Das Experiment des Null-Euro-Samstags in Mainz scheint sich zu einer Erfolgsgeschichte  auszuweiten: Die Stadt Mainz zog nun eine überwältigend-positive Bilanz der kostenlosen ÖPNV-Nutzung an jedem ersten Samstag im Monat. Demnach führte die freie Fahrt in Bussen und Bahnen zu einem spürbaren Fahrgastzuwachs, aber auch zu einer erhöhten Passantenfrequenz in der Innenstadt. Nun gibt es den Wunsch nach Ausweitung des Angebots – vor allem auf Wiesbaden. Mainz& kommentiert: Geht doch. Die Aktion zeigt: Es ist eben doch der Preis, der heiß ist – und entscheidend ist eine gute und günstige Erreichbarkeit der Innenstadt.

OB Nino Haase (parteilos) startete im Juli den 0-Euro-Samstag in Mainz, die kostenlose Nutzung von Bussen und Bahnen an jedem ersten Samstag im Monat. - Fotos: Stadt Mainz
OB Nino Haase (parteilos) startete im Juli den 0-Euro-Samstag in Mainz, die kostenlose Nutzung von Bussen und Bahnen an jedem ersten Samstag im Monat. – Fotos: Stadt Mainz

Im Juli 2024 hatte die Stadt Mainz eine besondere Aktion gestartet: An jedem 1. Samstag im Monat ist der Öffentliche Nahverkehr in Mainz kostenlos, und das für die nächsten 12 Monate. Damit setzte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) eine Idee aus seinem OB-Wahlkampf um. „Einfach einsteigen und mitfahren – von der ersten Fahrt am Morgen bis zum Betriebsschluss in der Nacht“, heißt das Motto bei der MVG – mit der Aktion will Mainz wieder mehr Menschen zum Einkaufen und Ausgehen in die Mainzer Innenstadt locken.

Und das scheint gut zu funktionieren: „Die ersten vier von insgesamt zwölf geplanten 0-Euro-Samstagen im ÖPNV haben in Mainz eine positive Wirkung gezeigt und zu einer spürbaren Steigerung der Fahrgastzahlen sowie einer erhöhten Passantenfrequenz in der Innenstadt geführt“, bilanzierten Haase, die Mainzer Verkehrsgesellschaft sowie Vertreter es lokalen Einzelhandels am Dienstag in Mainz. „Die Mainzerinnen und Mainzer haben vom 0-Euro-Samstag in den ersten Monaten rege Gebrauch gemacht“, freute sich MVG-Geschäftsführer Florian Wiesemann.

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Bis zu 20 Prozent mehr Fahrgäste pro Samstag

Daten aus Fahrgastzählungen der Mainzer Verkehrsgesellschaft belegen: Die kostenlose ÖPNV-Nutzung brachte pro Samstag bis zu 20 Prozent mehr Nutzer in Busse und Bahnen. So wurde in den Ferienmonaten Juli und August jeweils ein Fahrgastzuwachs zwischen von 12 Prozent gezählt, im September waren es sogar 19 Prozent – die Zahlen gelten für den gesamten Tag. An der zentralen Haltestelle Höfchen lag der Zuwachs der Ein- und Aussteiger zu einzelnen Uhrzeiten sogar bei über 30 Prozent.

Zufriedene Zwischenbilanz zum 0-Euro-Samstag in Mainz. - Foto: Stadt Mainz
Zufriedene Zwischenbilanz zum 0-Euro-Samstag in Mainz. – Foto: Stadt Mainz

„Die kostenfreie Nutzung des ÖPNV an den Aktionstagen hat sich damit als wirkungsvolles Instrument erwiesen, um mehr Menschen zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu bewegen“, sagte Wiesemann weiter – und dass, ohne dass es zu einer Überlastung der Fahrzeuge gekommen sei. Auch die Passantenfrequenz in der Innenstadt nahm spürbar zu: Zählungen an zentralen Standorten wie Brand, Schusterstraße und Stadthausstraße zeigten je nach Uhrzeit eine Zunahme der Passantenzahlen von bis zu 30 Prozent gegenüber Vergleichssamstagen.

„Die bisherigen 0-Euro-Samstage sind ein voller Erfolg für Mainz“, freute sich OB Haase: „Wir haben gezeigt, wie attraktive Angebote den öffentlichen Nahverkehr stärken und zugleich unsere Innenstadt beleben können. Es freut mich, dass so viele Menschen das kostenfreie Angebot annehmen und dadurch Einzelhandel und Gastronomie profitieren. Diese Resonanz bestätigt uns, dass wir mit der Aktion den richtigen Weg eingeschlagen haben“, unterstriche der Oberbürgermeister.

Fahrgäste zufrieden mit Aktion – Ausweitung auf Wiesbaden gewünscht

Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) hob vor allem den positiven Effekt im Bereich des Umweltschutz hervor: „Die Stärkung des ÖPNV ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz“, betonte die Dezernentin. Durch die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel könnten Emissionen reduziert werden. „Wir sind sicher, dass das Interesse an der Aktion auch in den kommenden acht Monaten groß bleiben wird und natürlich hoffen wir, dass wir dadurch auch dauerhaft neue Fahrgäste für den ÖPNV gewinnen können“, ergänzte Wiesemann.

Besonders oft wurde die Haltestelle am Höfchen bei den 0-Euro-Samstagen angesteuert - klar: Sie liegt im Herzen der Mainzer Altstadt. - Foto: gik
Besonders oft wurde die Haltestelle am Höfchen bei den 0-Euro-Samstagen angesteuert – klar: Sie liegt im Herzen der Mainzer Altstadt. – Foto: gik

Zumal die Fahrgäste offenbar ausgesprochen zufrieden mit der Aktion sind: Bei einer Fahrgastbefragung von Studierenden der Hochschule Rhein-Main äußerten sich die Teilnehmenden fast ausschließlich positiv über die Aktion. Rund ein Viertel der befragten Fahrgäste am Höfchen gaben an, speziell aufgrund des 0-Euro-Samstages mit dem ÖPNV in die Stadt gekommen zu sein. „Neben den finanziellen Vorteilen und dem Wegfall des Ticketkaufs wurde auch der Komfort besonders hervorgehoben“, so die Stadt weiter. Die Studie zeige zudem, dass der 0-Euro-Samstag auch Impulse für den Einzelhandel und die Gastronomie in der Mainzer Innenstadt setze.

Allerdings gab es auch Kritik: „Während das Interesse und die Bekanntheit des 0-Euro-Samstages sehr hoch waren, wurde vereinzelt die lokale Begrenzung der Aktion kritisiert“, heißt es weiter. Denn: Das 0-Euro-Ticket endet bisher noch an den Stadtgrenzen von Mainz, einzig die Gemeinden Wackenheim und Zornheim sind noch mit dabei. Aus dem benachbarten Wiesbaden allerdings kann das 0-Euro-Ticket nicht genutzt werden – das ist besonders doof für Menschen aus den AKK-Gemeinden Kastel und Kostheim. Besonders Passanten aus dem Umland, darunter AKK, Wiesbaden und Rheinhessen, hätten deshalb den Wunsch nach einer Ausweitung des Angebots geäußert, so die Studie weiter.

Aktion lockt Menschen in die Stadt und steigert Nutzung des ÖPNV

Bei der Stadt Mainz heißt es, man werde die weitere Entwicklung an den noch ausstehenden acht 0-Euro-Samstagen genau beobachten. „Die bisherigen Ergebnisse zeigen eine insgesamt positive Bilanz: Die Aktion wirkt als Anreiz zur Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs und belebt das Stadtbild“, so das Fazit bei der Mainzer Verkehrsgesellschaft. Man sehe ein nachhaltiges Potenzial für den Mainzer ÖPNV, den Einzelhandel und die Gastronomie.

Die Kosten für die Stadt halten sich im Übrigen in Grenzen: Jeder kostenfreie Samstag kostet die Stadt Mainz zwar rund 25.000 Euro, wie eine Antwort auf eine SPD-Anfrage im Stadtrat im September 2024 ergab. Doch von diesen Kosten erhält die Stadt Mainz im Zuge des Einnahmenaufteilungsverfahrens im Rhein-Main-Verkehrsverbund auch wieder einen Anteil zurück. „Ein konkreter Rückfluss je Euro kann erst nach der jährlich im November erfolgenden Einnahmenaufteilung benannt werden“, antwortete die Stadt zur Größenordnung. OB Haase hatte deshalb auch schon im September im Mainz&-Interview betont: Trotz der wieder schwierigen Haushaltssituation in Mainz werde am 0-Euro-Samstag festgehalten.

Kommentar& auf Mainz&: Der Preis ist heiß,  

Jahrelang wurde abgewiegelt und abgewunken: Kostenloser ÖPNV? Ach, das bringe doch gar nichts, hieß es bei der Mainzer Verkehrsgesellschaft immer wieder, der Preis sei doch gar nicht so wichtig, Vorschläge vom kostenlosen Nahverkehr Traumtänzerei. Jetzt zeigt sich: Und es stimmt eben doch. Kostenlose Busse und Bahnen bringen Menschen dazu, auf den ÖPNV umzusteigen, das Auto stehen zu lassen – und setzen einen Anreiz für den Besuch in der Stadt.

Da rollte die Buslinie 6 noch über die Binger Straße: Baustellen-Chaos und mangelhafte Verkehrsführung bremsen derzeit auch Busse und Bahnen in Mainz massiv aus. - Foto: gik
Da rollte die Buslinie 6 noch über die Binger Straße: Baustellen-Chaos und mangelhafte Verkehrsführung bremsen derzeit auch Busse und Bahnen in Mainz massiv aus. – Foto: gik

Auch wenn Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) es immer noch nicht geschafft hat, Zählungen zum Autoverkehr in Sachen 0-Euro-Samstag vorzulegen – warum eigentlich nicht?? – zeigt sich anhand der Fahrgastzahlen ein eindeutiger Trend: Rollen Busse und Bahnen für den Gast zum Nulltarif, steigt man eben doch mal eben um und ein. Es ist eben doch vielfach der Preis, der Menschen abschreckt, kein Wunder, wenn eine einfache Fahrt in die Stadt stolze 3,50 Euro kostet. Das Auto steht ohnehin vor der Tür, da ist man schnell mal reingehüpft.

Ein kostenloses Angebot aber – dafür nimmt man gerne auch mal längere Wegstrecken und Unannehmlichkeiten wie ausfallende Busse und nicht funktionierende Anschlüsse in Kauf. Denn das ist die Kehrseite im Nahverkehr zurzeit: Busse fallen ohne Vorankündigung aus, Bahnen bleiben stecken, Verspätungen sind an der Tagesordnung – mit diesem ÖPNV ist kein verlässlicher Verkehr mehr zu machen.

Das liegt auch an der haarsträubenden Ignoranz, wie sie die grüne Verkehrsdezernentin in Mainz derzeit an den Tag legt: Baustellen-Chaos und mangelhafte Verkehrsführung bremsen eben auch Busse und sogar Bahnen aus. Das tut übrigens auch Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen – das beklagt auch die MVG. Die Aktion vom 0-Euro-Samstag zeigt: Eine erreichbare Innenstadt ist eine attraktive Innenstadt – und der Preis ist eben doch heiß.

Info& auf Mainz&: Übrigens: Der nächste 0-Euro-Samstag steht schon wieder vor der Tür – an diesem Samstag, den 2. November 2024, ist die Nutzung von Bussen und Bahnen erneut in Mainz, Zornheim und Wackernheim kostenlos. Mehr zu der Aktion lest Ihr auch hier bei Mainz&.