Die Mainzer Ranzengarde besitzt das Privileg, die Saalfastnacht in jeder Kampagne zu eröffnen, und sie tut das mit ihrem Großen Musikalischen Generalappell. Der findet immer am 2. Januar eines Jahres statt, im Mittelpunkt: Die Verleihung des Mainzer Ranzengardisten an eine Persönlichkeit der Mainzer Stadtgesellschaft. Und da verneigte sich die Mutter aller Garden in diesem Jahr vor einem ganz besonderen Mann: Georg Krausch, Präsident der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Und das barg einiges an Überraschungen, denn geehrt wurde ein Beinahe-Priester und Clown, ein Physiker, Musiker und Offenbacher Bub – und der Saal sang: „Schorsch, is des schee!“

Einmarsch des Ranzengardebrunnens, das original steht vor dem Proviantamt in Mainz. - Foto: gik
Einmarsch des Ranzengardebrunnens, das original steht vor dem Proviantamt in Mainz. – Foto: gik

Was haben die älteste der Mainzer Garden, die Ranzengarde, und Johannes Gutenberg miteinander zu tun? „Johannes Gutenberg ist Mitglied der Mainzer Ranzengarde“, eröffnete deren Generalfeldmarschall Thomas Thelen vergangenen Donnerstag der verblüfften Versammlung im Kurfürstlichen Schloss in Mainz. Der Buchdruckerfinder und „Man of the Millenium“ wurde tatsächlich im Jahr 2009 „posthum in die Garde aufgenommen“, erklärte Thelen, und erinnerte daran, dann der verstorbene frühere Generalfeldmarschall der Mainzer Ranzengarde, Johannes Gerster, einst auch den verwaisten Denkmalssockel auf dem Gutenbergplatz erstieg – und die Lücke während der Denkmalsanierung zu füllen.

Seit dem 2. Januar hat die Ranzengarde nun einen „Gutenbergianer“ mehr in ihren Reihen, und was für einen: „Wir ehren heute eine Persönlichkeit, die aus dem Leben der Gutenbergstadt nicht mehr wegzudenken ist: den Präsidenten der Johannes Gutenberg Universität, Professor Georg Krausch“, verkündete Thelen. Seit 2005 verleiht die Mainzer Ranzengarde den „Ranzengardisten“, ein kleines Bronzemodell der Künstlerin Liesel Metten, das dem Ranzengardebrunnen vor dem Proviantamt an der Schillerstraße nachgebildet ist.

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Vom Offenbacher Bub‘ zum Mainzer Botschafter

„Für uns als Garde ist es selbstverständlich zu beobachten, wer unserer Stadt voranbringt, wer deutliche Impulse setzt“, betonte Thelen. Der „Ranzengardist“ sei eine Auszeichnung für Menschen, die anpacken, um zu verbessern, und die dies mit klaren Worten tun, „wie es unserer politisch-literarischen Fastnacht entspricht“, erklärte Thelen weiter. Und das treffe haargenau auf den Mann zu, der bereits seit 2007 die Geschicke der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität leitet: Professor Georg Krausch.

Hatten sichtlich Spaß beim Generalappell der Mainzer Ranzengarde: OB Nino Haase (parteilos, links) und Generalfeldmarschall Thomas Thelen. - Foto: gik
Hatten sichtlich Spaß beim Generalappell der Mainzer Ranzengarde: OB Nino Haase (parteilos, links) und Generalfeldmarschall Thomas Thelen. – Foto: gik

„In Mainz zu forschen, des ist nett, Drum kriegt de Professor Krausch, Ihr wisst, von uns heut den Mainzer Ranzengardist“, reimte da prompt Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos), der mit einer ausgesprochen launigen Rede das Publikum im Saal begeisterte. Mainz, befand Haase, sei „völlig zurecht die dynamischste Stadt Deutschlands“, weil Mainz eben auch „die dynamischste Fastnacht und die dynamischsten Garden haben“ – und die Mainzer Ranzengarde sei nicht nur die älteste Verteidigungsfront gegen Mucker und Philister, sondern „auch größer als das Nobelpreiskomitee, mit mehr als 1000 Mitgliedern“, lobte Haase.

Dass der OB auch das neue Mainzer Fastnachtsmotto – „In Meenz zu feiern, des ist nett, but don’t forget se Zugplakett!“ – rühmte, führte im Saal zu einigen „Uiuiuis“ und „Auauaus“, aber Haase blieb standhaft: „Das Motto hätte Jockel Fuchs genauso formuliert“, betonte er in Erinnerung an den legendären Mainzer Oberbürgermeister: „In dessen Tradition haben wir das aufgestellt, mehr Tradition geht doch nicht!“ Rund 600 Gäste hatten sich zum Großen Musikalischen Generalappell der Ranzengarde im Kurfürstlichen Schloss eingefunden, sie erlebten einen munteren Abend mit Einmarsch, Kadetten-Prolog von Milan Tschierswitz,  und viel Musik von Spielmannszug, Fanfaren- und Gardemusikcorps.

„Haase: „Sie sind ein großes Glück für unsere Stadt“

Ungeteilt war hingegen die Zustimmung zu dem Preisträger des Abends: „Sie sind ein großes Glück für unsere Stadt“, verneigte sich OB Haase vor Unipräsident Krausch. Der übe seit 2007 sein Amt „mit großer Hingabe und Engagement“ aus, lobte Haase, habe Forschung und den Unicampus intensiv weiterentwickelt und bringe viele junge Menschen in die Stadt. „Sie verstehen, dass eine Uni kein abgeschlossener Raum ist, sondern in die Stadt hinein wirkt, das müssen wir vielleicht noch mehr leben“, betonte Haase, „deshalb freue ich mich besonders, dass Sie diesen Preis bekommen.“

Muntere Laudatio mit tiefen Einblicken: Professor Thomas Münzel hielt die Lobesrede auf seinen Nachfolger beim Ranzengardistenpreis. - Foto: gik
Muntere Laudatio mit tiefen Einblicken: Professor Thomas Münzel hielt die Lobesrede auf seinen Nachfolger beim Ranzengardistenpreis. – Foto: gik

„In Meenz zu forschen und leben, das ist Privileg, dafür sorgt auch der Präsident der Universität“, reimte Haase dann noch, und erinnerte daran, dass Krausch gebürtiger Offenbacher – und damit Hesse – ist, und über Umwege wie Bayern nach Mainz kam. „Jetzt sind Sie Meenzer im Herzen, schon ganz lange, und offizieller Botschafter der Meenzer Fröhlichkeit“, sagte Haase, „und ich möchte Sie bitten, das Ganze auch international zu verbreiten.“

Kein Problem, schon geschehen, könnte man sagen, denn Grußbotschaften kamen umgehend sogar aus den USA: Da meldete sich der noch amtierende US-Präsident Joe Biden aus dem Weißen Haus, und sein Amtsnachfolger Donald Trump ließ aus seiner Villa in Mar-a-Lago wissen: „You will make the University Great again!“ Die neueste Technik von Chat-GPT machte es möglich, aufgefahren hatte sie Krauschs Vorgänger als Ranzengardist-Preisträger: Der Mainzer Kardiologe Thomas Münzel. Der hatte 2024 den Ehrenpreis verliehen bekommen und musste deshalb nun die Laudatio auf seinen Nachfolger halten.

Beinahe-Priester, Musiker, Physiker, Fastnachtsfan: Georg Krausch

Münzel erledigte das mit Bravour und viel Technik-Unterstützung, und so sahen die Zuschauer mit größtem Vergnügen zu, wie ein langhaariger Baby Boomer als Kleinkind im Kreis seiner Familie fröhlich lachte und schließlich mit seinem Manta A zum Studium nach Konstanz aufbrach. „Georg wollte eigentlich Priester werden, hat sich aber zum Glück während des Zivildienstes unsterblich in eine Erzieherin verliebt“, verriet Münzel, „die Wissenschaft und die Fastnacht sagen Danke!“

Georg Krausch, Präsident der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz, bei seiner Dankesrede. - Foto: gik
Georg Krausch, Präsident der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz, bei seiner Dankesrede. – Foto: gik

Der am 23. Juli 1961 in Offenbach geborene Georg Krausch war das vierte von vier Kindern, sein Vater, ein Schlossermeister und Kunstschmied, vererbte ihm die Liebe zum handwerklichen Arbeiten. Seine Kindheit sei „eine Mischung aus Kirche, Chor und Camping“ gewesen, berichtete Münzel weiter, bereits mit 13 Jahren habe Krausch mit seiner Band Gottesdienste und Fastnachtssitzungen gerockt. Krausch studierte Physik in Konstanz und spielte im Labor gerne mal Querflöte. Auslandsstationen führten ihn nach Israel und an die renommierte Cornell University im Staate New York, bevor er 1996 erst einem Ruf nach München und zwei Jahre später nach Bayreuth folgte.

Nach Mainz brachte den Professor für physikalische Chemie ein Headhunter: Ob er sich vorstellen könne, Präsident der Johannes-Gutenberg-Universität zu werden? Krausch konnte, und wurde mit gerade einmal 45 Jahren einer der jüngsten Unipräsidenten der Republik. „Bei seiner Antrittsrede 2007 trug er eine Narrenkappe“, wusste Münzel zu berichten, „die Botschaft war klar: hier kommt jemand, der Wissenschaft mit Humor verbindet.“

Uni an die Stadt gerückt, Night of the Profs und Wissenschaftsmarkt

Die beruflichen Errungenschaften Krauschs füllen indes bereits jetzt zahllose Seiten:  Krausch gründete neue Institute und Forschungsverbünde und die Mainzer Wissenschaftsallianz, führte neue Leitungsstrukturen in der ehrwürdigen Alma Mater ein und startete ein Bauprogramm der Superlative, wie Münzel anmerkte. „Es ist wirklich kein Stein auf dem Anderen geblieben, Du hast eine unglaubliche Bautätigkeit entfacht, Hunderte neue Arbeitsplätze sind entstanden.“

Georg Krausch mit Narrenkappe und dem Bronzemodell des Ranzengardisten, verliehen durch Thomas Thelen. - Foto: gik
Georg Krausch mit Narrenkappe und dem Bronzemodell des Ranzengardisten, verliehen durch Thomas Thelen. – Foto: gik

Krausch rückte die Universität ganz nah an die Stadt heran und öffnete seine Institution für Kooperationen, Events, und Vortragsreihen wie etwa die „Night of the Profs“ im Mainzer Staatstheater, die Nachtvorlesungen oder den alljährlichen Wissenschaftsmarkt in der Stadtmitte. „Er wollte keine Wissenschaft in luftiger Höhe, sondern mitten im Leben“, betonte Münzel. Daneben sei Krausch auch noch ein exzellenter Tänzer und natürlich Mitglied bei Mainz 05 – und eben eingefleischter Fastnachter mit großer Lust an der Verkleidung: „Ob Professor oder Pirat, Wissenschaftler oder Clown, die Fastnacht ist seine Bühne“, berichtete Münzel.

„Ich fühle mich sehr geehrt“, entgegnete Krausch, „ich freue mich riesig über diesen Preis, und ich freue mich richtig über die Kapp.“ Denn Krausch wurde im Anschluss an Münzels Laudatio nicht nur der Ranzengardist überreicht, sondern auch die Kappe der Ranzengarde aufgesetzt – der Unipräsident ist jetzt auch offiziell Mitglied der Mainzer Ranzengarde. Der berichtete danach, dass schon sein Vater großer Fan der Mainzer Fastnacht war, und er mit seiner Teenagerband immer nach der Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz“ die neusten Fastnachtshits am nächsten Abend in den Sälen spielen musste.

Krausch: „Für mich bedeutet Mainz Nachhause-Kommen“

In Konstanz lernte Krausch die schwäbisch-alemannische Fasnet kennen und mit ihr die Guggemusik, spielte jahrelang im Unitheater in Konstanz mit, bevor es ihn elf Jahre nach in die bayrische Fastnachts-Diaspora verschlug. „Ja, ich bin Offenbacher, aber für mich bedeutet Mainz Nachhause-Kommen“, bekannte Krausch. Schließlich hätten beide Städte (beinahe) dieselbe Sprache des Rheinhessischen, dasselbe Bistum Mainz – und natürlich die Fastnacht.

Urkunde, Narrenkapp, Ranzengardist: Ehrung für Georg Krausch durch Thomas Thelen (links) und den Präsidenten der Mainzer Ranzengarde, Lothar Both (rechts). - Foto: gik
Urkunde, Narrenkapp, Ranzengardist: Ehrung für Georg Krausch durch Thomas Thelen (links) und den Präsidenten der Mainzer Ranzengarde, Lothar Both (rechts). – Foto: gik

„Wenn es irgendeine Universität gibt, wo man die Narrenkappe und die Amtskette tragen kann, dann ist es Mainz – zumal man unter der Narrenkappe alles sagen darf“, bekannte Krausch. Den Preis nehme er denn auch mit an seine Universität, denn nur per Teamwork sei es „möglich, solche Erfolge zu erzielen“, betonte er. Besonders freue es ihn denn auch, dass mit dem Preis die Universität in den Blickpunkt gerückt werde: „Wir brauchen die Universitäten, wir brauchen sie dringender als sonst“, mahnte Krausch ganz ernsthaft – denn es seien die Universitäten, an denen „in aller Ruhe und mit Sachverstand komplexe Fragen verhandelt werden“ und mit der Forschung der Fortschritt gemacht werde.

Für ihn selbst sei der Preis zudem eine ganz besondere Ehre, betonte Krausch zudem. „Ich bin mit den Koordinaten, mit denen ich groß geworden bin, in Mainz gut angekommen – in der Fastnacht bin ich oft dabei, war bislang aber nie angekommen. Deswegen habe ich mich über den Preis ganz besonders gefreut: da kommt was zusammen, was zusammengehört.“ Der Saal dankte mit minutenlangen stehenden Ovationen, bevor der Schlussakkord sozusagen einem Namensvetter gehörte: „Oh Schorsch, is des schee“, sang passenderweise Fastnachts-Shootingstar Markus Schönberg.

„Oh Schorsch, is des schee!“

Als „Ignaz aus Mainz“ hatte es Schönberg mit seiner Mainzer Version von „Oh, Champs Élysée“ gleich im ersten Jahr zur Fernsehfastnacht „Mainz bleibt Mainz“ gebracht, nun sang er seinen Hit als Loblied auf den Preisträger – hatte der doch in seiner Dankesrede betont: Nun sei mal „Schluss mit dem Professor, Doktor – Ich bin der Schorsch!“ Auch das passte perfekt zur Ranzengarde, hat die doch das Motto „Liberté, Egalité, Weinschorlé“, und so kam zur Freiheit und Gleichheit noch die Hymne auf die Weinliebe Dank Schönbergs neuestem Kampagnensong: „Das ist uns’re Meenzer Schoppestang‘, die ist wunderschön und hält sehr lang, daraus schmeckt der Woi so gut!“

Die Mainzer Ranzengarde eröffnet im Übrigen nicht nur die Kampagne mit der ersten Sitzung der Saalfastnacht, sie beschließt sie auch: Die 3. Prunkfremdensitzung der Mainzer Ranzengarde findet am Fastnachtssonntag statt, in diesem Jahr ist das der 2. März 2025. Die Mainzer JGU wiederum wird im Jahr 2027 genau 555 Jahre alt sein – Präsident wird dann wohl immer noch Georg Krausch sein: Sein Vertrag wurde gerade bis 2031 verlängert.

Info& auf Mainz&: Mehr Infos zur Mainzer Ranz3engarde und ihren Terminen findet Ihr hier im Internet. Unseren Bericht von der Verleihung des Ranzengardisten 2024 an Professor Thomas Münzel könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen. Und natürlich darf unsere Fotogalerie zum Großen Musikalischen Generalappell der Mainzer Ranzengarde 2025 nicht fehlen, bittesehr: