Nach der Insolvenz des Taubertsbergbades will die Stadt Mainz den Betrieb des Bades erst einmal weiterführen. „Wir werden alles daran setzen, dass der Betrieb weiter geht“, sagte Sport- und Finanzdezernent Günter Beck (Grüne) am Freitag in Mainz. Er sei „froh“, dass der bisherige Betreiber Uwe Deyle am Donnerstag den Insolvenzantrag gestellt habe, das eröffne die Suche nach neuen Lösungen. Die muss nun unter Hochdruck beginnen: Drei Monate hat die Stadt nun Zeit, eine zukunftsfeste Lösung für das Bad zu entwickeln, so lange läuft die Insolvenzvorbereitungsfrist. Beck zufolge gibt es zwei Varianten: Die Gründung einer Betreibergesellschaft im Konzern Stadt für das Bad oder die Suche nach einem neuen Betreiber mittels Ausschreibung.

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Die schönene Bilder aus dem Taubertsbergbad – Vergangenheit oder Zukunft? Foto: gik

Deyle hatte das Taubertsbergbad 13 Jahre lang als Pächter der Stadt Mainz betrieben, am Donnerstag meldete er Insolvenz an. „Wir haben es wirklich versucht“, schreibt Deyle in einer Pressemitteilung, die Mainz& nun vorliegt, aber „niemand ist vollkommen, und natürlich war es auch das Taubertsbergbad nicht.“ Die Schuld für die Pleite schiebt Deyle auf Baumängel, die es seit 13 Jahren gegeben habe, und die „nur mit einer längeren Schließung zu beseitigen gewesen wären.“ Die Beckenschließungen hätten Gäste gekostet, „eine gute Perspektive hat sich trotz großer Anstrengungen und vieler Ideen nicht erfüllt“, schreibt Deyle weiter.

„Das ist wie ein Kind, das nicht hört“

Das aber ist nur die halbe Wahrheit, wahr ist auch: Deyle hat es über Jahre hinweg versäumt, in den Erhalt und die Renovierung des Bades zu investieren. Eine Handhabe, ihn dazu zu zwingen, habe die Stadt nicht gehabt, betonte Beck am Freitag, es habe im Mietvertrag keinen Hebel dazu gegeben. „Das ist so, wie mit einem Kind, das nicht hört, das schaut man sich eine Zeitpläne an, gibt ihm Strafarbeiten – so war das mit dem Herrn Deyle“, beschrieb Beck die Zusammenarbeit mit dem Badbetreiber. „Deyle hätte mehr machen müssen, aber der Vertrag gab keine Daumenschraube her“, sagte Beck.

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Der Vertrag mit Deyle stammt aus der Ära von Baudezernent Norbert Schüler (CDU), damals wurde der Betreiber als Retter des Taubertsbergbades gefeiert. Doch zumindest in den vergangenen Jahren hätte die Stadt gewarnt sein müssen: Deyle nämlich machte mit praktisch allen seinen Schwimmbädern eine Pleite nach der anderen, von fünf Bädern war das Taubertsbergbad das letzte große Schwimmbad, das seine Gruppe betrieb – was Ihr in diesem Mainz&-Artikel nachlesen könnt.

Deyle schuldet der Stadt Geld

Und nun schuldet der Badbetreiber der Stadt auch noch eine erhebliche Summe Geld. Es handele sich um eine Summe „im sechsstelligen Bereich“, räumte Beck am Freitag auf Mainz&-Frage hin ein. Die Verwaltung habe in den vergangenen Jahren „immer wieder Konstrukte entwickelt, die ihn befähigt haben, seine Pachtzahlungen zu leisten“, sagte Beck, „das hat er teilweise erfüllt.“ Mit Zahlungsplänen und Stundungsvereinbarungen wurde offenbar versucht, Deyle so gut es ging bei der Stange zu halten. Oberstes Ziel dabei: Den Betrieb des Bades aufrecht zu erhalten.

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Das Taubertsbergbad in mainz steht vor einer ungewissen Zukunft – Foto: gik

„Hätte ich eine Idee gehabt, früher den Fuß in die Tür zu bekommen, hätte ich das sofort getan“, rechtfertigte Beck das Vorgehen der Stadt. Aber es habe einfach keinen vernünftigen Ansatzpunkt gegeben, den Vertrag zu kündigen, ohne einen jahrelangen Rechtsstreit zu riskieren – und der, so Beck weiter, hätte der Stadt auch nicht wirklich weiter geholfen. „Es hätte sich an der Situation des Bades nichts geändert.“

Stadt muss Renovierungen auf eigene Kosten leisten

Und die ist gravierend: Abfallende Kacheln, herabhängende Deckenverkleidungen, marode Duschen – das Taubertsbergbad ist seit geraumer Zeit in einem mangelhaften Zustand. Das Lehrschwimmbecken ist gesperrt, weil sich Kacheln am Boden gelöst haben, auch der Sprungturm samt Becken war in den vergangenen Wochen dicht. Im Thermalbecken sind Teile durch Leinen abgesperrt, ebenfalls wegen Mängeln.

Die Stadt werde nun kommende Woche erst einmal genauer untersuchen müssen, welche Mängel es gebe und wie gravierend die seien, sagte Beck. Klar ist aber schon jetzt: Auf den Reparaturkosten bleibt die Stadt nun sitzen. „Da führt kein Weg daran vorbei“, sagte Beck. Denn egal, welche Lösung in Zukunft für das Schwimmbad anstehe, die Stadt werde nun das Bad in einen Zustand versetzen müssen, der einen wirtschaftlichen und erfolgreichen Betrieb ermögliche. „Man muss die Dinge aufholen, die in den letzten Jahren nicht geschehen  sind“, sagte Beck, und räumte ein, er habe das Unheil seit einigen Monaten kommen sehen.

Notfallplan? Fehlanzeige – aber: kein Verkauf

Einen Notfallplan für den Fall der Insolvenz aber legte der Dezernent am Freitag nicht vor. Wie es am Taubertsberg weiter gehen könne, das müsse nun diskutiert und politisch eruiert werden, sagte Beck. „Wir haben uns nicht in den letzten Monaten zurückgelehnt, wir haben intensiv recherchiert, die Bäderstruktur in Rheinland-Pfalz untersucht“, betonte er. Es gebe aber einfach „nicht mehr viele Player“ am Bädermarkt – im Klartext: Wie es am Taubertsberg weiter geht, ist völlig unklar.

Zwei mögliche Szenarien sieht Beck: Erstens die Gründung einer Betreibergesellschaft für das Bad „im Konzern der Stadt Mainz“ – also einer stadtnahen Gesellschaft unter dem Dach einer städtischen Holding – oder die Neuvergabe an einen externen Betreiber. Ein Verkauf des Bades oder ein Neubau an einer anderen Stelle komme aber auf keinen Fall in Betracht, betonte Beck.

Rund eine Million Euro erhielt Deyle für Schulsport und sozialverträgliche Preise

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Sozialverträgliche Preise? Die hohen Tarife hielten viele von einem Besuch ab – Foto: gik

Rund eine Million Euro zahlte die Stadt an Deyle für die Aufrechterhaltung des Schulsports und für „sozialverträgliche Eintrittspreise“, sagte Beck, umgekehrt sollte Deyle eine Million Euro an Pacht zahlen, pro Monat seien es 10.000 Euro gewesen. Der nun eingesetzte vorläufige Insolvenzverwalter wird nun erst einmal prüfen, inwieweit ein Weiterbetrieb des Bades wirtschaftlich möglich und unter welchen Voraussetzungen sinnvoll ist. Einfach wird das nicht: Es gebe „eine Vielzahl von Gläubigen“, sagte Beck.

Die Gehälter der rund 50 festangestellten Mitarbeitern werden nun erst einmal laut Insolvenzrecht vom deutschen Staat bezahlt – für eine Frist von drei Monaten. Damit also haben Stadt und Verwalter bis Anfang Dezember Zeit, eine Zukunft für das Taubertsbergbad zu entwickeln.

Beck rief die Mainzer dazu auf, dem Taubertsbergbad die Treue zu halten: „Ich hoffe, die Mainzer werden das schöne Wetter nutzen, um das Bad zu nutzen“, sagte er. Das Taubertsbergbad sei nun wieder ein städtisches Bad – und jetzt gehe es darum, „dem wieder eine Zukunft zu geben und das unterstützen.“

Von den politischen Fraktionen im Mainzer Stadtrat gab es am Freitag vor allem betroffene Reaktionen: Man sei „besorgt über die neuerliche Entwicklung im Taubertsbergbad und hofft, dass der Betrieb des Bades trotz der Schwierigkeiten aufrecht erhalten werden kann“, sagte SPD-Fraktionschef Eckart Lensch. Der Betrieb des Bades müsse gesichert bleiben. Die Insolvenz des Betreibers seie „die Möglichkeit für die Stadt Mainz eine gute Lösung für das Schwimmbad mit einem neuen Betreiber zu finden.“

Auch die CDU-Opposition sieht eine Chance zum neuanfang und forderte Transparenz im Auswahlprozess für den neuen Betreiber. „Wir fordern eine sorgfältige Prüfung seitens der Verwaltung“, sagte CDU-Sportexperte Klaus Hafner: „Eine kluge Entscheidung kann das Bad hoffentlich retten.“ Mainz mit seinen 210.000 Einwohnern brauche zwei Schwimmbäder, es müsse „alles dafür getan werden, dass das Taubertsbergbad mit seinem umfassenden Angebot erhalten bleibt.“ Es sei deshalb „wichtig, so schnell wie möglich einen neuen Betreiber mit Potential zu finden.“

Die Linke forderte hingegen, ein städtisches Konzept zum Erhalt und der Modernisierung des Taubertsbergbades. „Wir können uns jetzt nicht zurücklehnen und hoffen, dass ein privater Verein oder Investor die Kohlen aus dem Feuer holt“, sagte Linken-Fraktionsvize Jasper Proske, die Stadtverwaltung dürfe „sich nicht wegducken.“ Beck müsse „schnellstmöglich die Karten auf den Tisch legen, und die möglichen Szenarien für das Taubersbergbad mit der Öffentlichkeit diskutieren.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum Hintergrund des bisherigen Betreibers Deyle sowie zum zweiten Mainzer Schwimmbad, dem vom Schwimmverein Mombach betriebenen Mombacher Schwimmbad findet Ihr in diesem Mainz&-Artikel. Das Taubertsbergbad selbst findet Ihr hier im Internet.

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