Die Sanktionen gegen Russland wegen dem Krieg in der Ukraine greifen, trotzdem zeigen die Wirtschaftsunternehmen in Rheinland-Pfalz große Solidarität: 89 Prozent der Unternehmen im Land befürworteten jetzt bei einer Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammern (IHK) in Rheinland-Pfalz die Sanktionen gegen Russland und Belarus – und das oft trotz eigener Verluste. 23 Prozent gaben bei der Umfrage an, selbst von den Sanktionen stark betroffen zu sein – viele Lieferungen nach Russland sind schlicht unmöglich geworden.
Seit zwei Wochen tobt nun der Krieg in der Ukraine, der Überfall auf das Land, angeordnet vom russischen Präsidenten Wladimir Putin erschüttert die Menschen in Deutschland weiter. Die Russische Föderation liegt immerhin auf Platz 5 der Zielländer beim Export außerhalb Europas, allerdings macht der Export nach Russland lediglich 1,5 Prozent des Gesamtexports von Rheinland-Pfalz aus. Russland belegte 2021 unter den wichtigsten Handelspartnern von Rheinland-Pfalz denn auch lediglich den 17. Rang beim Export und beim Import den Rang 24.
Doch immerhin wurden 2021 Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 823 Millionen Euro nach Russland exportiert, aus Russland wurden Waren im Wert von 398 Millionen nach Rheinland-Pfalz eingeführt, das war knapp ein Prozent des Gesamtimportwerts. Die scharfen Sanktionen gegen Russland wegen des Überfalls auf die Ukraine treffen dennoch auch rheinland-pfälzische Unternehmen, die Folgen reichen von Problemen im Zahlungsverkehr bis hin zum Wegbrechen ganzer Zulieferfirmen, berichtete nun die IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz.
„Viele Lieferungen nach Russland oder in die Ukraine sind unmöglich geworden“, berichtete Karina Szwede, Sprecherin International der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz. Die Probleme im Zahlungsverkehr sind riesig, seitdem die Weltgemeinschaft Russland zu weiten teilen vom internationalen Zahlungssystem Swift abgekoppelt hat. Das führe oft dazu, dass die gesamte Geschäftsbeziehung eingestellt werde, was aber wiederum spezialisierte Tochterunternehmen schädigte, sagte Szwede weiter. Auch die Zulieferung von Spezialmaterialien aus diesen Ländern sei kaum realisierbar.
„Unsere betroffenen Firmen sind gezwungen, sich um neue Zulieferer zu bemühen, neue Handelsbeziehungen aufzubauen und Preissteigerungen aufgrund der geringen Verfügbarkeit hinzunehmen“, sagte die Expertin. Das gelte ganz besonders auch für die Versorgung mit Erdgas und Erdöl – bereits vor dem Russland-Ukraine-Konflikt seien die steigenden Rohstoff- und Energiepreise das größte Hemmnis für die rheinland-pfälzischen Betriebe gewesen. „Vor allem die Industrie belasten die enormen Preissteigerungen, die sich nun vermutlich noch verschärfen“, befürchtete Szwede.
Umso erstaunlicher ist nun das Ergebnis einer Blitzumfrage der IHK-Arbeitsgemeinschaft: Danach halten 89 Prozent der Unternehmen die Sanktionen gegen Russland und Belarus für angemessen, nur fünf Prozent tun dies nicht. „Dies zeigt, wie solidarisch die Betriebe in Rheinland-Pfalz zu den Maßnahmen gegen die Aggression Russlands steht“, sagte Szwede.
472 Unternehmen aller Größen und Branchen hätten sich an der Blitzumfrage beteiligt, 47 Prozent von ihnen gaben an, in Russland, Belarus oder der Ukraine Geschäfte zu machen – die Rückmeldung war also speziell unter Firmen mit Geschäftsbeziehungen in diese Länder ausgesprochen hoch. Mit 38 Prozent sei dabei der Export von Waren oder Dienstleistungen die vorherrschende Geschäftsbeziehung, bei 10 Prozent gehe es um das Importgeschäft, und vier Prozent unterhielten sogar Niederlassungen oder Firmen in den besagten Ländern.
23 Prozent der antwortenden Unternehmen gaben demnach auch an, von den Sanktionen stark oder sehr stark betroffen zu sein – trotzdem hielten die allermeisten die Sanktionen für richtig. Und 65 Prozent hätten angegeben, Hilfsangebote für die Ukraine und ihre Bürger zu leisten, berichtete Szwede weiter. Bis zum Kriegsbeginn waren in der Ukraine nach Angaben des Verbandes der Deutschen Industrie- und Handelskammern (DIHK) rund 2.000 deutsche Unternehmen mit insgesamt etwa 50.000 Mitarbeitern aktiv. Viele von ihnen mussten aus Sicherheitsgründen schließen.
Gleichzeitig gebe es aber auch eine große Hilfsbereitschaft der Unternehmen bei der Unterstützung und Aufnahme Geflüchteter, hatte die IHK schon vergangene Woche mitgeteilt, man begrüße deshalb ausdrücklich die Regelungen zum erleichterten Zugang der Vertriebenen zum Arbeitsmarkt. Das schaffe Perspektiven für viele geflüchtete Menschen aus der Ukraine, betonten die IHKs. Mit den insgesamt vier Welcome Centern „beobachten wir die Situation sehr aufmerksam und bereiten uns auf Information und Unterstützung vor.“
Info& auf Mainz&: Unterstützung und Informationen für betroffene Firmen in Mainz und Rheinhessen gibt es bei der IHK Rheinhessen, Ansprechpartner und weitere Informationen gibt es hier im Internet. Auch der Landkreis Mainz-Bingen hat auf seiner Internetseite wichtige Informationen für Unternehmen zum Russlandgeschäft und zur aktuellen Lage in der Ukraine zusammengestellt.