#ausnahmslos heißt der Aufruf auf Twitter und im Internet, mit dem Frauen sich im Internet gegen sexualisierte Gewalt wenden und sie zu bekämpfen fordern – Ausnahmslos. Immer. Überall. Die Initiatorinnen sind die Frauen, die auch schon #aufschrei ins Leben riefen – jene Frauenaktion nachdem der Mainzer FDP-Mann Rainer Brüderle einer Journalistin fast in den Ausschnitt gefallen war… #ausnahmslos ist auch eine Aktion Mainzer Frauen – am Samstag ruft ein Bündnis linker Gruppen unter diesem Schlagwort zu einer Demo gegen Sexismus und Rassismus in Mainz auf.
22 Frauen, Bloggerinnen, Journalistinnen, Frauenaktivistinnen, haben den Aufruf #ausnahmslos ins Leben gerufen, darunter auch Initiatorinnen von #aufschrei wie die Autorin Anne Wizorek und die Frankfurter Studentin Nicole von Horst. Auch Musliminnen mit Kopftuch sind darunter – und zwei Mainzerinnen: Emine Aslan, Studentin, Aktivistin, Bloggerin und Mitbegründerin der People of Color Hochschulgruppe Mainz sowie Initiatorin von #CampusRassismus. Und Makda Isak, Studentin der Politikwissenschaften in Mainz, Referentin des autonomen AlleFrauen*referats und Mitgründerin der People of Color Hochschulgruppe der Uni Mainz.
Die Initiative fordert die konsequente Bekämpfung sexualisierter Gewalt, aber sie richtet sich auch gegen die Folgen der Übergriffe von Köln: „Es ist für alle schädlich, wenn feministische Anliegen von Populist_innen instrumentalisiert werden, um gegen einzelne Bevölkerungsgruppen zu hetzen, wie das aktuell in der Debatte um die Silvesternacht getan wird“, heißt es auf ausnahmslos.org.
Sexualisierte Gewalt nämlich dürfe „nicht nur dann thematisiert werden, wenn die Täter die vermeintlich ‚Anderen‘ sind: die muslimischen, arabischen, Schwarzen oder nordafrikanischen Männer – kurzum, all jene, die rechte Populist_innen als ’nicht deutsch‘ verstehen.“ Der „Schwarze Mann“, der die weiße und natürlich hübsche Frau belästigt und vergewaltigt, ist ein Stereotyp rassistischen Denkens, das aus Zeiten des Kolonialismus und der Sklaverei stammt, als Schwarze als Untermenschen und Quasi-Tiere gesehen wurden.
Sexualisierte Gewalt ist aber keineswegs ein Phänomen vergangener Zeiten oder gar „unterentwickelter“ Kulturen, wie es jetzt diskutiert wird: Pro Tag werden auch in Deutschland 20 Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen angezeigt, schreiben die #ausnahmslos-Frauen in auf ihrer Webseite: „Die polizeiliche Kriminalstatistik weist jährlich mehr als 7.300 angezeigte Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen in Deutschland aus.“ Und das sind nur die, die in der Polizeistatistik auftauchen – die Dunkelziffer liegt weitaus höher.
Sexualisierte Gewalt müsse deshalb „jeden Tag ausnahmslos politische Priorität haben, denn sie ist ein fortwährendes Problem, das uns alle betrifft.“ 2014 ergab eine Erhebung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA): mehr als die Hälfte aller Frauen sind bereits einmal sexuell belästigt worden, ein Drittel erlebte sexualisierte und/oder physische Gewalt. Zeit, etwas dagegen zu tun!
Und deshalb fordern die Frauen unter anderem, die Arbeit der Beratungsstellen für Frauen zu stärken, sexuelle Belästigung endlich zum Straftatbestand zu machen, mehr über sexualisierte Gewalt aufzuklären und Polizei und Justiz hier besser zu schulen. Betroffene sexualisierter Gewalt müssen unbedingt ernst genommen werden, Verharmlosungen und eine Täter_innen-Opfer-Umkehrung, etwa in Form von Verhaltensregeln für Frauen, darf es nicht geben.
Das Problem des Sexismus und der sexualisierten Gewalt, fordern die Frauen weiter, darf auch „nicht „islamisiert“ und damit pauschal einer Religion und ihren – häufig vermeintlichen – Angehörigen zugeschrieben werden.“ Denn auch deutsche Männer, weiße Männer tatschen, belästigen und über sexuelle Gewalt aus – fragt mal die Frauen Eures Umfeldes. Und Umfragen der vergangenen Tage seit Köln in den Medien belegen: Auch in Mainz fühlen sich vor allem junge Frauen auf unseren Straßen und Plätzen nicht (mehr) unbedingt sicher, sicher vor Männern….
Das aber ist ein Unding, finden die #ausnahmslos-Frauen: „Alle Menschen sollen sich von klein auf, unabhängig von ihrer Ethnie, sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität, Religion oder Lebensweise, sicher fühlen und vor verbalen und körperlichen Übergriffen geschützt sein: egal ob auf der Straße, zu Hause, bei der Arbeit oder im Internet. Ausnahmslos. Das sind die Grundlagen einer freien Gesellschaft.“
Ganz in diesem Sinne ruft nun ein Bündnis linker Gruppierungen für diesen Samstag zu einer Demonstration in Mainz auf. „Wir demonstrieren gegen die weiterhin als normal bezeichnete Realität, in der vorwiegend Frauen sich seit sehr langer Zeit andauernd, ständig, immer wieder, teilweise täglich gegen Übergriffe aller Art zur Wehr setzen müssen“, heißt es im Demo-Aufruf auf Facebook.
Man wolle sich darüber hinaus „auch äußerst scharf gegen die rassistische Behauptung stellen, dass es Sexismus, sexualisierte Gewalt und für alle schädliche Männlichkeitsvorstellungen
Zu der Demo rufen auch die Mainzer Grünen auf: „Bedrohungen, sexuelle Übergriffe und Gewalt gegen Frauen sind widerliche Taten“, die sich nicht wiederholen dürften, sagte die Mainzer Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner. Nirgendwo dürfe hingenommen werden, dass ein Klima der Bedrohung entstehe und Frauen oder andere Bevölkerungsgruppen Angst davor haben müssten, sich im öffentlichen Raum zu bewegen. „Lasst uns ein Zeichen für den Schutz der körperlichen Integrität und für sexuelle Selbstbestimmung setzen und rechten Parolen entschieden entgegentreten“, fügte Rößner hinzu.
Info& auf Mainz&: Demo „Gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus #ausnahmslos“ am Samstag, den 16. Januar, 15.00 Uhr ab Hauptbahnhof Mainz. Infos zur Demo hier, den ausführlichen Aufruf von #ausnahmslos, die Initiatorinnen und Unterzeichnerinnen findet Ihr unter http://ausnahmslos.org/. Was die Mainzer Polizei an Rosenmontag gegen Übergriffe an Frauen zu tun gedenkt, könnt Ihr in diesem Mainz&-Artikel lesen.