Nach dem Nein der EU-Umweltkommission zum sechsspurigen Ausbau der Autobahn A643 durch den Mainzer Sand, fordert das Bündnis der Naturschutzverbände nun, die Pläne für den Ausbau auf Eis zu legen. „Es wäre vernünftig, das Planungsverfahren der A 643 nicht mehr weiterzuführen, sondern zunächst die aktuellen Autobahnbaustellen der Region fertigzustellen“, sagte Sprecher Heinz Hesping in einer Reaktion. Die EU stelle „die Verkehrsplanung in der Region vom Kopf auf die Füße“, es seien weder die EU noch die Umweltverbände, die den Ausbau „ausbremsten“.

Diese Pläne für den sechsspurigen Ausbau der A643 durch den Mombacher Sand legte der Landesbetrieb LBM 2018 vor. - Grafik: LBM
Diese Pläne für den sechsspurigen Ausbau der A643 durch den Mombacher Sand legte der Landesbetrieb LBM 2018 vor. – Grafik: LBM

Anfang der Woche war bekannt geworden, dass das Umweltkommissariat der Europäischen Union den Plänen für einen sechsspurigen Ausbau der A643 von Mainz nach Wiesbaden nicht zustimmt. Als Gründe nannte die EU vor allem eine „unzureichende“ Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Naturschutzgebiet „Mainzer Sand“, zudem reichten die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen nicht aus, und Alternativen für den sechsspurigen Ausbau sei auch nicht ausreichend geprüft worden. Damit kippte die EU zumindest vorerst mehr als zehn Jahre andauernde Planungen für den Ausbau der wichtigen Verbindungsstrecke zwischen Mainz, dem rheinhessischen Umland und Wiesbaden.

Ausgesprochen erfreut reagierte erwartungsgemäß das Bündnis „Nix in den (Mainzer) Sand setzen“, das sich seit mehr als zehn Jahren gegen den Ausbau wehrt, weil es eine Beeinträchtigung des wertvollen Naturschutzgebietes „Mainzer Sand“ befürchtet. „Die EU trägt mit ihrer Entscheidung dazu bei, dass die Verkehrsplanung in der Region vom Kopf auf die Füße gestellt wird“, reagierte der Sprecher des Bündnisses, Heinz Hesping, auf die Nachricht aus Brüssel: „Der Schutz der Natur ist höchstwichtiges öffentliches Interesse, kann somit auch höherrangiger sein als andere Interessen, zum Beispiel wirtschaftliche oder verkehrspolitische.“

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Bündnis gegen Ausbau: Planungen nicht weiterführen

Nach Einschätzung des Bündnisses sei damit „der geplante sechsspurige Ausbau der A 643 durch den Mainzer Sand und dem Lennebergwald nicht mehr möglich.“ Die EU-Kommission vertrete somit „die gleichen Vorstellungen und Argumente, die das Bündnis und die Umwelt- und Naturschutzverbände seit Jahren immer wieder vorbringen“, betonte Hesping, und forderte: „Angesichts der fortschreitenden Klimaveränderungen ist auch in der Verkehrspolitik ein grundsätzlich anderes Denken notwendig.“

Jürgen Weidmann vom Bündnis "Nix in den Mainzer Sand setzen" zeigte Mainz& bereits 2015, was der Ausbau bedeuten würde. - Foto: gik
Jürgen Weidmann vom Bündnis „Nix in den Mainzer Sand setzen“ zeigte Mainz& bereits 2015, was der Ausbau bedeuten würde. Die roten Pfeile sind nach Angaben des Bündnisses (!) der zusätzliche Flächenverbrauch für eine Ausbau der A643- Foto: gik

Das Bündnis forderte deshalb, es sei „vernünftig, das Planungsverfahren der A 643 nicht mehr weiterzuführen, sondern zunächst die aktuellen Autobahnbaustellen der Region fertigzustellen.“ Dies seien auf hessischer Seite vor allem die A 66 mit der Ertüchtigung des Schiersteiner Kreuzes und angrenzender Baustellen, sowie auf rheinland-pfälzischer Seite die A 60 mit dem Autobahnkreuz Mainz-Süd und der Schwelle auf der Gonsbachtalbrücke. „Damit dürfte der Verkehr rund um Mainz und Wiesbaden erheblich besser laufen“, betonte Hesping.

Danach könne ein Ersatzneubau der Vorlandbrücke „als eine von 4.000 maroden Brücken in Deutschland folgen, und zwar ohne dass Flächen im Mainzer Sand in Anspruch genommen werden – dies ist technisch möglich“, sagte Hesping weiter: „Sollten dann auch noch Bahn und ÖPNV saniert sein und der Bund trotzdem noch Geld übrig haben, kann man über die A 643 weiter nachdenken.“

Bündnis weist Vorwurf von „Ausbremsen und Verschleppen“ zurück

Damit ignoriert das Bündnis allerdings die Frage, wie die bereits fertig gestellte Schiersteiner Brücke mit ihren sechs Spuren in Zukunft an die Vorlandbrücke angeschlossen werden soll, die nur vier Spuren aufweist – derzeit führt die notwendige Verschwenkung samt massiver Geschwindigkeitsbegrenzung zu erheblichen Problemen. Zudem trägt der Vorschlag dem Argument der Straßenbehörden keine Rechnung, nachdem der Pendlerverkehr gerade zwischen Rheinhessen und dem Rhein-Main-Gebiet massiv zugenommen hat. Auch zum Thema Lärmschutz und Grüne Brücke äußerte sich das Bündnis nicht.

So hatte der Landesbetrieb LBM den sechsspurigen Ausbau der A643 geplant: Reduzierter Mittelstreifen, wenig zusätzlicher Flächenverbrauch, Lärmschutz für Anwohner. - Grafik: LBM Worms
So hatte der Landesbetrieb LBM den sechsspurigen Ausbau der A643 geplant: Reduzierter Mittelstreifen, wenig zusätzlicher Flächenverbrauch, Lärmschutz für Anwohner. – Grafik: LBM Worms

Der Stopp der Ausbaupläne wird nach Aussagen der Autobahn GmbH des Bundes zudem dazu führen, dass die Planungen für die A643 nun völlig neu gestartet werden müsse – das werde weitere zehn Jahre kosten, hatte die Autobahn GmbH noch im Sommer 2022 gewarnt. Hesping betonte dennoch, das Bündnis weise „ausdrücklich darauf hin, dass eventuelle Vorwürfe gegen die EU oder Naturschutzverbände im Sinne einer ‚Ausbremsung‘ und ‚Verschleppung‘ nicht haltbar sind.“

„Hätte die Planung den Naturschutz angemessen beachtet und berücksichtigt, könnte ein 4+2-Ausbau längst realisiert sein“, kritisierte Hesping weiter. Schließlich finde nun bereits seit sechs Jahren, seit November 2019, seitens des Planungsträgers der gesetzlich vorgeschriebene Anhörungstermin mit den Einwendern gegen das Vorhaben – wie etwa die Naturschutzverbände – nicht statt. „Seit über zwei Jahren dringt die EU auf die Beantwortung ihrer berechtigten Anfragen“, klagte Hesping: „Und all die Aspekte und Argumente, die jetzt hochaktuell sind, wurden bereits in den ‚Runden Tischen‘ des Landesverkehrsministeriums vor mehr als 10 Jahren ausführlich erörtert.“

Info& auf Mainz&: Die ganze Reaktion des Bündnisses findet Ihr hier im Internet. Unseren gesamten Bericht über die Folgen des EU-Neins zum sechsspurigen Ausbau der A643 lest Ihr hier bei Mainz&. Weitere Reaktionen folgen.