Die Corona-Pandemie lässt die Wirtschaft weiter sorgenvoll in die Zukunft schauen. Die Wirtschaft in Rheinhessens starte verhalten ins neue Jahr, der im Herbst 2021 erhoffte Aufschwung sei bislang ausgeblieben, bilanzierte nun die Industrie und Handelskammer (IHK) in Mainz. Corona bleibe weiter das größte Sorgenkind, gefolgt aber von Lieferengpässen, Preissteigerungen und Fachkräftemangel. Die Lage bleibe aber stabil, teilten die Wirtschaftsvertreter weiter mit – aber Omikron bremse den Aufschwung.
Immer zum Jahresstart veröffentlicht die IHK die neueste Konjunkturumfrage, und die fällt zum Start 2022 ausgesprochen verhalten aus. „Das war leider nur ein kurzes Aufatmen im Herbst“, stellte IHK-Präsident Peter Hähner fest. Im Oktober habe der Wegfall vieler Auflagen und die Fortschritte bei den Impfungen die Unternehmen in Rheinhessen „nach einer langen Durststrecke wieder optimistischer nach vorne blickten“ lassen. Jetzt aber seien die erhofften Öffnungsschritte „wieder ins Stocken geraten, es gibt noch immer keine Planungssicherheit – dabei brauchen die Betriebe endlich eine verlässliche Perspektive aus der Krise“, kritisierte Hähner.
Der Konjunkturklimaindex, Gradmesser für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region, blieb bei der jüngsten Umfrage denn auch bei 119 Punkten – das sei exakt das gleiche Ergebnis wie zuletzt bei der letzten Befragung im Oktober 2021. 44 Prozent der Betriebe sprächen unverändert von einer guten aktuellen Lage, aber 38 Prozent von einer lediglich „befriedigenden“ Situation. 18 Prozent müssen demnach eine schlechte Geschäftslage verkraften. Für das kommende Jahr hofften 27 Prozent der Unternehmen auf bessere Geschäfte, 58 Prozent planten aber mit einem gleichbleibenden Volumen – und 15 Prozent befürchten eine Abnahme.
Dennoch hielten die Betriebe an ihren bisherigen Investitionsplänen und ihren Mitarbeitern fest, so der Report weiter. Demnach wollten 38 Prozent der Unternehmen expandieren und mehr investieren, 44 Prozent meldeten gleichbleibende Ausgaben und 18 Prozent rechnen mit sinkenden Investitionen. Vor allem halten die Unternehmen an ihren Mitarbeitern fest: 58 Prozent wollen ihren Personalbestand gleich halten, 11 Prozent rechnen damit, Mitarbeiterzahlen reduzieren zu müssen – aber 31 Prozent planen Neueinstellungen.
Corona weiter größtes Risiko, Preisanstiege durch Lieferengpässe
Als größtes Risiko sehen die Unternehmer in Rheinhessen weiter die Corona-Pandemie, sie führte mit 63 Prozent die Liste der größten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung an. Deutlich verschärft hätten sich die Belastungen aber bei 61 Prozent der befragten Unternehmen durch den Fachkräftemangel und bei 57 Prozent durch die steigenden Energie- und Rohstoffpreise, so die IHK weiter. Bei 52 Prozent führten Lieferengpässe und Rohstoffknappheit zu Preisanstiegen in einem erheblichen Umfang.
Von sonstigen Lieferschwierigkeiten wie verlängerte Wartezeiten oder Nichtverfügbarkeit seien 31 Prozent in einem erheblichen, 35 Prozent in einem mittleren und 13 Prozent in einem geringen Umfang betroffen. Dies führe bei 66 Prozent der betroffenen Firmen zu Ertragseinbußen oder steigenden Kosten, bei 65 Prozent zu längeren Wartezeiten, bei 58 Prozent zu einem gestiegenen Planungsaufwand und bei 42 Prozent können bestehende Aufträge nicht abgearbeitet werden. Mit einer Verbesserung der Versorgungslage mit relevanten Rohstoffen, Vorprodukten und Waren rechnen 31 Prozent der Betriebe erst im zweiten Halbjahr 2022 und 22 Prozent sogar erst im Jahr 2023.
Industrielage gut, Handel mit großen Sorgen
Deutlich positiver gestimmt geht die Industrie ins neue Jahr, bei ihr liegt der Klimaindex mit 126 Punkten deutlich höher als im Durchschnitt aller anderen Unternehmen. Branchen wie das Baugewerbe oder das Pharmageschäft zeigten sich – wenig überraschend – von der Pandemielage kaum getroffen: 41 Prozent der Industriebetriebe in Rheinhessen meldeten eine gute Geschäftslage, 51 Prozent eine befriedigende und 8 Prozent eine schlechte Lage. 26 Prozent rechnen mit besseren Geschäften, 66 Prozent mit einer gleichbleibenden und 8 Prozent mit einer schlechteren Entwicklung.
Deutlich schlechter sieht das im Einzelhandel aus: Die unsicheren Zukunftsaussichten durch die noch nicht final absehbaren Folgen der Corona-Krise träfen vor allem den Handel, warnt die IHK: Nur 37 Prozent der Einzel- und Großhandelsunternehmen in Rheinhessen meldeten eine gute Geschäftslage, 40 Prozent eine befriedigende, 23 Prozent aber eine schlechte Situation. Für die kommenden zwölf Monate rechneten nur 18 Prozent mit besseren Geschäften, 58 Prozent mit einer gleichbleibenden Lage, aber 24 Prozent befürchten einen weiteren Rückgang.
Stabil bleibt die Lage hingegen im Dienstleistungssektor: Die aktuelle Geschäftslage bewerten 49 Prozent mit „gut“, 29 Prozent berichten von einer befriedigenden und 22 Prozent von einer schlechten Lage. Mit Blick auf die Geschäftserwartungen für die nächsten zwölf Monate rechnen 32 Prozent mit einer besseren Situation, 52 Prozent mit gleich bleibenden Geschäften, und 16 Prozent erwarten eine Verschlechterung.
Von der Politik wünschten sich die Unternehmen mehr Vertrauensschutz, betonte IHK-Hauptgeschäftsführer Günter Jertz: „Bestehende Regeln sollten so angepasst werden, dass alle Beteiligten auch die Chance haben, ihr Handeln danach auszurichten“, forderte er. Es brauche ein bundesweit abgestimmtes Vorgehen bei den Corona-Regeln, gerade im Einzelhandel – dort sorgten die unterschiedlichen 2G-Regelungen derzeit für Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Ländern. Auch die Veranstaltungsbranche brauche die Chance, für das Jahr zu planen. Erst Ende Januar hatten die IHKs in Rheinland-Pfalz gefordert, die 2G-Regel müsse im ganzen Bundesland fallen, sobald es das Infektionsgeschehen zulasse.
Zuletzt hatten mehrere Gerichte in verschiedenen Bundesländern 2G-Regeln im Einzelhandel gekippt, Schleswig-Holstein hob die Regel am Mittwoch komplett auf, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) kündigte am Mittwochabend im Wiesbadener Landtag an, die 2G-Regel im gesamten hessischen Einzelhandel aufzuheben. Ein Frankfurter Gericht hatte zu Wochenbeginn die Beschränkung nur für Geimpfte und Genesene für drei Bekleidungshäuser gekippt. Stattdessen soll künftig das Tragen einer FFP2-Maske für den gesamten Einzelhandel vorgeschrieben werden, berichtet die Hessenschau.
In einer Blitzumfrage hatten sich übrigens die Betriebe in Rheinland-Pfalz Anfang Dezember 2021 für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen: 81 Prozent der Umfrageteilnehmer seien dafür gewesen, berichtete die IHK damals. Für 13 Prozent der Teilnehmenden habe eine Impfpflicht keine Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb, sechs Prozent lehnten eine allgemeine Impfpflicht ab, da damit weitere Planungsunsicherheit einhergehe. Gleichzei5tig machte die Hälfte ihren Beschäftigten Impfangebote und 42 Prozent boten Tests zur Erfüllung der 3G-Regel am Arbeitsplatz an, ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein.
Info& auf Mainz&: Mehr zu neuen Corona-Regeln und 2G im Einzelhandel lest Ihr hier bei Mainz&. Alle Zahlen und Daten zum Konjunkturklimaindex der IHK Rheinhessen findet Ihr hier im Internet zum nachlesen.