Ein halbes Jahr vor der nächsten Landtagswahl im März 2026 stellt der renommierte Bildungsmonitor der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft der Landesregierung in Rheinland-Pfalz ein verheerendes Zeugnis in Sachen Bildungspolitik aus. In dem neuesten Ranking aller 16 Bundesländer rutscht Rheinland-Pfalz nämlich um drei Plätze von Platz 9 auf den 12. Platz ab. Zum Vergleich: Das Nachbarland Hessen klettert auf Platz 6. Besonders schlecht schneidet Rheinland-Pfalz bei Integration, Lesekompetenz, Mathematik und Bildungsarmut ab, die CDU-Opposition spricht deshalb von einem Alarmsignal.

Rheinland-Pfalz stürzt beim Bildungsmonitor weiter ab: Das Land landet nur noch auf dem 12. Platz von 16 Bundesländern. - Foto: gik
Rheinland-Pfalz stürzt beim Bildungsmonitor weiter ab: Das Land landet nur noch auf dem 12. Platz von 16 Bundesländern. – Foto: gik

Der Bildungsmonitor der wirtschaftsnahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) gilt als eines der wichtigsten Rankings im Bereich Bildungspolitik in Deutschland, jedes Jahr untersucht der Bericht, wie sich die Bundesländer in Bereichen der Schulpolitik entwickelt haben -und das jetzt schon seit mehr als 20 Jahren. Untersucht werden dabei etwa die Höhe der Bildungsausgaben und die Verbreitung von Ganztagsschulen und Kita-Ganztagsbetreuung, aber auch die Betreuungsrelation, die Inputeffizienz und die Schulqualität.

Wert legt der Bildungsmonitor zudem auf Internationalisierung, Integration, Bildungsarmut und Forschungsorientierung – und ausgerechnet in solchen Felder schneidet Rheinland-Pfalz besonders schlecht ab. Die Investitionsquoten im Bildungssystem fielen in Rheinland-Pfalz „unterdurchschnittlich aus“, bilanziert der Bildungsmonitor, bei der Digitalisierung liegt das Land nur auf Platz 14, und besonders niedrige Werte erzielte Rheinland-Pfalz beim Thema Integration, Forschungsorientierung und Schulqualität. Besonders peinlich: Bereits vor zwei Jahren, 2023, war Rheinland-Pfalz im Bildungsmonitor um zwei Plätze abgerutscht, jetzt ging die Talfahrt weiter: Rheinland-Pfalz landet nur noch auf den 12. Platz unter 16 Bundesländern.

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CDU: Alarmsignal, Absturz bei Lesekompetenz und Mathematik

Die CDU-Opposition spricht deshalb von einem „alarmierenden Signal“, der Absturz im Ranking sei der größte aller Bundesländer. CDU-Fraktionschef und Spitzenkandidat für die Landtagswahl Gordon Schnieder, zeigte in der Landtagsdebatte diese Woche zudem auf, wo große Probleme liegen: Im dynamischen Vergleich zu 2013 habe sich die Lesekompetenz der Viertklässler deutlich verschlechtert, ebenso deren mathematische Kompetenz. „Bei der Integration sind wir auf Rang 14, bei der Bildungsarmut auf Rang 12“, schimpfte Schnieder: „So verlieren Kinder ihre Chancen und unser Land verliert ein Stück Zukunft.“

CDU-Fraktions- und Landeschef Gordon Schnieder am Rednerpult des Mainzer Landtags. - Foto: gik
CDU-Fraktions- und Landeschef Gordon Schnieder am Rednerpult des Mainzer Landtags. – Foto: gik

Rheinland-Pfalz, einst eines der bildungsstärksten Länder in Deutschland, sei „nur noch unteres Mittelmaß“, kritisierte Schnieder. Immer mehr Erstklässler in Rheinland-Pfalz müssten die Klasse wiederholen, die Sitzenbleiberquote steige seit vielen Jahren bedenklich an. Die SPD-Geführte Landesregierung aber verweigere sich seit Jahren wichtige Weichenstellungen wie etwa Sprachtests im Vorschulalter. Stattdessen schaffe Bildungsminister Sven Teuber (SPD) unangekündigte Tests ab und wolle Klassenarbeiten reduzieren – das sei „der falsche Weg“.

Tatsächlich hatte der Minister sich für unbenotete Vergleichsarbeiten ausgesprochen, um den Bildungsstand der Kinder besser erheben zu können, räumte aber auch ein: „Wir sind nicht so gut, wie es die Kinder verdient hätten.“ Das Land habe aber seit der Datenerhebung der INSM schon einige Neuerungen umgesetzt, etwa Sprachstandserhebungen in den Grundschulen, zusätzliche Sprachbeauftragte in Kitas und mehr Fördermittel für Sprachförderung. Teuber hatte erst im Mai das Amt des Bildungsministers von der nach Berlin gewechselten Stefanie Hubig (SPD) übernommen, konkrete Änderungsvorschläge präsentierte der Minister bislang aber nicht.

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Fremdsprachen in Grundschulen: Top, Integration: Flop

Die Bildungspolitik ist eines der Kernthemen der Bundesländer, und damit auch Topthema für den beginnenende Landtagswahlkampf. Vertreter der Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP beschränkten sich dennoch weitgehend darauf, die Studie selbst anzugreifen: Solche Rankings seien „nur bedingt aussagekräftig“ (SPD), der Monitor bewerte das Bildungssystem nur „anhand wirtschaftlicher Faktoren“ (Grüne), die Daten seien „veraltet“ (FDP).  Tatsächlich bezieht der Bildungsmonitor 98 Indikatoren in sein Ranking ein, die von Lesekompetenz über Schulabbrecherquote bis hin zur Migrantenquote in Schulen, Anzahl der Professoren oder Unterrichtsstunden pro Klasse reichen. Die Zahlen des aktuellen Monitors stammen der INSM zufolge „zumeist aus den Jahren 2023 und 2024“.

Blieb bisher größere Akzente in der Schulpolitik schuldig: Bildungsminister Sven Teuber (SPD).
Blieb bisher größere Akzente in der Schulpolitik schuldig: Bildungsminister Sven Teuber (SPD).

Positiv hebt der Bildungsmonitor in Rheinland-Pfalz übrigens die Internationalisierung hervor: Alle Grundschüler in Rheinland-Pfalz seien im Jahr 2023 in Fremdsprachen unterrichtet worden, das sei bundesweit Spitze. Und der Anteil der erfolgreichen Absolventen von Berufsfachschulen falle ebenfalls deutlich überdurchschnittlich aus. Doch bei allen anderen wichtigen Parametern bleibt Rheinland-Pfalz unter dem Bundesschnitt, so etwa bei Betreuungsbedingungen (Platz 12), Bildungsarmut (Platz 9), Lesen Deutsch in der 9. Klasse (Platz 12) oder auch bei der Inputeffizienz (Platz 15).

Wirtschaftsverbände äußerten sich denn auch entsetzt über das Abschneiden: Immer mehr Schulabgänger seien „faktisch nicht ausbildungsreif“, klagte der Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU), Karsten Tacke: „Unsere Unternehmen müssen zu oft zunächst Grundkompetenzen etwa in Mathematik oder Grammatik nachschulen, bevor die eigentliche Ausbildung beginnen kann. Nicht selten hapert es aber auch an grundlegenden Fähigkeiten wie Konzentrationsvermögen, Belastbarkeit oder Selbstorganisation.“ Es sei aber „Kernverantwortung des Staates, dass die Schule die Grundlagen legt“, betonte Tacke.

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Wirtschaftsverbände: Schüler immer weniger ausbildungsreif

Das Abrutschen von Rheinland-Pfalz beim Bildungsmonitor bestätige einen negativen Trend, kritisierte Tacke weiter: „Zu wenig Verbindlichkeit bei Basiskompetenzen, schleppende Digitalisierung, zu wenig konsequente Qualitätssicherung. Wir brauchen ein klares Leistungsversprechen der Schule – ohne Absenkung von Standards.“ Rheinland-Pfalz benötige „klare Ziele, transparente Messung, konsequente Förderung – und den Mut, Ergebnisse offen zu benennen.“

Schüler als Wetterapps im Mainzer Jugendmaskenzug. - Foto: gik
Schüler als Wetterapps im Mainzer Jugendmaskenzug. – Foto: gik

Nötig seien etwa frühe Sprachförderung mit verpflichtenden Sprachstandstests vor der Einschulung und in der Grundschule, verbindliche Förderprogramme für ausreichende Sprachkompetenz, dazu die Stärkung überfachlicher Kompetenzen und klarer Mindeststandards. Übrigens: Die Landesschülervertretung Rheinland-Pfalz hatte 2023 nach dem schlechten Abschneiden des Landes im Bildungsmonitor noch gefordert, das müsse „ein lauter Weckruf“ an alle Politiker sein. Die Digitalisierung hinke hinterher, die Klassenzimmer platzten aus allen Nähten und an jeder Ecke fehlten Lehrer.

Der Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE), der gerade noch die Abschaffung unangekündigter Tests bejubelt hatte, forderte nun Reformen, eine effektivere Ressourcennutzung und mehr voll ausgebildetes Lehrpersonal. „Die Zahlen aus dem Bildungsmonitors zeigen, dass sich die Strukturen in den Schulen ändern müssen“, sagte VBE-Landeschef Lars Lamowski: „Wir weisen schon lange darauf hin, dass Schule neu gedacht werden muss, damit das Bildungssystem fit für die Zukunft wird und die Kollegen die besten Rahmenbedingungen haben, um ein hochwertiges Bildungsangebot zu machen.“

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CDU: Grundschulgarantie, multiprofessionelle Teams und Deutsch

CDU-Landeschef Schnieder legte dafür im Mainzer Landtag gleich mal drei konkrete Schritte vor: „Erstens, eine Grundschulgarantie“, sagte Schnieder laut Redemanuskript, danach dürfe kein Kind die Grundschule verlassen, ohne die Basiskompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen. Dazu müsse verlässlicher Unterricht von Montag bis Freitag zwischen 8.00 Uhr und 14.00 Uhr garantiert werden, samt kostenlosem Mittagessen, Hausaufgaben in dieser Schulzeit sowie Förderung der Kinder in der Schule.

Zweitens müsse die Beherrschung der deutschen Sprache in den Mittelpunkt. „Sie ist der Schlüssel zu Integration, Bildungserfolg und Teilhabe“, betonte Schnieder, es brauche verbindliche Sprachstandserhebung mit viereinhalb Jahren, damit man wisse, wo ein Kind stehe und wie man es gezielt und verpflichtend fördern könne. „Wer früh sprachlich gefördert und auf die Grundschule vorbereitet wird, hat anschließend die besten Chancen“, sagte Schnieder. Und drittens forderte die CDU die Einführung multiprofessioneller Teams aus Lehrern, Sozialpädagogen, Psychologen, Schulsozialarbeitern und Förderkräften in den Schulen – eine Forderung, die Bildungsverbände wie der VBE schon lange erheben.

Info& auf Mainz&: Den ganzen INSM-Bildungsmonitor mit allen ausführlichen Daten, Vergleichen und Erklärungen findet Ihr hier im Internet. Unser Tipp: Klickt Euch durch die ganzen Tabellen und Vergleiche – es ist wirklich interessant.