Sie liegen zerfetzt am Boden, sind eingerissen oder gar angekokelt – Wahlplakate in Mainz, hat man den Eindruck, werden immer öfter Ziel von Vandalismus und Beschädigungen. An manchen Stellen der Stadt bietet sich gar ein wahres Bild der Verwüstung, in manchen Straßen sind gleich ganze Plakatstrecken heruntergerissen. 170 Fälle von Beschädigungen gegen Wahlplakate hat die Mainzer Polizei seit Mitte August gezählt, es ist wohl nur ein Bruchteil der tatsächlichen Fälle. „Es ist nicht mehr als sonst“, sagt Achim Hansen von der Mainzer Polizei trotzdem, „das ist in etwa mit den anderen Wahljahren vergleichbar.“

Herunter gerissenes Wahlplakat am Montag in Mainz-Zahlbach. Die gesamte Straße war betroffen. – Foto: gik

 

Die Diagnose der Ordnungshüter ist eine klare: Zwar werden in diesem Jahr nicht mehr Wahlplakate zerstört als in anderen Wahljahren – doch insgesamt hat die Zerstörungswut deutlich zugenommen: „Seit einigen Jahren herrscht ein erheblicher Vandalismus gegen Wahlplakate“, räumt Hansen im Gespräch mit Mainz& ein. Die überwiegenden Beschädigungen würden durch Randalierer verursacht, mit politischer Motivation habe das in den allermeisten Fällen nichts zu tun. „CDU, Linke, FDP – das geht queerbeet durch alle Parteien“, sagt der Polizeisprecher.

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Die Ursache seien meist Alkohol oder auch reine Zerstörungswut, viele Fälle richteten sich gar nicht allein gegen Wahlplakate. „Da tritt einer die Autospiegel in einer Straße ab und zertritt eben auch die Plakate“, sagt Hansen. Dennoch taucht der Plakatvandalismus in diesem Jahr so häufig in den Polizeiberichten auf wie noch nie: Da wurden Plakate an Bäumen angezündet, zerstört und immer wieder auch auf sie uriniert. Besonders häufig tauchten in den Polizeimeldungen Fälle auf, bei denen Plakate der AfD heruntergerissen wurden. „Es werden nicht nur bestimmte Wahlplakate beschädigt, sondern die aller Parteien“, betont Hansen. Zwar beanspruche manch eine Partei gerne für sich, der Vandalismus betreffe nur ihre Plakatständer, das stimme aber nicht. „Wer mehr Plakate aufstellt, ist auch mehr betroffen“, erklärt Hansen.

„Natürlich ärgert das einen“, sagt Erik Donner, Wahlkampfmanager der SPD in Mainz, „wir haben auch den Eindruck, es ist mehr geworden.“ 1.500 Plakate hat die SPD gleichzeitig auf den Straßen von Mainz hängen und ist damit ganz weit vorn in Sachen Materialschlacht. Ende August erstattete die Partei gar Anzeige „gegen namentlich bekannte Personen“ wegen der Plakatzerstörungen. „Das Problem hat ein Ausmaß angenommen, das wir nicht mehr hinnehmen“, sagte Vorstandsmitglied Klaus Euteneuer, zumal auch Plakatständer „in erheblichem Umfang“ gestohlen würden.

Nicht mehr taufrisch die eine, hoch oben der andere: Kampf gegen Vandalismus bei Wahlplakaten in Mainz. – Foto: gik

Die Beschädigungen fielen für die Partei auch wirtschaftlich und organisatorisch ins Gewicht, betont Euteneuer, schließlich werde der Wahlkampf aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert. „Das sind keine Steuergelder, die wir da aufhängen“, betont auch Donner, dazu komme noch die Arbeit der ehrenamtlichen Helfer beim Aufhängen. „Für sie alle ist dieser Vandalismus ein besonders heftiger Schlag ins Gesicht“, sagt Euteneuer. Auch weil man nicht wolle, dass dieses Engagement derart missachtet werde, nehme man die Hilfe der Justiz in Anspruch.

Anzeigen wegen Plakat-Vandalismus gebe es von allen politischen Parteien, stellt Hansen klar, meist würden die nach Ende des Wahlkampfes erstattet, wenn die Parteien genauer wüssten, wie groß der Schaden sei. „Die Abrechnung erfolgt erst nächste Woche nach den Wahlen“, sagt Hansen. Dann sammelten die Parteien ihre Plakate wieder ein und meldeten dann der Polizei den Schaden.

Ein Kavaliersdelikt ist die Beschädigung von Wahlplakaten im Übrigen nicht: „Das ist eine Straftat, eine Sachbeschädigung“, betont der Polizeisprecher, und die werde auch geahndet. Täter bekommen eine Anzeige wegen Sachbeschädigung und meist eine Geldstrafe, dazu müssen sie den Schaden ersetzen. „Wir setzen 50,- Euro pro Plakat an“, erklärt Hansen, zusammen mit der Strafe könnten da schnell 250 bis 300 Euro zusammen kommen. Auf freie Meinungsäußerung könne man sich dabei übrigens nicht berufen, auch nicht, wenn man Plakate mit empörenden Botschaften abhänge: „Die Parteien sind ja nicht verboten“, betont Hansen: „Jeder, der zur Wahl aufgestellt ist, hat das Recht, ein Wahlplakat aufzuhängen.“

Für die Wahlkämpfer seien Plakate zudem immer noch ein enorm wichtiges Instrument, sagt Donner: „Sie machen auf die Wahl an sich aufmerksam, und sie machen Kandidaten und Themen auf der Straße sichtbar“, sagt der Wahlkämpfer: „Das hat auch etwas mit Chancengleichheit zu tun – gerade ja auch für die Kandidaten, die nicht so bekannt sind.“

 

 

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