Ein bronzener Bücherturm? Oder doch lieber ein Setzkasten aus Glas? Oder gleich ein großer Neubau aus Sandstein auf dem Liebfrauenplatz? Der längst überfällige Umbau des Gutenberg-Museums rückt näher – am Samstag präsentierte die Jury die Ergebnisse des Architektenwettbewerbs für das Weltmuseum der Druckkunst. Und auf Platz 1 setzte die Jury ein architektonisches Ausrufezeichen: Einen Bücherturm aus grauem Sandstein, angeschrägt und mit einer Fassade aus durchbrochenem Buchstabengitter. Der würde direkt am Markt stehen und dem Museum zu einer neuen Sichtbarkeit verhelfen.

Grosse und Ludwig präsentieren Entwurf Bücherturm Gutenberg Museum - Foto Kirschstein
Kulturdezernentin Marianne Grosse (l.) und Museumsdirektorin Annette Ludwig präsentieren den Siegerentwurf fürs Gutenberg-Museum – Foto: gik

„Wir haben uns getraut, groß zu denken“, sagte die Mainzer Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD) bei der Vorstellung der Entwürfe am Samstag. Der Bibliotheksturm sei „städtebaulich der beste Auftakt für das Museum“, er generiere „einen Hingucker an dem prominenten Platz“ und mache so das Museum nach außen sichtbar. Zehn Stunden lang habe die Jury über die Entwürfe beraten und sei am Ende „sehr einhellig“ zu diesem Ergebnis gekommen. Das sei ein „Paradigmenwechsel“ für das Museum.

Neustart für Weltmuseum der Druckkunst

Das ist auch nötig: Das Weltmuseum der Druckkunst, das die bahnbrechende Erfindung des Buchdruckers Johannes Gutenberg hütet – das Drucken mit beweglichen Lettern –, wird seinem Anspruch schon lange nicht mehr gerecht. Dunkel, altbacken und teils marode, der Bau aus den 1960er Jahren kann die Erwartungen an das Weltmuseum schon lange nicht mehr erfülle und die rund 130.000 Besucher pro Jahr angemessen bedienen.

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Visualisierung Bücherturm Gutenberg Museum Foto gik
Der Siegernetwurf fürs Gutenberg-Museum: Ein bronzefarbener Bücherturm auf dem Liebfrauenplatz – Foto: gik

Museumsdirektorin Annette Ludwig rief deshalb 2015 einen Neustart für ihr Haus aus: Neuer, geordneter, lichter soll das Gutenberg-Museum werden, ein Museum, das „Maschinen zum Sprechen“ bringt, neue Elemente der digitalen Buchwelt integriert, mehr von den einzigartigen Sammlungen des Hauses zeigen kann. „Aus einem Haus stummer Bücher wird ein Haus, das Geschichten erzählt“, gab Ludwig 2015 als Parole aus.

Nur 5,1 Millionen Euro Budget – Stufenkonzept für Neubau

Das Problem des Museums: Obwohl ein Museum von Weltbedeutung, wird es einzig von der Stadt Mainz finanziert. Im Jahr 1900 gründeten Bürger der Stadt Mainz den Hort für die Erfindung Johannes Gutenbergs, da war der Buchdrucker noch nicht einmal als „Man of the Millenium“ ausgezeichnet. Nach 116 Jahren sei der Neustart nun „eine historisch einmalige Chance“, betonte Ludwig am Samstag, „da sollten wir nicht zu kleinteilig denken.“ Ihr Haus habe ein weltweites Renommée, „die Welt schaut aufs Museum, wir zeigen jetzt, was wir alles können.“

Das neue Museumskonzept Gutenberg 2.0 sieht denn auch eine völlige Neuordnung der Sammlungspräsentationen, Werkstätten und sonstigen Räume des Museums sowie ein neues pädagogisches Ausstellungskonzept vor. Doch die Umsetzung wird dauern: nur 5,1 Millionen Euro stehen für den ersten Bauabschnitt zur Verfügung. Alle Architektenentwürfe legten deshalb Stufenkonzepte vor, die sukzessive verwirklicht werden sollen – so, wie eben Geld zur Verfügung steht.

Fassade und Innengestaltung Bücherturm Gutenberg Museum
Details zur Fassade und Nutzung des neuen Bücherturms am Gutenberg-Museum – Foto: gik

22 Meter hoher Bücherturm als Ausrufzeichen

Im ersten Bauabschnitt soll eine Neuordnung des derzeit völlig versteckten Eingangs erfolgen, eine bauliche Ergänzung des Museums hin zum Markt und zum Dom. Und da überzeugte die Jury der Entwurf der Hamburger Architekten DFZ am meisten: Ein 22 Meter hoher und etwa zehn Meter breiter Bücherturm, angeschrägt, und als nicht verbundener Anbau neben dem Altbau des „Römischen Kaisers“ am Markt. Ein „Leseturm, der wie ein Zeichen in den Platz ragt“, wie der Architekturprofessor Wolfgang Lorch, Vorsitzender des Preisgerichtes sagte: „Ein Ensemble mit Solitär, Durchgängen, neuen Verbindungen und interessanter Raumbildung.“

Der Turm aus grauem Sandstein hätte auf einer Glasfassade eine durchbrochene Schale aus Buchstaben, die im Licht schimmern“ würde, wie Ludwig erläuterte. Die Metalllegierung nähme die Materialien der gegossenen Buchstaben der Druckerpresse auf, der Turm nehme damit direkten Bezug auf Gutenberg und seine Erfindung. Das neue Entrée würde unterirdisch mit den übrigen Gebäuden des Museums verbunden, die als einzelne Gebäude mit dazwischen sich öffnenden Gassen ein neues Ensemble einer kleiner Museumsstadt bilden sollen – baulich würde sich damit zum jetzigen Zustand abgesehen von dem Turm relativ wenig ändern.

Visualisierung Glasbau Setzkasten Gutenberg Museum Foto gik
Platz 2 des Wettbewerbs fürs Gutenberg-Museum: Ein Sandstein-Glas-Bau wie ein Setzkasten – Foto: gik

Der Siegerentwurf sieht aber auch eine völlige Neugestaltung des heutigen Museumsbaus aus dem Jahr 1962 vor – zu einem späteren Zeitpunkt. In dem Bücherturm wären Ausstellungssäle und auch ein Vortragssaal angesiedelt, letzterer auf dem Dach.

Platz 2: Setzkasten aus Glas und Sandstein als Querbau

Insgesamt 27 Architekturbüros hatten sich an dem europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb beteiligt, zwölf Entwürfe kamen in die Endrunde. Aus diesen kürte die Jury dann in einer Sitzung am Freitag drei Siegerentwürfe. Auf Platz 2 kam ein Entwurf des Frankfurter Architekten Christoph Mäckler, der den bisherigen Hof des Gutenberg-Museums mit einem neuen Querbau aus Sandstein verschließen würde. Dessen Glasfassade wäre wie ein Setzkasten gestaltet, würde Einblicke in das Museum gewähren und im Erdgeschoss ein großes Foyer als Entree, aber zugleich auch als Veranstaltungsraum bieten. Dabei würde der jetzige Innenhof als Halle bebaut, es entstünde ein „kompaktes Museumsquartier im Kontext der historischen Umgebung“, wie Lorch sagte.

Platz 3: Ein großer Längsbau auf dem Liebfrauenplatz

Visualisierung Querbau Gutenberg Museum Platz 3 Foto gik
Platz 3: Ein großer Anbau auf dem Liebfrauenplatz – Foto: gik

Der Entwurf der Stuttgarter Architekten Lederer Ragnarsdottir Oei auf Platz 3 hingegen würde am meisten in die Umgebung eingreifen: Sie schlagen einen großen, in den Platz hineinragenden Querbau aus rötlichem Sandstein mit Glasfassade und Kupferdach vor. Der Bau würde neben dem „Römischen Kaiser“ den Bau des Museums in den Liebfrauenplatz hinein deutlich erweitern, aber auch einen Teil des Platzes zubauen – dort, wo jetzt die Blumenbeete sind. Ob dieser Entwurf mehrheitsfähig ist, ist fraglich – die Jury betonte gleich auch, es werde im Falle der Realisierung eine Verkürzung dieses Gebäudes angeregt.

Welcher der drei Siegerentwürfe nun umgesetzt wird, ist ohnehin noch nicht entschieden: Die Architekturbüros der ersten drei Plätze sollen in vier bis sechs Wochen ihre Entwürfe einem Gremium noch einmal ausführlich präsentieren und dabei eine Perspektive geben, wie sie ihre Entwürfe umsetzen wollen, sagte Grosse. Die Entscheidung falle dann in intensiven Gesprächen mit den Architekten, alle Entwürfe würden noch überarbeitet. Favorit ist aber der Bücherturm – falls er denn für die 5,1 Millionen Euro umgesetzt werden kann. Die Vergabe soll bis zum Sommer erfolgen, die Planungen dann im Laufe des Jahres 2016 – Baustart soll 2017 sein.

Info& auf Mainz&: Die Entwürfe des Architekturwettbewerbs sollen ab Montag im Internet unter www.gutenberg.de zu sehen sein. Alle 27 Entwürfe könnt Ihr ab Mittwoch, dem 2. März, im Gutenberg Museum sehen, allerdings nur für zwei Wochen.

 

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