Deutschland steht vor einer Energiekrise ungeahnten Ausmaßes, Wirtschaftsminister und der Deutsche Städtetag ruft zum Energiesparen auf – und was macht die Stadt Mainz? Man habe sich „eine Übersicht verschafft“ und „eine Arbeitsgruppe eingesetzt“, antwortete die Pressestelle der Stadt jetzt auf Mainz&-Anfrage. Andere Städte reagieren längst, dimmen die Straßenlampen, schalten die Beleuchtung an öffentlichen Gebäuden ab und reduzieren die Klimaanlagen in öffentlichen Gebäuden. Derweil gibt es in Mainz sogar Festbeleuchtung in leer stehenden Gebäuden.

Gas droht im Winter zur Mangelware zu werden - hier Gasspeicher im Energiepark Mainz. - Foto: gik
Gas droht im Winter zur Mangelware zu werden – hier Gasspeicher im Energiepark Mainz. – Foto: gik

Mitte Juni hatte die Entwicklung der Energieversorgung in der Folge des russischen Kriegs gegen die Ukraine eine immer bedrohlichere Wendung angenommen: Russland drosselte die Gaszufuhr, inzwischen ist die wichtige Gaspipeline Nord Stream 1 ganz abgeschaltet – angeblich wegen dringend notwendiger Wartungsarbeiten an einer Gasturbine. Experten wie etwa der Chef der Bundesnetzagentur rechnen damit, dass Russland die Pipeline gar nicht wieder hochfahren will – Gas und Energie sind längst zur Erpresserware im Krieg in Europa geworden.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rief deshalb am 23. Juni die 2. Stufe des Notfallplans Gas aus und betonte eindringlich: „Gas ist von nun an ein knappes Gut.“ Doch die Probleme bleiben beim gas allein nicht stehen: Der Bund will nun schnellstmöglich die Nutzung von Gas zur Stromgewinnung stoppen, doch Erdgas machte im Jahr 2021 immerhin 12,6 Prozent der bundesdeutschen Stromgewinnung aus. Deutschland droht damit im Herbst nicht nur eine Gasknappheit, sondern auch eine Stromlücke.

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Habeck startete deshalb bereits am 10. Juni eine Energiesparkampagne, und rief die Bürger auf, Energie einzusparen, wo es nur geht. Der Minister hatte auch konkrete Vorschläge wie „kälter duschen“, LED-Lampen oder eben auch weniger heizen im Gepäck. Und der Minister ist längst nicht mehr der Einzige: „Schon jetzt müssen wir alle jede Kilowattstunde einsparen, die möglich ist. Alles gehört auf den Prüfstand, in jedem Haushalt und am Arbeitsplatz“, forderte Städtetagspräsident Markus Lewe, Oberbürgermeister von Münster, im Interview mit der Funke Mediengruppe.

Der Schillerplatz bei Nacht mit bunt angestrahltem Fastnachtsbrunnen und Fassadenbeleuchtung. - Foto: gik
Der Schillerplatz bei Nacht mit bunt angestrahltem Fastnachtsbrunnen und Fassadenbeleuchtung. – Foto: gik

Und Lewe betonte: „Auch die Städte lassen keinen Bereich aus: Straßenbeleuchtung schneller umrüsten und nachts reduzieren, weniger warmes Wasser in öffentlichen Gebäuden, Klimaanlagen kürzer laufen lassen und Heizungen besser einstellen.“ Mainz& hat daraufhin bei der Stadt Mainz nachgefragt: Welche Energiesparmaßnahmen plant die Stadt Mainz, die immerhin 2019 den Klimanotstand ausrief?

„Die Landeshauptstadt Mainz arbeitet aktuell an einem ausgefeilten Energiemanagement und hat sich eine erste Übersicht über die Spannbreite des kommunalen Energiebereiches verschafft“, teilte die Pressestelle der Stadt nun in einem schriftlichen Statement mit: „Es wurde ein Arbeitsgruppe mit relevanten Teilbereichen des Konzern Stadt eingesetzt, welche in den kommenden Wochen konkrete Vorschläge erarbeiten und vorlegen wird, wie sich Mainz bei möglicherweise drohenden Energieengpässen konkret ausrichten wird.“

 

Dies betreffe „sowohl Fragen des Energiemanagements in öffentlichen Gebäuden, die Aufrechterhaltung der Energieversorgung als auch konkrete Maßnahmen zur Unterstützung vulnerabler Gruppen. Details werden wir zu einem späteren Zeitpunkt kommunizieren.“ Mainz& hatte explizit gefragt, ob die Stadt womöglich plant, Straßenlampen zu dimmen und die Beleuchtung an öffentlichen Gebäuden abzuschalten – eine Antwort auf diese konkreten Fragen gab es nicht.

Hell erleuchtete Kita in Mainz-Zahlbach am 18. Juli 2022 um kurz vor Mitternacht. - Foto: gik
Hell erleuchtete Kita in Mainz-Zahlbach am 18. Juli 2022 um kurz vor Mitternacht. – Foto: gik

Andere Städte sind da schon weiter: Da werden Temperaturen in Schwimmbädern gesenkt oder – wie in Nürnberg – die Hallenbäder im Sommer ganz geschlossen. Die Stadt Augsburg kündigte an, die Straßenbeleuchtung zu dimmen und die Fassadenbeleuchtung an historischen Gebäuden abzuschalten, auch Ludwigshafen will seine öffentlichen Gebäude künftig nachts nicht mehr beleuchten.

In Mainz dagegen findet seit April sogar in der noch immer leer stehenden und in Bau befindlichen Kita in Mainz-Zahlbach eine wahre Lightshow statt: In unregelmäßigen Abständen wird das neue, zweistöckige Gebäude abwechselnd im Erdgeschoss, nur im Obergeschoss, oder gleich im ganzen Gebäude taghell beleuchtet, und das die ganze Nacht über – ein Grund dafür ist von außen nicht zu erkennen. Die Stadt Mainz antwortete auf Mainz&-Nachfrage, wieso ein leer stehendes Gebäude permanent nachts hell beleuchtet wird – gar nicht.

 

Am Mittwoch will nun die Mainzer FDP im Stadtrat von der Verwaltung wissen, ob es einen Energienotfallplan in Mainz gebe – und verweist dabei auf einen entsprechenden Plan der Stadt Speyer. „Inwieweit sind Planungen gediehen, im Falle von Energieknappheit die Energieversorgung der städtischen Schulen, Kitas, Pflegeheime, Sportanlagen und sonstigen öffentlichen Einrichtungen zu gewährleisten“, wollen die Liberalen, und fragen ferner: „Gibt es von Seite der Verwaltung Unterstützungsmöglichkeiten für kleinere und mittlere Unternehmen, um der sich drohenden Energieknappheit zu begegnen?“

Manche Städte reduzieren die Wassertemperatur in den Schwimmbädern, um Energie zu sparen. - Foto: gik
Manche Städte reduzieren die Wassertemperatur in den Schwimmbädern, um Energie zu sparen. – Foto: gik

Die Antwort von Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) fällt nicht viel anders aus, als die auf unsere Anfrage: Auch hier wird auf die eingesetzte Arbeitsgruppe verwiesen. Weiter heißt es dann noch: „Grundsätzlich sind die Fragen, wer auf welcher Grundlage und in welchem Umfang im Fall einer Gasmangellage agieren kann, jedoch komplex und vielfach auch anderen staatlichen Ebenen zugeordnet.“

Die Stadtverwaltung stehe zudem „im permanenten Austausch mit den Kommunalen Spitzenverbänden, um mögliche Einsparmaßnahmen – auch als „best practice“ mit anderen Gebietskörperschaften – abzustimmen.“ Angesichts der dynamischen Lage, die derzeit „keine eindeutige Prognose über die kommenden Wochen und Monate erlaubt, wird die Arbeitsgruppe regelmäßig weiter tagen“, heißt es von Seiten des OB weiter.

 

Mangel bei Fernwärmeversorgung nicht auszuschließen

Auch die AfD hatte nach Energiekrise und -knappheit gefragt, sie bekam die gleiche Antwort wie die FDP. Die CDU wiederum fragt am Mittwoch im Stadtrat nach möglichen Auswirkungen auf das Fernwärmekraftwerk auf der Ingelheimer Aue, und hier antwortete die Stadt Mainz: „Ein Mangel der Fernwärmeversorgung ist nicht gänzlich auszuschließen.“ Große Teile der Mainzer Fernwärme würden zwar mit Wärme aus der Müllverbrennung und der Klärschlammverbrennung abgedeckt.

Das Müllheizkraftwerk der KMW auf der Ingelheimer Aue bei Mainz. - Foto: gik
Das Müllheizkraftwerk der KMW auf der Ingelheimer Aue bei Mainz. – Foto: gik

Ein weiterer Teil werde aber in den Kraftwerken der KMW gemeinsam mit der Stromerzeugung mittels Erdgas hergestellt, heißt es in der Antwort der Stadtverwaltung weiter: „Diese Kraftwerke sind systemrelevant.“ Aktuell sei die Versorgung mit Erdgas „bis auf Weiteres gesichert“, eine eingeschränkte Versorgung mit Erdgas sei aber für den kommenden Winter nicht mehr auszuschließen. Sollte kein Erdgas für das Fernwärmekraftwerk zur Verfügung stehen, „verfügt die KMW über zusätzliche Heizwerke, die auch mit Heizöl betrieben werden können“, heißt es weiter.

Am 23. Juni hatten derweil bereits der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie der Verband kommunaler Unternehmen in einem gemeinsamen Appell eindringlich gebeten: „“Wir bitten heute um Ihre Unterstützung: Jede eingesparte Kilowattstunde Strom und jede eingesparte Gigawattstunde Gas helfen, unsere gemeinsame Ausgangslage bei der Energieversorgung im kommenden Winter zu verbessern.“ Es komme jetzt, betonten die drei Verbände gemeinsam, „auf uns alle an: es kommt auf uns alle an. Denn nichts geschieht, wenn es nicht vor Ort geschieht.“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Notfallstufe Gas und den Hintergründen dazu lest Ihr hier bei Mainz&. Anfragen an die Stadtverwaltung im Rahmen der kommenden Stadtratssitzung sowie oft auch schon die Antworten dazu könnt Ihr übrigens selbst ansehen – hier im Internet im neu gestalteten Bürgerinformationsportal.