Die Stadt Mainz plant ab März eine deutlich Anhebung der Beiträge für das warme Mittagessen an städtischen Schulen – und will gleichzeitig ihren eigenen städtischen Zuschuss auf ein Minimum reduzieren. Nach einem Schreiben an Eltern, das Mainz& exklusiv vorliegt, soll demnach der Elternbeitrag pro Mittagessen auf 3,80 Euro steigen. Gleichzeitig reduziert die Stadt Mainz ihren Zuschuss pro Essen auf gerade noch 66 Cent – das ist der niedrigste Betrag seit 2011. Die Freien Wähler sprechen von „einer Schande“ für die Stadt, auch der Linken-OB-Kandidat Martin Malcherek reagierte empört.

Die Stadt Mainz will ihre Zuschüsse zum warmen Mittagessen in Schulen deutlich reduzieren, hebt aber die Elternbeiträge an. Diese Mensa gehört allerdings zur Universität Mainz- Foto: gik
Die Stadt Mainz will ihre Zuschüsse zum warmen Mittagessen in Schulen deutlich reduzieren, hebt aber die Elternbeiträge an. Diese Mensa gehört allerdings zur Universität Mainz- Foto: gik

Im Mainzer Oberbürgermeister-Wahlkampf wird derzeit um Visionen für die Zukunft der Stadt gerungen, besonders die Kandidaten von SPD und Grünen machen sich für ein soziales und familienfreundliches Mainz stark. Grünen-Kandidat Christian Viering verspricht mehr Armutsbekämpfung, seine SPD-Kollegin Mareike von Jungenfeld gar mit der Vision, Mainz solle „familienfreundlichste Stadt“ werden.

Doch mitten in die Wahlkampf-Parolen platzt nun eine ganz andere Nachricht: Die Stadt Mainz will ihren Zuschuss zum warmen Mittagessen an Schulen zum 1. März deutlich reduzieren – auf ein Allzeittief von 66 Cent. „Jedes Jahr im Januar erhalten wir Betreiber von Schul- bz. Kita-Mensen ein Schreiben der Stadt Mainz“, heißt es in einem Brief an Eltern von Mainzer Schulkindern, das Mainz& exklusiv vorliegt. In diesem Schreiben kündige die Stadt dann regelmäßig eine Erhöhung der Elternbeiträge zum Mittagessen an.

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Stadt senkt Zuschüsse und hebt Elternbeiträge um 23 Cent an

In diesem Jahr falle die Anhebung der Elternbeiträge besonders hoch aus – und gleichzeitig die Absenkung des städtischen Zuschusses, klagen die Verfasser des Briefes weiter: So soll der Elternbeitrag je Mittagessen um ganze 23 Cent auf 3,80 Euro steigen, die Stadt reduziere gleichzeitig ihren Zuschuss aber von 89 Cent auf 66 Cent. Der Mehrbetrag werde aber „nicht durch gestiegen Kosten/Inflation begründet“, sondern sei „lediglich eine Entscheidung der Stadt Mainz“, heißt es in dem Schreiben weiter. Die Verfasser sind Mainz& bekannt, wollen aber öffentlich nicht genannt werden.

Ein warmes Mittagessen für alle Schüler und Kitakinder in Mainz - diese Kinder tragen im Jugendmaskenzug wenigstens schon einmal Orangen. - Foto: gik
Ein warmes Mittagessen für alle Schüler und Kitakinder in Mainz – diese Kinder tragen im Jugendmaskenzug wenigstens schon einmal Orangen. – Foto: gik

Besonders aufschlussreich ist eine in dem Schreiben aufgeführte Tabelle, die die Entwicklung der Elternbeiträge zum warmen Mittagessen in Mainz seit 2011 zeigt. Danach lag der Elternbeitrag im Jahr 2011 noch bei 2,83 Euro, stieg 2015 dann auf 3,- Euro und erhöhte sich in kleinen Schritten bis auf 3,57 Euro zum März 2022. Gleichzeitig aber sank der Zuschuss der Stadt Mainz ebenso stetig: Betrug er im Jahr 2011 noch 1,43 Euro, so sank er zum März 32019 auf 0,96 Euro und zum März 2022 auf 69 Cent.

Zum Juni 2022 stieg der städtische Zuschuss dann einmal kurz wieder auf 89 Cent – um nun auf 66 Cent abgesenkt zu werden. Damit liegt der städtische Zuschuss so niedrig wie noch nie, während gleichzeitig aber der Mainzer Haushalt seit Ende 2021 hohe Überschüsse durch die Gewerbesteuer verzeichnet. Bei 160 Schultagen im Jahr stiegen damit die Kosten für das warme Mittagessen pro Kind von derzeit 47,60 Euro auf 50,67 Euro, rechnet das Schreiben vor.

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Freie Wähler: Anhebung zur Unzeit

Die Freien Wähler in Mainz kritisierten die Anhebung scharf: „Diese Maßnahme kommt völlig zur Unzeit angesichts hoher Kosten für Energie und den Lebensunterhalt“, schimpfte der Vorsitzende des Kreisverbandes der Freien Wähler, Christian Weiskopf: „Wie sollen sich das alle Eltern leisten können? Was machen die Geringverdiener ohne finanzielle Unterstützung?“ Alles sei teurer geworden, nun stehe „zu befürchten, dass manche Kinder vom Essen abgemeldet werden, weil es zu teuer geworden ist“, kritisierte Weiskopf: „Das ist eine Schande in einer Stadt, die seit zwei Jahren zu den reichsten in Deutschland zählt.“

Kreisvorstand der neu gegründeten Freien Wähler in Mainz mit Vorsitzendem Christian Weiskopf (Mitte). - Foto: gik
Kreisvorstand der neu gegründeten Freien Wähler in Mainz mit Vorsitzendem Christian Weiskopf (Mitte). – Foto: gik

Die Freien Wähler fordern die Parteien der Mainzer Ampelregierung auf, „statt vollmundige Wahlversprechen von sich zu geben, wie familienfreundlich Mainz unter Ihrem OB-Kandidaten wäre, endlich Ihre Arbeit im Sinne der Bürger aufzunehmen“ – schließlich werbe die SPD-Kandidatin mit dem Ziel, Mainz zur familienfreundlichsten Stadt in Rheinland-Pfalz zu machen. „Derweil schafft das von ihrer Partei verantwortete Dezernat IV – Soziales, Kinder, Jugend, Schule und Gesundheit gerade Fakten“, kritisierte Weiskopf, und forderte: „Statt zu erhöhen müssen die Kosten komplett von der Stadt übernommen werden.“

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OB-Kandidat Malcherek: „Schlag ins Gesicht für ärmere Familien“

Mainz& hat bei der Stadt Mainz nachgefragt, mit welcher Begründung der städtische Zuschuss reduziert wird, eine Antwort stand am Freitagnachmittag noch aus. Derweil reagierte der Linken-OB-Kandidat Martin Malcherek im Mainz&-Interview entsetzt: „Ich weiß überhaupt nicht, was ich dazu sagen soll, ich habe gedacht, ich falle um“, sagte Malcherek: „Das ist genau das Gegenteil von dem, was permanent behauptet wird.“

Kritisiert die Reduzierung des städtischen Zuschusses zum Mittagessen deutlich: Linken-OB-Kandidat Martin Malcherek. - Foto: gik
Kritisiert die Reduzierung des städtischen Zuschusses zum Mittagessen deutlich: Linken-OB-Kandidat Martin Malcherek. – Foto: gik

Die Maßnahme stehe diametral allen bisherigen politischen Willensbekundungen entgegen, in denen es stets heiße, jedes Kind solle ein warmes Schulessen bekommen, schimpfte Malcherek: „Und dann machen wir das genaue Gegenteil?“ Wenn das stimme mit der Absenkung, „wäre das ein Schlag ins Gesicht, gerade für die ärmeren Familien in Mainz, und gerade für die soll das warme Mittagessen ja auch etwas bringen“, kritisierte der Linken-Stadtrat: „Ich finde das eine Katastrophe gerade bei denen, die es am meisten brauchen, den Hahn zuzudrehen.“

Info& auf Mainz&: Das ganze Mainz&-Interview mit Martin Malcherek zur OB-Wahl könnt Ihr ab dem 07. Februar auf dem Mainz&-Youtube-Kanal ansehen – freut Euch auf ein lebhaftes Gespräch rund um Wohnen, Verkehr, Kinderarmut und die Frage, wieviel Enteignung heutzutage noch sein muss. Alles rund um die OB-Wahl in Mainz mit dem ersten Wahlgang am 12. Februar 2023, findet Ihr hier in unserem Mainz&-Wahldossier.