Die Petition für den Erhalt der Programmkinos Capitol & Palatin hat erhebliche Wellen geschlagen, nun meldet sich der neue Eigentümer zu Wort: “Ich bin entsetzt, welche Vorwürfe uns da entgegen gebracht werden”, sagte Frank Röhr, Geschäftsführer der Mainzer Baufirma Fischer & Co im Gespräch mit Mainz&. Für das Gebäude gebe es noch gar keine Pläne, Palatin und “Alexander the Great” habe er eine Verlängerung des Mietvertrags um ein Jahr angeboten, um in Ruhe planen zu können. “Wir sind nicht die Kino-Mörder”, betont Röhr. Derweil fordert die Mainzer Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner (Grüne) die Mainzer Stadtspitze zum Handeln auf: Die Kultur- und Baudezernentin müsse prüfen, inwieweit der Erhalt der Kinos baurechtlich geregelt werden könne.
Ende August hatten Mitarbeiter des Mainzer Programmkinos Palatin eine Petition auf der Online-Plattform Change.org gestartet, ihre Befürchtung: Das Gebäude des “Palatin” in der Hinteren Bleiche habe einen neuen Eigentümer, und man habe “allen Grund” zu der Annahme, dass dieser das Gebäude zugunsten eines Neubaus abreißen wolle. Wenn der Pachtvertrag des “Palatin” im April 2022 auslaufe, befürchte man das schlimmste – ein Aus für das “Palatin” würde aber auch bedeuten, dass das “Capitol” in der Neubrunnenstraße nicht mehr gehalten werden könne – Mainz würde auf einen Schlag seine einzigen Programmkinos und das älteste noch bestehende Kino der Stadt verlieren.
Online-Petition für den Erhalt der Programmkinos
Das rief auch das Institut für Geschichtliche Landeskunde auf den Plan, dort teilte man die Petition auf der Facebook-Seite des Instituts mit dem traurigen Hinweis: “Die Zukunft des ältesten Kinos von Mainz hängt am seidenen Faden”, versehen mit einem historischen Bericht aus dem “Mainzer Journal”, das zur Eröffnung des Capitol am 27. Dezember 1933 schrieb: “Mainz ist durch diesen Licht-Palast – im wahrsten Sinne des Wortes – eine Sehenswürdigkeit reicher geworden.”
Die Online-Petition richtete sich an die Mainzer Stadtspitze und den Mainzer Stadtrat, vor allem aber an das Mainzer Bauunternehmen Fischer & Co und den zuständigen Geschäftsführer Frank Röhr: Dieser müsse “dem Palatin-Kino eine planbare Zukunft in Aussicht stellen.” Der reagierte nun im Gespräch mit Mainz& überrascht über die Aufregung: “Wir haben den Kaufvertrag erst vor zwei Wochen unterschrieben, es ist überhaupt noch nichts klar”, sagte Röhr. Das Gebäude sei seiner Firma von dem bisherigen Eigentümer zum Kauf angeboten worden, da habe man nicht erst groß nachgedacht: “Das ist ein Grundstück in einer schönen Stadtlage, die Bebaubarkeit ist gegeben, da haben wir direkt Ja gesagt.”
Konkrete Pläne für das Objekt gebe es noch gar nicht, betonte Röhr weiter, “Wir kennen den Bauzustand des Gebäudes im Detail überhaupt noch nicht, das muss ja erst mal untersucht werden.” Noch sei Fischer & Co auch formell gar nicht Eigentümer des Objektes, das werde erst in einigen Wochen der Fall sein, noch habe man die Schlüssel gar nicht.
Röhr: Verlängerung des Mietvertrags angeboten
“Wenn wir das Objekt geprüft haben, müssen wir sehen: Gibt es eine Möglichkeit, das Objekt weiter zu führen, oder bedarf es einer Modernisierung”, betonte Röhr. Wenn eine Modernisierung “wirtschaftlich nicht im Kontext steht, muss man schauen, was man tun kann”, fügte er hinzu. Als Vermieter habe er aber auch “die Verpflichtung unseren Mietern gegenüber, dass das Objekt den Ansprüchen und Auflagen entspricht”, auf Brandschutzbestimmungen lege man höchsten Wert.
Er habe aber sowohl dem “Palatin” als auch dem Rockclub “Alexander the Great” eine Verlängerung ihres Mietvertrags um jeweils ein Jahr angeboten, betonte Röhr weiter: “Ich habe längst in Aussicht gestellt: lasst uns eine Verlängerung um ein Jahr machen, um in Ruhe zu schauen, wie es weiter geht.” Es gehe darum, “Zeit für alle Seiten zu gewinnen, um in Ruhe in die Zukunft zu schauen.” Mehrmals habe es Gespräche gegeben, die Vertragsverlängerung sei offen kommuniziert worden, betonte Röhr, “es wurde aber leider keinerlei Verständnis für uns aufgebracht.”
Entsetzt zeigte sich der Geschäftsführer zudem davon, dass die Ersteller der Petition einen Zusammenhang mit dem Abriss des alten Residenz-Kinos samt Residenzpassage hergestellt hatten – der Gebäudekomplex mit dem nostalgischen altes Großkino hatte einem Neubau mit modernen Wohnungen weichen müssen. “Die Entscheidung, das Residenz zu schließen, kam nicht von uns”, sagte Röhr. Der Kinobetreiber habe von sich aus den Vertrag gekündigt, der eigentlich noch fünf bis sechs Jahre gelaufen wäre. “Wir hätten den auch gerne erfüllt”, sagte Röhr, “wir haben die Residenzpassage nicht gekauft mit dem Ziel, das Kino platt zu machen.” Er selbst sei “ein Meenzer Bub” und als Kind auch im Residenz gewesen, seine Firma habe eine lange Historie in Mainz: “Wir sind nicht die Kino-Mörder”, betonte Röhr.
“Schwierig, dass hier Politik gegen uns gemacht wird”
Überhaupt sei Fischer & Co keine reine Bauträger-Firma, “wir haben mehrere Wohn-Geschäftshäuser, wir wägen immer ab”, sagte Röhr. Bevor eine Entscheidung über ein neues Bauvorhaben in der Hinteren Bleiche getroffen werde, “führen wir selbstverständlich vorab erst mal Gespräche mit der Stadt Mainz”, betonte er: “Bevor wir das Gespräch nicht geführt haben, werden wir da keine Ideen verwirklichen.” Dass nun “Politik gegen uns gemacht wird”, finde er schwierig, sagte Röhr noch: “Diese Diskussion hätte ich mir in drei, vier, fünf Monaten gewünscht – derzeit ist das alles Spekulation.”
Die Mainzer Bundestagsabgeordnete Tabea Rö0ßner (Grüne) forderte derweil die Mainzer Stadtspitze zum Handeln auf: “Die Stadtspitze muss alles tun, um die Kinos zu erhalten, ein freundlicher Appell an den neuen Eigentümer wird da wohl nicht ausreichen”, sagte sie. Kultur- und Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) müsse prüfen, inwieweit der Erhalt der Kinos baurechtlich geregelt werden könne, oder welche Alternativen den Kinobetreibern vermittelt oder angeboten werden könnten. “Das wäre die Chance eines Dezernats, in dem Bauen und Kultur unter einem Dach vereint sind”, betonte Rößner, und warnte: “Oder sollte sich hier ein weiteres Mal zeigen, dass diese Konstruktion hinderlich ist, weil bei widerstreitenden Interessen die Entscheidungen am Ende immer auf Kosten der Kultur fallen?”
Mainz, das einmal eine Hochburg der Kinolandschaft mit gut einem Dutzend Kinos gleichzeitig war, sei heute im Vergleich mit anderen Landeshauptstädten “am schlechtesten mit Kinos ausgestattet”, sagte Rößner weiter: “Ein Aus für die Programmkinos Palatin & Capitol wäre eine Bankrotterklärung für die Medienstadt Mainz.” das gelte noch mehr, seit die Kulturdezernentin noch vor wenigen Wochen einen Filmpreis angekündigt habe, der Mainz mit dem FILMZ Festival auch gut zu Gesicht stünde. “Der Verlust dieser Spielstätten würde dieses Vorhaben völlig konterkarieren”, betonte Rößner.
Info& auf Mainz&: Inzwischen gibt es auch eine Internetseite “Mainz für Kino”, dort findet Ihr auch die Petition als “Offenen Brief” samt einer Liste von Unterzeichnern, über die Petition haben wir bei Mainz& hier berichtet. Ausführlich könnt Ihr in der Mainzer Kinogeschichte auf der Internetseite “Mainzer Kinogeschichte” stöbern, die Seite ist ein Projekt von Studierenden der Filmwissenschaften.