung jährliche Einnahmen von rund 1,744 Millionen Euro pro Jahr durch die neuen Blitzer, davon allerdings nur 226.000 Euro durch Rotlichtverstöße, aber rund 1,5 Millionen Euro durch Geschwindigkeitsmessungen. Allein der mobile Trailer würde 720.000 Euro einspielen, dem stünden jährliche Wartungs- und Personalkosten von rund 669.000 Euro pro Jahr gegenüber. Die Anschaffung der Blitzer selbst wird rund 890.000 Euro kosten, dazu kommen Kosten für Software und Installation sowie Personalschulung – insgesamt rund 1,7 Millionen Euro.
Die neuen Blitzer werden wohl im Laufe des Jahres 2021 kommen, ohne zusätzliche Messanlagen könnten die anstrebten Ziele nicht erreicht werden, betont die Stadt. Eine Geschwindigkeitsüberwachung mit mobilen Messgeräten sei aber von vorhandenen Freiflächen wie Parklücke abhängig, gerade an den notwendigen Stellen gebe es die häufig aber nicht. Deshalb sei der Einsatz stationärer Anlagen nötig, der Mess-Trailer als semistationäre Messanlage ergänze das Portfolio. „Mit dem Einsatz der geplanten Messanlagen ist eine maßgebliche Verbesserung zugunsten der Verkehrssicherheit, Schulwegsicherheit, der Lärmwerte und der Umweltbelastung zu erwarten“, so die Stadt.
Info& auf Mainz&: Mehr zum Thema Tempo 30 in der Mainzer Innenstadt lest Ihr hier bei Mainz&. Wo genau die neuen Blitzer stehen sollen, könnt Ihr in der Anlage zu der Verwaltungsvorlage sehen, die Dateien findet Ihr im Ratsinformationssystem der Stadt unter der Tagesordnung für den Stadtrat am 23. September 2020 – genau hier im Internet.