Der Straßenbahnausbau in Mainz ist längst beschlossene Sache, auch wenn die Finanzierung weiter unklar ist, nun aber ist eine erste wichtige Entscheidung für die weitere Streckenführung gefallen: Der Innenstadtring soll einmal von Schillerplatz über die Ludwigsstraße zum Höfchen, und von dort weiter über Flachsmarkt und Große Bleiche und dann via Rheinallee durch die Neustadt führen. Damit ist vor allem die stark umstrittene Variante durch die Hindenburgstraße aus dem Rennen. Nun muss der Stadtrat am 9. April entscheiden.

Im Juni 2020 hatte der Mainzer Stadtrat mit den Stimmen von Grünen, SPD und FDP einen groß angelegten Ausbau des Mainzer Straßenbahnnetzes beschlossen. Im Fokus standen dabei von Anfang an drei Teilbereiche: Der Bau der Querspange über die Binger Straße, der Bau eines Innenstadtrings durch die Mainzer Neustadt sowie eine neue Verbindung zum Wohnquartier Heiligkreuz-Viertel. Die Spange über die Binger Straße ist inzwischen im Bau, mindestens bis Ende 2025 soll die Herstellung des gerade einmal 300 Meter langen „Bypasses“ vom Münsterplatz zur Alicenbrücke dauern.
Mit dem Innenstadtring soll vor allem die Mainzer Neustadt an das Straßenbahnnetz angeschlossen werden, für die Trassenführung waren mehrere Varianten im Gespräch: Eine sollte durch die Wallstraße führen, eine zweite durch die Hindenburgstraße – hier wäre ausgerechnet die alte Platanenallee durch den Ausbau höchst gefährdet gewesen. Auch hätte die Bahn dann womöglich mitten durch den Goethepark rollen müssen, auch daran gab es massive Kritik.
Vorzugsvariante Straßenbahnring via Große Bleiche und Rheinallee
Nun stellten Stadtverwaltung Mainz und Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) den städtischen Gremien die gemeinsam erarbeitete Vorzugsvariante vor – und die folgt nun der dritten möglichen Trasse: Danach würde die Straßenbahn in Mainz künftig von der Ludwigsstraße über die Schusterstraße und Flachsmarktstraße zur Großen Bleiche rollen, dort aber rechts zum Rhein abbiegen, und an der Peter-Altmeier-Allee nach links auf die Rheinallee einbiegen.

Dort würde die Strecke dann bis zum Kaiser-Karl-Ring und damit dem Straßenbahnamt führen, vorher eine Linie aber nach links über die Goethestraße zum Barbarossaring abbiegen, und dort den Ringschluss zum bisherigen Straßenbahnnetz schaffen. Damit würde ein Großteil des neuen Wohngebiets Mainzer Zollhafen an das Straßenbahnnetz angebunden, die Neustadt selbst aber zum Großteil umfahren. In der Goethestraße wiederum müssten wahrscheinlich zahlreiche Parkplätze für die Straßenbahn weichen.
Diese Streckenvariante folge damit den Empfehlungen des Beteiligungsverfahrens, dass im Frühjahr 2022 begonnen hatte, teilte die Stadt Mainz nun mit: „Die umfassende Bürgerbeteiligung war dabei eine der Grundvoraussetzungen für die weiteren Planungen.“ Der intensive Beteiligungsprozess habe „einen weitgehenden Konsens für eine Straßenbahntrasse mit den Bürgern, den Gewerbetreibenden und dem Einzelhandel sowie den verschiedenen Interessenvertretungen“ erzielen sollen. Ein Interessenbeirat (IB) aus Interessensverbänden und Bürgern hatte sich zudem mehr als zwei Jahre lang intensiv mit möglichen Streckenvarianten vom Schillerplatz in die Mainzer Neustadt beschäftigt und vor wenigen Wochen seinen Abschlussbericht vorgelegt.
Planungen für Strecke zum Heilig-Kreuz-Areal gehen weiter
Die Beschlussvorlage zur Vorzugsvariante wurde am Dienstag dem städtischen Mobilitätsausschuss vorgestellt und sei dabei mit großer Mehrheit beschlossen worden, teilte die Stadt weiter mit. „Mit dem Straßenbahnausbau stellen wir die Weichen für die Erweiterung der umweltfreundlichen Mobilität in Mainz“, betonte Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne). Nun muss der Mainzer Stadtrat am 9. April über die Streckenführung entscheiden.

Stimmt das Stadtparlament zu, wird die Vorzugsvariante Rheinachse im nächsten Schritt planerisch weiterverfolgt und eingehender geprüft. Ob und wann sie gebaut wird, ist indes unklar: Die Stadt hatte im Zuge des neuen Haushaltslochs im März 2024 jegliche Realisierungen der Straßenausbauplanungen vorerst auf Eis gelegt. Die Planungen selbst sollten aber weiter vorangetrieben werden, um für den Zeitpunkt flüssiger Kassen gerüstet zu sein – das gilt auch für die Streckenführung zum Heilig-Kreuz-Viertel, für die noch eine geeignete Streckenführung erarbeitet werden muss. Hier soll in den kommenden Wochen die Bürgerbeteiligung fortgesetzt werden.
In jedem Fall muss für die neuen Trassen erst einmal Baurecht über ein Planfeststellungsverfahren geschaffen werden – und das kann dauern. Für eine Genehmigungsplanung und die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens für den Innenstadtring müssten „mehrere Jahre eingeplant werden“, hieß es denn jetzt auch von Seiten der Stadt vorsorglich. Nach einem erfolgreichen Planfeststellungsverfahren müsse im Anschluss „die Finanzierung gesichert sein, bevor die endgültige Entscheidung zum Bau der neuen Straßenbahnstrecke durch die Innenstadt getroffen werden kann.“ Die Stadt hofft dabei auf umfangreiche Förderungen von Bund und Land für den Bau von Straßenbahnstrecken.
Haase: „Prüfauftrag ist große Chance für Große Bleiche“
„Der abgeschlossene Beteiligungsprozess bei diesem eminent wichtigen Mobilitätsthema ist vorbildlich“, lobte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) nach der Sitzung am Dienstag, betonte zugleich aber auch: Das Vorhaben weise „weit in die Zukunft“. Unter dem Strich stehe nun ein Ergebnis, „das viele Facetten einer schwierigen Entscheidungsfindung abbildet“, betonte Haase, und dankte ausdrücklich dem Interessenbeirat für sein Engagement. „Ich danke allen Beteiligten für das Ringen in der Auswahl der überzeugendsten Streckenführung und sehe auch in dem Prüfauftrag große Chancen für die Große Bleiche“, fügte Haase hinzu.

Denn MVG und Verwaltung untersuchen nun auch noch eine Gleisverbindung der Straßenbahn über die Große Bleiche zwischen dem Münsterplatz und der Bauhofstraße: Diese Strecke könne eine wichtige Ergänzungs- und Ausweichstrecke für die häufigen Sperrungen der Ludwigsstraße wegen diverser Veranstaltungen und Feste werden, betont man bei der Stadt. Den Plan gab es schon einmal: Als Wiesbaden eine Citybahn plante, die vom Wiesbadener Hauptbahnhof über die Theodor-Heuss-Brücke und dann die Große Bleiche hinauf fahren sollte.
Zentrale Aspekte bei der Entscheidungsfindung des Interessenbeirats seien vor allem die Auswirkungen auf das Stadtbild und die Aufenthaltsqualität, verkehrliche Vorteile und Perspektiven sowie die gute Integration in den öffentlichen Raum und mögliche Erweiterungs- und Entwicklungspotenziale gewesen. Die Grünen, schon immer für den Straßenbahnausbau, begrüßten die Entscheidung naturgemäß, ihr Verkehrsexperte David Nierhoff sprach von einem „Meilenstein in Richtung einer nachhaltigen Mobilitätswende.“
Auch die SPD begrüßte die Trassenführung, Zustimmung zur neuen Strecke kam aber auch von der Linken, dort freute man sich insbesondere auch über die Streckenführung: „Die Rheinroute ist die sinnvollste Wahl für den Straßenbahnausbau in Mainz“, betonte Anna-Lena Löffler, Ortsbeiratsmitglied aus der Neustadt. Besonders positiv sei, dass die Hindenburgstraße als wichtige Radverkehrsachse erhalten bleibe. „Am wichtigsten war uns jedoch, dass der Goetheplatz unangetastet bleibt und nicht etwa von der Straßenbahn überfahren wird“, betonte Löffler – „alles andere wäre ein Skandal gewesen.“
Info& auf Mainz&: Mehr zum Stopp der Ausbaupläne und zum Sparprogramm der Mainzer Verkehrsgesellschaft vom März 2024 lest Ihr hier bei Mainz&. Mehr zum Bau einer Straßenbahnstrecke zum Heilig-Kreuz-Viertel könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.