Paukenschlag in der Narrenszene: Florian Sitte wird der neue Till des Mainzer Carneval Club (MCC). Damit schlüpft der 43 Jahre alte Zahnarzt in das Kostüm einer der berühmtesten Symbolfigur der Mainzer Fastnacht. Sitte zeigte sich durchaus demütig: „Es ist für mich eine große Ehre“, sagte der amtierende Präsident des MCC am Freitag bei der Bekanntgabe in Mainz. Die Figur war seit vier Jahren verwaist, seit Friedrich Hofmann im Jahr 2020 nach 25 Jahren die Narrenkappe niedergelegt hatte. Sitte wird der insgesamt siebte „Till“ des Narrenclubs.

Zum letzten Mal 2020 auf der Reichstagskuppel: Friedrich Hofmann als "Till" - Foto: gik
Zum letzten Mal 2020 auf der Reichstagskuppel: Friedrich Hofmann als „Till“ – Foto: gik

Der Mainzer Carneval Club (MCC) gehört zu den ältesten und renommiertesten Vereinen der Mainzer Fastnacht und feiert in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen. Seine Symbolfigur ist seit den 1920er Jahren der „Till“, ein Narr, der Figur des Till Eulenspiegels nachempfunden. Auch der Fastnachts-Till hält einen Spiegel in der Hand, den er der Gesellschaft und vor allem den Mächtigen in der Politik vorhält – die traditionelle Rolle des Narren und seiner Narrenfreiheit.

Die Gründung der Figur müsse so um 1926 herum geschehen sein, sagte Friedrich „Fridel“ Hofmann, der bisher als Letzter die Symbolfigur verkörpert hatte. Hofmann hatte im Jahr 2020 nach 25 Jahren in der Figur des Till den Spiegel und die Schelle niedergelegt. „Die Aufgabe des Narren besteht darin, dem Publikum und den politischen Verantwortlichen den Spiegel vorzuhalten“, beschreibt Hofmann die Aufgabe des „Till“: „Wenn es gelingt, dass die Betroffenen darüber noch schmunzeln können, hat er sein Ziel erreicht.“

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Friedel Hofmann war 2020 nach 25 Jahren als Till zurückgetreten

Hofmann hatte die Symbolfigur des MCC mit geschliffenen Reimen und viel feinem Humorflorett geprägt, und die Traditionsfigur der Fernsehfastnacht auf die Fastnachtskuppel gesetzt. Nach dessen Rücktritt hatte sich der MCC Zeit gelassen bei der Frage, ob es einen Nachfolger geben würde: „Wir haben uns Zeit gelassen und in verschiedene Richtungen ermittelt“, sagte MCC-Vizepräsident Jürgen Wiesmann, in der Fastnacht bekannt als Figur „Ernst Lustig“, „aber wir sind immer wieder auf einen Namen zurückgekommen.“

Die Zeit der Merkel-Parodie ist vorbei: Florian Sitte wird der neue "Till" des MCC. - Foto: gik
Die Zeit der Merkel-Parodie ist vorbei: Florian Sitte wird der neue „Till“ des MCC. – Foto: gik

Zur 125. Jubiläumskampagne präsentierte der MCC nun einen Nachfolger: „Der neue Till des MCC ist Dr. Florian Sitte“, sagte Wiesmann. Der Zahnarzt aus Mainz ist seit drei Jahren Präsident des MCC und ist dem Fernsehpublikum vor allem als „Angela Merkel“ bestens bekannt. Sitte sei „ein Sympathieträger auf der Bühne des MCC“, der mit Humor und Schalk immer wieder große Rollen auf die Bühne gebracht hatte, sagte Wiesmann: „Deshalb war es klar, dass wir ihm dieses Amt anbieten und freuen uns, dass er zugesagt hat.“

Sitte hatte 2018 als Kanzlerin Angela Merkel einen Sensations-Einstand bei der Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz“ gefeiert und war seitdem fester Bestandteil der politischen Rednergrößen der Mainzer Fastnacht. Neben der Merkel-Figur hatte Sitte auch Erfolge als „Greta Thunberg“ gefeiert und war mit seinen satirischen Figuren gut angekommen. Als Symbolfigur des „Till“ aber muss Sitte nun eine der gewichtigsten und eher ernsten Figuren ausfüllen, die hochpolitisch den Finger in die Wunden der Gesellschaft legt.

Sitte: „Respekt und Demut vor den großen Fußstapfen“

„Es ist für mich eine große Ehre“, sagte Sitte, und betonte: „Der Respekt und die Demut vor den großen Fußstapfen sind enorm.“ Sitte ist der siebte Redner, der ins traditionsreiche Till-Kostüm schlüpft, trotzdem wolle er die Rolle für sich neu interpretieren, betonte Sitte: „Ich werde sicher nicht den Stil des Friedel Hofmann eins zu eins übernehmen, ich werde da eine eigene Note reinbringen.“

Florian Sitte wird neuer "Till" des MCC. - Foto: gik
Florian Sitte wird neuer „Till“ des MCC. – Foto: gik

Er stehe auch „für eine andere Generation der Fastnacht, deshalb werde ich die Rolle auch ein bisschen anders anlegen“, kündigte Sitte an. Der Vortrag des Tills müsse „ja nicht zwangsweise durchgereimt sein“, auch auf der Reichstagskuppel werde er „mit Sicherheit nicht mehr Platz nehmen.“ Die Figur werde wohl digitaler werden, auch soll es Neuerungen beim Bühnenbild geben. „Ob es funktioniert, werden wir sehen“, sagte Sitte, „es kann schon sein, dass der eine oder andere sagt: Das Traditionelle hat mir besser gefallen.“

Seinen ersten Auftritt als „Till“ wird Sitte am 13. Januar bei der „Birnbaum-Sitzung“ des MCC haben. „Es war eine ernsthafte Findungsphase mit der Diskussion diverser Kandidaten“, betonte Hofmann noch. Den Ausschlag habe schließlich die Erfahrung gegeben: „Als Till braucht man eine gewisse Erfahrung und Wahrhaftigkeit, das Publikum muss dem da oben das auch abnehmen, damit die Figur auch bestehen kann“, betonte Hofmann.

Der „Till“ sei immer „eine Identifikationsfigur“ gewesen, nicht nur für den Verein MCC, sondern auch für das Publikum. „Das Publikum war immer sehr interessiert daran: was hat der denn zu dem und dem Thema zu sagen“, sagte Hofmann. Die Figur nicht wiederzubeleben, sei deshalb auch keine Option gewesen: „Von Sterben kann keine Rede sein – da sitzt er.“

Info& auf Mainz&: Mehr zu Florian Sitte und dem MCC lest Ihr auch hier bei Mainz&.