Die Schulen in Rheinland-Pfalz bleiben nun doch geschlossen, das Land stoppte am Donnerstag überraschend die eigentlich zum 1. Februar geplante Öffnung. Die Grundschulen könnten nicht wie geplant kommenden Montag in den Wechselunterricht starten, teilte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) Schulen und Eltern im Land mit. Damit zieht Rheinland-Pfalz die Konsequenz aus einem Ausbruch der neuen Coronavirus-Mutation in einer Freiburger Kita – Baden-Württemberg hatte deshalb bereits am Mittwoch seine Pläne zur Öffnung der Schulen ebenfalls am 1. Februar gestoppt. Die CDU-Opposition, aber auch Lehrerverbände begrüßten die Kehrtwende und übten zugleich scharfe Kritik am rheinland-pfälzischen Sonderweg: Hätte die Landesregierung gleich die vereinbarten Schulschließungen konsequent umgesetzt, wäre Eltern, Lehrern und Schülern viel Verunsicherung erspart geblieben.

Musste die geplante Schulöffnung in Rheinland-Pfalz zum 1. Februar nun stoppen: Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). - Foto: gik
Musste die geplante Schulöffnung in Rheinland-Pfalz zum 1. Februar nun stoppen: Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). – Foto: gik

Rheinland-Pfalz hatte wie auch Baden-Württemberg zum 1. Februar die Grundschulen zurück in den Präsenzunterricht holen wollen, obwohl Bund und Länder Mitte Januar eigentlich vereinbart hatten, Schulen und Kitas bis zum 14. Februar geschlossen zu halten. Rheinland-Pfalz geht dabei allerdings einen Sonderweg, so sind etwa die Kitas weiterhin nicht geschlossen, es gibt lediglich einen Appell an die Eltern, ihre Kinder nach Möglichkeit zuhause zu lassen. Elternberichten zufolge funktioniert das zunehmend schlechter: In manchen Mainzer Stadtteilen etwa seien zwei Drittel der Kitakinder trotzdem in den Einrichtungen, berichtete ein Vater gegenüber Mainz&.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hatte zudem am 20. Januar angekündigt, die Grundschulklassen 1 bis 4 sollten ab dem 1. Februar  zurück in die Grundschulen kommen, und zwar im Wechselunterricht – gerade die Kleinsten benötigten „besondere Anleitung und Unterstützung brauchen“, argumentierte Dreyer. Noch am Sonntag hatte Dreyer diese Haltung in der Talkshow „Anne Will“ verteidigt, und war mit ihren Aussagen auf heftige Kritik im Netz und bei Bildungsverbänden gestoßen. Am Mittwoch dann ruderte Baden-Württemberg zurück, die Öffnung der Schulen zum 1. Februar wurde kurzfristig abgesagt.

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Die Klassenzimmer bleiben vorerst leer, die Öffnung der Grundschulen ist vorerst abgesagt. - Foto: Mainz&
Die Klassenzimmer bleiben vorerst leer, die Öffnung der Grundschulen ist vorerst abgesagt. – Foto: Mainz&

Der Grund: Am Mittwoch war ein Corona-Ausbruch in einer Freiburger Kita mit mehr als 20 Infektionen bekannt geworden. Zwei der Infektionen gingen nachweislich auf die neue Virus-Mutation B.1.1.7. zurück, am Donnerstag wurden weitere Infektionen mit der britischen Variante in der Kita nachgewiesen, so dass deren Zahl in dieser Einrichtung auf inzwischen 13 Fälle stieg. Die Virusmutante B.1.1.7. wurde im Dezember in Großbritannien entdeckt und gilt als bis zu 70 Prozent ansteckender als der bisherig vorwiegend verbreitete  „Wildtyp“. Erste Studien deuten zudem darauf hin, dass B.1.1.7. auch tödlicher verläuft – und zudem deutlich mehr bei Kindern und Jugendlichen zutage trifft als die bisher gängige Coronavariante.

Nun zog auch Rheinland-Pfalz Konsequenzen: „Ich bedaure sehr, dass wir am Montag nicht wie geplant mit dem Wechselunterricht an den Grundschulen starten können“, sagte Hubig. Viele Schüler, ihre Lehrkräfte und ihre Eltern hätten sich „sehr darauf gefreut, das weiß ich“, sagte die Ministerin, und betonte: „Sie alle können sicher sein, dass wir uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht haben.“ Sie habe „stets betont, dass der Übergang zum Wechselunterricht unter dem Vorbehalt stehen muss, dass die Infektionslage dies zulässt“, sagte die Ministerin weiter. Die „Art und Bedeutung“ der neuen Virusvariante sei aber „im Moment nicht bekannt“, die wissenschaftlichen Experten hätten deshalb zunächst zur Vorsicht bei weiteren Öffnungen geraten und empfohlen, die Situation erst einmal weiter zu beobachten.

Leere Flure in einer Mainzer Grundschule - das wird auch vorerst so bleiben. - Foto: Mainz&
Leere Flure in einer Mainzer Grundschule – das wird auch vorerst so bleiben. – Foto: Mainz&

„Diesem Rat folgen wir, weil wir die Erfolge, die wir bislang erzielt haben, nicht verspielen dürfen“, sagte Hubig weiter. Der Fernunterricht werde daher zunächst fortgesetzt, die Notbetreuung werde wie bisher unter den geltenden Hygieneregeln weiter angeboten. „Dagegen bestehen aufgrund der guten und erfolgreichen Hygienekonzepte, der Abstandsregelungen und der Maskenpflicht nach Aussage der Experten keine Bedenken“, betonte die Ministerin weiter. Für die Schüler in den weiterführenden Schulen soll es zudem nun auch eine Pflicht zum Tragen medizinischer Masken – also OP-Masken oder FFP2-Masken – geben. Diese Masken sollen nun zur Pflicht in der Notbetreuung und für die Abschlussklassen werden.

Hubig kündigte zudem „Anpassungen“ im Kita-Bereich an, so solle es vor allem dort „nochmals erweiterte Testmöglichkeiten zur stärkeren Überprüfung des Infektionsgeschehens“ geben. Die Träger und Einrichtungen wolle man zeitnah darüber informieren.

Der Rückzug bei der Schulöffnung sei „das Eingeständnis des Scheiterns einer Schulpolitik ohne Weitblick und Fundament“, kritisierte umgehend der Spitzenkandidat der CDU für die Landtagswahl, CDU-Fraktionschef Christian Baldauf. Der Verzicht auf die Öffnung der Grundschulen sei richtig, doch das Hin und Her „hätte man sich sparen können“, wenn die Landesregierung die von der Bund-Länder-Konferenz beschlossene Schulschließung konsequent umgesetzt hätte, kritisierte Baldauf: „Die Landesregierung wurde nun einmal mehr von der Wirklichkeit eingeholt.“ Die Regierung habe weiter „keinen Kompass, keinen realen Blick auf die Erfordernisse in dieser Pandemie.“

Plädiert für geschlossenen Schulen bei einer Inzidenz über 50: CDU-Spitzenkandidat Christian Baldauf. - Foto: CDU RLP
Plädiert für geschlossenen Schulen bei einer Inzidenz über 50: CDU-Spitzenkandidat Christian Baldauf. – Foto: CDU RLP

Die Leidtragenden seien „nicht zuletzt die Kinder und Eltern, denen Hoffnung auf Schule gemacht wurde“, sagte Baldauf weiter. Auch die Schulen müssten nun aber wieder sehr kurzfristig umplanen. „Natürlich ist der Präsenzunterricht die beste Form des Unterrichts für unsere Kinder“, betonte Baldauf: „Es hilft aber niemandem, wenn wir in Anbetracht sich ausbreitender Corona-Mutationen Risiken eingehen, die Kontakte erhöhen und Kinder, Eltern und Lehrer in eine gegenwärtig nicht kalkulierbare Gefährdungssituation bringen.“

Ganz ähnliche Kritik kam auch vom Verband Bildung und Erziehung (VBE): Ministerpräsidentin Dreyer sei endlich „zur Vernunft gekommen, und lässt die Schulen bis zum 14. Februar geschlossen“, kommentierte VBE-Landeschef Gerhard Bold, die Erfahrungen der Praktiker seien „endlich gehört worden.“ Die Gefährlichkeit der Virus-Mutationen dürfe nicht unterschätzt werden, ihre Verbreitung in den Schulen müsse wenn immer möglich verhindert werden. „Ob sich das Virus nun in Schule oder außerhalb verbreitet – überall dort, wo Menschen aufeinandertreffen, besteht Infektionsgefahr“, betonte Bold. Deshalb müsse präventiv gehandelt und weiterhin auf den Fernunterricht gesetzt werden. „Jetzt gilt es, die Zeit der geschlossenen Schulen zu nutzen und den Gesundheitsschutz vor Ort hochzufahren“, forderte Bold zudem. Die Ausstattung mit medizinischen Masken für alle Beteiligten und die Anschaffung von Raumluftfilteranlagen müssten jetzt Priorität haben.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Auftreten der neuen Virusmutante B.1.1.7. in Baden-Württemberg und anderen Ländern sowie zum Streit um die Öffnung der Schulen lest Ihr hier bei Mainz&.

 

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