Seit dem 2. April gilt in Mainz nun eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 21.00 Uhr und 5.00 Uhr morgens, und zumindest über Ostern galt: Die Mainzer halten sich daran. Die Mainzer Polizei stellte über das Osterwochenende gerade einmal 20 Verstöße fest. Die meisten Menschen, die nachts noch unterwegs waren, hatten tatsächlich berufliche Gründe – betroffen war unter anderem der Osterhase. Wesentlich mehr Verstöße gab es gegen die Maskenpflicht am, Mainzer Rheinufer: Es gebe erheblichen Aufklärungsbedarf, was wann wo gelte, stellten die Beamten fest. Derweil machte der Fall eines Obdachlosen Schlagzeilen, der angeblich vom Mainzer Ordnungsdienst ein Bußgeld bekommen hatte. Die Mainzer Ordnungsdezernentin Manuela Matz (CDU) entschuldigte sich und versprach Aufklärung.

Menschenleere Mainzer Innenstadt: Die Mainzer hielten sich an Ostern an die Ausgangssperre. - Foto: gik
Menschenleere Mainzer Innenstadt: Die Mainzer hielten sich an Ostern an die Ausgangssperre. – Foto: gik

Die nächtliche Ausgangssperre ist Teil der Corona-Notbremse, Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) begründete die Maßnahme mit den hohen Inzidenzen: Weil Mainz Anfang April drei Tage in Folge über den Sieben-Tages-Inzidenz von 100 lag, soll nun die Ausgangssperre helfen, Kontakte im Privatbereich zu reduzieren, um so das Infektionsgeschehen der dritten Corona-Welle abzubremsen. An der Ausgangssperre gibt es heftige Kritik von FDP, Junger Union, den Linken sowie der AfD, doch zunächst einmal gilt die Ausgangsbeschränkung – und die Mainzer halten sich daran: Schon in der Nacht zu Karfreitag war schlicht niemand mehr auf den Straßen unterwegs, Mainz wurde zur Geisterstadt.

Auch in den Nächten danach blieb es ruhig, die Mainzer Polizei zog an Ostermontag eine zufriedene Bilanz ausgesprochen friedlicher Ostertage: Maximal 20 Verstöße habe es gegen die Regeln der Ausgangsbeschränkung gegeben, teilte die Polizei mit, und bilanzierte: „Die Mainzer halten sich offensichtlich nahezu ausnahmslos an die Vorgaben.“ Bei einer längeren Überwachung des Verkehrs auf der Theodor-Heuss-Brücke in der Nacht auf Ostersonntag seien so mehr als 50 Personen kontrolliert worden, doch mit Ausnahme von fünf Personen aus Hessen, die in zwei PKW spazieren fuhren, hätten alle anderen jeweils einen triftigen Grund gehabt, sich draußen aufzuhalten. Zumeist habe es sich dabei um Berufstätige im Schichtdienst gehandelt, teilweise hätten diese auch Bescheinigungen des Arbeitgebers mit sich geführt. „Dieses Ergebnis zeigte sich auch bei allen anderen Einzelkontrollen“, hieß es weiter.

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Nach 21.00 Uhr darf sich derzeit nur draußen aufhalten, wer einen „triftigen Grund“ dazu hat, das kann das Nachgehen einer beruflichen Tätigkeit sein, aber auch die Pflege von Angehörigen, der besuch beim Lebenspartner, notwendige medizinische Versorgungsleistungen oder das Gassigehen mit dem Hund – alle Einzelheiten dazu findet Ihr hier. Die Polizei stellte zugleich fest: Die Verunsicherung, was denn nun genau gilt, sei hoch: Man habe „einen größeren Aufklärungsbedarf bei den Menschen festgestellt, was gilt wann und wo, ist für Viele nicht immer ersichtlich und nachvollziehbar“, rügte die Polizei.

12 Plakate zur Maskenpflicht am Rheinufer entwendet

Das habe vor allem auch am Osterwochenende für die Maskenpflicht am Mainzer Rheinufer gegolten, hier seien viele Verstöße festgestellt und auch geahndet worden, hieß es weiter. Allerdings seien am Rheinufer „mindestens 12 Plakate zur Maskenpflicht in der Nacht auf Sonntag beschädigt oder entfernt“ worden, dazu seien aber auch „eingeschränkte Mediennutzung oder Sprachbarrieren“ gekommen, so dass die Verordnungen „nicht jede Person erreichen.“

Am Mainzer Rheinufer gilt eine Maskenpflicht, viele Spaziergänger wussten davon allerdings nichts - die Plakate waren verschwunden. - Foto: gik
Am Mainzer Rheinufer gilt eine Maskenpflicht, viele Spaziergänger wussten davon allerdings nichts – die Plakate waren verschwunden. – Foto: gik

Wie groß der Aufklärungsbedarf zum Teil ist, zeigte sich beim Polizeinotruf, bei dem zahlreiche Fragen zur Ausgangsbeschränkung eingingen – erst nachdem die Polizei Mainz über Twitter darauf hingewiesen hatte, dass der Notruf dafür gar nicht zuständig sei und doch bitte freigehalten werden solle, verlagerten sich die Anrufe auf die drei Polizeiinspektionen in Mainz. Dort aber häuften sich so viele Nachfragen, „dass die Amtsleitungen in den Abendstunden dauerbesetzt waren“, so die Polizeibilanz weiter.

Kurios und auch sinnbildlich für die allgemeine Verunsicherung seien Anrufe nach einem Einsatz eines Polizeihubschraubers in Mainz-Weisenau gewesen: Der Hubschrauber habe nachts für 15 Minuten eine flüchtende Person gesucht, daraufhin vermuteten offenbar zahlreiche Menschen, die Ausgangsbeschränkung werde aus der Luft überwacht – um es klar zu sagen: Das ist nicht der Fall.

Osterhase bittet Polizei um Hilfe

Osterhase in Not: An Ostersonntag hoppelte der Mainzer Polizei ein Kaninchen über den Weg - nach Beginn der Ausgangssperre. - Foto: Polizei Mainz
Osterhase in Not: An Ostersonntag hoppelte der Mainzer Polizei ein Kaninchen über den Weg – nach Beginn der Ausgangssperre. – Foto: Polizei Mainz

In Not kam hingegen ein ganz wichtiger Oster-Arbeiter: Der Osterhase hoppelte gegen 21.30 Uhr der Polizei mitten in Mainz-Hechtsheim auf der Straße entgegen „und bat dort um Hilfe“, teilte die Polizei mit, und schlussfolgerte: Das Verstecken der Ostereier habe offenbar so viel Zeit erfordert, dass der Osterhase seine Aufträge nicht ganz bis zur bestehenden Ausgangssperre ab 21.00 Uhr geschafft habe. Die Beamten konnten den besorgten Osterhasen jedoch beruhigen: Er war völlig legal unterwegs.

„Der Osterhase ist offensichtlich alleine unterwegs und geht einer beruflichen Tätigkeit an der frischen Luft nach“, so die Polizei weiter: „Da er zudem sehr aufmerksam ist und seine Pfoten vor jeder Auslieferung vorsorglich putzt, bekommt der Osterhase selbstverständlich keine Strafe von der Polizei.“ Die Geschichte vom Osterhasen war indes keineswegs eine Erfindung: Den Beamten hoppelte tatsächlich am Sonntagabend in der Chana-Kahn-Straße Höhe Spielplatz ein Zwergwidder-Kaninchen entgegen, das die Beamten so beschrieben: „flauschig, süß, braun/goldenes Fell, zutraulich.“ Das müde Kaninchen wurde daraufhin ins Tierheim in der Zwerchallee gebracht – er sei nun „in häuslicher Quarantäne unter Gleichgesinnten ein, bis er wieder zu seiner Familie nach Hause darf.“

Obdachloser berichtet von Bußgeld wegen Ausgangssperre

Weit weniger lustig allerdings präsentiert sich, was ein Obdachloser während der Ausgangssperre erlebte: Der Obdachlose Sebastian, ein derzeit in Mainz lebender Koch aus Hamburg, berichtete auf Twitter, er habe vom Mainzer Vollzugsdienst eine Strafe von 50,- Euro erhalten, weil er sich nach 21.00 Uhr am Rheinufer aufgehalten habe – der Obdachlose berichtete die Geschichte dem Mainzer Kameramann Andreas Coerper in einem Video. „Ich sehe es nicht ein, das zu zahlen“, berichtete er darin, „wir können uns doch nicht in Luft auflösen.“

Bericht des Obdachlosen Sebastian auf Twitter. - Screenshot: gik
Bericht des Obdachlosen Sebastian auf Twitter. – Screenshot: gik

Die Mainzer Ordnungsdezernentin Manuela Matz (CDU) reagierte darauf umgehend am Dienstag: „Wir klären diesen Vorfall gerade intern mit den entsprechenden Dienstgruppen“, sagte Matz, und betonte zugleich: Sollten die Aussagen des Wohnungslosen zutreffen, „dann möchte ich mich für diesen Vorgang bei dem Betroffenen entschuldigen.“ Gerade bei wohnungslosen Menschen müsse auf deren besondere Situation und die Lebensumstände geachtet werden. Dies sei auch im Vorfeld so in Richtung der Mitarbeiter des Vollzugsdienstes kommuniziert worden, betonte Matz, und versicherte: „Selbstverständlich muss der Betroffene die Strafe nicht bezahlen.“

„Wir hoffen sehr, dass die Maßnahmen, die ohne Frage schwerwiegend sind, schon bald Wirkung zeigen und die Zahlen in Mainz wieder zurückgehen“, sagte die Dezernentin zudem: „Wir alle sehnen uns nach Normalität. Ich hoffe sehr, dass es nicht mehr lange dauert, bis wir diese wieder einigermaßen erreichen.“ Die Ausgangssperre bleibt allerdings so lange bestehen, bis Mainz sieben Tage in Folge eine Inzidenz unter der Marke von 100 aufweisen kann – am Mittwoch meldete das Gesundheitsamt eine Inzidenz von 94, und damit erstmals wieder von unter 100. Die Zahlen sind aber mit Vorsicht zu genießen, weil über die Osterfeiertage deutlich weniger getestet und gemeldet wurde als sonst.

Für obdachlose Menschen gelte in dieser Zeit, dass natürlich „niemand, der seinen Schlafplatz im öffentlichen Raum ‚bezogen hat‘, aufgefordert wird, diesen zu verlassen“, betonte Matz weiter. Die Übernachtungseinrichtungen für Obdachlose hätten aber zugesagt, Personen, die den Wunsch hätten, angesichts der Ausgangssperre in eine Einrichtung oder ähnliche Unterkunft aufgenommen zu werden, aufzunehmen, soweit dort Kapazitäten zur Verfügung stünden. Dazu gebe es in der Alten Ziegelei zusätzliche Plätze als Notunterkunft., die bei Bedarf von 20.00 bis morgens 8.00 Uhr genutzt werden könnten. Es handele sich dabei um reine Schlafplätze, eine weitere Versorgung finde dort nicht statt – sobald die Ausgangssperre wieder aufgehoben werde, entfalle das Angebot in der Alten Ziegelei wieder.

Info& auf Mainz&: Die provisorische Unterkunft für Obdachlose in der Alten Ziegelei in Mainz-Bretzenheim ist eine Einrichtung der Malteser Werke, die auch einen Integrationshelfer dort eingesetzt haben, der auch über Nacht als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Ansprechpartner ist Behrouz Asadi, in Notfällen zu erreichen unter der Telefonnummer 0171-2279232. Die Begründung der Ausgangssperre für Mainz könnt Ihr hier im Detail nachlesen, eine Reportage über die nächtliche Geisterstadt Mainz sowie über die Kritik daran findet Ihr hier bei Mainz&.

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