Die Stadt Wiesbaden hält weiter an den Plänen für eine zusätzliche Rheinbrücke zwischen Mainz und Wiesbaden fest – zumindest aus stadtplanerischer Sicht: Das Thema sei „noch lange nicht erledigt“, an einer zusätzlichen Rheinbrücke „führt kein Weg vorbei“, betonte am Freitag der Wiesbadener Stadtentwicklungsdezernent Hans-Martin Kessler (CDU). Mainz und Wiesbaden planten beide zusätzliche Stadtquartiere rechts und links des Rheins, alle diese Entwicklungen machten „eine neue Rheinbrücke längst überfällig“, betonte Kessler. Die Mainzer CDU begrüßte die Stellungnahme umgehend: Ein weiterer Ausbau der Brücken sei dringend erforderlich, auch weil die zunehmenden Staus Mensch und Umwelt belasteten.
Das Thema zusätzliche Rheinbrücke ist seit Jahren hoch umstritten, Mainz und Wiesbaden verbindet lediglich eine einfache Autobrücke – die Theodor-Heuss-Brücke – sowie die Autobahnbrücke zwischen Mainz-Mombach und Wiesbaden-Schierstein. Dazu führt lediglich die Autobahnbrücke der A60 zwischen Mainz-Weisenau und Rüsselsheim über den Rhein – im Umkreis von mehr als 50 Kilometern gibt es keine weitere Rheinquerung für Fahrzeuge. Gleichzeitig sind die Pendlerströme in den vergangenen Jahren stark gestiegen: Gerade aus dem Rheinhessischen, aber auch von der Nahe-Region pendeln inzwischen Zehntausende jeden Tag in die Rhein-Main-Region zur Arbeit.
Wiesbaden hatte deshalb 2019 Voruntersuchungen für eine zusätzliche Rheinbrücke zwischen Mainz und Wiesbaden vorangetrieben und eine Standortuntersuchung sowie Verkehrsplanungen eingeleitet. Wiesbaden plant derzeit eine erhebliche Ausweitung von Wohn- und Gewerbegebieten in Mainz-Kastel und Mainz-Kostheim, so etwa entlang der Wiesbadener Straße in Kastel, das Lindequartier in Kostheim, die Entwicklung alter Militärliegenschaften sowie den neuen Stadtteil Ostfeld. Damit könnte die Einwohnerzahl der rechtsrheinischen Stadtteile vor den Toren von Mainz in den kommenden Jahren sprunghaft steigen – das würde erheblich zusätzlichen Druck auf die einzige innenstadtnahe Rheinbrücke mit sich bringen.
„Wir brauchen eine weitere Rheinbrücke – aus dieser für die Zukunftsfähigkeit der beiden Landeshauptstädte wichtigen Entscheidung wird sich niemand in Mainz oder Wiesbaden heimlich verabschieden können“, betonte Kessler am Freitag nun erneut – und verwies dabei auch auf die umfassenden städtebaulichen Entwicklungen am Mainzer Zollhafen. Die linksrheinische Politik mache sich zu den kommunalen wie regionalen Individual- und Gewerbeverkehren „einen ’schlanken Fuß‘ und lenkt die Last ungebremst über die Schiersteiner und die Theodor-Heuss-Brücke zulasten Wiesbadens“, schimpfte Kessler. Eine neue Rheinbrücke bleibe aber „ein wichtiges Thema.“
Bislang waren alle Anläufe für eine neue Rheinbrücke aber stets gescheitert, in der jüngsten Vergangenheit vor allem am Votum der Grünen rechts wie links des Rheins. Die Grünen lehnen neue Rheinbrücken strikt als Eingriff in Natur und Umwelt ab, der Wiesbadener Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne) hatte denn auch gerade einen neuen Verkehrsentwicklungsplan für Wiesbaden vorgelegt – ohne eine zusätzliche Rheinbrücke. Auch wenn der neue Wiesbadener Verkehrsentwicklungsplan „keine neue Rheinbrücke beinhaltet, bleibt das Vorhaben ein stadtplanerisches Ziel auf Wiesbadener Seite“, betonte Kessler nun.
So werde der neue Flächennutzungsplan, der derzeit ausgearbeitet werde, ebenso wie der jetzige auch weiterhin eine Trassenoption für eine weitere Rheinquerung zwischen Wiesbaden und Mainz enthalten. „Das Wiesbadener Stadtentwicklungsdezernat hält sich an die bisher getroffenen Vereinbarungen und treibt die neue Rheinbrücke weiterhin voran,“ stellte Kessler klar. Der Wiesbadener Dezernent spielt damit auch auf Entscheidungen auf Mainzer Seite an: Die Mainzer Ampel-Koalition aus Grünen, SPD und FDP hatte in ihrem neuesten Koalitionsvertrag einer neuen Rheinbrücke eine klare Absage erteilt, Kessler hatte diesen Beschluss im Februar scharf kritisiert.
Mainz breche damit gemeinsam gefasste Beschlüsse, das sei eine „schwere Belastung“ für die Zusammenarbeit der beiden Landeshauptstädte, schimpfte Kessler. Nun kritisierte der Wiesbadener noch einmal, die Mainzer Ampel-Koalition habe „die Signale für eine zusätzliche Rheinquerung auf rot gestellt“, noch bevor die Ergebnisse der verkehrstechnischen Untersuchungen vorlägen und die konkreten verkehrlichen und städtebaulichen Auswirkungen analysiert wären. Dabei habe der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) persönlich noch im gemeinsamen Städteausschuss eine weitere Rheinbrücke unterstützt, betonte Kessler.
Unterstützung bekam Kessler postwendend von den Mainzer Parteikollegen: „Ein weiterer Ausbau ist dringend erforderlich“, sagte die Mainzer CDU-Chefin Sabine Flegel und CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig. Beide Städte würden weiter wachsen, die Pendlerströme zunehmen, die bestehenden Brücken seien aber schon heute überlastet. „Um die jetzt schon problematische Verkehrssituation zu lösen und die beiden Landeshauptstädte besser zu vernetzen, brauchen wir eine weitere Rheinquerung“, sagte Flegel. Es müsse „endlich möglich sein, bequem und schnell auf die andere Rheinseite zu kommen, ohne in nervenraubenden Staus zu stehen“, denn die belasteten die Menschen, aber auch die Umwelt enorm.
Zuletzt hatte die wochenlange Sperrung der Theodor-Heuss-Brücke wegen Sanierungsarbeiten im Januar dieses Jahres für massive Staus rund um Mainz auf den beiden verbliebenen Autobahnbrücken gesorgt. Die Mainzer CDU hatte damals ihre Forderung nach einer zusätzlichen Rheinbrücke ebenfalls unterstrichen.
Info& auf Mainz&: Mehr zur Debatte über und zu den Planungen für eine zusätzliche Rheinbrücke könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen, die Kritik des Wiesbadener Dezernenten Kessler am Mainzer Vorgehen aus dem Februar findet Ihr hier noch einmal ausführlich.