Es war ein starkes Zeichen gegen Faschismus, gegen rechtsextreme Umtriebe und gegen die AfD: Rund 7.000 Mainzer sind am Donnerstagabend bei einer Kundgebung „Zeichen gegen Rechts“ auf die Straße gegangen – es wurde die größte Kundgebung dieser Art, die Mainz je gesehen hatte. Verschiedene Redner verurteilten Hass, Hetze, Fremdenfeindlichkeit und jegliche Pläne zu Umvolkung oder „Remigration“. Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) zeigte sich von der Demonstration begeistert und rief dazu auf, die Demokratie zu verteidigen.

Rappelvoll war es bereits auf dem Vorplatz des Mainzer Hauptbahnhofs zum Auftakt der Demo "Zeichen gegen rechts". - Foto: gik
Rappelvoll war es bereits auf dem Vorplatz des Mainzer Hauptbahnhofs zum Auftakt der Demo „Zeichen gegen rechts“. – Foto: gik

Hintergrund der Proteste ist ein jetzt bekannt gewordenes Treffen im November 2023 in Potsdam, an dem laut Recherchen des Netzwerkes Correctiv „hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarke Unternehmer“ zusammengekommen sind, und bei dem laut Correktiv unter anderem Pläne für eine massenhafte Deportation von Migranten, aber auch Menschen mit deutschem Pass gesprochen wurde – unter dem beschönigenden Begriff „Remigration“. Seither rollt eine Protestwelle durch die Republik, überall gehen derzeit Menschen gegen rechtsextremes Gedankengut und Faschismus auf die Straße – explizit auch gegen die AfD.

Am Donnerstagabend hatte eine Gruppe Studierender nun zu einer Kundgebung unter dem Motto „Zeichen gegen rechts“ auch in Mainz aufgerufen. Gerechnet hatten die Organisatoren mit rund 2.500 Teilnehmern – es kamen Tausende mehr. Zur Auftaktkundgebung am Hauptbahnhof platzte der Bahnhofsvorplatz bereits aus allen Nähten – die Demonstranten standen bis weit über die Straßenbahngleise hinaus. Viele hatten selbst gemalte Plakate mitgebracht, auf denen Slogans standen wie „EkelhAfD“,  „Menschenrechte statt rechte Menschen“ – oder auch: „Kein Wein den Faschisten.“

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Protest gegen „Rechtsruck, AfD oder jeden anderen Faschismus“

Die Teilnehmer kamen aus allen Teilen der Politik und der Zivilgesellschaft, gesichtet wurden unter anderem Vertreter von SPD, Grünen, ÖDP, FDP und Linken, und auch die Mainzer CDU hatte explizit zur Teilnahme an der Kundgebung aufgerufen. Die Menge skandierte Slogans wie „Ganz Mainz hasst die AfD“ oder „Alle zusammen gegen den Faschismus“, zumeist aber bewegten sich die Demonstranten schweigend durch die Innenstadt. „Nie wieder, Nazis keine Chance“ stand etwa auf Transparenten zu lesen, oder „Gegen den Rechtsruck, AfD oder jeden anderen Faschismus.“

Mit Plakaten gaben die Menschen ihrem Unmut über rechtsextreme Umtriebe und völkische Deportations-Phantasien Ausdruck.- Foto: gik
Mit Plakaten gaben die Menschen ihrem Unmut über rechtsextreme Umtriebe und völkische Deportations-Phantasien Ausdruck.- Foto: gik

Vom Hauptbahnhof aus zog die Kundgebung dann durch die Bahnhofstraße und die Schillerstraße die Ludwigsstraße hinunter zum Staatstheater – und erst da sah man, wie groß der Demonstrationszug wirklich war: Tausende waren gekommen, um ihrem Abscheu gegen rechtsextreme Umtriebe und Pläne von „Umvolkung“ Ausdruck zu verleihen.

Die Mainzer Polizei schätzte die Menge am Abend vorsichtig auf „zwischen 5.000 und 7.000 Teilnehmer“, die Wahrheit dürfte am oberen Ende des Spektrums liegen: Selbst der Gutenbergplatz konnte die anströmende Menge kaum fassen. Damit übertraf die Kundgebung alle bisherigen Demonstrationszüge gegen Rechts oder gegen die AfD – auch jener Protestkundgebung gegen die AfD 2015, als die Rechten aus dem Staatstheater mit der „Ode an die Freude“ beschallt wurden.

Rund 7.000 Menschen gingen am Donnerstagabend in Mainz gegen Faschismus und gegen die AfD auf die Straße. - Foto: gik
Rund 7.000 Menschen gingen am Donnerstagabend in Mainz gegen Faschismus und gegen die AfD auf die Straße. – Foto: gik

OB Haase: Müssen Demokratie jeden Tag neu verteidigen

Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) zeigt sich von der Demonstration gegen Rechts beeindruckt und begeistert: „Dass sich einige junge Veranstalter zusammentun und große Teile der Stadt auf die Beine bringen, spricht für sich und ist Beleg unserer lebenswerten und wehrhaften Stadt“, sagte Haase, der selbst auch an der Kundgebung teilnahm. „Wir treten rassistischem Gedankengut weiterhin entschieden entgegen – die Demokratie bleibt ein Geschenk, das wir jeden Tag neu verteidigen müssen“, betonte Haase in einem schriftlichen Pressestatement.

Protest gegen Faschismus im Schatten des Doms: Plakat auf der Demo "Zeichen gegen rechts" in Mainz. - Foto: gik
Protest gegen Faschismus im Schatten des Doms: Plakat auf der Demo „Zeichen gegen rechts“ in Mainz. – Foto: gik

„Mehrere Tausend Menschen haben heute ihrem blanken Entsetzen zum bekannt gewordenen Gedankengut des Treffens von Potsdam Ausdruck verliehen“, sagte Haase weiter: „Mehrere Tausend zumeist junge Menschen in Mainz, einer Region in der die deutsche Demokratie ihre ersten Schritte unternahm, haben ein klares Bekenntnis zu unseren demokratischen Grundwerten und einem lebenswerten Miteinander über jegliche Nationalitäten hinweg bekundet, und sind gemeinsam für den Erhalt grundlegender demokratischer Prinzipien auf die Straße gegangen. Das macht mich stolz und ist ein hoffnungsfrohes Signal in manchenteils düsteren Zeiten. Ich danke den privaten Organisatoren für ihr großartiges Engagement!“

„Wir sagen Nein zur AfD, Nein zu Rassismus, Nein zu Nazis – es lebe Freiheit und Demokratie“, rief etwa Behrouz Asadi, Flüchtlingskoordinator des Malteser Hilfsdienstes in die Menge. Acht Redner ergriffen auf den beiden Kundgebungen das Wort, die Bandbreite reichte vom Deutschen Gewerkschaftsbund über Fridays for Future und das Bistum Mainz bis hin zu Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Die Reden allerdings waren meistenteils gar nicht zu verstehen – die Menge war viel zu groß, um sie mit den mobilen Lautsprecheranlagen zu erreichen.

Dreyer: „Es geht um eine Überlebensfrage der Demokratie“

„Die Kundgebung ist ein starkes Zeichen. Wir brauchen einen echten Schulterschluss gegen Rechts, damit klar wird: Die demokratische Mehrheit in diesem Land steht zusammen – ‚Nie wieder‘ ist jetzt“, sagte Dreyer laut Pressemitteilung auf der Demonstration. Die aktuell öffentlich gewordenen Vertreibungspläne seien „ein erschreckender Höhepunkt des rechtsextremen Gedankenguts“, das auch von führenden Köpfen der AfD verbreitetet werde. „Rechtsextreminsten wollen millionenfache Vertreibung aus Deutschland, Deportationen im Namen ihrer völkischen Ideologie“, betonte Dreyer weiter: „Sie stehen für Hass, Ausgrenzung, Abwertung.“

Tausende protestierten am Donnerstagabend vor dem Mainzer Staatstheater gegen Rechtsextremismus und Faschismus. - Foto: gik
Tausende protestierten am Donnerstagabend vor dem Mainzer Staatstheater gegen Rechtsextremismus und Faschismus. – Foto: gik

„Rechtsextremisten bedrohen unsere Demokratie“, betonte die Ministerpräsidentin. Sie definierten „Staatsbürger erster und zweiter Klasse und vertreten ein völkisches Weltbild. Sie sind Rassisten und politische Extremisten.“ Und das bedrohe alle in einer Demokratie: „Erst erklären sie Menschen mit Migrationshintergrund zum Feind, am Ende sind es alle, die nicht in ihr Weltbild passen: Ob nun Angehörige christlichen Kirchen oder Gewerkschaftsmitglieder, ob nun Journalisten und Journalistinnen oder Aktivisten aus der Klima- und Umweltbewegung“, sagte Dreyer weiter.

Die AfD sei in drei Bundesländern bereits als gesichert rechtsextrem eingestuft, ihre Jugendorganisation werde bundesweit als Verdachtsfall geführt – und auch Mitglieder der AfD Rheinland-Pfalz seien in rechtsradikalen Zusammenhängen unterwegs. „Das alles zeigt: Auch in Rheinland-Pfalz geht es nicht um Geschmacksfragen oder politische Moral. Hier geht es um eine Überlebensfrage der Demokratie“, betonte Dreyer: „Wenn Rechtsextremisten an die Macht gelangen, dann ist die Demokratie am Ende.“

Verbotsverfahren gegen AfD wird diskutiert

Ob die Voraussetzungen für ein Verbotsverfahren gegen die AfD vorlägen, müsse nun „akribisch geprüft und die Möglichkeiten des Rechtsstaates ausgeschöpft werden“, fügte Dreyer hinzu. Die Hürden seien zu recht hoch, ein solcher Weg sei langwierig, risikoreich und auch politisch umstritten. „Alle, denen diese Demokratie am Herzen liegt, müssen jetzt ins Handeln kommen“, forderte Dreyer zudem: „Wir können nicht mehr einfach zuschauen“

Plakat bei der Demo "Zeichen gegen rechts" am Donnerstagabend in Mainz. - Foto: gik
Plakat bei der Demo „Zeichen gegen rechts“ am Donnerstagabend in Mainz. – Foto: gik

Umstritten ist indes auch die Teilnahem von Regierungsvertretern an solchen Kundgebungen: Manch Demonstrant kritisierte auch, es sei doch gerade die Politik der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP, die der AfD derzeit einen solch hohen Zulauf bescherten. „Ich kann die nicht mehr wählen“, schimpfte etwa ein langjähriger Grünen-Wähler – er hoffe sehr, dass die Grünen bei den Wahlen in diesem Jahr abgestraft würden.

„Es hat etwas Falsches und Verlogenes, wenn sich Regierungsvertreter an die Spitze des Widerstandes gegen die AfD stellen, als seien sie nicht Teil des Problems“, kommentierte gerade die Spiegel-Kolumnistin Sabine Rennefanz: „Als hätte nicht der Frust über die Ampelpolitik und auch konkret über den entrückt wirkenden Kanzler viele Menschen in die Arme der AfD getrieben.“

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Hintergründen sowie zu den Organisatoren der Demo „Zeichen gegen rechts“ könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen. Mehrere Live-Videos von der Demonstration „Zeichen gegen rechts“ könnt Ihr auf unserer Mainz&-Facebookseite sehen. Die dort noch zu lesenden Kommentare von AfD-Vertretern und AfD-Anhängern mit menschenverachtendem oder rassistischem Inhalt wurden inzwischen alle Polizei und Staatsschutz gemeldet – wir wurden allerdings von der Polizei explizit gebeten, diese nicht zu löschen, damit sie nachverfolgt werden können. Natürlich dulden wir bei Mainz& weder Hassreden, noch menschenverachtende, rassistische oder fremdenfeindliche Inhalte NICHT.