Paukenschlag in Sachen Flugverkehr: Die irische Billigfluglinie Ryanair kehrt nach nur fünf Jahren dem Flughafen Frankfurt wieder den Rücken. Ryanair werde seine Basis in Frankfurt Rhein-Main Ende März schließen und seine Flugzeuge abziehen, meldete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am Freitag unter Berufung auf die Fluglinie selbst. Der Grund: Die gerade zum 1. Januar angehobenen Landegebühren. Die Mainzer Bürgerinitiative gegen Fluglärm sagte, damit sei die Strategie des Betreibers Fraport, über Billigairlines wachsen zu wollen, „krachend gescheitert“.

Am Frankfurter Flughafen starten künftig keine Ryanair-Flieger mehr. - Foto: Ryanair
Am Frankfurter Flughafen starten künftig keine Ryanair-Flieger mehr. – Foto: Ryanair

Tatsächlich ist die Ankündigung der Iren ein echter Paukenschlag und ein herber Rückschlag für den Flughafen-Betreiber Fraport: Im November 2016 hatte Ryanair angekündigt, nun auch vom Flughafen Frankfurt Rhein-Main aus Flüge anbieten zu wollen – ein grundlegender Strategiewechsel der irischen Billigfluglinie, hatte die doch bis zu dem Zeitpunkt hauptsächlich auf Stopps an kleineren Flughäfen gesetzt, wo die Landegebühren deutlich billiger waren. Der Wechsel von Ryanair nach Frankfurt war auch ein Schlag ins Kontor des kriselnden Hunsrück-Flughafens Hahn, an dem Ryanair bis zu dem Zeitpunkt seinen Haupt-Hub in Deutschland hatte.

Nach Frankfurt gelockt wurde die Billigairline von der Fraport: Die Frankfurter lockten mit satten Rabatten bei Start- und Landeentgelten, die wurden zwar am Ende vom Land Hessen nicht genehmigt, doch Fraport startete Anreizprogramme für Fluglinien, die ihre Passagierzahlen deutlich steigerten – und genau von denen profitierten Ryanair und andere Billigfluglinien ganz besonders. Für den Frankfurter Flughafen-Betreiber bedeutet das nichts weniger als eine grundlegende Änderung seiner Strategie: Hatte der größte deutsche Flughafen bis dahin vor allem auf das gehobene Fliegersegment und seine Funktion als Umsteige-Hub gesetzt, setze man nun auf Wachstum durch Billigflieger: Die Entscheidung Ryanairs für Frankfurt unterstreiche „die wachsende Bedeutung Frankfurts für Low-Cost-Verkehre“, betonte Fraport-Chef Stefan Schulte im November 2016.

- Werbung -
Werben auf Mainz&
Eine Ryanair-Maschine am Frankfurter Flughafen - das ist ab Ende März erst einmal Vergangenheit. - Foto: gik
Eine Ryanair-Maschine am Frankfurter Flughafen – das ist ab Ende März erst einmal Vergangenheit. – Foto: gik

Kritiker sprachen von einer „180-Grad-Wendung in der Geschäftspolitik“ der Fraport, das sei „das Eingeständnis, dass die Prognosen der Fraport zur Entwicklung und Marktpositionierung des Flughafens falsch waren“, tönte gar der damalige Grünen-Fraktionschef im hessischen Landtag, Mathias Wagner. Fluglärm-Kritiker befürchteten, die neue Strategie werde zu mehr Flugverkehr und damit auch zu mehr Fluglärm führen – tatsächlich waren es in den Folgejahren 2017 und 2018 vor allem Billigflieger, unter anderem von Raynair, die mit dem Bruch des Nachtflugverbots Schlagzeilen machten.

Die Fraport hingegen begründete nun ihre weiteren Ausbaupläne mit dem Wachstum durch die Billigairlines – und plante gar einen ganzen eigenen Flugstein G am neuen Terminal 3 für die neuen Kunden. Das alles droht nun ins Wanken zu geraten: Ryanair werde ihre Basis am Frankfurter Flughafen zum 31. März dieses Jahres wieder schließen, bestätigte der neue Airline-Chef Eddie Wilson der FAZ. Die fünf derzeit in Frankfurt stationierten Maschinen sollten auf andere Flughäfen verteilt werden, Ryanair-Passagiere, die von den Flugannullierungen betroffen seien, würden in den kommenden Tagen benachrichtigt und eine Rückerstattung erhalten.

Fraport baut derzeit das neue Terminal 3 eigens auch mit einem Flugsteig speziell für Billigflieger. - Foto: Fraport
Fraport baut derzeit das neue Terminal 3 eigens auch mit einem Flugsteig speziell für Billigflieger. – Foto: Fraport

Als Grund gebe Ryanair zu hohe Flughafenentgelte an, schreibt die FAZ weiter – Fraport  hatte die Entgelte just zum 1. Januar um 4,3 Prozent angehoben. Andere Flughäfen in Europa würden im Gegensatz zu Frankfurt mit niedrigeren Entgelten die Erholung des Flugverkehrs nach dem Einbruch durch die Corona-Pandemie fördern, argumentierte Wilson offenbar, Frankfurt sei nun durch seine Erhöhung „im Vergleich zu anderen europäischen Airports nicht mehr wettbewerbsfähig.“

Bei der Fraport weist man das zurück: Die Entgelte seien 2022 erstmalig seit 2017 wieder etwas angestiegen, mit der Steigerung um vier Prozent werde „lediglich ein Inflationsausgleich erreicht“, sagte ein Fraport-Sprecher auf Mainz&-Anfrage. Andere europäische Luftverkehrsdrehkreuze erhöhten ihre Gebühren „wesentlich stärker und zwar deutlich im zweistelligen Prozentbereich“, betonte der Sprecher weiter, und sprach von einer „fairen Lösung in Frankfurt“, die andere Airlines für Wachstum nutzen wollten. Zudem biete Frankfurt „ein qualitativ hochwertiges Produkt in bester Lage Europas“, fügte der Sprecher hinzu.

Eine Ryanair-Maschine am Flughafen Hahn - kehren die Iren in den Hunsrück zurück? - Foto: gik
Eine Ryanair-Maschine am Flughafen Hahn – kehren die Iren in den Hunsrück zurück? – Foto: gik

Ob mit dem Abgang aus Frankfurt eine Rückkehr von Ryanair an den Hahn verbunden sein könnte, ist derweil unklar: Ob man das Engagement am Flughafen Hahn im Hunsrück unter Umständen wieder hochfahren werde, hänge davon ab, wie sich die Zukunft des insolventen Airports entwickle, sagte Wilson der FAZ. Ryanair hatte dort 1999 seine erste Basis in Deutschland eröffnet, der Hahn 2021 allerdings nach dem Verkauf an den chinesischen HNA-Konzern Insolvenz anmelden müssen. Derzeit sucht ein Insolvenzverwalter nach neuen Investoren, um den Flugbetrieb am Hahn aufrecht erhalten zu können.

„Wir freuen uns sehr über die Entscheidung von Ryanair, den Frankfurter Flughafen zu verlassen, der für Billigairlines offenbar viel zu teuer ist“, sagte der Vorsitzende der Mainzer Initiative gegen Fluglärm, Lars Nevian, gegenüber Mainz&. Damit sei „die Strategie von Fraport, über Billigairlines zu wachsen, krachend gescheitert“, betonte Nevian, der Ausbau des Flughafens erweise sich einmal mehr „als milliardenschwere Fehlentscheidung.“ Ryanair habe vier Jahre unter dem alten Rabattprogramm die Subventionen kassiert und die Region verlärmt, nun müsse sich die Fraport für das gerade in Bau befindliche Terminal 3 ein alternatives Nutzungskonzept überlegen.

Fluglärm-Initiativen nahmen wegen des Baus des Terminals 3 die hessische Landespolitik scharf ins Kritik-Visier. - Foto: gik
Fluglärm-Initiativen nahmen wegen des Baus des Terminals 3 die hessische Landespolitik scharf ins Kritik-Visier. – Foto: gik

„Der Weggang brüskiert die schwarzgrüne Landesregierung in Hessen, die die Ryanair im Jahr 2017 aktiv nach Frankfurt geholt hat“, betonte der Luftfahrtexperte der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Marius Weiß: Es sei schließlich Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) persönlich gewesen, der das auf Ryanair zugeschnittene Rabattprogramm vor der offiziellen Entscheidung öffentlich für genehmigungsfähig erklärt habe. Gleichzeitig habe der grüne Verkehrsminister Tarek Al-Wazir seinen Entscheidungsspielraum bei der damaligen Entgeltordnung bewusst nicht genutzt. „Bouffier und Al-Wazir wollten die Ryanair nach Frankfurt holen, sonst hätte die Landesregierung dies als größter Fraport-Eigentümer damals verhindert“, sagte Weiß – deshalb sei es jetzt „auch eine Niederlage von Schwarzgrün in Hessen, wenn Ryanair aus Frankfurt wieder abzieht.“

Die SPD habe damals gewarnt, Ryanair werde „nach Auslaufen der Rabattaktion die erstbeste Gelegenheit ergreifen, Frankfurt wieder zu verlassen“, und genau so komme es nun, betonte Weiß zudem: „Wir weinen Ryanair keine Träne nach, wir denken jedoch an die Kunden und vor allem an die Beschäftigten des Billigfliegers, die nun in die Röhre gucken.“ Die Verantwortlichen bei Fraport, aber auch die schwarz-grüne Landesregierung seien „nun gefordert, ihre konzeptionelle Politik für den Flughafen zu überdenken.“ Das Land Hessen hält im Aufsichtsrat die meisten Anteile am Flughafen Frankfurt.

Auch die Linke verwies darauf, Ryanair sei „mit dem Segen des grünen Wirtschaftsministers“ nach Frankfurt gelockt worden. Wegen seines „schäbigen Umgangs“ mit ihren Mitarbeitern und dem „kreativen Umgang“ mit Flugplänen und Nachtflugverbot sei die Billigairline „kein Verlust für die Mobilität der Menschen und die Beschäftigten am Frankfurter Flughafen“, betonte der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion im Hessischen Landtag, Axel Gerntke, und kritisierte: „Zu glauben, dass der Dumpingflieger bleiben würde, wenn die Gebühren steigen, war aber von Anfang an naiv.“ Es werde nun Zeit „für eine Flughafenpolitik, die klimapolitisch in die Zeit passt und den Interessen der Beschäftigen und Anwohner dient – statt nur den Aktionären“, fügte Gerntke hinzu. Politiker aus Mainz oder Rheinland-Pfalz meldeten sich am Freitag nicht zu Wort.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den neuen Entgelten in Frankfurt und dem neuen Corona-Knick im Luftverkehr durch Omikron könnt Ihr hier bei Mainz& lesen, die Ankündigung von Ryanair Ende 2016 findet Ihr hier auf Mainz&, einen Bericht an der Billigflieger-Strategie der Fraport könnt Ihr hier noch einmal nachlesen. Den ganzen FAZ-Artikel findet Ihr hier im Internet.

 

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein