Am Sonntag ist nicht nur Tag des Offenen Denkmals, in Mainz starten auch die SchUM-Kulturtage, und das bereits zum 7. Mal. Bis zum 24. November wird dabei die facettenreiche jüdische Kultur am Rhein beleuchtet – von der Blütezeit im Hochmittelalter bis hin zu modernen „Lebensmelodien“. Auf dem Programm stehen Vorträge, Filmbeiträge, Konzerte, Führungen und Buchvorstellungen, ein Jiddischkurs sowie gemeinsame Gedenkstunden.
„SchUM“ – das steht für die jüdischen Anfangsbuchstaben der Städte Speyer, Worms und Mainz im Mittelalter, Spira, Wormatia (damals mit U geschrieben) und Magenza. Die drei Städte am Rhein wurden schon im 10. Jahrhundert zu Hochburgen der jüdischen Gelehrsamkeit. Hier lehrten berühmte Rabbiner in Talmudschulen, hier wurde das moderne aschkenasische Judentum entwickelt, mit Rechten und Gebräuchen, Gebeten und Gesängen, die Juden in aller Welt bis heute befolgen. Vom „Jerusalem am Rhein“ war damals auch die Rede – bis die SchUM-Gemeinden in den Pogromen der Kreuzfahrtzüge untergingen.
Seit 2021 sind die jüdischen Stätten in den drei SchUM-Gemeinden Teil des UNESCO-Kulturerbes, in Mainz ist das vor allem der Alte Jüdische Friedhof „Am Judensand“ in der Mombacher Straße, der zu den ältesten seiner Art in Europa gehört, und den Ihr am Tag des Offenen Denkmals wieder besichtigen könnt. Am gleichen Tag starten aber auch die SchUM-Kulturtage in Mainz, und das zum inzwischen 7. Mal – Worms hatte bereits 2005 jüdische Kulturtage ins Leben gerufen, 2018 schloss sich Mainz an.
SchUM-Kulturtage: facettenreiche jüdische Kultur am Rhein zeigen
Seit 2020 beteiligt sich auch die Stadt Speyer mit einem eigenen Programm. Alle drei Städte vermitteln lebendige jüdische Kultur jeweils mit einem eigenen „SchUM Kulturtage“-Programm. „Die Veranstaltungsreihe soll keinesfalls nur als Rückblick auf eine längst vergangene Blütezeit in den hochmittelalterlichen SchUM-Gemeinden dienen“, heißt es in der Ankündigung der Stadt Mainz. Im Mittelpunkt soll vielmehr „die facettenreiche jüdische Kultur am Rhein stehen, die an verschiedenen Orten der Stadt mit Vorträgen, Filmbeiträgen, Konzerten, Führungen, Buchvorstellungen, einem Jiddischkurs sowie bei gemeinsamen Gedenkstunden erlebbar wird.“
Den Auftakt der SchUM-Kulturtage macht am 8. September das Konzert mit den „Klezmer Twins“ in der Neuen Synagoge in der Mainzer Neustadt. Dort werden auch ab 13.00 Uhr Einblicke in den Wirkungsort der jüdischen Gemeinde. In der Kirche St. Stephan werden am Sonntag zudem um 17.00 Uhr in einer konzertanten Lesung die biblischen Motive des jüdischen Künstlers Marc Chagall in Beziehung gesetzt zu Stücken von verschiedenen Komponisten und ausgewählten Texten – St. Stephan wurde durch die Chagall-Fenster zu einem besonderen Erinnerungsort jüdischen Lebens in Mainz.
In der Synagoge finden auch die „Mainzer Synagogengespräche“ statt, zu denen die Jüdische Kultusgemeinde Mainz-Rheinhessen in diesem Jahr gleich mehrere prominente Gäste im Rahemn der Kulturtage erwartet: So kommt am 10. September der profilierte Experte für Extremismusbekämpfung, Ahmad Mansour, nach Mainz, und am 19. November die evangelische Theologin Margot Käßmann.
Alte Kantorengensänge und Elegie auf Dulcea
Im Rahmen der Kulturtage gibt es zudem Führungen zu den Stolpersteinen (6. Oktober + 10. November), jenen Erinnerungssteinen, die vor Haustüren quer durch Mainz an Juden erinnerten, die hier einst lebten, und von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Führungen gibt es zudem auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Mainz-Zahlbach (3. November).
Wie sehr die mittelalterlichen SchUM-Stätten mit ihren Synagogen, Mikwen und Friedhöfen noch heute eine Faszination auf Künstler ausüben, zeigt die Ausstellung des diesjährigen Stipendienprogramms „SchUM Artists in Residence“: Die Filmemacherin Janet Grau aus den USA beschäftigt sich mit der Elegie für Dulcea aus Worms, der Musiker Yotam Schlezinger aus Israel präsentiert in Mainz eine Klanginstallation, die auf alten Kantorengesängen beruht und Bence Illyes aus Ungarn verarbeitet grafisch jüdische Symbole aus den SchUM-Stätten.
Auf dem Titelblatt des Programmhefts der SchUM-Kulturtage ist der junge Schlagzeuger, Komponist und Improvisator Eddy Sonnenschein zu sehen. Der ehemalige Stipendiat der Mainzer Anni-Eisler-Lehmann-Stiftung tritt am 10. Oktober mit seiner Band im „Haus des Erinnerns“ unter dem Titel „Eddy Sonnenscheins TIME“ auf. Die traditionelle Gedenkveranstaltung an die Pogromnacht vom 9. November 1938 in der Neuen Synagoge wird am Sonntag, den 10. November um 11 Uhr von den „Lebensmelodien“ des Musikgymnasiums Montabaur umrahmt.
Info& auf Mainz&: Das gesamte Programm der 7. Mainzer SchUM-Kulturtage findet Ihr hier im Internet. Mehr zur reichen Geschichte der Juden am Rhein könnt Ihr übrigens auch hier in unserem Artikel über die Judaica, die Sammlung für jüdische Geschichte im Mainzer Landesmuseum nachlesen – auf den Spuren des Mainzer Indiana Jones.