Zum Schulstart ins neue Jahr 2021 kam es gleich zur zweiten großen Technikpanne des Landes Rheinland-Pfalz an einem Tag: Eigentlich sollten am 4. Januar die Schulen im Land mit dem digitalen Homeschooling starten, doch daraus wurde nichts. Die Lernplattform „Moodle“ des Landes Rheinland-Pfalz brach praktisch komplett zusammen, wer Glück hatte, konnte noch von langen Ladezeiten reden – der Rest schaute auf einen leeren Bildschirm. Die CDU-Opposition sprach von „vorprogrammiertem Chaos“, das Land verteidigte sich: Schuld seien nicht nur die massiven Zugriffszahlen, „die Systeme wurden auch durch Hackerangriffe massiv belastet“, hieß es. Bis jetzt hätten „nicht alle daraus resultierenden Fehlfunktionen beim Zugriff auf Moodle“ abgeschaltet werden können.

Schule im Präsenzunterricht - das ist erst einmal nicht möglich. - Foto: MPI/ Elena Klimach
Schule im Präsenzunterricht – das ist erst einmal nicht möglich. – Foto: MPI/ Elena Klimach

Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) hatte sich monatelang gegen jede Änderung am Präsenzunterricht in den Schulen gewehrt und trotz massiver Kritik sowie vermehrten Hinweisen auf Ansteckungen mit dem Coronavirus auch in den Schulen des Landes an der Beschulung vor Ort festgehalten. Erst nach der Konferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder im Dezember ordnete das Land Rheinland-Pfalz für den Lockdown rund um den Jahreswechsel Fernunterricht für die Schulen im Land zwischen dem 4. und 11. Januar 2021 an.

Doch zum Start des digitalen Unterrichts am Montagmorgen schauten Lehrer und Schüler buchstäblich in die Röhre: Die digitale Lernplattform des Landes Moodle@RLP ging in die Knie, wer Lernmaterialien herunterladen wollte, guckte zumeist auf einen weißen Bildschirm samt Fehlermeldung. „Statt reibungslosem Distanzunterricht sind Eltern wütend, Schüler verzweifelt und Lehrer frustriert – seit dem Morgen ist der Bildungsserver des Landes nicht erreichbar. Homeschooling via Moodle ist nicht möglich“, kritisierte die CDU-Bildungsexpertein Anke Beilstein.

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Die CDU übte harsche Kritik am Fehlstart der digitalen Schule in Rheinland-Pfalz am Montag. - Foto: CDU RLP
Die CDU übte harsche Kritik am Fehlstart der digitalen Schule in Rheinland-Pfalz am Montag. – Foto: CDU RLP

Diesen Fehlstart in den Fernunterricht habe die Landesregierung zu verantworten, das sei „ein vorprogrammiertes Chaos“, schimpfte Beilstein. Es sei absehbar, dass Unterricht in den kommenden Wochen ausschließlich auf Distanz werde stattfinden können, „dann muss die Technik funktionieren und einsatzbereit sein“, betonte Beilstein. Bildungsministerin Hubig habe eine gute Vorbereitung versäumt: Anstatt die letzten drei Tage vor den Ferien Ende Dezember zu nutzen, um die Systeme zu testen, habe sie die Lehrer „in Präsenz in die Schulen geschickt, um in leeren Klassensälen die nicht vorhandenen Schüler zu unterrichten“, kritisierte Beilstein, und fügte hinzu: „Ich erwarte, dass die Landesregierung die Fehler findet, benennt und behebt.“

Das Mainzer Bildungsministerium räumte am frühen Abend ein, es sei bei der Erreichbarkeit von Moodle „zu technischen Schwierigkeiten“ gekommen, die sich „vor allem beim Zugang und langen Ladezeiten“, etwa für den Up- bzw. Download von Materialien gezeigt hätten. Dabei habe man beim Land „die entsprechenden Serverkapazitäten vor Weihnachten nochmals um ein Vielfaches aufgestockt“, betonte das Bildungsministerium. Seit den frühen Morgenstunden werde „unter Hochdruck daran gearbeitet die Probleme zu lokalisieren.“ Im Laufe dieser Fehlersuche habe sich dann herausgestellt: es gebe auch Hackerangriffe, die die Systeme massiv belastet habe. Bis jetzt hätten „nicht alle daraus resultierenden Fehlfunktionen beim Zugriff auf Moodle abgeschaltet werden“ können, hieß es am Abend.

Anzeige Serverfehler BigBlueButton am Montag. - Foto: privat
Anzeige Serverfehler BigBlueButton am Montag. – Foto: privat

Eine Lernplattform stelle „immer ein Einfallstor für mögliche Angriffe von außen dar“, betonte das Ministerium weiter, das hätten in den vergangenen Wochen auch andere Bundesländer bei ähnlichen Attacken auf ihre Systeme erfahren. Auch das Videokonferenzsystem „BigBlueButton“ sei Ziel eines Hacker-Angriffs gewesen, das Tool laufe inzwischen aber wieder stabil, wenn es außerhalb der Lernplattform Moodle über einen Webbrowser aufgerufen werde. Andere von den Schulen genutzte Systeme seien stabil gelaufen, es liege deshalb nahe, dass es sich um einen gezielten Hacker-Angriff mit hohen Lastzahlen auf die landeseigenen Systeme handele, teilte das Ministerium weiter mit.

Allerdings bekamen „BigBlueButton“-Nutzer am Montag auch die Anzeige, das System sei ausgelastet, weil bereits 5.000 Konferenzen mit 100.000 Nutzern gleichzeitig stattfänden – das deutet eher auf fehlende Serverkapazitäten hin. Beim Ministerium hieß es dazu, Mitarbeitende des Pädagogischen Landesinstituts, des Bildungsministeriums und des Rechenzentrums der Universität Mainz hätten in den vergangenen Wochen und bis zur letzten Sekunde daran gearbeitet, die Serverinfrastruktur zu stärken und auf den erwartbaren Ansturm zum Start des Fernunterrichts bestmöglich vorzubereiten. Zusätzlich seien externe Experten am Montag für eine möglichst schnelle Fehlerfindung hinzugezogen worden. „Nach Abschluss der laufenden Systemüberprüfung rechnen die zuständigen Kollegen damit, dass alle Systeme wieder ordnungsgemäß arbeiten werden“, betonte ein Sprecher.

Das Land Rheinland-Pfalz begründet den Ausfall der IT-Systeme am Montag mit einem Hackerangriff. - Foto: gik
Das Land Rheinland-Pfalz begründet den Ausfall der IT-Systeme am Montag mit einem Hackerangriff. – Foto: gik

Diejenigen Schulen, die bereits andere Tools, wie etwa MS Teams, benutzten, könnten diese nun bis zum Ende des Schuljahrs als Alternative nutzen. Einige Hundert der rund 1.600 Schulen landesweit setzen den Angaben zufolge auf Moodle, andere Schulen arbeiten mit alternativen Plattformen wie Schulbox, oder der schulischen Netzwerklösung MNS+ zusammen mit einer lokalen Cloud.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte, damit der Fernunterricht gelingen könne, müssten Portale wie „BigBlueButton“ oder der neu eingerichtete Schulcampus RLP auch reibungslos funktionieren. „Die Lehrkräfte sowie die Schüler sind durchweg bereit, sich auf digitalen Unterricht einzu­lassen“, sagte GEW-Landeschef Klaus-Peter Hammer. Allerdings entstehe „viel Frust, wenn die technischen Möglichkeiten dazu nicht gegeben sind“, es müsse deshalb „weiter zügig in die digitale Ausstattung der Schulen und für die Schüler sowie die Lehrkräfte investiert werden, betonte Hammer.

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