Ein Video mit stark rassistischen Texten des Sängers Xavier Naidoo sorgte am Mittwoch für erheblichen Ärger in den sozialen Netzwerken. In dem knapp einminütigen Video rappt Naidoo offenbar spontan in seinem Hotelzimmer einen Song in seine Handykamera, dessen Text von vielen als zutiefst fremdenfeindlich empfunden werden. „Wenn fast jeden Tag ein Mord geschieht, bei dem der Gast dem Gastgeber ein Leben stiehlt, dann muss ich harte Worte wählen“, singt Naidoo darin – genau solche Aussagen nutzen rechtsextreme Kreise zur Diffamierung und Verfolgung von Asylbewerbern und Migranten. Mainzer Politiker fordern nun, das im Juli geplante Konzert von Xavier Naidoo im Mainzer Volkspark abzusagen.

Das umstrittene Video von Xavier Naidoo löste Vorwürfe wegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus aus. - Screenshot: gik
Das umstrittene Video von Xavier Naidoo löste Vorwürfe wegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus aus. – Screenshot: gik

Naidoo sollte am 11. Juli im Rahmen von „Summer in the City“ ein Konzert im Mainzer Volkspark geben, schon bei Bekanntwerden des Konzerts hatte der Ortsvorsteher der Mainzer Oberstadt, Daniel Köbler (Grüne), scharfe Kritik geübt und die Absage gefordert. Naidoo stehe seit einigen Jahren für „antisemitische, homophobe und antidemokratische Einstellungen“, schrieb Köbler im November 2019 in einem Brief an die Mainzplus Citymarketing. In Zeiten von zunehmender Menschenfeindlichkeit, antidemokratischer Parolen auf deutschen Straßen und in den Parlamenten sowie vor dem Hintergrund der besonderen historischen Verantwortung insbesondere gegenüber Juden sei es „absolut inakzeptable, dass ein städtisches Unternehmen einen Musiker einlädt, der antisemitische Klischees bedient und offen mit den Verschwörungstheorien der antidemokratischen Reichsbürgerszene sympathisiert.“

Die Reaktion im November: ablehnend. Bei Mainzplus Citymarketing lehnte man eine Absage des Konzertes ab, der Ausrichter Marek Lieberberg – selbst Jude – verteidigte Naidoo ebenso mit glühenden Worten wie andere Künstler. Doch am Dienstag ging ein Video in den sozialen Netzwerken viral, das erneut Fragezeichen zu Naidoos Haltung aufwirft. In dem Video singt Naidoo Sätze wie diese: „Eure Töchter, Eure Kinder sollen leiden, sollen sich mit Wölfen in der Sporthalle umkleiden“ oder „weit uns breit ist hier kein Mann, der dieses Land noch retten kann, Hauptsache es ist politisch korrekt, auch wenn Ihr daran verreckt. Ich hab’ fast alle Menschen lieb, aber was, wenn fast jeden Tag ein Mord geschieht, bei dem der Gast dem Gastgeber ein Leben stiehlt, dann muss ich harte Worte wählen. Denn keiner darf meine Leute quälen.“

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Reaktion auf Twitter auf das Video von Xavier Naidoo. - Foto: gik
Reaktion auf Twitter auf das Video von Xavier Naidoo. – Foto: gik

In den sozialen Netzwerken sorgte das Video prompt für einen Sturm der Empörung, zahlreiche Nutzer wiesen darauf hin, dass mit genau den gleichen Argumenten rechte Agitatoren seit 2015 Stimmung gegen Flüchtlinge und Migranten machen. Mit seinen Liedzeilen suggeriert Naidoo zudem, es gäbe jeden Tag einen Mord von Migranten an Deutschen – genau mit diesem Argument schüren rechte Populisten Stimmung gegen Migranten. Von Rechten wurde das Video denn auch als „freie Meinungsäußerung“ gefeiert.

Unklar war zunächst, ob das Video echt ist, doch Naidoo selbst bestätigte im Laufe des Mittwochs seine Echtheit: Das Video stamme aus dem Jahr 2018, die Vorwürfe wegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit weise er aber entschieden zurück, schrieb der Sänger auf seiner Facebook-Seite: „Ich setze mich seit Jahren aus tiefster Überzeugung gegen Ausgrenzung und Rassenhass ein“, schreibt Naidoo, alle seien in der Verantwortung, „wachsam gegenüber Angriffen auf ein friedliches Miteinander aller Menschen zu sein, egal aus welcher politischen Richtung und ungeachtet der Herkunft.“ Die Demokratie müsse aber auch wehrhaft und wachsam sein, „tragische Gewalttaten wie etwa in Chemnitz, Halle, Hanau und andernorts gilt es zu verhindern.“

Reaktion des Fernsehsenders RTL auf das Naidoo Video auf Twitter. - Foto: gik
Reaktion des Fernsehsenders RTL auf das Naidoo Video auf Twitter. – Foto: gik

Die Morde von Hanau, die aus rassistischer und rechtsradikaler Motivation heraus begangen wurden, als „tragisch“ zu bezeichnen, dürfte allerdings nicht viel zu Beruhigung der Lage beitragen. Zudem ist es nicht das erste Mal, dass Naidoo mit einer Nähe zum rechtsextremen Spektrum auffällt: Der Sänger trat in der Vergangenheit bei einer Kundgebung der rechtsextremen Identitäten Bewegung auf, von ihm sind Aussagen mit Nähe zur Reichsbürgerbewegung belegt. Das Video hatte allerdings nun erstaunlich große Auswirkungen: Das Fernsehsender ProSieben twitterte: „mit Hass, Hetze und alternativen Fakten hat noch niemand eine Gesellschaft besser gemacht. Sie auch nicht.“

Entsetzt reagierte auch der Sender RTL, bei dem derzeit Naidoo in der Jury von „Deutschland sucht den Superstar“ sitzt. Der Sender twitterte zunächst, man sei „massiv irritiert“ von dem Video und habe „Fragen“ an den Sänger – dessen Statement beschwichtigte die Verantwortlichen danach aber offenbar nicht: Am Abend teilte RTL mit, Naidoo sei mit sofortiger Wirkung aus der DSDS-Jury ausgeschlossen. Naidoo bleibe „dem Sender viele Antworten schuldig“ und sei auch der Aufforderung zu einem persönlichen Gespräch nicht nachgekommen, kritisiert RTL. Der Sänger äußere sich weder zu den Hintergründen und der Entstehung des Videos noch kläre er Zusammenhänge mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auf. Zudem seien inzwischen „weitere Videos aufgetaucht, die in eine ähnliche Richtung gehen“. RTL stehe für Vielfalt, man lehne jegliche Form von Rassismus und Extremismus entschieden ab.

Am 11. Juli 2020 sollte Naidoo ein Konzert im Mainzer Volkspark geben, das steht nun auf der Kippe. - Foto: gik
Am 11. Juli 2020 sollte Naidoo ein Konzert im Mainzer Volkspark geben, das steht nun auf der Kippe. – Foto: gik 

Das Video sorgte aber auch in Mainz für einen Sturm der Empörung: Das Video und seine Aussagen seien „einfach untragbar“, schrieb Köbler auf Facebook, die Landeshauptstadt Mainz dürfe solchen rassistischen Thesen keine Bühne bieten. „Naidoo ausladen, jetzt erst recht“, fordert Köbler. FDP-Fraktionschef David Dietz schloss sich

an: „Im Hinblick auf das, was gerade an der griechischen Grenze vor sich geht und was in Halle, Kassel und Hanau passiert ist, ist das schlicht und ergreifend widerlich“, schrieb Dietz auf Facebook, „einen derartigen Auftritt braucht´s in Mainz im Sommer nicht!“ Linksfraktionschef Tupac Orellana sicherte zudem zu, den Vorfall im Aufsichtsrat der Mainzplus Citymarketing zur Sprache zu bringen: „Das Video hat dem Fass den Boden aus“, kritisierte Orellana.

Info& auf Mainz&: Das ganze Statement von Xavier Naidoo könnt Ihr hier auf seiner Facebookseite nachlesen, die Stellungnahme von RTL findet Ihr hier im Internet.

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