UPDATE& — Bundesweit machen Landwirte derzeit gegen die Spaßbeschlüsse der Bundesregierung mobil – am Freitag wird es ganz besonders auch den Großraum Mainz treffen: Entlang der Autobahnen A60 und A63 wollen Landwirte zahlreiche Auffahrten blockieren und im Anschluss mit Demonstrationszügen auch die Autobahnen selbst sowie die B9 in Richtung Koblenz lahm legen – in Koblenz ist am Freitag eine Großkundgebung geplant. „Das Deutsche Eck wird Orange glühen“, verspricht die Vereinigung „Land schafft Verbindung“. Es könnte erst der Auftakt zu Bauernprotesten sein, wie sie die Republik noch nicht erlebt hat. Die Proteste begannen Freitagfrüh wie angekündigt.

Bauernprotest gegen die geplanten Kürzungen im Bereich der Landwirtschaft durch die Berliner Ampelregierung. - Foto: Ruzycki
Bauernprotest gegen die geplanten Kürzungen im Bereich der Landwirtschaft durch die Berliner Ampelregierung. – Foto: Ruzycki

Die Wut der Landwirte richtet sich gegen die Berliner Ampel-Koalition: Die hatte im Zuge ihrer massiven Haushaltsprobleme überraschend umfangreiche Kürzungen im Bereich der Landwirtschaft angekündigt. Durch Streichungen bei der Agrardieselentlastung sowie die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Land- und Forstwirtschaft sollen allein in diesem Bereich fast eine Milliarde Euro eingespart werden – selbst Mitglieder der Ampel-Koalition kritisierten das umgehend als ungerecht.

„Wir haben überzogen“, sagte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) wörtlich in einem Interview im Heute Journal, und forderte: Es sei höchst ungerecht, dass ein einzelner Bereich wie die Landwirtschaft einen so hohen Beitrag leisten sollen müsse. Zudem könnten die Landwirte nicht einfach auf ihre Diesel-Maschinen verzichten, betonte Özdemir – elektronische Traktor-Alternativen gebe es schlicht nicht. Der Minister bekannte dann noch öffentlich, er sei nicht einmal gefragt worden – und ging damit in Opposition zu seinen eigenen Regierungskollegen.

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Bauern: Großdemos in Städten, Blockade von Autobahnen

Genützt hat es vorerst nichts: Am Mittwoch brachte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das Sparpaket flugs durchs Bundeskabinett – und ließ verkünden: Änderungen werde es nicht geben, auch nicht bei den Landwirten. Die aber wollen das nicht auf sich sitzen lassen: „Es reicht“, polterte etwa Bauernpräsident Joachim Rukwied im Vorfeld der Großdemo in Berlin. Offenbar sehen das zahlreiche Landwirte genauso: Landauf, landab kommt es derzeit zu spontanen Protestdemos von Landwirten. Am Donnerstag rollte eine Großdemo mit 1000 Traktoren durch Stuttgart, auch die Trierer Innenstadt wurde bereits durch wütende Landwirte blockiert.

Vergangene Woche kamen Landwirte aus Rheinhessen bereits zum Protest zum Mainzer Landtag. - Foto: LSV RHH
Vergangene Woche kamen Landwirte aus Rheinhessen bereits zum Protest zum Mainzer Landtag. – Foto: LSV RHH

Und das soll erst der Anfang sein: Würden die Kürzungen nicht zurückgenommen, werde Deutschland im Januar Bauernproteste in einem Ausmaß erleben, „wie es das Land noch nicht erlebt hat“, drohte Rukwied. Am Freitag machen nun die Landwirte in Rheinland-Pfalz mobil: „Morgen, Freitag 22.12.23, wird eine große Aktion – offiziell genehmigt – in Koblenz statt finden, wo Rheinland-Pfalz Nord und Süd geschlossen zeigen, was wir können“, schreibt die Landwirte-Vereinigung „Land schafft Verbindung“ auf Facebook.

Mit zwei großen Protestkonvois wollen die Landwirte aus ganz Rheinland-Pfalz nach Koblenz ziehen, ein Konvoi RLP Nord werde rechtsrheinisch nach Koblenz einlaufen, ein zweiter Konvoi „RLP Süd“ linksrheinisch über Bingen und die B9 bis nach Koblenz. „Die Konvoi werden Eingang Koblenz zusammen geführt um 20.00 Uhr“, heißt es in der Ankündigung weiter: „Der Zug verläuft über den Weihnachtsmarkt Koblenz, quer durch die Stadt, bis ans deutsche Eck. Das deutsche Eck wird morgen Abend Orange glühen, so wie es das Land noch nicht gesehen hat!“

Autobahnen A60 und A63 samt Auffahrten Freitagfrüh: Blockade

Die Landwirte wollen auf ihrem Zug und zurück gleich mehrere Autobahnen sowie Autobahnauffahrten lahm legen. In Mainz und Rheinhessen wird das vor allem in den Morgenstunden der Fall sein, wie die Polizei Mainz am Abend mitteilte: „Nach derzeitigem Erkenntnisstand werden Land- und Bundesstraßen, möglicherweise auch innerstädtische Bereiche und Brücken über die Landesgrenze von den demonstrativen Ereignissen betroffen sein“, teilte die Mainzer Polizei am Abend mit. Es sei „mit erheblichen Verkehrsbehinderungen im gesamten Dienstgebiet des PP Mainz“ zu rechnen.

Traktoren-Corso auf der Autobahn: So wird das am, Freitag auch in Rheinland-Pfalz aussehen. - Video: Wilhelm Hartmann, Screenshot: gik
Traktoren-Corso auf der Autobahn: So wird das am, Freitag auch in Rheinland-Pfalz aussehen. – Video: Wilhelm Hartmann, Screenshot: gik

Nach Informationen des SWR wollen die Landwirte entlang der A63 und A60 rund 20 Autobahnauffahrten im morgendlichen Berufsverkehr blockieren, auf ihrem Rückweg aus Koblenz ist zudem ein Protestkonvoi über die A60 geplant: „Wir blockieren polizeigeführt die Autobahn mehrspurig komplett, der Verkehr wird für uns angehalten“, teilte LSV RHH mit.

„Die Polizei wird mit Einsatzmaßnahmen die Versammlungen begleiten und bei Gefahrenlagen tätig werden“, heißt es aus dem PP Mainz weiter. Dennoch bitte man alle Verkehrsteilnehmer, „besonders rücksichtsvoll und vorsichtig sowie mit angepasster Geschwindigkeit zu fahren“, und Verständnis für die Demonstrationen aufzubringen. Tatsächlich ist die Solidarität in der Bevölkerung groß: Bei einer Umfrage von Spiegel Online gaben 70 Prozent der Befragten an, die Ampel in Berlin solle die geplanten Streichungen bei den Landwirten zurücknehmen – selbst in Großstädten fanden das 60 Prozent.

Protest-Traktor auf der Großdemo in Berlin am 18.12.2023. - Foto: LSV RHH
Protest-Traktor auf der Großdemo in Berlin am 18.12.2023. – Foto: LSV RHH

Die Wut in der Branche ist ohnehin riesig: Seit ihrem Bestehen habe diese Ampel-Regierung bereits zahlreiche Kürzungen im Bereich der Landwirte beschlossen, darunter Reduzierungen von Flächenprämien, Investitionsförderungen und Zuschüssen zu Unfallversicherung und Sozialkasse, rechnen Landwirte vor. Probleme aber bei Ausschreibungsmengen für Biogas, Umbau der Tierhaltung und erst Recht beim Umgang mit steigenden Problemen mit Wölfen seien weiter ungelöst. „Und dabei sind wir Landwirte die einzige Branche, die die vorgeschriebenen Klimaziele seit mehreren Jahren in Folge erreicht haben“, schreiben die „AckerSchwestern“, eine Gruppe von AgrarBloggerinnen.

„Eine Streichung der Kfz-Steuerbefreiung und der Agrardieselentlastung würde die Kosten in den Betrieben zusätzlich erhöhen und damit auch die Produktion von Lebensmitteln in Deutschland weiter verteuern“, warnt vergangene Woche auch bereits der rheinland-pfälzische Bauernpräsident Eberhard Hartelt. Derweil beeilten sich Parteien von CDU über FDP bis hin zu SPD und Grünen in Rheinland-Pfalz zu versichern, man stehe „an der Seite der Landwirte“ – doch die wollen Taten sehen: Man werde weiter protestieren, bis die Politik einlenke, heißt es unter anderem bei Land schafft Verbindung Rheinhessen: „Zeigen wir der Bundesregierung was Ihr Volk von den Ideen hält!“

Landauf,. landab hängen Landwirte ihre Gummistiefel symbolisch "an den Nagel", hier am Ortsschild von Undenheim in Rheinhessen. - Foto: LSV RHH
Landauf,. landab hängen Landwirte ihre Gummistiefel symbolisch „an den Nagel“, hier am Ortsschild von Undenheim in Rheinhessen. – Foto: LSV RHH

Update&: Am Freitagmorgen meldete die Mainzer Polizei, die Proteste hätten pünktlich wie angekündigt begonnen. „Seit 6.00 Uhr stehen Landwirte an zahlreichen Autobahnauffahrten der Autobahnen A60, A61, A63 und A643 im Dienstgebiet des PP Mainz und schränken dadurch den Verkehr erheblich ein“, so der Polizeibericht. Die Versammlungsteilnehmer hä5tten der Polizei zugesichert, an allen Örtlichkeiten zur Vermeidung von Gefährdungen Autobahnabfahrten freizuhalten sowie Rettungswege für Einsatzfahrzeuge der Feuerwehren, Rettungsdiensten und der Polizei zu bilden. Man bitte die Verkehrsteilnehmer, besonders rücksichtsvoll und vorsichtig zu fahren und insbesondere ihre Geschwindigkeit im Bereich von Autobahnanschlussstellen anzupassen.

Info& auf Mainz&: Mehr über die Wut der Bauern lest Ihr auch hier bei Mainz&.