Das Mainzer Unternehmen Biontech ist weltberühmt geworden mit seinem Corona-Impfstoff, nun fährt das Biotechnologie-Unternehmen die Ernte dafür ein: Allein für das Jahr 2021 meldete Biontech nun einen Nettogewinn von 10,3 Milliarden Euro. 2,6 Milliarden Dosen seines Corona-Impfstoffs lieferten die Mainzer aus, davon 40 Prozent an Programme für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Die Gewinne will Biontech in die Forschung stecken: Die Mainzer wollen ihre Krebsforschungsprogramme massiv ausbauen – und zum führenden mRNA-Impfstoff-Entwickler für Infektionskrankheiten werden.
Schon im Januar 2020 hatten die Biontech-Gründer Ugur Sahin und Özlem Türeci die Weichen für einen Impfstoff gegen das neue Coronavirus Sars-CoV-2 gestellt, im April 2020 gab das Paul-Ehrlich-Institut grünes Licht für die weltweit erste Erprobung eine Corona-Impfstoffs. Es wurde eine Sensation: Erstmals hatten die Biontech-Gründer einen Impfstoff auf Basis der mRNA-Technologie zur Marktreife gebracht, und das in absoluter Rekordzeit. Biontechs „Comirnaty“ wurde ein Welterfolg – und spülte den Mainzern Gewinne in astronomischer Höhe in die Kassen.
Nun gab Biontech offiziell bekannt: 2021 erzielt das Unternehmen einen Nettogewinn in Höhe von 10,3 Milliarden Euro, bei einem Umsatz von knapp 19 Milliarden Euro. Grundstock dafür war natürlich der Corona-Impfstoff, von Comirnaty wurden allein im Jahr 2021 rund 2,6 Milliarden Dosen ausgeliefert – 100 Millionen Dosen mehr als erwartet. Das Ziel, 40 Prozent der Impfstoffdosen an Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen (LMIC) zu liefern, sei erreicht worden, betonte Biontech zugleich: Bis heute seien mehr als 1,3 Mrd. Dosen an LMIC geliefert worden. Für das Jahr 2022 plane man den Bau von hochmodernen mRNA-Produktionsstätten zunächst in Afrika und Asien, um eine nachhaltige lokale Versorgung zu gewährleisten und die Produktionskapazität des Unternehmens in Zukunft zu erhöhen.
Und auch für 2022 rechnet das Mainzer Unternehmen mit der pikanten Adresse „An der Goldgrube“ mit weiteren Milliardenumsätzen durch die Corona-Pandemie: Man habe bereits unterzeichnete Aufträge für rund 2,4 Milliarden COVID-19-Impfstoffdosen vorliegen, von denen 1 Mrd. Dosen an LMIC geliefert werden sollten. Die Impfstoffumsätze schätze man für das Jahr 2022 auf weitere 13 bis 17 Milliarden Euro. Die Stadt Mainz dürfte das mit Freuden gehört haben, hatte doch Biontech seiner Heimatstadt Mainz gerade erst einen warmen Steuerregen von mehr als einer Milliarde Euro beschert.
Das Börsen-notierte Unternehmen plant nun ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von bis zu 1,5 Milliarden Dollar in den kommenden zwei Jahren, zudem will man eine Sonderdividende von 2 Euro pro Aktie vorschlagen. Vor allem aber sollen die Gewinne in die weitere Forschung fließen: Allein 2022 will Biontech 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investieren, das entspreche einer Steigerung von 50 Prozent gegenüber 2021. Biontech arbeitet an der Weiterentwicklung seines Corona-Impfstoffs, es geht unter anderem um einen Omikron-Impfstoff, aber auch um Kombinationsimpfstoffe, bivalente Impfstoffe und T-Zell-Impfstoffe, wie das Unternehmen mitteilte.
„Unser Fokus liegt auf der Weiterentwicklung des Unternehmens durch Reinvestition der COVID-19-Impfstoff-Erlöse, um Programme in den Bereichen Onkologie und Infektionskrankheiten zu beschleunigen, die Pipeline zu erweitern und das Geschäft auszubauen“, teilten die Gründer auf einer Pressekonferenz mit. Biontech wolle nichts weniger werden als ein führender Entwickler von mRNA-Impfstoffen für Infektionskrankheiten insgesamt, auch Medikamente zur Behandlung von Infektionskrankheiten seien „ein langfristiger Wachstumspfeiler.“ Derzeit habe man bereits sechs Produktkandidaten, die bis Ende 2022 in der klinischen Entwicklung sein sollen.
Ein Impfstoff gegen die Influenza-Grippe sei bereits in der klinischen Entwicklung, gemeinsam mit dem US-Partner Pfizer, ebenso ein Impfstoff gegen Gürtelrose. Vollständig unter Biontech-Ägide wird zudem an einem Impfstoff gegen Malaria gearbeitet, gemeinsam mit anderen Partnern sind weitere Impfstoffe gegen Tuberkulose und Herpes Simplex in der Entwicklung. Mit der Übernahme des österreichischen Unternehmens PhagoMed im Jahr 2021 sei Biontech zudem in den Bereich der Lysin-basierten Präzisionsantibiotika eingestiegen, „einer neuen Arzneimittelklasse, die eine effektive Antwort auf multiresistente Bakterien sein könnte“, teilte Sahin weiter mit.
„Wir wollen stark in die Bereiche regenerative Medizin und Autoimmunerkrankungen investieren, um weitere therapeutische Innovationen für Erkrankungen mit hohem medizinischem Bedarf zu entwickeln“, unterstrich der Firmengründer. Grundlage bleibe die Vision, das Potenzial des Immunsystems zu nutzen, um die Gesundheit und das Leben von Milliarden von Menschen weltweit zu verbessern.
Aber auch in seinem ursprünglichen Forschungsbereich, der Krebsforschung, will Biontech weiter Gas geben: Die Onkologie-Pipeline soll auf 16 klinische Programme erweitert werden, dabei wurden allein 2021 fünf Studien neu begonnen und vier Phase 2-Studien gestartet. Zudem gebe es einen ersten Produktkandidaten für einen Krebs-Impfstoff, Ziel sei es, „mit BNT211 bisherige Limitationen von Zelltherapien zu überwinden“, teilte Biontech weiter mit. Insgesamt wolle man aber seine Therapiegebiete diversifizieren, um das Potenzial in den Bereichen Autoimmunerkrankungen, Entzündungskrankheiten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurodegenerative Erkrankungen und regenerative Arzneimittel voll auszuschöpfen.
Info& auf Mainz&: Unseren allerersten Artikel über Biontech und die Entwicklung des Corona-Impfstoffs haben wir übrigens im April (!) 2020 geschrieben, hier könnt Ihr ihn noch einmal nachlesen. Die Geschichte der Biontech-Gründer könnt Ihr in diesem Mainz&-Artikel über die Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Mainz nachlesen.