Das Rathaus ist ja bekanntlich schrottreif, die Debatte über die Sanierung und ihre Kosten hängt weiter in der Luft. Erst hieß es, die Sanierung würde 50 Millionen Euro kosten, zuletzt standen 68 Millionen Euro im Raum – und beschlossen hat die Sanierung der Stadtrat bisher immer noch nicht. Nun zieht Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) die Notbremse: Man habe beim Rathaus eine „Wunschliste“ vorgelegt, das sei „ein Irrweg“ gewesen, nun solle die Sanierung bei 50 Millionen Euro gedeckelt werden. Auslöser dafür: die CDU-Opposition – und das Kurfürstliche Schloss.

Mainzer Rathaus - Foto: gik „Wir haben uns entschlossen, eine Neubewertung der Situation vorzunehmen“, sagte Ebling diese Woche bei einem Pressetermin. Der Ideenwettbewerb für das Rathaus habe zu einem „Wunschkatalog“ geführt, das habe „falsche Erwartungen geweckt“, sagte Ebling. Nun wolle die Stadt den umgekehrten Weg gehen, ein Budget festlegen und schauen, „was man dafür bekommt.“

Ebling: Sanierungskosten fürs Rathaus bei 50 Millionen Euro deckeln

„Ich stelle mir einen Korridor vor von 45-50 Millionen Euro“, sagte Ebling, auf keinen Fall sollten die Kosten aber über 50 Millionen Euro steigen. „Das würde dem Gebäude gerecht, unserem Budget, und wir könnten es stemmen“, betonte der OB. Das Wichtigste an einer Rathaussanierung seien ein trockenes Dach, ein trockener Keller sowie die Sanierung der Büros im 5. Stock des Rathauses – dort kann im Sommer wegen der Hitze überhaupt nicht mehr gearbeitet werden. „Es muss garantiert sein, dass man im Rathaus vernünftig arbeiten kann“, betonte Ebling.

- Werbung -
Werben auf Mainz&

Gestrichen wären dann aber alle Arbeiten an der Außenfassade des Rathauses sowie eine Umgestaltung des Rathausvorplatzes und wohl auch eine Öffnung zum Rhein. Die Absenkung des Rathaus-Plateaus habe zwar „Charme“, müsse aber hinten anstehen, sagte Ebling. Man müsse am Ende dann sehen, wieviel Geld noch da sei. Da sehen wir aber schwarz… 😉

Umdenken durch CDU-Vorschlag: Rathaus ins Schloss

Das Umdenken des OB hat vor allen Dingen eines erreicht: die CDU. Die Opposition im Mainzer Rathaus hatte im Sommer den Vorschlag gemacht, wichtige Teile der Rathausverwaltung in das Kurfürstliche Schloss umzuziehen. Das nämlich müsse ebenfalls dringend saniert werden, so könne man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und den Mainzern einen repräsentativen Amtssitz geben, argumentierte CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig. Kurfürstliches Schloss

Natürlich könne das Schloss nicht die gesamte Rathausverwaltung fassen, deshalb schlug Schönig außerdem einen modernen (und kostengünstigeren) Verwaltungsneubau vor – und zwar an der Stelle des alten Allianzhochhauses an der Großen Bleiche. Das liege völlig zentral, in unmittelbarer Nähe zum Schloss und auch direkt neben dem Regierungsviertel, mit einem Wort: praktisch. Das unter Denkmalschutz stehenden Rathaus wiederum könne an einen Investor verkauft werden, der es saniere, hier könne etwa ein Hotel eingerichtet werden, sagte Schönig – Interessenten für dieses Filetstück am Rhein werde es sicher geben.

Schloss-Sanierung rückt neu in den Fokus

Der Stadtrat beschloss daraufhin Mitte Juli, diese Option im Rahmen der ohnehin fast fertigen Machbarkeitsstudie fürs Rathaus prüfen zu lassen. Das Ergebnis legte Ebling nun vor – herausgekommen war gleich auch noch eine Machbarkeitsstudie für das Kurfürstliche Schloss. Der rote Sandsteinbau an der Rheinallee bröckelt seit Jahren vor sich hin und müsste ebenfalls dringend saniert werden. Doch die Stadt behandelte das Aushängeschild von Mainz bisher ziemlich stiefmütterlich – für die Sanierung war nie Geld da.

Das soll nun anders werden: Ihm sei im Zuge der Diskussion um Rathaus und Schloss der Wert des Schlosses erst so richtig zum Bewusstsein gekommen, räumte Ebling ein, und bedankte sich ausdrücklich bei der CDU: „Ich bin sportlich genug anzuerkennen, dass Dinge in Bewegung kommen können durch so einen Vorschlag“, sagte er. Dadurch sei „die Bedeutung des Gebäudes Schloss neu deutlich geworden“.

Gute Stubb‘, Wohnzimmer – und geliebt

Denn das Schloss sei „die Gute Stubb'“ von Mainz, das Wohnzimmer, der Hort der Fastnacht, zweites Wahrzeichen der Stadt nach dem Dom. „Hier wird gefeiert, getrunken und repräsentiert, geheiratet und politisch diskutiert“, sagte Ebling, das müsse auch so bleiben. Vor allem aber stellte der OB offenbar mit einigem Erstaunen fest: „Der Begriff ‚unser Schloss‘ scheint für die Mainzer etwas Anderes zu sein als ‚unser Rathaus‘.“ Sagen wir doch die ganze Zeit 😉

Also leitete Ebling „eine neue Kursbestimmung“ ein, und die sieht jetzt so aus: Das Rathaus bleibt das Rathaus und wird saniert, das Schloss aber wird ebenfalls saniert und als Tagungszentrum ausgebaut. Die Machbarkeitsstudie habe nämlich ergeben: das Schloss eigne sich nicht als Rathaus. „Das Rathaus würde nur zu 13 Prozent im Schloss Platz finden, 87 Prozent müssten woanders untergebracht werden, das erscheint mir absurd“, sagte Ebling.

Studie: Schloss zu klein fürs Rathaus

Das Rathaus habe nämlich derzeit 13.600 Quadratmeter Fläche, das Schloss aber nur 4.160 Quadratmeter. Dazu würden im Schloss die wichtigen Veranstaltungsräume des Rathaus-Erdgeschosses fehlen – oder die Verwaltung gar das Schloss für die Bürger blockieren. Dazu sagte Ebling, eine Ertüchtigung des Schlosses als Rathaus würde über 100 Millionen Euro verschlingen, dazu das Allianzhaus 50 Millionen Euro kosten – zu viel für die Stadt. Allerdings sprach Ebling von einer Sanierung des Allianzhauses, nicht von einem Neubau, wie ihn die CDU vorgeschlagen hatte. Ein Neubau sei nicht geprüft worden, räumte Ebling ein, betonte aber auch, der CDU-Vorschlag sei „gründlich und ehrlich geprüft worden.“

Ins Allianzhaus sollen nun Flüchtlinge einziehen, deshalb falle diese Option ja sowieso weg, sagte Ebling. Allerdings können wir uns nicht vorstellen, dass die Flüchtlinge da auf Dauer bleiben werden… Wie dem auch sei – ein zweiter Verwaltungsstandort wäre in der Tat nötig. Zudem wäre im Schloss kein Ratssaal in runder Form zu verwirklichen – platzmäßig gehe das nur im Großen Saal, dann aber fiele der für die Fastnacht weg… undenkbar.

Den Erweiterungsbau, die Steinhalle umzubauen, „dürfte mit der Denkmalpflege schwierig werden“, meinte Ebling. Warum die Denkmalpfleger dann aber an derselben Stelle einem viel größeren Hotelneubau zustimmen sollten – die Frage blieb offen. „Ob der Denkmalschutz zustimmt, wissen wir noch nicht“, räumte Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) ein.

Machbarkeitsstudie fürs Kurfürstliche Schloss vorgelegt

Für das Schloss wiederum legte die Stadt nun aber endlich die Machbarkeitsstudie vor. Tenor darin: Das Schloss solle als Veranstaltungs- und Tagungszentrum ausgebaut werden. Aus den derzeit sechs Sälen könnten in Zukunft elf werden, dazu moderne Technik und die vom Brandschutz geforderten neuen Fluchttreppenhäuser eingebaut werden. „Wir haben einige große Säle im Schloss, die Nachfrage auf dem Markt geht aber zunehmend in Richtung zusätzlicher mehr Breakout-Räume“, sagte Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP). Breakout hat übrigens mit Krankheit nichts zu tun – gemeint sind kleinere Tagungsräume, in die sich Arbeitsgruppen zurückziehen können.

„Wir werden das Schloss noch viel besser nutzen und vermarkten können“, betonte Sitte. Allerdings sei dafür Voraussetzung, dass das Schloss mit einem Hotel flankiert werde. Zwei Optionen zeigt dafür die Machbarkeitsstudie auf: ein Schlosshotel oder ein Hotel am Schloss.

Schloss soll mit 4-Sterne-Hotel flankiert werden

Beim Schlosshotel würde direkt neben dem Schloss – wo jetzt der flache Anbau steht -, ein neues 4-Sterne-Hotel entstehen, beim Hotel am Schloss ein Neubau an der Großen Bleiche auf dem Ernst-Ludwig-Platz. Der Parkplatz neben dem Schloss würde dann zur Grünfläche, wie überhaupt das Grün ums Schloss zu einem „Schlosspark“ werden solle, wie Ebling sagte.

Beide Hotelstandorte seien „möglich und gut“, sagte Sitte, und dass Mainz ein weiteres 4-Sterne-Hotel brauche, habe ja die Hotelstudie im Sommer eindeutig ergeben. „Die Tagungen gehen in Vier-Sterne-Kategorien, wir wären gut beraten, ein solches Hotel hier anzusiedeln“, sagte Sitte, der die Größe mit etwa 200 Betten bemaß. Einen Investor zu bekommen, sei kein Problem: Innenstadtlage, Regierungsviertel, fußläufig zum Einkaufen – perfekt.

Rheingoldhalle

Sanierung Rheingoldhalle steht auch noch an

Dazu komme die anstehende Sanierung der Rheingoldhalle, gemeinsam mit der der 17-Millionen-Investition Rheingoldhalle und einem neuen Hotel werde das Mainz als Tagungs- und Kongresszentrum deutlich nach vorne bringen. „Es wäre ein Quantensprung“, betonte Sitte. Ein Hotelstandort wäre zudem ein Einstieg in die Finanzierung – „wir versprechen uns von einem Hotel Geld, auch durch dauerhafte Pacht“, sagte Ebling.

Rund 230.000 Euro im Jahr wären allein durch zusätzliche Räume zu erwirtschaften, schätzt die Stadt. Dazu hofft man auf Hilfe vom Land: „Ich könnte mir vorstellen, dass man uns beim Land nicht schnöde die Tür vor der Nase zuschlägt, wenn wir ein Finanzkonzept präsentieren“, sagte Ebling. Noch aber gibt es kein solches Konzept, da wartet noch viel Arbeit auf die Stadt. Die übrigens auch auf Spenden von Bürgern für die Schlosssanierung hofft… Für die Sanierung allein des Schlosses veranschlagt Machbarkeitsstudie allein rund 54 Millionen Euro.

Und schließlich könne das Schloss doch noch einen Mehrwert für die Bürger bekommen, sagte Ebling – wenn man das Standesamt ins Schloss verlege. Offenbar scheute der OB nämlich auch die Schlagzeile „Der OB regiert im Schloss“. Die Politiker, sagte Ebling noch, seien schließlich auf Zeit gewählt, „Rathaus und Schloss gehört uns – uns allen.“

Werden die Bürger noch zum Rathaus befragt? Ebling: „Weiß nicht“

Ob denn nun aber noch die Bürger über die ja noch gar nicht beschlossene Rathaussanierung gefragt würden, wollte Mainz& wissen? Der OB reagierte sichtlich verdutzt: „Das weiß ich jetzt nicht“, antwortete er, betonte aber schnell noch, das sei „nicht das Ende von Diskussion oder Beteiligung.“ Das Rathaus sei aber jetzt „DAS Rathaus der Stadt, und ich sage: dann sanieren wir es halt“, sagte Ebling. Das Thema müsse jetzt auch einmal voran kommen, „langes Zuwarten und noch 57 Foren machen es irgendwann nicht besser.“

Info& auf Mainz&: Die komplette und sehr ausführliche Machbarkeitsstudie zum Kurfürstlichen Schloss findet Ihr als Download auf der Seite der Stadt Mainz, genau hier.

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein