Der Bürgerentscheid über den Bau des Bibelturms am Gutenberg-Museum in Mainz soll am 15. April 2018 stattfinden. Die Verwaltung werde dem Stadtrat diesen Termin vorschlagen, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) am Dienstag in Mainz, das ist der erste Sonntag nach Ende der Osterferien. Der Bürgerentscheid ist ein Novum für Mainz: Zum ersten Mal lässt die Stadt eine wichtige kommunalpolitische Weichenstellung von ihren Bürgern entscheiden. Die mit Spannung erwartete Fragestellung soll nun lauten: „Soll das Gutenberg Museum durch den Bau des ‚Bibelturms‘ am Liebfrauenplatz gemäß Beschluss des Stadtrats am 08.02.2017 erweitert werden?“

Soll direkt gegenüber des Mainzer Doms ein bronzefarbener Bibelturm als Erweiterungsbau des Mainzer Gutenberg-Museums entstehen? Über diese Frage sollen die Mainzer am 15. April 2018 abstimmen. – Foto: gik

Der geplante Bau eines bronzefarbenen Turms mit schiefem Dach direkt neben dem Gutenberg-Museum und gegenüber dem Mainzer Dom hat für heftige Kontroversen gesorgt. Der Bürgerentscheid sei „eine Chance für die Stadt und die Stadtgesellschaft“, betonte Ebling, der Ausgang könne eine befriedende Wirkung haben. Das allerdings wird nur gelingen, wenn die Beteiligung hoch ist und das Bürgerbegehren somit auch Gültigkeit hat. Der Bürgerentscheid war im November 2017 vom Stadtrat beschlossen worden, nachdem eine Bürgerinitiative mehr als 13.600 Unterschriften gegen den Bau des umstrittenen Bibelturms gesammelt hatte.

163.886 Menschen werden nach derzeitigem Stand am 15. April stimmberechtigt sein, Voraussetzung: Sie müssen volljährig sein, die deutsche Staatsbürgerschaft haben und zum 15. Januar Ihren Hauptwohnsitz in Mainz gemeldet haben. Damit dürfen Anwohner aus dem Umland, etwa aus den hessischen Stadtteilen Mainz-Kastel und Mainz-Kostheim nicht teilnehmen. Bei der Unterschriftensammlung vergangenes Jahr hatten auch viele Auswärtige unterzeichnet – knapp 9.600 Unterzeichner kamen aber aus Mainz. Mehr als 13.600 Unterschriften hatte die Bürgerinitiative Gutenberg-Museum gesammelt, der Stadtrat hatte daraufhin im November die Durchführung eines Bürgerbegehrens beschlossen.

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Update: Teilnehmen dürfen aber – entgegen erster Aussagen –  auch EU-Bürger, die in Mainz ihren Hauptwohnsitz, nicht aber die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Das haben wir aufgrund eines Leser-Hinweises extra noch mal nachgefragt – vielen Dank! Und auch die folgende Passage müssen wir korrigieren, hier hatten wir den OB schlicht falsch verstanden. Denn laut Gemeindeordnung müssen sich nicht etwa mindestens 15 Prozent der Stimmberechtigten beteiligen – es müssen sich mindestens 15 Prozent der Stimmberechtigten für eine Seite entscheiden. Damit müssen mindestens 24.583 Mainzer am 15. April mit „Ja“ oder „Nein“ stimmen, damit das Begehren Gültigkeit hat.

Damit ist die Hürde für ein gültiges Bürgerbegehren enorm hoch, denn es müssen natürlich deutlich mehr Mainzer zur Abstimmung gehen, damit eine Seite 15 Prozent erreichen kann. Ebling betonte, die Verwaltung wolle alles dafür tun, damit sich möglichst viele Mainzer an der Abstimmung beteiligten. „Es ist das erste Mal, dass wir die Mainzer direkt fragen“, sagte Ebling, „und wir haben ein Interesse daran, dass das Bürgerbegehren erfolgreich ist.“

OB Ebling hatte vergangenes Jahr persönlich für den Bau des Bibelturms geworben. – Foto: gik

33 Wahllokale und 55 Stimmbezirke werden stadtweit eingerichtet, rund 550 Wahlhelfer benötigt – das Bürgerbegehren werde die Stadt rund 300.000 Euro kosten, sagte Ebling und betonte: Das sei aber nur eine Schätzung. Ein Teil der Kosten entstehe dadurch, dass die Stadt umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit machen wolle. „Wir wollen über das, was dem Entscheid zugrunde liegt, umfassend informieren“, sagte Ebling. Per Broschüre oder Flugblatt solle die Haltung des Rates und die Haltung der Verwaltung deutlich gemacht werden – der Stadtrat ist mehrheitlich für den Bau des Bibelturms, die Stadtspitze wirbt seit Monaten vehement für das Projekt. Man werde versuchen, wirklich jeden Haushalt in Mainz zu erreichen, sagte Ebling.

„Wir werden aber auch der Bürgerinitiative die Möglichkeit geben, ihre Meinung zu publizieren“, betonte der Oberbürgermeister: „Wir wollen, dass beide Meinungsbilder vorhanden sind.“ Die Gegner kritisieren, der hochmoderne Entwurf des schief angeschnittenen Turms mit bronzener Fassade und ohne Fenster passe so gar nicht zu der historischen Umgebung unmittelbar neben dem Mainzer Dom. Dazu stünden bei dem mit fünf Millionen Euro angesetzten Bau Kosten und Nutzen in keinem guten Verhältnis, kritisiert die Bürgerinitiative: Der Turm schaffe eben nicht die dringend notwendige Erweiterungsfläche für das Gutenberg-Museum, von einem „umbauten Treppenhaus“ ist die Rede.

Fast 13.600 Unterschriften gegen den Bau hatte die BI Gutenberg-Museum dem OB und Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) im Herbst 2017 übergeben. – Foto: gik

Die Stadt hingegen will mit dem „Bibelturm“ ein „architektonisches Ausrufezeichen“ setzen und so das Weltmuseum der Druckkunst aufwerten. In dem gut 23 Meter hohen Bau soll im Keller ein Raum zur Präsentation der weltberühmten Gutenberg Bibel entstehen, weitere Ausstellungsräume sind in dem Turm aber bislang nicht geplant. Das in den 1960er Jahren errichtete Gutenberg-Museum am Liebfrauenplatz in Mainz ist hochgradig sanierungsbedürftig, für die Sanierungsarbeiten sowie für Erweiterungsbauten soll aber erst in künftigen Ausbauschritten Geld gesammelt werden. Die Bürgerinitiative Gutenberg-Museum fordert, die zur Verfügung stehenden Millionen lieber in die Sanierung des Hauptgebäudes zu investieren. Auch werde für den Bibelturm ein Teil des Liebfrauenplatzes geopfert – die Fläche wird auch für das beliebte Mainzer Marktfrühstück genutzt.

Ebling betonte am Dienstag erneut, er werde weiter für den Bibelturm werben, er hoffe aber auch, „dass wir am Ende einen Schlussstrich unter die Debatte gezogen haben“ und die Entscheidung respektiert werde, wie auch immer sie ausfalle. „Niemand kann am Ende besser über die Stadt entscheiden als die Mainzer selbst“, betonte Ebling. Gingen allerdings weniger als 15 Prozent der Stimmberechtigten zur Abstimmung, sei das Bürgerbegehren gescheitert. „Dann geht die Entscheidung zurück an den Stadtrat“, sagte Ebling. Was bei einem klaren Nein zum Bibelturm geschehe, sei unklar: „Es gibt keinen Plan B für die Erweiterung des Museums“, sagte Ebling, „das ist dann ein Stück zurück auf Los.“

Die BI und mit ihr viele Unterzeichner stört sich auch daran, dass diese Fläche auf dem Liebfrauenplatz zugunsten des Turms bebaut werden soll. – Foto: gik

Allerdings hatte die Stadt ursprünglich einen mehrstufigen Ausbauplan für das Museum vorgelegt, nach dem der Bibelturm nur die erste Ausbaustufe wäre. Die Sanierung und Aufstockung des Schell-Baus sollen folgen, auch der Innenhof des Museums könnte überbaut werden. Die Bürgerinitiative hat auf dieser Grundlage eigene Vorschläge für alternative Ausbauszenarien entwickelt. BI-Sprecher Nino Haase zeigte sich in einer ersten Reaktion auf Mainz&-Anfrage mit der Einbeziehung der BI in die Vorbereitungen des Bürgerbegehrens weitgehend zufrieden: Die Stadt habe die BI umfassend informiert, die Frage sei so neutral formuliert, „wie wir uns das gewünscht haben“, sagte Haase, „das läuft durchaus fair ab.“

Allerdings gebe es derzeit Bestrebungen der Stadt, die Initiative Pro Gutenberg, die sich für den Bibelturm stark mache, gleichberechtigt in der Informationsbroschüre zu behandeln: „Eine gleichberechtigte Darstellung könnten wir nicht nachvollziehen“, kritisierte Haase, schließlich habe sich die Bürgerinitiative mit 13.600 Unterschriften legitimiert. Die Veröffentlichungen „einer kleinen Interessengruppe haben nicht denselben Stellenwert“, betonte er.

Der Ablauf des Bürgerentscheids soll im Prinzip wie bei einer Wahl erfolgen: Es wird Benachrichtigungskarten geben, bereits ab dem 19. März ein Briefwahlbüro im Rathaus eröffnen. Am Abstimmungssonntag selbst werden die Wahllokale dann von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet sein. Das Ergebnis wird dann nach Ende der Auszählung im Mainzer Rathaus verkündet. Eine zeitgleiche Durchführung des Bürgerbegehrens mit der Abstimmung über die Rathaussanierung ist dagegen vom Tisch: Er kenne keine Fraktion, die das beantragen wolle, sagte Ebling.

Der Wahlkampf um den Bibelturm wird nun wohl nach Aschermittwoch beginnen, der Stadtrat muss den April-Termin noch am 7. Februar beschließen. Die Narren machen sich längst ihren eigenen Reim auf den Bau am Dom, geht es nach den Büttenrednern, dürfte der Ausgang klar sein: „Macht Meenz nicht zum Betonbunker der Republik“, mahnt gerade der „Obermessdiener“ Andreas Schmitt aus der Bütt: „Gebt der Stadt ihr Gesicht zurück, ehrt so die Druckkunst und Gutenbergs Namen – und baut nicht so einen Scheissdreck, in Ewigkeit Amen!“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Debatte rund um den Bibelturm am Gutenberg-Museum findet Ihr natürlich auf Mainz& – einfach mal oben in die Suchmaske die Stichwörter „Bücherturm“ oder „Bibelturm“ eingeben.

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