Die Entschärfung der Weltkriegsbombe in Wiesbaden ist erfolgreich, aber mit stundenlanger Verzögerung über die Bühne gegangen. Der 500 Kilo schwere Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg war Dienstag bei Bauarbeiten nördlich des Kallebades gefunden worden. Die Stadt Wiesbaden setzte die Entschärfung unmittelbar für Mittwoch an, mehr als 10.000 Wiesbadener mussten evakuiert werden. Das ging nicht reibungslos: Manche Anwohner weigerten sich zunächst, dazu kamen ,mehr Krankentransporte als gedacht. Erst am Nachmittag kam die Entwarnung.
Der nicht explodierte Koloss aus dem Zweiten Weltkrieg war in einer Baugrube im Wiesbadener Stadtteil Biebrich bei Voruntersuchungen gefunden worden. Bei Sondierungen seien „Unregelmäßigkeiten im Erdreich aufgefallen“, sagte ein Sprecher der Wiesbadener Feuerwehr gegenüber Mainz& – der Metallkörper im Boden entpuppte sich bei näherem Hinsehen als Bombenkoloss. Der Kampfmittelräumdienst drängte im Anschluss auf eine schnelle Entschärfung, die bereits für Mittwochmittag angesetzt wurde.
Das aber brachte Probleme mit sich: Die Stadt Wiesbaden informierte über den Bombenfund und die anstehende Evakuierung erst ab 19.00 Uhr am Dienstagabend, betroffen aber war ein Gebiet aus gleich drei Stadtteilen: Gefunden wurde die Bombe im Neubaugebiet für das Kärntner-Viertel nördlich des Kallebades, damit waren die Stadtteile Dotzheim, Biebrich und Schierstein betroffen.
Kurzfristig angesetzte Evakuierung erreichte nicht alle: Verzögerungen
Rund 10.000 Anwohner mussten daraufhin evakuiert werden, betroffen waren auch acht Kindertagesstätten und drei Schulen, in denen Ferienbetreuung hätte stattfinden sollen. Eigentlich hätte die Evakuierung am Mittwochfrüh bis 9.00 Uhr abgeschlossen sein sollen – doch die Zeitspanne erwies sich als viel zu kurz: „Manche haben es gar nicht mitgekriegt, manche wollten es nicht mitkriegen“, sagte der Sprecher der Feuerwehr weiter. Manche Anwohner hätten aber auch bis zum Schluss ausgeharrt, dann aber „kalte Füße gekriegt“, als die Stadt Wiesbaden mit Zwangsräumung drohte, so der Sprecher weiter: „Das hat alles verzögert.“
Zur Verzögerung trug auch bei, dass am Mittwoch die Zahl der angeforderten Krankentransporte plötzlich hochschnellte: Dienstagabend seien noch 40 solcher Transporte angemeldet worden, am Mittwoch wurden es dann auf einmal 140. Zur Verunsicherung der Wiesbadener trug auch die Warnmeldung in der Warn-App Nina bei: Hier wurde das gesamte Stadtgebiet als betroffener Bereich angezeigt, nicht jedoch die Karte mit dem Evakuierungsradius – den hatte die Stadt Wiesbaden zudem in einem pdf auf ihrer Homepage „versteckt“, anstatt die Karte gut sichtbar zu postieren.
Das Ergebnis: Die Entschärfung verzögerte sich um gut zwei Stunden, erst um 14.20 Uhr kam die Entwarnung: Die Bombe sei erfolgreich entschärft worden, die Sperrungen würden nu aufgehoben. Seit dem Morgen waren aber die beiden Autobahnen A643 und A66 in dem Bereich um das Wiesbadener kreuz gesperrt gewesen, auch die Deutsche Bahn hatte ab 11.40 Uhr den Bahnverkehr auf der Rheingaustrecke zwischen Biebrich und Eltville eingestellt.
Verzögerungen auch durch Krankentransporte bei Evakuierung
„Wir sind froh, dass bis auf eine kurze Verzögerung beim Beginn der Entschärfung alles reibungslos verlaufen ist“, zeigte sich Bürgermeisterin Christiane Hinninger (Grüne) am Nachmittag erleichtert – Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) weilt noch im Urlaub. Hinninger dankte den Einsatzkräften, die hätten mit Behörden und Ämtern „professionell Hand in Hand gearbeitet.“ Im Einsatz waren auch Rettungskräfte aus Mainz, der Verein „Seelsorge in Notfällen“ betreute Menschen in der Betreuungsstelle in Dotzheim, die stark nachgefragt war.
Es war nicht die einzige Bombe, die am Mittwoch für Aufregung sorgte: In Köln-Deutz wurde ebenfalls ein 500-Kilo-Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden, dieses Mal direkt vor dem Rheinufer. Auch hier musste großräumig evakuiert werden – unter anderem mussten mehrere Hotels und Firmen geräumt werden, darunter auch der Fernsehsender RTL, der Sendebetrieb ging aber weiter. Auch 79 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges werden jedes Jahr noch immer Tausende von Munition und nicht-explodierten Bomben in Deutschland im Boden gefunden.
In Rheinland-Pfalz entschärfte der Kampfmittelräumdienst im Jahr 2023 allein 21 Bombenblindgänger , in Nordrhein-Westfalen waren es etwa im Jahr 2018 sogar 2.811 Bomben – nach 1.946 Bomben im Jahr 2017. In NRW geht man davon aus, dass zwischen 1939 und 1945 etwa 675.000 Tonnen Sprengstoff auf das Land abgeworfen wurden, hinzu kommt noch Munition durch die Kämpfe am Boden. NRW ist wegen des Ruhrgebietes besonders stark von Bombardierungen betroffen gewesen, das gilt aber auch für Mainz und das Rhein-Main-Gebiet als Industrieschwerpunkt und Bahnknotenpunkte.
Info& auf Mainz&: In Mainz war zuletzt eine Weltkriegsbombe 2022 in Mainz-Gonsenheim gefunden worden, was Ihr noch einmal hier nachlesen könnt. Unseren Vorbericht zum Bombenfund in Wiesbaden-Biebrich könnt Ihr noch einmal hier auf Mainz& nachlesen.