Vor 35 Jahren löste eine bundesweite Volkszählung noch massive Proteste aus, inzwischen sind Volkszählungen weniger spektakulär und trotzdem spannend: Wie viele Einwohner wohnen eigentlich wirklich in Mainz? Stimmen die Zahlen überhaupt? Und wie viele Gebäude stehen eigentlich im Mainzer Stadtgebiet – und wie viele Wohnungen gibt es in der Landeshauptstadt? All das will die Stadt Mainz ab Mitte Mai zählen und erfragen – der „Zensus 2022“ soll eine neue, korrekte Datenbasis erstellen, und das nicht nur in Mainz.

Deutschland unter der Lupe: Der Zensus 2022 steht bevor. - Grafik: zensus2022.de
Deutschland unter der Lupe: Der Zensus 2022 steht bevor. – Grafik: zensus2022.de

Mit dem Zensus 2022 nimmt Deutschland nämlich an einer EU-weiten Zensusrunde teil, die seit 2011 alle zehn Jahre stattfinden soll. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde der anstehende Zensus zuletzt von 2021 in das Jahr 2022 verschoben, jetzt ist es so weit: Zum Stichtag 15. Mai 2022 wird in ganz Deutschland, und so auch in Mainz, festgestellt, wie viele Menschen hier leben, wie sie wohnen und arbeiten.

„Das Hauptziel des Zensus ist die Ermittlung korrekter Datengrundlagen für die jeweilige Stadt“, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) am Donnerstag in Mainz. Es gehe also auch darum festzustellen, ob die Anzahl der tatsächlich hier wohnenden Personen auch wirklich mit der Zahl der gemeldeten Personen übereinstimme. Die Einwohnerzahlen sind Grundlage wichtiger Entscheidungen, von der Zahl werden Schlüsselzuweisungen und Fördergelder von Bund und Ländern abgeleitet, aber auch Zuschnitte von Wahlkreisen, die Stimmenverteilung der Länder im Bundesrat und nicht zuletzt die Verteilung von Steuermitteln beruhen darauf.

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Im Unterschied zu früheren Volkszählungen werden heutzutage aber nicht mehr alle Bürger einzeln befragt: Stattdessen werden zum Großteil Daten aus Verwaltungsregistern genutzt, die um eine Stichprobenbefragung ergänzt werden, informierte die Stadt. „Bundesweit werden nur rund zehn Prozent der Bevölkerung für ein kurzes Interview mit einem Erhebungsbeauftragten ausgewählt“, sagte Ebling weiter, das sei auch in Mainz so. Alle zur Befragung ausgewählten Personen seien nach dem Zensusgesetz zur Auskunft verpflichtet.

Weißt Du, wie viele Gebäude in Mainz stehen? Der Zensus 2022 will es wissen. - Foto: gik
Weißt Du, wie viele Gebäude in Mainz stehen? Der Zensus 2022 will es wissen. – Foto: gik

„Diese Stichprobenbefragung ist notwendig, um Melderegisterabweichungen festzustellen, und um Daten zu erheben, die nicht in den Registern vorliegen – wie zum Beispiel Angaben zu Bildung und Ausbildung oder zur Erwerbstätigkeit“, sagte Ebling weiter und betonte zugleich: „Die anonymisierte Auswertung der Daten ist dabei garantiert!“

In Mainz sei eine Haushalts-Stichprobe von rund 2.300 Gebäuden vom Statistischen Landesamt vorgegeben, in denen alle Bewohner Auskunft geben müssen. Dahinter stünden geschätzt rund 19.000 Auskunftspflichtige, ihre Befragung werde aber nur wenige Minuten in Anspruch nehmen, versicherte Ebling weiter. Im Interview würden dabei auch einige persönliche Angaben zu den Auskunftspersonen erfasst, anschließend erhalten die Bewohner Zugangsdaten zu einem Online-Fragebogen, um weitere Angaben eigenständig einzutragen und zu übermitteln. Natürlich bestehe auch die Möglichkeit, die Befragung mit Hilfe eines Papierfragebogens durchzuführen.

 

Zur Durchführung sind 150 bis 200 Erhebungsbeauftragte vorgesehen, 50 davon für die Befragungen in „Sonderbereichen“. Die Interviewer seien von einer eigens eingerichteten „Erhebungsstelle“ ausgewählt worden und würden derzeit in mehrstündigen Schulungen vorbereitet. Vor Ort werden die Interviews dann nach vorheriger Ankündigung per Einwurf in die Hausbriefkästen persönlich durchgeführt – die Interviewer müssen sich dabei vor ihrem Einsatz „gesetzlich auf die Wahrung des Statistikgeheimnisses und zur Geheimhaltung der Erkenntnisse, die sie während und nach ihrer Tätigkeit gewonnen haben, schriftlich verpflichten“, betont die Stadt weiter. Ihre Rechtmäßigkeit können die Datenerheber durch einen Interviewer-Ausweis in Verbindung mit einem Personalausweis nachweisen.

Deutschland zählt auch Gebäude, Wohnungen, Familienstand

Deutschland zählt auch Gebäude, Wohnungen und Wege zum Arbeitsplatz. - Grafik: Zensus2022
Deutschland zählt auch Gebäude, Wohnungen und Wege zum Arbeitsplatz. – Grafik: Zensus2022

Deutschland zählt aber nicht nur seine Einwohner: Der Zensus will auch die Zahl der Wohnungen und Gebäude in Deutschland neu ermitteln – tatsächlich liegen hierzu bisher keine flächendeckenden Register vor. Deshalb werden vorab recherchierte Eigentümer und Verwalter von Wohngebäuden oder Wohnungen postalisch durch das Statistische Landesamt Rheinland-Pfalz angeschrieben und gebeten, über einen Online-Fragebogen Angaben zur Größe, Heizungsart, Ausstattung und Kaltmiete ihrer Wohnung beziehungsweise ihres Wohngebäudes zu machen. Auf Wunsch kann dieser Fragebogen auch in Papierform angefordert werden.

Sondererhebungen gibt es zudem für zwei weitere Bereiche: Wohnheime und Gemeinschaftsunterkünfte, dazu werden auch Alters- oder Pflegeheime sowie Kinder- und Jugendheime gezählt. An diesen Anschriften müssen aufgrund der höheren Fluktuation die Angaben für alle Bewohner eingeholt werden, teilte die Stadt weiter mit. In Mainz werde es eine Vollerhebungen in allen Studierenden-Wohnheimen geben, das sind derzeit rund 50 Einrichtungen mit etwa 5.000 Auskunftspflichtigen in der Landeshauptstadt. In rund 80 Gemeinschaftsunterkünften – wie etwa Seniorenwohnheimen und Flüchtlingsunterkünften – werde ebenfalls eine Vollerhebung erfolgen, die Daten werden aber von der Einrichtungsleitung eingeholt, so dass die Bewohner nicht persönlich befragt werden.

Fragen nach Arbeitsplatz und Arbeitsweg

Auf der zentralen Internetseite „Zensus 2022“ heißt es zudem aber auch, es gehe in der Erhebung darum zu erfahren, was die Menschen arbeiteten, wo sie arbeiteten und wie weit sie zu ihren Jobs fahren müssten. Auch Fragen nach der Form des Zusammenlebens – also etwa als Familie oder Single – werden gestellt. Dabei gehe es darum, Datengrundlagen zu bekommen für Entscheidungen wie etwa den Bau von Schulen und Kitas. „Der Zensus 2022 ist eines der größten Projekte der amtlichen Statistik in Deutschland“, heißt es weiter.

Wie kommen Menschen zur Arbeit? Per Auto oder per ÖONV? - Foto: gik
Wie kommen Menschen zur Arbeit? Per Auto oder per ÖONV? – Foto: gik

Die Zensusdaten unterliegen der Geheimhaltung und werden ausschließlich für statistische Zwecke genutzt, betont die Verwaltung weiter: „Durch das sogenannte Rückspielverbot ist es gesetzlich untersagt, die gewonnenen Zensus-Befragungsdaten an andere Verwaltungsbereiche der Stadtverwaltung oder gar an andere Verwaltungen weiterzugeben.“ Zudem würden die Zensus-Ergebnisse nur anonymisiert veröffentlicht, so dass ein Rückschluss auf einzelne Personen nicht möglich sei. Die Ergebnisse des Zensus werden voraussichtlich ab Ende 2023 vorliegen.

Info& auf Mainz&: Weitere Informationen zum „Zensus 2022“ findet Ihr auf dem offiziellen Internetauftritt unter www.zensus2022.de, dort könnt Ihr Euch auch einen Musterfragebogen ansehen, falls es Euch interessiert oder Ihr selbst betroffen seid. Fragen beantwortet auch die für die Landeshauptstadt Mainz zuständige Erhebungsstelle – Link dazu haben wir allerdings nicht vorliegen. Diese ist zentraler Ansprechpartner vor Ort, betreut die Erhebungsbeauftragten, übernimmt die Ausgabe und Entgegennahme von Unterlagen, steuert die Rückläufe von Fragebögen, koordiniert das Mahnwesen und unterstützt das Statistische Landesamt bei Recherchen.