Seit gut einem Jahr tobt in Rheinland-Pfalz ein heftiger Streit um Sicherheitsauflagen in der Fastnacht, viele Vereine kämpfen auch in der Kampagne 2024 mit Auflagen und Kosten – das Mainzer Innenministerium hat sich im Streit bislang keinen Millimeter bewegt. In Mainz warnte im November 2023 selbst der große Mainzer Carneval Verein (MCV), man werde die gestiegenen Kosten für die Sicherheitsauflagen nicht mehr stemmen können. Nun greift die Stadt Mainz dem Verein unter die Arme: Die Stadt werde den MCV mit bis zu 200.0000 Euro pro Kampagne unterstützen, kündigte nun OB Nino Haase (parteilos) an. Auch die Finther bekommen für ihren Umzug Unterstützung.

Protest gegen Auflagen für Fastnachtswagen im Rosenmontagszug 2023: Die Affen mussten durch die Stadt laufen. - Foto: gik
Protest gegen Auflagen für Fastnachtswagen im Rosenmontagszug 2023: Die Affen mussten durch die Stadt laufen. – Foto: gik

Die Frage nach Unterstützung der Stadt Mainz für den Rosenmontagszug tobt bereits seit Jahren, im Gegensatz zu anderen Fastnachtshochburgen wird der große Mainzer Umzug allein von einem Verein organisiert: Dem Mainzer Carneval Verein (MCV). Dessen Präsident Hannsgeorg Schönig schlug nun im November 2023 erneut Alarm: „Wir sind nicht mehr in der Lage, die Straßenfastnacht, die heute Einhunderttausende kostet, ohne Unterstützung oder Beiträge von Dritten durchzuführen“, sagte Schönig bei der Vorstellung des neuen Zugplakettchens 2024.

Allein die Sicherheitskosten seien zwischen 2015 von rund 50.000 Euro auf 120.000 Euro in 2021 gestiegen – und würden sich in 2024 noch einmal verdoppeln: „Wir werden in der Kampagne 2024 bis zu 230.000 Euro aufwenden, nur für die Sicherheit“, klagte Schönig. Dazu komme ein weiterer sechsstelliger Betrag für die Organisation der Straßenfastnacht, für Bühnen, und auch die Motivwagen des Rosenmontagszuges wollen finanziert sein. Im vergangenen Jahr hatte der MCV dafür sogar die anderen Vereine um Hilfe gebeten, in diesem Jahr soll die Anzahl der närrischen Karikaturen auf neun reduziert werden.

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Kostenexplosion bei Sicherheit durch Auflagen des Landes im POG

Einer der Gründe für die Kostenexplosionen sind neue Regelungen im Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) vom Mai 2021, das seither deutlich strengere Regeln für Absperrungen, Ordner und allgemeine Gefahrenabwehr von Veranstaltungen unter freiem Himmel vorsieht – Innenminister Michael Ebling (SPD) lehnt bis heute jegliche Änderungen ab. 2023 sagten deshalb reihenweise Veranstalter in kleineren Orten ihre Umzüge ab, aktuell kämpft etwa Mainz-Bischofsheim um seinen Fastnachtsumzug 2024: Der Verein brauche durch die immer strengeren Auflagen dringend zusätzliche ehrenamtliche Streckenposten, sonst müsse der Umzug ausfallen, klagt der Bischofsheimer Carneval-Verein – den Aufruf zur Hilfe findet Ihr hier auf Facebook.

Der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) und MCV-Präsident Hannsgeorg Schönig am 11.11. am Schillerplatz. - Foto: gik
Der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) und MCV-Präsident Hannsgeorg Schönig am 11.11. am Schillerplatz. – Foto: gik

Zumindest der MCV bekommt nun bei der Sicherheit Unterstützung: „Die vergangene Fastnachtskampagne hat allenthalben gezeigt, dass steigende Sicherheitsauflagen für Kostensteigerungen bei den Vereinen sorgen, die diese kaum noch tragen können“, sagte nun der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos). Allein der MCV gehe für die Kampagne 2024 von einem drohenden Defizit von 250.000 Euro aus , „und das, obwohl durch mehrjährige Verträge mit Dienstleistern bereits Einspareffekte erzielt werden können“, betonte Haase weiter.

Deshalb hätten sich Stadt Mainz und MCV „in langen und intensiven Gesprächen“ geeinigt, dass die Stadt dem Verein „eine finanzielle Förderung für die Brauchtumspflege in Höhe von bis zu 200.0000 Euro pro Kampagne gewähren wird“, kündigte Haase nun an. „Unsere Fastnacht ist auf unvergleichliche Art und Weise mit unserer Stadt verknüpft, ein Rosenmontagszug, der aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht stattfindet ist für mich undenkbar“, erklärte der OB zur Begründung. Die Fastnacht habe schließlich auch viele wirtschaftlich positive Auswirkungen durch Kartenverkäufe, Hotelübernachtungen und die Nutzung der Gastronomie, eine Förderung an dieser Stelle sei deshalb sinnvoll.

Fastnacht und Karneval: bis zu 2,75 Milliarden Euro Umsatz

Tatsächlich ist die Fastnacht ein enormer Wirtschaftsfaktor: Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln schätzte den Umsatz in der Fastnachtskampagne 2022-2023 auf mindestens 1,65 Milliarden Euro in ganz Deutschland. Optimistische Schätzungen gingen sogar von bis zu 2,75 Milliarden aus, hieß es im Februar 2023. Allein die Gastronomie mache mit der närrischen Zeit Umsätze von rund 800 Millionen Euro, aber auch Einzelhandel und Hotellerie profitierten mit mehreren Hundert Millionen Euro Umsatz.

Rosenmontagszug in Mainz: Gigantisches Spektakel, enormer Sicherheitsaufwand, hohe Umsätze. - Foto: gik
Rosenmontagszug in Mainz: Gigantisches Spektakel, enormer Sicherheitsaufwand, hohe Umsätze. – Foto: gik

„Wir sind sehr froh, dass die Stadt nun nach unseren langen, guten Gesprächen in die Finanzierung der Sicherheitskosten einsteigt“, sagte MCV-Präsident Schönig: „Alleine hätten wir als Verein die Kostensteigerungen nicht tragen können. So kann es uns nun weiterhin gelingen, einen tollen Rosenmontagszug für die Mainzerinnen und Mainzer und all unsere Gäste auf die Beine zu stellen.“

Freuen kann sich indes auch der Finther Carneval Verein 1947 e.V., der den „Zug der Finther Lebensfreude“ ausrichtet. Der Umzug durch den Vorort Mainz-Finthen findet immer am fastnachtssonntag statt, und ist der zweitgrößte Umzug der Landeshauptstadt. Die Finther erhalten für ihren Zug nun ebenfalls eine finanzielle Förderung in Höhe von bis zu 20.000 Euro.

MCV muss nachhaltiger werden: Müllproblem angehen

Bei der Stadt betont man zudem, die Landeshauptstadt erbringe mit ihren Ämtern ohnehin schon seit vielen Jahren Sachleistungen für die Umzüge in Höhe von rund 800.000 Euro pro Kampagne – etwa durch Toiletten, Sanitätsdienste, Straßenreinigung und Absperrungen. Um die zusätzliche Förderungen in Anspruch nehmen zu können, müssen die Vereine nun einen Antrag auf Förderung stellen, und einen Schlussverwendungsnachweis vorlegen, der ein etwaiges Defizit nachweisen würde.

Müllberge auf dem Schillerplatz am Enden  der Rosenmondnacht 2023. - Foto: gik
Müllberge auf dem Schillerplatz am Enden der Rosenmondnacht 2023. – Foto: gik

Auflage für den MCV sei zudem, dass der Verein gemeinsam mit der Verwaltung prüfen müsse, ob und wie die Straßenfastnacht nachhaltiger aufgestellt werden könne, heißt es weiter: „Insbesondere soll hier die Abfallproblematik in den Fokus genommen werden.“

Da auch in den Folgejahren ähnliche Defizite erwartet würden, werde die Verwaltung im Rahmen der kommenden Haushaltsplanaufstellung entsprechende Mittel vorsehen , kündigte Haase weiter an. Beschließen muss die allerdings der Stadtrat – der Beschluss für die neuen Förderungen soll nun am 31. Januar 2024 im Stadtrat erfolgen.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Ärger um die Sicherheitsauflagen in der Fastnacht, zu den Hintergründen und dem Streit, findet Ihr hier bei Mainz&.