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Start 2017 Januar

Monatsarchive: Januar 2017

Mainzelbahn: MVG will auf Bretzenheimer Anwohner zugehen – An Strecke wird nachgearbeitet

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Die Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) will auf die Anwohner mit Problemen in Bretzenheim entlang der neuen Mainzelbahnstrecke zugehen. „Wir sind im Kontakt mit den Anwohnern“, betonte MVG-Sprecher Michael Theurer im Gespräch mit Mainz&: „Wir werden das untersuchen.“ Mainz& hatte am Dienstag von einem Treffen von Mainzelbahn-Nachbarn in Bretzenheim berichtet, die über massive Probleme mit der neuen Strecke klagen: Erschütterungen im ganzen Haus, Risse in den Wänden, klirrende Gläser – von einem „permanenten Donnergrollen“ war die Rede. Theurer sagte nun, die MVG werde diese Probleme „intern mit unserem Gutachter besprechen“, dann werde man „auf die Anwohner zugehen.“

Mainzelbahn in Bretzenheim rot
Mainzelbahn am Beginn der Marienborner Straße in Mainz-Bretzenheim: Da wackeln die Häuser… – Foto: gik

 

Die neue Mainzelbahn auf der Strecke zwischen Hauptbahnhof und Lerchenberg war am 11. Dezember gestartet, seither kämpft die MVG noch mit allerlei Problemen: Ampelanlagen funktionieren nicht richtig, Autofahrer ignorieren Kreuzungen. 21 Minuten sollte die Fahrt vom Hauptbahnhof auf den Lerchenberg eigentlich dauern, in der Realität haben die Bahnen noch immer erhebliche Verspätung. „Wir arbeiten dran, dass es weniger wird“, sagte Theurer. Zu Beginn hätten die Bahnen durchschnittlich zehn Minuten Verspätung gehabt, jetzt seien es nur noch vier bis fünf Minuten. Es gebe „ein paar Stellen, wo wir nicht so schnell fahren dürfen“, erklärte der Sprecher, immerhin liege jetzt die Erlaubnis vor, die Brücke über die Koblenzer Straße zügiger passieren zu dürfen.

„Natürlich gibt es Sachen, die nachgearbeitet werden müssen“, sagte Theurer weiter, „wir gehen die nach und nach an und werden versuchen, die zu bearbeiten.“ Doch es sei irrig zu glauben, „wenn man ein halbes Jahr mehr Zeit gehabt hätte, dann wären die Probleme nicht aufgetaucht.“ Nacharbeiten müsse man die Strecke „so oder so, egal ob jetzt oder in einem halben Jahr.“ Und natürlich habe die MVG den Fahrplanwechsel als Startdatum im Blick gehabt, das sei das angepeilte Datum gewesen.

Mainzelbahn am Ostergraben ohne Bahn
Die Rasengleise am Ostergraben sollen kommen – im Frühjahr – Foto: gik

„Fakt ist: Bahn und Schienensystem müssen sich aufeinander einschwingen“, betonte Theurer, eine Strecke müsse sich unter Belastung „einspielen“. Das gelte auch für Merkmale wie die Rasengleise, die etwa am Ostergraben kommen sollen: Der Rasen komme oben auf den derzeitigen Schotter, der müsse sich aber erst einmal setzen, erklärte Theurer. Deshalb sei das Aufbringen des Rasens für Frühjahr geplant. Und was die quietschenden Gleise in der Wendeschleife am Lerchenberg angehe, dort werde nun „von Hand nachgeschmiert“, deshalb sei das Problem erledigt.

Zu dem Vorwurf, die neuen Variobahnen würden nicht rund auf den Schienen laufen, wollte Theurer nichts sagen, ebensowenig zu der Frage, warum alte Bahnen nach Wahrnehmung der Anwohner womöglich runder laufen als die neuen Bahnen. Auch zu der Forderung der Anwohner, die Bahnen auf Tempo 30 zu reduzieren, bis die Vorwürfe geklärt sind, wollte Theurer nicht eingehen: „Wir machen keine Aussagen dazu, bevor wir nicht mit unseren Experten gesprochen haben“, sagte er. Die MVG halte aber alle vorgegebenen Richtwerte und Vorgaben ein, zudem betonte er: „Wir halten natürlich die Vorgaben aus der Planfeststellung ein.“ Dass man eine Straßenbahn aber höre, das sei normal, fügte er hinzu: „Es hat niemand je behauptet, man würde eine Straßenbahn nicht hören.“

Info& auf Mainz&: Im Ausgangsartikel Wackelnde Betten, klirrende Schalen – Probleme mit der Mainzelbahn könnt Ihr die Klagen der Anwohner noch einmal nachlesen.

Eine Anmerkung in eigener Sache: Ausnahmsweise haben wir die Reaktion der Gegenseite – in diesem Fall der MVG – nicht vor Veröffentlichung des ersten Artikels eingeholt. Das hatte persönliche Gründe: Wir haben seit einer Woche eine schimmelnde Haustür und reagieren hochgradig allergisch auf Schimmel… Das hat einfach verhindert, dass wir hier normal arbeiten konnten, ein Aufenthalt im Büro ist derzeit nämlich nur mit geöffneten Fenstern möglich…. Trotzdem fanden wir die Berichte von immerhin mehr als 20 (!) Anwohnern so substanziell, dass wir sie nicht länger verschieben konnten – zumal sich in dieser Woche sowohl die MVG als auch die oppositionelle CDU mit dem Thema befassen: Am Freitag lädt die CDU zu einer Pressekonferenz in Sachen Mainzelbahn. Wir sind gespannt. Aber auch künftig gilt: Bei Mainz& kommen ALLE Seiten zu Wort.

 

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Schwarzlicht-Minigolf eröffnet am Freitag in Mainz – 18 Löcher mitten in der Mainzer Altstadt in Neon und 3D

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Minigolf zwischen Superhelden-Action und unter Schwarzlicht ... - Foto: gik

Schrille 3D-Graffitikunst, Schwarzlicht und dabei Minigolf spielen? Klar doch: Ab Freitag könnt Ihr genau das in Mainz ausprobieren. Mitten in der Mainzer Altstadt eröffnet in einem ehemaligen Schlecker-Markt in der Holzstraße „Minigolf der Schwarzlichthelden“: 18 individuell gestaltete Bahnen warten auf Besucher, umgeben ist man beim Spielen von einer einmaligen Optik. In 1.000 Stunden Arbeit gestaltete ein international bekannter Graffitikünstler die Wände und Decken in eine neonfarbene Erlebniswelt – und das auch noch mit 3D-Effekten. So „begleiten die Spieler die Schwarzlichthelden beim Kampf gegen mutierte Hyänen“, heißt es in der Vorankündigung, und „von Bahn zu Bahn gewinnt das Gute wieder die Überhand, und der Minigolfer die Erkenntnis, dass er solche Ballverläufe noch nie zuvor bespielt hat…“ Wow.

Minigolf spielen im Schwarzlicht Minigolf - Schwarzlichthelden Minigolf
Unglaubliche Optik, schwebende Bälle, verrückte Bahnen: Schwarzlicht-Minigolf in 3D eröffnet am Freitag in Mainz – Foto: Schwarzlichthelden Minigolf

Mit geschätzt 20 Millionen Spielern pro Jahr gehört Minigolf zum beliebtesten Volksfreizeitsport, wissen die Schwarzlichthelden. In Mainz hatte der Sport zuletzt einiges zu darben, weil die beliebte Anlage im Volkspark dicht gemacht werden musste und erst Monate später mit neuen Betreibern wieder aufgemacht werden konnte. Eigentlich spielt man Minigolf ja draußen und daher erst ab dem Frühjahr – viel zu schade, dachten sich die Schwarzlichthelden und schufen ein ganz besonderes Erlebnis.

Rund sechs Monate Bauzeit, 1.756 Farbdosen, über 1.000 Stunden Sprayarbeiten, „aber auch eine Menge an Engagement, Schweiß, Nerven sowie die Unterstützung vieler netter Helfer“ habe es gebraucht, bis aus dem seit der Schlecker-Pleite 2012 leer stehenden Laden in der Holzstraße die erste Schwarzlicht-Minigolfbahn im Rhein-Main-Gebiet entstanden sei. „Wir wollten ein völlig neuartiges Freizeiterlebnis in die quirlige Landeshauptstadt bringen und sind 100-prozentig überzeugt, Mainz um eine besondere Attraktion bereichert zu haben“, sagt Daniel Kayser, Geschäftsführer der Schwarzlichthelden.

Möglich wird das besondere Erlebnis zum einen durch Schwarzlicht, zum anderen aber durch die Gestaltungskunst des international tätigen Spraydosenkünstlers Costwo, der sich auf wirklichkeitsnahe Graffiti spezialisiert hat. Auch für ihn sei es aber eine Herausforderung gewesen, „unter 128 Schwarzlichtlampen die verschiedenen Neonfarben so anzubringen, dass nicht erkennbar ist, ob ein Motiv auf der Wand oder erst am Boden endet und der gewünschte 3D-Effekt entsteht“, sagt Kayser weiter. Zudem verlaufen zwei Bahnen nicht ebenerdig, sondern befördern den Ball nach oben. „Anschließend schwebt er parallel zur Decke bevor er den Weg ins Loch Nummer 12 findet“, heißt es weiter.

Schwarzlicht Minigolf - Foto Schwarzlichthelden Minigolf
Der wohl verrückteste Minigolf-Parcour von Mainz: Schwarzlicht Minigolf – Foto: Schwarzlichthelden Minigolf

 

Bei anderen Bahnen seien aufgesprühte Hindernisse gar nicht physisch da und andere mit dem Auge nicht sichtbar. „Trägt man beim Spielen eine spezielle 3D-Brille, droht man unter die Räder zu kommen, scheinen Actionhelden im Raum zu schweben und Gegenstände wie Dr. Evil´s Laborausstattung besonders plastisch“, so die Schwarzlichthelden weiter. Das menschliche Auge werde „beim Betrachten und Spielen bewusst in die Irre geführt – zusätzlicher Spielspaß garantiert.“ Wir sind sehr gespannt und gehen auf jeden Fall am Freitag nachsehen!

Info& auf Mainz&: Eröffnung der ersten 3D-Schwarzlicht-Minigolfbahn am Freitag, dem 20. Januar 2017, in Mainz, Holzstraße 24, ab 14.00 Uhr. Von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr dürfen allerdings erstmal geladene Gäste und Presse rein, danach ist die Bahn frei für Euch. Allerdings ist der Andrang offenbar riesig, Reservierung über die Internetseite www.schwarzlichthelden.de wird deshalb dringend empfohlen. Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr, in der Ferienzeit 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr. Freitags 14.00 Uhr bis 24.00 Uhr, samstags 10.00 Uhr bis 24.00 Uhr und sonntags 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr. Eintritt: 9,50 Euro kostet der normale Eintritt ab 15 Jahren, Studenten zahlen 8,50 Euro, Kinder von 6 bis 14 Jahren 7,50 Euro. Kinder bis fünf Jahre haben freien Eintritt, ob man sie mitnimmt, sollte man sich aber gut überlegen… Kindergeburtstage und Exklusivbuchungen sind möglich, alle Infos über die Homepage.

 

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Wackelnde Betten, klirrende Schalen, bröselnde Keller: Mainzelbahn verursacht erhebliche Probleme

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Seit dem 11. Dezember rollt die neue Mainzelbahn nun durch Mainz, rund läuft es jedoch keineswegs: Die Bahnen haben noch immer satte Verspätungen, Anschlüsse klappen nicht, Ampelschaltungen schon gar nicht – auch die ersten Unfälle gab es schon. Nun aber kommt richtig Ärger auf die Mainzer Verkehrsbetriebe zu: In Bretzenheim formiert sich massiver Widerstand von Anwohnern der neuen Bahnstrecke. Der Grund: Die Anwohner klagen über massive Erschütterungen in ihren Häusern und über eine permanente Lärmkulisse. Von „permanentem Donnergrollen“ ist da die Rede, von vibrierenden Fußböden, schwankenden Betten, klirrenden Klangschalen – und von Rissen in Häusern, fallendem Putz und bröckelnden Kellern. Die Anwohner fordern umgehend Nachbesserungen – und eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer für die Bahn.

Mainzelbahn Kreuzung Ostergraben neu
Wo die Mainzelbahn den Ostergraben kreuzt und in den Bretzenheimer Ortskern eintaucht, wackeln die Häuser der Anwohner – Foto: gik

Mehr als 20 Anwohner trafen sich vergangenen Freitag in Bretzenheim zum Austausch und zur Beratung, wie es weitergehen soll. Alle wohnen entlang der neuen Mainzelbahnstrecke in Bretzenheim, die meisten entlang der Essenheimer und Marienborner Straße und dem Ostergraben sowie der Seitenstraßen. Und alle erzählten dieselbe Geschichte: Das Schlimmste seien die Erschütterungen, die sich von der Bahn ausgehend durch den Boden verbreiteten. Körperschall nenne man das, erklärte Architekt Andreas Horn, der Initiator des Treffens – und der sei hinten in den Häusern schlimmer als vorne direkt an der Bahn.

Schweres Sommergewitter, permante Erschütterungen, dröhnende Klangschalen

„Ich saß auf dem Sofa mit den Füßen auf dem Boden, und ich hab‘ die Bahn kommen gespürt“, berichtet eine Mutter vom Start der Mainzelbahn: „Die Vibrationen auf dem Boden kamen immer näher, und ich sagte, Gott, lass das nicht die Bahn sein!“ Aber es war die Bahn – und die Vibrationen habe sie nun alle fünf Minuten. „Mein Bett wackelt bei jeder Bahn, das ist wirklich so“, berichtete ein anderer Anwohner, und dessen Haus stehe nicht einmal direkt neben der Bahn. „Wir haben enorme Probleme mit der Erschütterung, wir können alle Vitrinen und die Bar ausräumen, weil alle Gläser permanent scheppern“, berichtete eine Dritte. „Ich höre die Bahn sogar unter Dusche“, berichtete ein weiterer: „Du hast gedacht, Du bist im Hochgebirge, und es kommt ein schweres Gewitter. Der Raum vibriert, die Bodenplatte wackelt – und an der Glasduschwand scheppern die Körbe.“

„Drei Bahnen hintereinander morgens und der Bus dazu, das ist wie ein Sommergewitter“, bestätigte ein weiterer Anwohner. „Und es ist egal, wo man ist: im Bad, im Wohnzimmer, es ist einfach überall.“ Durch „Mark und Bein“ gehe das, bestätigte ein anderer Anwohner – und das habe Konsequenzen: „Mein Mann wacht nachts im Stundentakt auf“, berichtete Cordula Horn aus der Essenheimer Straße, sie selbst mache Klangschalen-Therapie, bei der Straßenbahn „klingen meine Gongs und Klangschalen mit.“ Das bringe erhebliche Probleme bei der Therapie mit sich. „Ich bin hier aufgewachsen, ich bin den Lärm gewöhnt“, betonte sie noch, „aber jetzt kriecht es von unten herauf, ich spüre die Vibration, bevor ich sie höre.“

Bröckelnder Putz, Risse in Wänden, Mieter kündigen

Mainzelbahn in Bretzenheim Marienborner Straße neu
Nur wenige Meter trennen die Mainzelbahn von den Häusern in der Marienborner Straße. „Sie hören nichts“, versicherte die MVG. – Foto: gik

„Ich habe keine Nacht durchgeschlafen seit die Bahn fährt“, klagte eine Anwohnerin vom Ostergraben. Im 1. Stock gingen die Schwebetüren der Kleiderschränke auf – und jeden Tag müsse sie abbröckelnden Putz von den Wänden aufsaugen. Auch andere Anwohner berichteten von Rissen in den Wänden. „Ich bin gespannt, wie lange unser Gewölbekeller noch hält – er beginnt zu bröseln“, berichtete Horn. Mit den Bussen, versichern die Anwohner einhellig, hätten sie früher nie Probleme gehabt – „das war nichts gegen jetzt.“ Selbst der in Mainz so nervige Fluglärm trete nun zurück: „Ich kann kaum noch unterscheiden, was ein Flugzeug ist und was eine Bahn“, berichtete einer.

Was die Anwohner besonders ärgert, sind die Versprechungen, die ihnen im Vorfeld gemacht wurden: Die Anwohner würden von der Bahn nichts hören, habe es geheißen, die sei so leise, dass sie klingeln müsse, damit man sie wahrnehme. „Wir waren nicht gegen die Bahn“, betont eine Anwohnerin, ihnen sei gesagt worden, der Wert ihrer Häuser werde steigen. Stattdessen habe die erste Mieterin gekündigt, und die Studenten unter dem Dach monierten, sie könnten nicht mehr lernen und würden sich andere Zimmer suchen. „Ich würde mir am liebsten eine Wohnung suchen und das Haus verkaufen“, sagte sie – doch wer kaufe denn so ein Haus noch?

Bahnen zu schnell, Flüstergleise und Rasengleise fehlen

Als Gründe machten die Anwohner vor allem Geschwindigkeit und mangelhafte Gleise aus: Die Bahnen seien viel zu schnell unterwegs, heizten richtiggehend. Auf der geraden Strecke am Ostergraben den Berg hinauf gäben die Fahrer richtig Gas, berichtete eine Anwohnerin am Ostergraben: „Die rumpeln mit Anlauf hoch und bremsen an den Übergängen schön ab – dann wackelt’s noch mehr.“ Wieso seien hier nicht Flüstergleise eingesetzt worden, wie es der normale Standard sei? Auch hätten am Ostergraben Rasengleise verbaut werden sollen, die seien aber ebenfalls nicht gekommen.

Tatsächlich wurden nach Mainz&-Informationen Flüstergleise nicht verlegt, auch die Rasengleise am Ostergraben sollen angeblich wegen der Witterung noch nicht eingesät worden sein. Dazu gibt es Probleme mit quietschenden Rädern: Gerade in den engen Wendekreisen auf dem Lerchenberg kommt es zu erheblichem Lärm, weil Räder ungeölt über die Schienen kreischen. Die MVG hatte eigentlich versprochen, noch Schmieranlagen einzubauen. „Hier wurde dilettantisch gearbeitet“, bilanzierte Architekt Horn und stellte die Frage: „Hat man Geld bei den Bahnen gespart?“

Visualisierung MVG Mainzelbahn in der Marienborner Straße
Rasengleise versprach die MVG, wie hier auf der Marienborner Straße, verlegt sind sie bisher nicht. – Grafik: MVG

Geld bei den Bahnen gespart? Anwohner fordern Tempo 30

Denn es gebe große Unterschiede zwischen den einzelnen Bahnen, berichten die Anwohner: „Es gibt Bahnen, die hört man nicht“, berichtete einer, ältere Bahnen seien generell leiser als die neuen Variobahnen. „Die alten, kürzeren Bahnen gleiten etwas runder und sind leiser als die neuen, die fahren wohl mit sechseckigen Rädern“, spottete ein Anwohner. Eine andere Betroffene scherzte, sie könne schon bei „Wetten, dass…?“ auftreten, wenn es das noch gäbe: „Ich wette, dass ich mindestens zehn Straßenbahnen an ihren Geräuschen erkenne.“ Das sei mühelos möglich, versicherten andere: „Am lautesten ist die Bahn mit den Mainzelmännchen drauf.“ Die Anwohner fordern deshalb: „Bis diese Probleme gutachterlich geklärt sind, hat die Bahn einfach langsam zu fahren – und zwar Tempo 30“, forderte Blank. Dafür müsse die MVG ihren Fahrplan notfalls eben umstellen, eingehalten werde er ja jetzt auch nicht.

Diese Zustände seien auf keinen Fall haltbar, versicherte der Mainzer Rechtsanwalt Hilmar Hanelt den Anwesenden. Hanelt war zu dem Treffen gebeten worden, um festzustellen, ob es rechtliche Möglichkeiten gibt gegen die Schäden vorzugehen. „Eine Lösung muss her“, betonte Hanelt – und versprach, bei der MVG nachzuhaken. Ein Gutachter müsse her, um die Vorkommnisse vor Ort zu begutachten. Es müsse „an neuralgischen Punkten“ gemessen werden, ob die Schallemissionen eingehalten würden. „Jedes Haus hier ist ein neuralgischer Punkt“, betonte der Anwalt, „das kostet richtig Geld.“

Von MVG und Stadtverwaltung „nur vertröstet“

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Harmonisieren die neuen Variobahnen der MVG nicht mit den Mainzelbahn-Gleisen? – Foto: MVG

Fakt sei doch: „Die Bahn hat Mängel, und die müssen abgestellt werden“, betonte Anwohner Ralf Blank. Bestimmte Sachen seien „nicht zu Ende gedacht“, die Verantwortlichen hätten sich offenbar von Termindruck und Fahrplanstart hetzen lassen, den Betrieb der Mainzelbahn zu beginnen, bevor alle Probleme gelöst seien. „Man hätte sich viel Ärger sparen können, wenn man den Mumm gehabt hätte, den Termin zu verschieben“, sagte Blank, „dann hätte man die technischen Störungen beheben können.“ So sei der Unmut der Anwohner „unnötig hochgekocht – durch Planungsfehler und unangebrachte Hektik.“

Denn die Betroffenen kritisierten auch, dass man weder Antworten von der MVG noch von der Stadtverwaltung bekomme. „Man wird nur vertröstet, wir gucken uns das an, heißt es“, klagte ein Anwohner, und eine andere Betroffene sagte, sie habe gar den Satz zu hören bekommen: „Das wär‘ so geplant, das bleibt jetzt so.“ Arrogant sei das, schimpfte ein anderer, und Ralf Blank kritisierte, man könne nicht einfach Anwohnern unterstellen, „sie hätten eine gestörte Lärmtoleranz. Das ist flegelhaft, despektierlich und respektlos.“

Flegel fordert ad hoc-Maßnahmen und schnellen Einbau der Rasengleise

Entsetzt zeigte sich auch die Mainzer CDU-Chefin und Stadträtin Sabine Flegel. „Ich bin erschrocken, dass die Anwohner die MVG anschreiben und gar keine Rückmeldung kriegen“, sagte sie im Gespräch mit Mainz&: „Da muss jetzt dringend was passieren.“ Die genannten Mängel seien gravierend, wo es Risse an Häusern gebe, brauche es zwingend Gutachten. Nach den Berichten habe sie sehr viele Fragen, die werde sie nun im Stadtrat thematisieren. „Wir werden ad hoc-Maßnahmen einfordern“, sagte Flegel, in vielen Fällen könne die MVG kurzfristig reagieren. „Fahrgastansagen, die nachts nach außen schallen, die kann man doch nachts abstellen“, nannte sie ein Beispiel.

Flegel, die auch Mitglied des MVG-Aufsichtsrats ist, bestätigte Mainz& auch, dass laut Planfeststellungsbeschluss die Rasengleise der Mainzelbahn vor Inbetriebnahme hätten verlegt werden müssen. „Das ist aber nicht passiert“, sagte sie. Die MVG wolle diese nun im Frühjahr einbauen, „das ist für mich nicht befriedigend“, kritisierte Flegel. Bis vor einer Woche habe es schönstes Wetter mit warmen Temperaturen gegeben. „Ich muss doch jetzt Sorge tragen, dass so schnell wie möglich alles passiert“, sagte Flegel.

Info& auf Mainz&: Natürlich werden wir auch die Mainzer Verkehrsbetriebe nach ihrer Stellungnahme fragen, in diesem Fall war uns aber erst einmal wichtig, die Probleme der Anwohner zu schildern, damit die MVG überhaupt eine Grundlage zum Reagieren hat. Die Namen ALLER hier im Text zitierten Anwohner sind uns übrigens bekannt, nicht alle wollten aber gerne namentlich erwähnt werden. Nach unseren Informationen wird sich die MVG diese Woche mit dem Thema in ihren Gremien beschäftigen, wir fragen dann auf jeden Fall mal nach.

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Eiskalte Zeiten: Warmlaufenlassen des Autos verboten – Schnee räumen und streuen Pflicht

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Der Winter hat Mainz gerade so richtig im Griff, es ist eiskalt und stellenweise auch weiß. Da kommt der eine oder andere Autofahrer denn morgens auf die Idee, sein Auto vor dem Losfahren erst mal warmlaufen zu lassen. Doch das ist verboten, erinnert die Stadt Mainz aus gegebenem Anlass: Das Warmlaufenlassen im Leerlauf ist eine Ordnungswidrigkeit und kann zu einer Geldstrafe führen. Denn der Leerlauf ist höchst schädlich für die Umwelt – und für Euer Auto auch. Und dann ist da noch die Räumpflicht vor Eurem Haus: Auch wenn derzeit in Mainz wenig Schnee liegt, wir erklären Euch noch mal die geltenden Regeln fürs Schneeschippen und Streuen.

CO2-Austritt Walpodenstraße Autos - Foto Linda
Qualm aus den Auspuffen kann sich bei Inversionswetterlage schnell zu Smog entwickeln… – Foto: gik

Die Stadt Mainz weist heute noch einmal darauf hin, dass Ihr das mit dem Warmlaufenlassen Eures Motors bitte lasst: „Der Irrglaube, dass der Motor so schneller und schonender warm wird, ist nach wie vor verbreitet“, heißt es heute von der Stadt. Das Warmlaufenlassen sei aber gleich dreifach schlecht: Erstens werde unnötiger Lärm verursacht und dabei bis zu 70 Prozent mehr Schadstoffe ausgestoßen, weil im kalten Leerlauf der Katalysator nicht arbeitet. Damit wird also auch noch sinnlos CO2 ausgestoßen – und die Schadstoffe reichern sich bei den Emissionswetterlagen besonders stark an. Wenn also die Luftschichten auf den Boden gedrückt werden, tragt Ihr mit dem Warmlaufenlassen aktiv zur Smogentwicklung bei…

Auch für das Fahrzeug ergebe sich keinerlei Nutzen, betont die Stadt, im Gegenteil: Laufe das kalte Auto im Leerlauf, komme es zum verstärkten Verschleiß zahlreicher Teile. Experten empfehlen deshalb, den Motor ganz normal zu starten, aber nicht aufheulen zu lassen, maximal einige Sekunden zu warten – etwa bis man sich angeschnallt und alles eingerichtet hat – und dann ganz normal losfahren. Das reiche völlig – zudem springe auch die Heizung nicht schneller an. Warmlaufenlassen kann Euch hingegen ein Knöllchen einbringen.

Räum- und Streupflicht vor der Haustür

Das kann es übrigens auch geben, wenn Ihr der Räum- und Streupflicht vor Eurem Haus nicht nachkommt. Die Stadt räumt nämlich  keine Bürgersteige und Fußwege, außer auf ihren eigenen Grundstücken. Auf allen anderen Wegen seid Ihr selbst zuständig und müsst entsprechend der Straßenreinigungssatzung für die Verkehrssicherheit der Fußgänger Sorge tragen. Zu Räumen ist die gesamte Länge des Fußwegs entlang des Anliegergrundstücks mit allen (!) Straßenfronten, also auch das Stück um die Ecke… Die zu räumende Fläche auf dem Gehweg sollte mindestens 1,50 Meter breit sein. Ist der Gehweg schmäler als 1,50 m, dann ist mindestens ein Streifen von 1 Meter zu räumen, informiert die Stadt.

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Eigentlich müssten die Gehwege bis morgens um 7.00 Uhr geräumt sein… Passiert aber nicht einmal vor einer städtischen Kita, hier in Zahlbach – Foto: gik

In Straßen ohne Bürgersteig muss bei einer Straßenbreite ab 5,50 Meter ein Streifen von 1,50 Meter Breite entlang der Grundstücksgrenze geräumt werden. Bei engeren Straßen muss mindestens 1,00 Meter vom Schnee befreit werden. Interessant auch: Schließen sich Parkplätze, Bankette, Pflanzgruppen oder ähnliche Einrichtungen an die Grundstücksgrenze an, ist auch hier ein Streifen von 1,50 Meter zu räumen. Und auch der Zugang zu Fußgängerüberwegen oder Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs müssen geräumt werden, wenn sie direkt vor einem Grundstück liegen.

Geräumt sein muss bis 7.00 Uhr morgens, an Sonn- und Feiertagen bis 8.00 Uhr

Immer wieder kommt zudem die Frage auf, bis wann geräumt sein muss – die Antwort: früh. Schnee, der nachts gefallen ist, muss werktags bis 7.00 Uhr und sonn-und feiertags bis 8.00 Uhr geräumt werden, heißt es von der Stadt. Dazu müsse mehrmals am Tag geräumt und gestreut werden, je nach Schneefall, damit die Sicherheit auf den Gehwegen gewährleistet ist. Aber natürlich gibt es auch dafür in Deutschland Vorschriften: Die Räum- und Streupflicht gelte werktags von 7.00 bis 21.00 Uhr und sonn- und feiertags von 8.00 bis 20.00 Uhr. Danach sind Fußgänger offenbar auf sich gestellt….

Und die Stadt weist noch einmal darauf hin, dass das Streuen mit Salz oder anderen „auftauenden Materialien“ in ganz Mainz ausdrücklich verboten ist! Das nämlich schädigt die Umwelt und übrigens auch Tierpfoten, trotzdem tauchen mirakulöserweise zu Beginn jedes Winters riesige Pyramiden mit Auftausalz-Eimern in Baumärkten und Supermärkten im ganzen Stadtgebiet auf… Dabei gilt die Verwendung von Salzen auf öffentlichen Wegen als Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Verwendet werden dürfen nur abstumpfende Streumittel wie etwa Lava, Sand, Splitt oder Granulat. „Diese Mittel verhindern wirkungsvoll ein Ausrutschen auf Schnee und Glatteis, ohne schädlich für die Umwelt zu sein und können in der Regel nach dem Aufkehren wieder verwendet werden“, betont die Stadt.

Info& auf Mainz&: Wenn Ihr Fragen zur Räumpflicht oder zum Streuen oder Eurem Grundstück habt, könnt Ihr Euch an die Abfallberatung der Stadt Mainz unter Telefon 06131 – 12 34 56 wenden. Infos zur Straßeneinigungssatzung findet Ihr im Internet beim Entsorgungsbetrieb Mainz, genau hier. Auf der Startseite findet Ihr auch Tipps, wenn Ihr Probleme mit den Mülltonnen bei Kälte habt.

 

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Martin Luther: Rebell der Neuzeit, Bibelübersetzer, Lebensgenießer – Ausstellung zum Start ins Lutherjahr

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Er war der erste Rebell der Neuzeit, Bibelübersetzer, Genussmensch, streitbarer Geist: 2017 ist es genau 500 Jahre her, dass Martin Luther mit seinen 95 Thesen eine Revolution auslöste. „Eine Diskussion wollen, eine Revolution anzetteln“, so brachte es der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) am Donnerstag auf den Punkt. Auch Mainz feiert natürlich das Lutherjahr, auch wenn der Reformator wohl nie hier war. Doch Johannes Gutenbergs Buchdruck-Erfindung legte die Grundlage für Luthers Revolution, Grund genug, den Reformator auch in Mainz zu feiern. Den Auftakt bildet nun eine spannende Ausstellung im Mainzer Rathaus: Mit „Bildern von Luther“ wirft der Bildhauer Herbert Birck ein spannendes und sehr menschliches Licht auf den Theologieprofessor aus Wittenberg.

Harald Birck mit Luther Kopf im Foyer des Mainzer Rathauses
Künstler Harald Birck mit seinem großen Luther-Kopf im Foyer des Mainzer Rathauses – Foto: gik

„Nachdenklich, polternd, geistreich, launisch“ – nein, Martin Luther sei kein einfacher Mensch gewesen, meinte Ebling zur Eröffnung der Ausstellung im Rathausfoyer und fragte mal ganz direkt: „Wen feiern wir da eigentlich?“ Gute Frage: Der Mönch und Theologieprofessor ist durch die Revolution, die er auslöste, zum Mythos geworden. „Wir alle haben von Luther ein Bild im Kopf“, sagte der evangelische Stadtdekan Andreas Klodt: Luther, stattlich, groß, unerschrocken vor dem Reichstag in Worms, die Bibel in der Hand, sein berühmtes „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ auf den Lippen. Oder auch Junker Jörg auf der Wartburg bei Eisenach, das Tintenfass nach dem Teufel werfend.

Neue Bilder von Luther – Künstler Birck zeigt den zweifelnden Reformator

Das 19. Jahrhundert prägte unsere Bilder von Luther, sowie die Gemälde des Malers Lukas Cranach des Älteren, eines Zeitgenossen Luthers. Der wahre Luther sei „wesentlich vielfältiger als das, was wir kennen“, sagte Klodt. Und so habe denn auch der Berliner Künstler Harald Birck dem anderen Luther, dem menschlichen, nachgespürt: Den zweifelnden, den zerbrechlichen Luther könne man in seinen Statuen finden, sagte Ausstellungskurator Andreas Pitz. Die Ausstellung war schon in Gladbach und München zu sehen, jetzt ist sie nach Mainz gekommen. Birck selbst sagte, er habe den angeschlagenen, den zitternden und trotzdem standhaften Luther zeigen wollen, „nicht den Über-Luther, sondern den Menschen.“ Heraus kamen kraftvolle kleine Statuen, die ein spannendes Bild auf den Reformator und sein Ringen werfen.

„Ein Mann, der sich nicht in Schubladen stecken ließ“, nannte Ebling den Mann aus Wittenberg. Tatsache ist: Die Diskussion, die der Theologe 1517 anstieß, führte zu einer Revolution. Luther wollte eine Reform der Kirche, am 31. Oktober 1517 schlug er seine berühmten 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche von Wittenberg – und löste damit ein Erdbeben aus. Am Ende standen Religionskriege und eine Kirchenspaltung – und die Geburt einer zweiten christlichen Kirche, der protestantischen.

Luther als streitender Bär von Harald Birck
Luther, ein ringender, temperamentvoller Streiter, so sieht ihn Künstler Harald Birck in dieser Figur – Foto: gik

Poetry Slam, Jazz-Bigband, Musical und Churchnights

„Wir feiern hier den Beginn einer Revolution“, sagte Ebling am Donnerstag, denn das ganze Jahr über wird auch in Mainz des Beginns der Reformation und Luthers Wirken gedacht. Dutzende von Veranstaltungen, Lesungen, Vorträgen und Gottesdiensten beleuchten das Wirken und die Wirkung des Reformators. „Wir möchten raus gehen in diesem Jahr, raus auf die Plätze, unsere Räume verlassen und unters Volk gehen – wie Luther“, sagte Juliane Diel vom Evangelischen Dekanat Mainz. Und so gibt es Luther-Stummfilm und Luther-Musical, eine Kinderbibelnacht am 28. Januar und die lange Churchnight am 2. September für Jugendliche, die mit Luther durch die Nacht führt.

„Tritt fest auf, mach’s Maul auf, hör bald auf“ – Martin Luther wäre vermutlich ein guter Poetry Slammer gewesen, und so widmet sich am 31. August ein Poetry Slam der Macht der Worte Luthers, hinterfragt sie kritisch und betrachtet sie satirisch und frech – Luther hätte das gefallen. Denn der Reformator rang in seiner Bibelübersetzung um jedes Wort und wusste genau um die Macht der Sprache. Am 27. August findet ein großes Mainzer Tauffest unter freiem Himmel statt, am 18. Juni würdigt eine Jazz-Bigband mit der Soulsängerin Sarah Kaiser in der Christuskirche Luther – schließlich hinterließ Luther auch über 30 Kirchenlieder, die er komponierte und textete.

Alles Luther – mit Tanzuraufführung SHIFT in der Christuskirche

Also „Alles Luther, oder was?“ Definitiv: Am Freitag, dem 20. Januar, beginnt eine Vortragsreihe mit genau diesem Titel, die mit dem Thema Luther und die Entdeckung der Gewissensfreiheit startet und dann auch anderen Reformatoren wie Erasmus von Rotterdam sowie Reformatorinnen nachspürt. Denn was Luther auslöste, war viel mehr als eine Glaubenskrise: Er beförderte die Entwicklung einer neuen Geisteshaltung, die von Humanismus und der beginnenden Renaissance – also der Wiederentdeckung der Antike – mit befeuert wurde. Die Wiederentdeckung der antiken Gedankenwelt, vom Menschen als selbstverantwortlichem Wesen, befreite das Denken aus den vielen Fesseln, die gerade die mittelalterliche Kirche den Menschen auferlegt hatte.

Luther Büste von Harald Birck im Rathaus
Luther Büste von Harald Birck – Foto: gik

Und genau dieser Spur spürt eine ganz besondere Kooperation im Lutherjahr nach: Gemeinsam mit dem Mainzer Staatstheater hat das Evangelische Dekanat eine ganze Reihe von Konzerten, Lesungen, Workshops und künstlerischen Projekten aufgelegt. Den Anfang macht gleich kommende Woche SHIFT, eine große Tanzproduktion des Staatstheaters, die in der Christuskirche gezeigt wird. Der renommierte portugiesische Choreograph Rui Horta will dann mit zwölf Tänzern die Idee der Reformation und den Prozess der Erneuerung hin zu einer frei denkenden, selbstbestimmten Religion künstlerisch reflektieren – inspiriert von der Architektur der Christuskirche, dieses Rundbaus auf der Kaiserstraße, der ja mit seiner Höhe den Dom herausfordert…

Erste Protestanten mussten über den Rhein nach Biebrich zum Gottesdienst

Die ersten Protestanten mussten übrigens jahrzehntelang über den Rhein nach Biebrich zum Gottesdienst, bis ihnen der französische Präfekt Jeanbon St. André 1802 mit der Altmünsterkirche die erste Kirche als eigenes Gotteshaus überließ. Die Christuskirche ist sichtbares Zeichen dafür, wie stark der Protestantismus in Mainz ist: Laut Wikipedia standen 2014 im angeblich so erzkonservativen Mainz rund 73.600 Katholiken etwa 46.000 Protestanten gegenüber – Mainz hat wahrlich eine starke protestantische Gesinnung 😉 Schon früh soll es Domprediger gegeben haben, die gar im Mainzer Dom, dem Sitz des Erzbischofs, reformatorische Gedanken verbreitet haben – Wolfgang Capito, 1520 als Domprediger an den Mainzer Dom berufen und dann Berater des Erzbischofs Albrecht von Mainz, wird hier an vorderster Stelle genannt. Capito galt als Verteidiger Luthers, bekannt wurde er als bedeutender Reformator von Straßburg, wohin er sich 1523 zurückzog.

Lesender nachdenkliche Luther von Harald Birck
Lesender nachdenklicher Luther von Harald Birck – Foto: gik

Luther selbst war wohl nie in Mainz, vielleicht machte er bewusst einen Bogen um die Stadt, in der sein ärgster Widersacher saß: Denn es war ausgerechnet Erzbischof Albrecht von Mainz, der zum Auslöser von Luthers Thesenanschlag wurde. Albrecht nämlich war oberster Verfechter des Ablasshandels, mit den Einnahmen wollte er wenigstens zum Teil seine Schulden bei den Bankiers der Fugger bezahlen. Es war Albrechts Instructio Summarum, eine Anweisung für im Land umherziehende Ablassprediger, die Luther zum Verfassen seiner 95 Thesen animierte. Und es war Albrecht von Mainz, der Luther in Rom anzeigte und vor den Reichstag nach Worms zitierte.

Staatstheater widmet sich der Macht der Sprache, Mathis dem Maler und dem Anderssein

500 Jahre Reformation böten „einen reizvollen Anlass“ für die Auseinandersetzung „mit gesellschaftlicher Veränderung, mit der Macht von Sprache und mit der Wirklichkeit, die durch sie geschaffen wird“, sagte Staatstheaterintendant Markus Müller bei der Vorstellung des Programms vergangenes Jahr: „Den Dingen auf den Grund zu gehen, um sie dann neu und möglicherweise ganz anders zu denken, ist eine Kernkompetenz des Theaters.“ Und so wird im März im Staatstheater im Jugendtheaterstück „Anders“ von Andreas Steinhöfel das Thema des Andersseins ebenso verhandelt wie die Frage nach Schuld und Vergebung. Und ab dem 19. März widmet sich ein ganzer Reigen von Veranstaltungen der Oper „Mathis der Maler“, dem Werk von Paul Hindemith, das das Werken des Renaissance-Malers Matthias Grünewald aufgreift, der den berühmten Isenheimer Altar schuf. Zu dem wiederum das Evangelische Dekanat am 13. Mai eine Reise nach Colmar anbietet.

Aber natürlich gibt es noch eine ganz andere, wichtige Verbindung zwischen Luther und Mainz: Es war die Erfindung von Johannes Gensfleisch zu Gutenberg des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, die den Weg zu Luthers Revolution ebnete. Denn mit Gutenbergs Erfindung wurde erst die massenhafte Verbreitung von Luthers Thesen per Flugschrift möglich – „die Reformation war auch eine Medienrevolution“, wie Ebling sagte. Und so könne man wohl etwas verkürzt sagen, „ohne Mainz kein Wittenberg“, das sei eben „die Sicht eines Mainzer Oberbürgermeisters“, fügte er schmunzelnd hinzu.

Luthertafel am Reformationstag – und Motivwagen im Rosenmontag

Luther mitten ins Leben holen - Ausstellung Birck
Luther mitten ins Leben holen, auf die Plätze, unter die Menschen, das will das Evangelische Dekanat in Mainz in diesem Jahr – Foto: gik

Höhepunkt des Lutherjahres ist aber natürlich auch in Mainz der Reformationstag am 31. Oktober – und er wird auf wahrhaft meenzerische Weise begangen: Eine Luthertafel lädt dann die Mainzer in die Innenstadt zum gemeinsamen Genießen ein, es gibt Luther-Bier und Kürbissuppe, Fleischwurst und Katharina von Bora-Wein, benannt nach Luthers Ehefrau. „Iss, was gar ist, red‘ was wahr ist“, soll Luther gesagt haben, seine Tischreden waren legendär. Gelöst und frei soll es auch bei der Luthertafel auf dem Bischofsplatz zugehen, Schauspieler werden sich zwischen die Gäste mischen und Luthers Tischreden zitieren. Posaunen spielen auf, eine Thesentür lädt zum Nachdenken ein, und für die Kinder gibt es Wartburgbauen und Tintenfassweitwurf.

Den „Höhepunkt“ der Mainzer Würdigung aber erfährt der Reformator an Rosenmontag: Luther bekommt einen eigenen Wagen im Mainzer Rosenmontagszug. Und wenn wir nach dem Vers gehen, den das Evangelische Dekanat dazu geschmiedet hat, dann können wir uns schon vorstellen, wie der aussehen wird: „Doch Luther lässt sich nicht beirren – mit Weck, Worscht, Woi in allen Wirren.“

Info& auf Mainz&: Die Ausstellung „Luther im Bild“ ist noch bis zum 25. Januar 2017 im Foyer des Mainzer Rathauses zu sehen, der Eintritt ist wie immer kostenfrei. Zur Ausstellung gibt es einen Katalog für 19.90 Euro mit Texten allerlei Prominenter zu Martin Luther – von Frank Walter Steinmeier über Malu Dreyer bis Julia Klöckner und Harald Martenstein. Eine Führung mit dem Künstler Harald Birck gibt es am Samstag, dem 21. Januar um 11.00 Uhr, danach könnt Ihr um 19.30 Uhr zur Uraufführung des Tanzstückes SHIFT in die Christuskirche gehen. Das ganze Programm zum Lutherjahr in Mainz findet Ihr auf der Homepage der Stadt Mainz, genau hier, und natürlich auf den Seiten des Evangelischen Dekanats Mainz, hier geht’s zur Startseite. Wenn Ihr mehr über Luther und die Reformation in Mainz wissen wollt – am 17. Juni gibt’s um 14.00 Uhr einen Rundgang zum Thema „500 Jahre Reformation in Mainz“.

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Was eh Glick….Biancas Blick auf Mainz: Die Karikatur bei Mainz&!

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Neues Jahr, neue Projekte bei Mainz& – und was für welche! Wir freuen uns riesig, denn Mainz& hat nun eine eigene Karikaturistin. Die Künstlerin und Grafikerin Bianca Wagner wird uns 2017 mit ihrem Blick auf Mainz beglücken: liebevoll, kritisch, hintergründig, so wie Mainz& eben auch ist. Den anderen Blick auf Mainz werfen wir ja schon in unseren Artikeln, nun tun wir das auch ganz buchstäblich. „Biancas Blick auf Mainz“ findet Ihr künftig jeden Donnerstag auf Mainz&, immer zu aktuellen Themen und mit viel Augenzwinkern und Mainz-Liebe.

Es ist uns ein Herzensanliegen: gerade in Zeiten, in denen politische Karikaturisten und kritische Blicke auf die Welt zunehmend unter Beschuss geraten, wollen wir eine Lanze brechen für diese Stilform des politischen Journalismus. Denn unsere immer vorurteils-beladenere, voreingenommene und zunehmend schubladen-orientiertere Zeit braucht dringend den kritischen, den anderen Blick auf die Welt. Erheitern wollen wir Euch aber natürlich auch – lasst Euch inspirieren zum Schmunzeln, zweimal Hinschauen und auch zum Nachdenken!

Bianca Wagner ist gebürtige Mainzerin, vor 32 Jahren erblickte sie das Licht der Welt und wuchs in Mainz-Hechtsheim auf. Bianca studierte unter anderem Soziologie und Kunstgeschichte, ihren Abschluss machte sie in Illustration und Druckgrafik, arbeitete unter anderem beim Druckladen des Gutenberg-Museums. Seit 2012 ist sie als freiberufliche Grafikerin, Illustratorin und Künstlerin tätig und lehrt als Dozentin an der Volkshochschule Bingen. Vor allem aber malt sie einfach, wo sie geht und steht – für Bianca ist das gezeichnete Bild, was für uns bei Mainz& das Wort ist: Ausdrucksmittel, Weltreflexion, Ausdrucksform. Das, so finden wir, passt einfach super zu Mainz& – wir freuen uns sehr auf diese Bereicherung unseres Tableaus!

Biancas erster Blick auf Mainz widmet sich – ganz stilvoll – der Fastnacht, genauer gesagt: dem neu gestalteten Fastnachtsmuseum. Dass das vier Monate lang geschlossen war, sorgte vielerorts für Erstaunen – die meisten hatten das nämlich gar nicht mitbekommen. Umso glücklicher der Narr, dass er nun nicht mehr vor verschlossenen Türen steht, und Camel-Orden, Bonewitz-Gänsche, Negers Schürze und die Schwellköpp endlich wieder an ihren angestammten Ort zurückkönnen. „Was eh Glick!“ Wir wünschen Euch viel Spaß mit unseren Karikaturen und „Biancas Blick auf Mainz“!

1. Karikatur Bianca Fastnachtsmuseum kleiner

 

Infos& auf Mainz&: Mehr über Bianca Wagner und ihre Werke findet Ihr hier auf Facebook. Und den Artikel zum Mainzer Fastnachtsmuseum könnt Ihr hier nachlesen: Rolf Brauns Brille, Negers Schürze…

 

 

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Stunde der Wintervögel: NABU entdeckt Grund für Vogelschwund – es fehlen die Besucher aus dem Osten

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Sag mir, wo die Meisen sind…. Wer ein Futterhäuschen im Garten hat, hat es wahrscheinlich schon bemerkt: In diesem Winter sind dort deutlich weniger Rotkehlchen, Finken und vor allem Meisen zu sehen. Ein Vogelsterben, befürchten viele Vogelfreunde – doch dem ist nicht so: Der Naturschutzbund NABU stellt zwar derzeit bei der großen Winterzählung „Stunde der Wintervögel“ tatsächlich bis zur Hälfte weniger Meisen und andere Singvögel fest. Doch die Erklärung dafür könnte schlicht das Wetter sein: Wegen des bisher warmen Winters fehlen Besucher an unseren Futtertrögen – aus Russland und Polen nämlich.

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Blaumeise und Kohlmeise – wo sind sie geblieben? – Fotos: NABU /Frank Hecker

Unsere Meisen, die wir seit Jahrzehnten an Futterhäuschen und Vogelkugeln so gerne beobachten, stammen nämlich offenbar gar nicht von hier: Während unsere Meisen bei der ersten Kälte nach Süden zögen, „kommen normalerweise von Osten andere Meisen nach, aus Russland und Polen“, erklärt Berthold Langenhorst vom NABU Hessen. Experten könnten die Tiere tatsächlich an ihrem anderen Dialekt unterscheiden, „die singen ein bisschen anders“, erklärt der Naturschützer. Und in diesem Jahr seien die Meisen aus dem Osten wohl nur bis Brandenburg gekommen, aus den östlichen Bundesländern würden nämlich deutlich mehr Meisen gemeldet als aus Hessen und Rheinland-Pfalz.

Bislang nämlich waren die Naturschützer und auch viele Vogelfreunde regelrecht alarmiert: 50 Prozent weniger Meisen zählten die Beobachter in diesen Tagen in den heimischen Gärten, insgesamt ging die Zahl der Singvögel um 20 bis 30 Prozent zurück.  „Viele Leute rufen uns an und sagen: an den Futterstellen in den Gärten ist nichts los“, berichtet Langenhorst unisono mit den Kollegen vom NABU Rheinland-Pfalz. Grünfink und Buntspecht seien kaum noch zu sehen, selbst der Spatz ist auf einmal selten. Dafür gebe es viel mehr Amseln, Drosseln und Stare als sonst, berichtet Langenhorst: „Der Trend ist so wie in meinem Garten: In einer Stunde gab’s acht Amseln, eine Kohlmeise, ein Rotkehlchen und eine Rabenkrähe.“

Vor einem Jahr hingegen wurden bei der großen Winterzählung des NABU über 94.700 Vögel gezählt. Wie bundesweit ergatterte der Haussperling damals den Spitzenplatz als häufigster Wintervogel in Rheinland-Pfalz, auf Platz zwei stand damals die Kohlmeise, auf den Plätzen drei bis fünf folgten Blaumeise, Amsel und Feldsperling. Viele Menschen, wenig Vögel – so lautet hingegen die Zwischenbilanz der diesjährigen Winterzählung, die noch bis zum 16. Januar läuft. Zum siebten Mal hat der NABU bundesweit zur Zählung der Singvögel in den heimischen Gärten aufgerufen, kurz vor Ende der Aktion verzeichnet der Verband einen wahren Teilnehmerrekord bei der „Stunde der Singvögel“: Bis Dienstag gingen deutschlandweit bereits Meldungen von mehr als 87.000 Vogelfreunden aus über 56.000 Gärten ein. In Hessen beteiligten sich bereits jetzt rund 7.100 Vogelfreunde – das waren 2.000 mehr als vor einem Jahr.

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Vögel zählen für den NABU bei der Stunde der Wintervögel – Foto: gik

In 4998 Gärten wurde fleißig beobachtet und dabei 159.377 Vögel gezählt. Das klingt viel, ist aber eigentlich wenig: Statt der knapp 42 Vogelindividuen pro Garten im langjährigen Mittel wurden in diesem Jahr nur 34 Vögel pro Garten gemeldet – ein Rückgang von knapp 20 Prozent. „Eine umfassende Erklärung dafür gibt es bisher nicht. Wahrscheinlich ist ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren verantwortlich“, sagt Olaf Strub, Geschäftsführer und Ornithologe beim NABU Rheinland-Pfalz. Der milde Winter nämlich machte bisher den Vögeln die Suche nach Futter leicht: Viele Vögel blieben schlicht im Wald. Die Zählungen des NABU hingegen finden in Städten oder zumindest von Menschen belebten Regionen statt, dort müssen Vögel erst auf Futtersuche gehen, wenn die anderen Quellen versiegen.

Einen Zusammenhang mit der Vogelgrippe gebe es hingegen nicht, betonte der NABU Rheinland-Pfalz: Singvögel würden nicht von der Geflügelpest befallen. Es könne aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass heimische Gartenvögel aufgrund widriger Witterung im vergangenen Jahr weniger Junge aufziehen konnten. Andere Arten seien gar nicht erst nach Süden gezogen, heißt es weiter – das erkläre die hohe Zahl der Amseln, Drosseln und Stare. Die seien sonst „bei der ersten Kälte weg“, sagt Langenhorst, doch Kälte gab es bis zum Jahresende eben kaum. So bleibe am Ende die Erkenntnis: Auch das Wanderverhalten der Vögel unterliegt neuen Trends. „Die Vögel richten sich nach den warmen Strömungen“, sagt Langenhorst, „die wissen ja nicht, wie das Wetter wird, also probieren sie es einfach aus.“

Den Menschenrekord erklärt der NABU hingegen mit der Sorge der Gartenbesitzer: Weil in den vergangenen Wochen so wenig Vögel gesichtete wurden, sei das Interesse an der Zählung jetzt groß. Aufgeben sollte man indes nicht: „Wenn das Wetter so kalt bleibt, dann können die Meisen aus dem Osten noch ‚rüberziehen“, sagt Langenhorst, „kann gut sein, dass in ein, zwei Wochen an den Futterhäusern ganz viel los ist.“

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Ergebnissen der Zählaktion mit Karten und Details zu verschiedenen Regionen findet Ihr hier im Internet. Noch bis zum 16. Januar kann man bei der Winterzählung des NABU mitmachen, mehr dazu hier im Internet. Und so funktioniert es: Von einem ruhigen Beobachtungsplätzchen im eigenen Garten oder einer anderen Stelle im besiedelten Raum (Dörfer und Städte) aus wird von jeder Art die höchste Anzahl notiert, die innerhalb einer selbstgewählten Beobachtungsstunde gleichzeitig zu beobachten ist. Die festgestellten Zahlen können dann im Internet unter www.stundederwintervoegel.de gemeldet werden, die Ergebnisse werden dort ausgewertet und regelmäßig aktualisiert. Der NABU stellt eine Zählhilfe, Porträts der häufigsten Vogelarten sowie Tipps zur Winterfütterung zur Verfügung. Ein Video zeigt zudem, wie man einfach selbst einen Futterspender für Vögel bauen kann.

 

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Fallschirm Mensch will eine Gedenkstätte für Menschen, die auf der Flucht gestorben sind

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Braucht Mainz eine Gedenkstätte für Menschen, die auf der Flucht gestorben sind? Der Flüchtlingshilfsverein „Fallschirm Mensch“ findet: „ja“ – und kündigte heute an, 2017 mit Vertretern von Stadt und dem Stadtrat Gespräche über eine solche Gedenkstätte führen zu wollen. Man wolle „eine Gedenkstätte in Form eines Gedenkbaumes mit Plakette oder Ähnlichem anregen, die den trauernden Angehörigen eine Möglichkeit bieten soll, eben dies zu tun“, sagte der Vorsitzende von Fallschirm Mensch, Florian Kowalewski. Unterstützung kam prompt von den Mainzer Linken, sonst aber meldete sich erst mal niemand dazu zu Wort. Uns interessiert Eure Meinung: Braucht Mainz so etwas?

Open Ohr - Elias Bierdel Vortrag Cap Anamur mit Flüchtlingen
Flüchtlinge in einem Schlauchboot auf dem Mittelmeer, hier aus einem Vortrag von Elias Bierdel von Cap Anamur – Foto: gik

2016 seien mehr Menschen auf der Flucht gestorben als in den Jahren zuvor, das Mittelmeer verschlucke fast täglich Menschen, argumentiert Fallschirm Mensch. „Die Überlebenden und Verbliebenen sind hilflos, ratlos und trostlos“, heißt es weiter. Die allerwenigsten Leichen würden geborgen, noch weniger identifiziert. Ein Begräbnis findet in den seltensten Fällen statt, die Angehörigen haben keinen Ort zum Trauern oder Beten. Eine Gedenkstätte könne „den gesichts- und namenlosen Toten eine Ruhestätte sein“ und die Menschen „an all jene erinnern, die ihr Leben wegen erdrückender Perspektivlosigkeit auf der Flucht verloren haben.“ Sie könne all jenen Menschen, die diese gefährliche Reise überlebt haben, einen Platz zum innehalten ermöglichen.

Zustimmung kam von den Linken – und prompt ein praktischer Vorschlag: Man schlage vor, „das nie eingeweihte Denkmal am Fischtorplatz umzuwidmen“, sagte der Linken-Kreischef Tupac Orellana. Die Säule am Konrad-Adenauer-Ufer sei in der Nazizeit errichtet worden, in Gedenken an Kombattanten und ausgewiesen zur Nacheiferung für Jugendliche. Ein passendes Symbol für eine weltoffene und fürsorgliche Stadt wie Mainz sei das nicht, findet Orellana, zumal die Stadt hier am Fischtorplatz mit dem neuen Weinprobierstand versuche, Touristen anzusprechen. Dazu passe doch „ein von den Nazis errichtetes Relikt, das zur Nacheiferung eines der schrecklichsten Kriege der Weltgeschichte aufruft, durch ein modernes Zeichen der Aufnahme und des Friedens zu ersetzen.“

Start zum Schweigemarsch mit Fallschirm Mensch kleiner
Fallschirm Mensch veranstaltete schon zweimal einen Schweigemarsch zum Gedenken an auf der Flucht verstorbene Menschen in Mainz – Foto: gik

Die Geflüchteten sowie deren Kinder und Kindeskinder würden in Zukunft die Gesellschaft in Mainz, Rheinland-Pfalz und Deutschland „nachhaltig prägen“, sagte Orellana weiter. Deshalb sei es „nur angemessen, wenn wir ihrer schwierigen Ankunft gedenken und nicht diejenigen vergessen, die auf dem Weg in ein vermeintlich sicheres Leben den Tod fanden.“ Eine Gedächtnisstätte für verstorbene Geflüchtete könne schließlich auch als Mahnmal für die Verantwortung der Menschen in Deutschland für Fluchtursachen wie Klimawandel, Krieg und Armut dienen. Und schließlich gebe es zahlreiche Tafeln, Gräber und Male in Mainz, „die gefallener Soldaten und verschwundener Regimenter gedenken – keines gedenkt der toten Geflüchteten“, fügte der Linken-Politiker hinzu.

Kommentar& auf Mainz&: Uns interessiert ja schon, was Ihr davon haltet: Braucht Mainz ein solches Denk-Mal? Tatsache ist: Rund 2.300 Flüchtlinge lebten im Sommer in Mainz, viele von ihnen kamen nach abenteuerlicher Flucht übers Mittelmeer hierher. Doch vielfach ist überhaupt noch nicht klar, ob die überhaupt hier bleiben, hier sesshaft werden – oder umziehen, zurückgehen. Der große Ansturm auf Deutschland, er ist gerade erst ein Jahr her. Muss man sich Denkmäler „verdienen“? Und wir mögen ja nicht mehr die Intentionen der Denkmäler von einst teilen – aber haben wir ein Recht, sie deshalb umzuwidmen?

Auch ist uns nicht wirklich klar, welches Denkmal die Linke meint – das Marinedenkmal am Rheinufer, an dem regelmäßig Kränze in Erinnerung an frühere Verstorbene niedergelegt werden, erinnert an den ersten Weltkrieg und den Untergang des Kreuzers MS Mainz. Das Denkmal auf dem Fischtorplatz werden sie ja wohl nicht meinen – das erinnert an die Deutsche Wiedervereinigung…. Schreibt uns Eure Meinung! Unter info@mainzund.de.

Kleines Update: Die Linke teilte uns gerade mit, dass sie in der Tat das Marinedenkmal am Rheinufer meinen. Das rufe in seiner Inschrift „zur Nachahmung“ von Krieg und Sterben fürs Vaterland auf, die Linke hält das nicht mehr für zeitgemäß.

 

 

 

 

 

 

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Tolle Winterwelt in Mainz – Schneefreuden, Autofahrerleiden und Chaos bei Bus und Bahnen

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Da werden Tische und Stühle zum Kunstobjekt - Foto: gik

Was für ein Wintertag! Zum ersten Mal in diesem Winter wachte Mainz am Morgen mit echtem Schnee in Hülle und Fülle auf. Nach dem Industrieschnee im Dezember fiel nun eine echte weiße Pracht vom Himmel – und blieb sogar liegen! Das Ergebnis: Eine verzauberte Winter-Wunderwelt, die sich sonst Mainz nennt 😉 Klar: Für den Verkehr war das nix. Glatte Straßen und eben die dicke Schneeschicht sorgten für heftige Behinderungen auf Autobahnen rund um Mainz. 34 Unfälle zählte die Polizei im Mainzer Stadtgebiet, es blieb aber bei Blechschäden. Für Chaos sorgte vor allem eine Radpanne bei der Mainzelbahn sowie Behinderungen für die Busse. Am Frankfurter Flughafen kam es zu starken Verspätungen und Flugausfällen, rund um Wiesbaden brach auf den Autobahnen nach Unfällen Verkehrschaos aus. Doch es galt, die weiße Pracht zu genießen: Ab Mittwoch kommt Tauwetter.

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Großes OHHH! am Morgen: Tief verschneites Mainz über Nacht. – Foto: gik

Die Meteorologen hatten es ja angekündigt: „Laut Vorhersage gibt es morgen früh ein ‚Oh‘, wenn man den Rollladen hochzieht (je nachdem, wann man aufsteht)“, warnte die Wetterstation der Uni Mainz, die anderen sprachen von drohendem Schnee-Chaos. So kam es dann auch: Ab 4.00 Uhr morgens fielen die weißen Flocken vom Himmel, und es schneite und schneite und schneite. Morgens im Berufsverkehr dann geschlossene Schneedecke und eben auch glatte Straßen. Bis 11.00 Uhr zählte die Polizei Mainz im Raum Mainz – Bad Kreuznach – Worms bereits 70 Unfälle, davon 30 auf den Autobahnen.

Besonders betroffen waren die A60, A63 und die A643 nach Wiesbaden – und in Hessen wurde es besonders heftig. Am Schiersteiner Kreuz kollidierten drei Fahrzeuge auf der Verbindung zur A66 in Richtung Rüdesheim, berichteten die Kollegen von der Hessenschau, ein querstehender Lkw blockierte zeitweise auf der A66 in Richtung Frankfurt die Abfahrt Wiesbaden-Erbenheim. Zuvor war dort ein Auto in die Leitplanke gerutscht. Auch in Mainz und um Mainz herum kämpften die Sicherheitskräfte mit Pannenfahrzeugen und Autofahrern, die sich nicht an die Witterung anpassen mochten.

Unachtsamkeiten, falsches Bremsen, zu schnelles Fahren – und immer noch Sommerreifen, registrierte die Mainzer Polizei. „Bis Viertel vor vier waren es 90 Unfälle in Mainz, Worms und Bad Kreuznach, im Mainzer Stadtgebiet 34“, berichtete der diensthabende Polizist am Dienstagabend auf Mainz&-Anfrage, „danach hab‘ ich aufgehört zu zählen.“ Fünf Leichtverletzte gab es im ganzen Präsidiumsgebiet, ansonsten blieb es bei Blechschäden.

Die Polizei bittet die Autofahrer eindringlich darum, ihre Fahrweise den Fahrbahnverhältnissen anzupassen. Auch uns fielen heute Autofahrer auf, die fast auf Tuchfühlung mit ihrem Vordermann gingen – gerade bei Glätte eine ganz doofe Idee. Und so geht es richtig:  Genügend Abstand zum Vordermann lassen, abrupte Lenk- und Bremsmanöver vermeiden, vorausschauend fahren.

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Fast 9 Zentimeter Schnee in Mainz – klasse! Das Foto machte Philipp Reutter am Nachmittag an der Mainzer Uni

Das gilt vor allem für die Nacht und morgen: Es soll richtig kalt werden, damit wird das, was heute schon getaut ist, richtig anfrieren – es drohen spiegelglatte Straßen. Auch kann es erst einmal noch weiter schneien, morgen aber soll Tauwetter kommen. Und so galt es heute, den Wintertag zu genießen – die Mainzer nutzten den Tag auch, um spazieren zu gehen, wer konnte. Oder um Rodeln zu gehen: Jeder Hang wurde heute von Schlitten und Rutschkissen erobert. Herrlich. Bis zu zehn Zentimeter wurden es im Laufe des Tages, genau 8,5 Zentimeter maß am Nachmittag die Wetterstation der Uni Mainz.

Den größten Teil des Chaos in Mainz verursachte allerdings ein ganz anderes Medium: Am Morgen sprang um halb acht Uhr das Rad einer Mainzelbahn in Bretzenheim aus einer Weiche – nichts ging mehr mit den Straßenbahnen in Mainz. Was für eine peinliche Panne genau vier Wochen nach dem Start der Bahn…. Das Ergebnis: Busse statt Bahnen und ein heilloses Chaos im Nahverkehr. Stundenlange Verspätungen und Umleitungen waren die Folge von Panne und Schnee, erst gegen 15.00 Uhr fuhr alles wieder normal. Mit dem Wetter habe die Radpanne der Mainzelbahn aber nichts zu tun gehabt, hieß es bei der MVG. Was wir von den Kollegen von SWR-Online übernommen haben – eine Pressemitteilung der MVG gab es nicht.

Info& auf Mainz&: Mehr schöne Winterbilder aus Mainz findet Ihr auf diesem Blog der Wetterstation der Uni Mainz. Infos zum  öffentlichen Nahverkehr gibt es wie immer bei der MVG Mainz, wer zum Flughafen muss, schaut lieber vorher mal auf der Homepage des Frankfurter Flughafens vorbei.

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„Wegwerfware Mensch“ – Open Ohr widmet sich 2017 der modernen Sklaverei

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Verhaltene Nneka, einst selbst aus Nigeria geflüchtet - Foto: gik

„Wegwerfware Mensch“ – mit einem echten harten Thema setzt sich in diesem Jahr das 42. Jugendkulturfestival Open Ohr auseinander. An Pfingsten geht es auf der Zitadelle in Mainz vor allem um das Thema moderne Sklaverei. Schätzungsweise 46 Millionen Menschen leben aktuell in Sklaverei, heißt es im Thesenpapier der Freien Projektgruppe des Open Ohr, das seien so viele wie nie zuvor. „Das Thema ist leider aktueller denn je. Deshalb ist es uns wichtig, darüber zu sprechen und die Menschen darauf aufmerksam zu machen“, sagt Projektgruppenmitglied Christin Dauborn. Das Open Ohr will deshalb über Formen moderner Sklaverei aufklären und Gegenstrategien suchen – aber natürlich nicht nur trübsinnige Gedanken wälzen: Vom 2. bis 5. Juni wird auf der Zitadelle auch abgetanzt, gefeiert und genossen.

Open Ohr - Theaterstück Flucht im Container 1
Wenn der Mensch zur Wegwerfware wird…. Szene aus einem Theaterstück über Flucht im Container auf dem Open Ohr – Foto: gik

Damit setzt das politische Festival seine Reihe vom Thema Flüchtlinge über die Heimat erneut mit einer logischen Gedankenentwicklung fort: Moderne Sklaverei nämlich hat ihre Ursache meist in Armut, Anhängigkeiten oder eben auch in Flucht und Vertreibung. Schuldknechtschaft, Zwangsprostitution, Kinderarbeit oder Wirtschaftssklaverei sind die modernen Erscheinungsformen, die ihre Opfer in einen Teufelskreis zwingen, aus dem es für sie kaum eine Möglichkeit des Entkommens gibt. „Der fehlende Zugang zu Bildung, der Mangel an finanziellen Mitteln und die hierdurch geringen Möglichkeiten, sich rechtlichen Beistand zu verschaffen, machen arme Menschen zu leichter Beute“, heißt es im Thesenpapier der Projektgruppe. Ausweg- und Schutzlosigkeit ermöglichten es so Sklavenhändlern und Sklavenhaltern, diese Menschen „in die Fesseln moderner Sklaverei zu legen.“

Dabei garantieren die Allgemeinen Menschenrechte eigentlich seit 1948 jedem Menschen ein Leben in Würde und Freiheit. Trotzdem blüht die Sklaverei auch 70 Jahre später noch unverändert, ja: mehr denn seit Langem wieder. Neue Abhängigkeiten durch internationale Wirtschaftsstrukturen, ein Blühen der Korruption in den Regierungen armer Länder und eine wirtschaftliche Globalisierung, die Produktion und Konsum voneinander entkoppelt und so die Produktionsbedingungen weit weg versteckt – all das sind Gründe. Das Festival will den Ursachen auf den Grund gehen, aber auch Lösungsansätze aufzeigen. „Bei aller Tragik des Themas wollen wir kein erdrückendes Festival machen“, betont Diane Ackermann von der Projektgruppe. „Vielmehr werden wir umfassend darüber informieren, welche Möglichkeiten jedem Einzelnen offen stehen, der Sklaverei ganz entschieden entgegenzuwirken.“

Verhaltene Nneka, einst selbst aus Nigeria geflüchtet - Foto: gik
Party, Weltmusik, Szene, hier bei Nneka 2015 – auch das ist das Open Ohr – Foto: gik

Das Open Ohr ist das letzte politische Jugendkulturfestival seiner Art in Deutschland und wurde zur Hochzeit der Festivals gegründet. „Das Ohr“ hatte seines immer an den aktuellen politischen Themen seiner Zeit, es wandelte sich, lockte neue Musikstile an – und überlebte vielleicht deshalb 43 Jahre lang. Heute ist das Festival an Pfingsten auf der Zitadelle Kult und ein bundesweit einmaliger Treffpunkt aller Generationen, auf dem so politisch diskutiert wird wie vielleicht sonst nirgends mehr. Mehr als 9.000 Besucher kamen in den vergangenen beiden Jahren jeweils auf die Zitadelle, vier Tage lang wird diskutiert, geliebt und gelacht. Mehr zur Geschichte des Open Ohr erzählen wir Euch in dem Mainz&-Artikel 40 Jahre Open Ohr, mehr zum Festival 2016 lest Ihr in unserem Bericht Spannende Erkenntnisse zum Thema Heimat.

Info& auf Mainz&: 43. Open Ohr Festival vom 2.-5. Juni 2017 in Mainz auf der Zitadelle zum Thema „Wegwerfware Mensch – Moderne Sklaverei“. Der Kartenvorverkauf hat bereits begonnen, das aktuelle Programm ist in Mache, erste Infos soll es bald geben – alles auf www.openohr.de und natürlich hier bei Mainz&.

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