Der Weinbau in Deutschland rutscht immer tiefer in die Krise, nun reagiert auch die Politik in Rheinland-Pfalz: Gut ein halbes Jahr vor der Landtagswahl 2026 hat Weinbauministerin Daniela Schmitt (FDP) nun eine „Weinbaupaket 2025+“ vorgelegt. Darin: Maßnahmen aus elf Bereichen, die der kriselnden Branche helfen sollen. Schmitt fordert, es brauche „ein klares Bekenntnis zum Kulturgut Wein.“ Die CDU-Opposition kritisiert, die Landesregierung habe die Probleme viel zu lange ignoriert, sie selbst habe bereits 2024 ein 9-Punkte-Sofortprogramm vorgelegt. Jetzt drohten in vielen Weinkellern die Lichter auszugehen.

Seit gut einem Jahr rutscht der deutsche Weinbau immer tiefer in die Krise, zum Start der Weinlese 2025 sehen gerade viele kleinere Betriebe mit großen Sorgen in die Zukunft: Die Produktionskosten sind hoch, der Absatz aber stockt – gerade auf dem Fassweinmarkt herrscht Flaute. Mit Preisen von 40 Cent pro Liter droht vielen Betrieben der Ruin, denn damit liegen die gezahlten Preise schon im zweiten Jahr in Folge weit unter den Produktionskosten.
Gerade warnte eine neue Zukunftsinitiative Deutscher Weinbau vor einem massiven Weingütersterben: Die Lage im Weinbau sei „verheerend“, tue sich nichts, drohten bis zu 50 Prozent der Winzerfamilien in Deutschland das Aus, warnt deren Vorsitzender Thomas Schaurer: „Wenn der Preisverfall im Weinbau nicht gestoppt wird, werden große Teile dieser Kulturlandschaften unwiederbringlich verschwinden.“
Weinbauministerin Schmitt legt „Weinbaupaket 2025+“ vor
In der Branche ist aber auch die Wut auf die Politik groß: Seit Monaten warne man vor den Problemen und den Folgen, heißt es etwa beim Deutschen Weinbauverband, die Betriebe bräuchten dringend Entlastung bei den Produktionskosten und der Bürokratie – aber die Politik vor allem in Berlin habe sich dem schlicht verweigert. Aber auch in Rheinland-Pfalz wurde scharfe Kritik laut, schließlich habe das Bundesland die bundesweit einzige Weinbauministerin – aber von Daniela Schmitt (FDP) sei wenig Einsatz für die Winzerschaft zu sehen und zu hören, klagten Weinbauvertreter.

Nun hat Ministerin Schmitt reagiert und legte am Dienstag ein „Weinbaupaket 2025+“ vor. „Weinbau ist mehr als nur Wein: Er ist Innovationstreiber für die Landmaschinentechnologie, er formt unsere Kulturlandschaften und macht Rheinland-Pfalz als Tourismusland unverwechselbar“, betonte Schmitt dabei, und warnte: „Ohne Weinbau wäre Rheinland-Pfalz nicht Rheinland-Pfalz.“ Allerdings stehe die Branche „aktuell vor anspruchsvollen Marktbedingungen“, räumte die Ministerin auch ein, eine verhaltene Nachfrage und steigende Kosten belasteten die Betriebe.
Der Weinbau befinde sich in einem Strukturwandel, doch dieser Wandel eröffne auch Chancen, betonte die Ministerin weiter: Mit „weniger Masse, dafür mehr Profil und internationale Wettbewerbsfähigkeit“ bleibe der Weinbau auch für junge Betriebsnachfolger „ein attraktives Feld mit Tradition, Innovationskraft und touristischem Potenzial.“ Dafür brauche es aber jetzt auch „ein klares Bekenntnis zum Kulturgut Wein“, forderte Schmitt: Die Verbraucher, aber auch die Politik müssten „auf allen Ebenen dazu beitragen, dass die Weinwirtschaft wieder in Schwung komme, wichtige Wertschöpfungsketten im ländlichen Raum gestärkt würden und die Weinkulturlandschaften erhalten blieben.“
Elf Maßnahmen: Marketing, Bürokratieabbau, Kampf gegen Zölle
Die Landesregierung wolle mit ihrem Weinbaupaket 2025+ ihren Beitrag dazu leisten, sagte Schmitt weiter, elf zentrale Maßnahmenpakete sollen der Branche helfen. Dazu gehöre vor allem die Stärkung des Weinmarketings und eine Absatzförderung, Schmitt sieht die allerdings vor allem im Ausland: Durch Messeauftritte unterstütze das Land die Erschließung neuer Exportmärkte, etwa in Japan, den USA oder Indien. Ziel sei es, „die Sichtbarkeit rheinland-pfälzischer Weine zu erhöhen und Absatzmärkte langfristig zu sichern.“

Das stößt allerdings gerade in den USA auf die neuen Zollschranken von US-Präsident Donald Trump, seit August werden nun auch auf deutsche Weine Einfuhrzölle in Höhe von 15 Prozent beim Export in die USA fällig – ein herber Rückschlag für die Branche. Gerade viele junge Gastronome in großen Städten wie New York oder Seattle setzen stark auf die leichten Weißweine von Mosel oder Rhein, dem US-Verbraucher droht nun ein Preisschock. Das deutsche Weininstitut rechnet mit einem Rückgang von bis zu zehn Prozent der Weinexporte in die USA, für viele Winzer auch aus Rheinhessen ist das Existenzbedrohend.
„Da über 90 Prozent der deutschen Weinexporte aus Rheinland-Pfalz stammen, kämpft das Land entschieden gegen drohende Strafzölle, etwa aus den USA“, heißt es nun in dem Papier von Ministerin Schmitt. Rheinland-Pfalz setze sich auf EU-Ebene für freie Märkte, faire Wettbewerbsbedingungen und stabile Absatzchancen ein. Dazu treibe das Land die Digitalisierung von Verwaltungsverfahren voran, mit dem Ziel, Verfahren schlanker und unbürokratischer zu machen, und setze sich für praxistaugliche Regelungen bei EU und im Bund ein, etwa beim Drohneneinsatz im Steillagenweinbau.
Treffen aller weinbautreibender Bundesländer im Herbst geplant
Dazu fördere das Land „Innovation und Wissenstransfer“, so das Papier weiter, etwa bei KI-gestütztem Rebschnitt, Laser-Viticulture oder digitalen Pflanzenschutzsystemen. Man setze sich für „Pflanzenschutz mit Augenmaß“ ein und habe „erfolgreich gegen die praxisferne EU-SUR-Verordnung“ gekämpft. Mit 2,4 Millionen Euro pro Jahr fördere das Land ab 2025 die Pheromonanwendung zur nachhaltigen Schädlingsbekämpfung und unterstütze gezielt Steillagenbewirtschaftung, Öko-Weinbau und andere umweltschonende Produktionsweisen.

Mit einer restriktiveren Vergabe von Neuanpflanzungsrechten und flexibleren Rückgabemöglichkeiten für Pflanzrechte soll zudem die „Ausweitung des Angebots gebremst“ werden – kurz: Es geht um die Reduzierung von Weinbauflächen und einen Stopp bei der Ausweitung. Zugleich unterstütze das Land Kampagnen für den maßvollen Weinkonsum wie VitaeVino oder „Wine in Moderation“ und organisiere für den Herbst gemeinsam mit Hessen ein erstes Treffen aller weinbautreibender Bundesländer. Vor allem aber appelliere sie „an Kellereien als Nachfrager am Fassweinmarkt und an private Weinfreunde, bei ihrem Einkauf auf regionale Herkunft und Qualität zu achten“, so die Ministerin weiter.
Was allerdings auffällt: In dem Papier stehen wenig neue Maßnahmen, die CDU-Opposition kritisiert denn auch, die Landesregierung habe das Problem viel zu lange ignoriert. „Durch die Lebensader von Rheinland-Pfalz fließt Wein – doch der Puls lässt nach“, sagte CDU-Landes- und Fraktionschef Gordon Schnieder. Den Winzern in Rheinland-Pfalz gehe es schlecht, Klimawandel, steigende Produktions- und Energiekosten, hohe Anforderungen beim Pflanzenschutz, weniger Weinkonsum und ein Überangebot an Wein auf dem Weltmarkt drohten vielen Betrieben den Garaus zu machen.
Schnieder: Schmitt hat viel zu lange Probleme ignoriert
„Weinbau hat bei uns eine über 2.000 Jahre alte Tradition. Nun steht die Hauptweinlese kurz bevor und bei vielen Winzerinnen und Winzern herrscht große Verunsicherung“, klagte Schnieder: „Rheinland-Pfalz droht ein großes Weingutsterben.“ Doch Weinbauministerin Schmitt habe „viel zu lange gebraucht, um die Probleme zu erkennen“, viele Winzer warteten seit Monaten auf politische Unterstützung der Landesregierung. Die CDU-Landtagsfraktion mache seit einem Jahr „regelmäßig Vorschläge für notwendige Sofortmaßnahmen, um den Weinanbaubetrieben im Land schnell und unkompliziert zu helfen“, kritisierte Schnieder: „Die Landesregierung hat alle Initiativen abgelehnt – jetzt ist es möglicherweise für viele Winzer zu spät.“

Tatsächlich hatte die CDU-Landtagsfraktion bereits Mitte November 2024 ein 9-Punkte-Sofortprogramm zur Stärkung der Branche vorgelegt, darin forderte sie unter anderem einen Weinbau-Gipfel mit allen Akteuren, eine „selbstbewusste und international ausgerichtete Marketingkampagne für Weine aus Rheinland-Pfalz“, eine Erhöhung des Steillagenzuschusses, die personelle Stärkung der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) zur Beratung der Betriebe sowie ein Sofort-Programm für die Landwirtschaft bei der landeseigenen Investitionsbank ISB für unbürokratisch zinslose Darlehen.
Mit Nachdruck setze man sich zudem für die sogenannte „Rotationsbrache“ ein, sagte Schnieder weiter, eine seit langem geforderte Maßnahme der Weinbranche. Dabei können Winzer Teile ihrer Weinbergsflächen roden und Biodiversitätsmaßnahmen wie Blühstreifen durchführen, ohne dass die Pflanzrechte verloren gehen. „Der Vorschlag liegt seit Monaten auf dem Tisch, wir fordern die Ministerin auf, sich mit Nachdruck dafür einzusetzen“, forderte Schnieder. In dem Papier der Ministerin heißt es dazu lediglich: „Das Thema Rotationsbrache als Mittel zur Krisenbewältigung soll weiterverfolgt werden.“
„Rheinland-Pfalz ist Weinland – der Landesregierung kommt daher eine Vorreiter-Rolle zu“, kritisierte Schnieder, doch seit dem letztem „Spitzengespräch Weinbau“ der Ministerin seien zehn Monate vergangen ohne, dass sich etwas getan habe. „Wir brauchen jetzt schnellstmöglich ein landeseigenes Sofortprogramm für unsere Winzerinnen und Winzer“, forderte Schnieder, sonst gingen „in vielen Weinkellern gehen die Lichter aus.“
Info& auf Mainz&: Mehr zur Krise des Weinbaus, was Weinbaubetriebe selbst fürchten, und warum eine Initiative dazu aufruft, eine Flasche Wein mehr von deutschen Winzern zu kaufen, lest Ihr hier bei Mainz&.