Erneut streiken die Busfahrer der privaten Unternehmen, und dieses Mal wollen sie richtig lange durchhalten: Noch bis Freitag werde weiter gestreikt, wenn sich nicht endlich etwas tue, teilte die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di am Montag mit. Am Donnerstag hatte Ver.di die Fahrer bei privaten Busunternehmen erneut zum Streik aufgerufen, Grund ist ein bis heute nicht gelöster Konflikt mit den Arbeitgebern über einen Manteltarifvertrag – seit mehr als 1.200 Tagen fehlt die Unterschrift der Arbeitgeberseite. In Mainz muss mit erheblichen Fahrtausfällen bei der DB Regio Bus Mitte gerechnet werden, in Wiesbaden sind auch die Linien 6, 9 und 33 betroffen.
Vergangenen Donnerstag hatten die Busfahrer erneut den Ausstand gestartet, die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di machte dafür einmal mehr den Arbeitgeberverband VAV verantwortlich: Der VAV habe den eigentlich für den 1. Juli vereinbarten Tarifabschluss platzen lassen, klagte Ver.di Verhandlungsführer Marko Bärschneider. Dabei habe es am Freitag endlich nach 3,5 Jahren zur Verabschiedung eines neuen Manteltarifvertrags kommen sollen.
Doch statt eine Zusage vom Vortag einzuhalten, habe der VAV sogar noch versucht, „Zuschläge, die den Beschäftigten schon heute zustehen, ersatzlos zu streichen und damit eine Einsparung von rund 5 Millionen Euro bei sich zu verbuchen“, berichtete Bärschneider, und schimpfte: Das sei „skandalös und schamlos!“ Bis zum Ende der Verhandlungsrunde heute seien die Arbeitgeber nicht bereit gewesen, den Manteltarifvertrag, wie er im Februar 2022 zwischen den Tarifpartnern grundsätzlich vereinbart worden sei, war, auch unter dem Vorbehalt der Umsetzung der Refinanzierung zum Abschluss zu bringen.
Hintergrund: Die Arbeitgeber streiten seit rund zwei Jahren mit dem Land Rheinland-Pfalz über die Refinanzierung der Tarifsteigerung. Schon im Sommer 2020 habe die Landesregierung zwar den Tarifparteien Finanzzusagen gemacht, die Kosten aus der Tariferhöhung für die Busfahrer zu refinanzieren, hatte noch im April der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU im Landtag, Martin Brandl, berichtet und kritisiert: „Diese Zusagen wurden nicht beziehungsweise nur teilweise gehalten.“
Mittlerweile habe das Land die Gelder zwar bereitgestellt, aber die Busunternehmer hätten immer noch keine Sicherheit, wer ihnen die massive Tariferhöhung langfristig in den kommenden Jahren finanziere, kritisierte Brandl im Landtag weiter: „Es mag zwar ein neuer, fertig ausgehandelter Manteltarifvertrag vorliegen, aber die Verkehrsunternehmer unterschreiben erst, wenn das Land die Mittel verbindlich bereitstellt.“ Es sei also die Landesregierung, die „eindeutig die Verantwortung für den Busfahrerstreik trägt.“
ver.di zieht es daher auch in Erwägung mit dem VAV Verband keine Verhandlungen mehr zu führen und den seit 3,5 Jahren gekündigten Manteltarifvertrag aus der Liste der repräsentativen Tarifverträge in Rheinland-Pfalz per Antrag entfernen zu lassen, wenn der Arbeitgeberverband bis Montag 11.07.2022 den Manteltarifvertrag nicht durch Unterschriftenlauf umsetzt.
Inzwischen habe das Land Rheinland-Pfalz – zuständig ist das Klimaschutzministerium von Katrin Eder (Grüne) – in einem gemeinsamen Treffen mit dem Landkreistag einen gemeinsamen Refinanzierungsanteil in Höhe von sieben Millionen Euro pro Jahr in Aussicht gestellt, berichtete Bärschneider weiter. Diese finanzielle Aufwendung der öffentlichen Hand solle auch rechtsverbindlich in die Förderverordnung aufgenommen werden, ebenso wie der Start des sogenannten RLP Index mit einer Personalkostenpreisgleitklausel. Damit läge nach Zustimmung der Gremien ein Refinanzierungspaket von rund 27 Millionen Euro pro Jahr auf dem Tisch, heißt es bei Ver.di.
Dass die Arbeitgeber trotzdem nicht bereit gewesen seien, den Manteltarifvertrag endlich zu verabschieden, lässt bei Ver.di nun die Hutschnur platzen: Man denke darüber nach, künftig Verhandlungen mit dem VAV zu verweigern und einen Antrag auf Entfernung des VAV Tarifes aus der Liste der repräsentativen Tarifverträge beim Ministerium zu stellen, teilte die Gewerkschaft weiter mit. Die Folgen wären erheblich: Dann müsste künftig bei jeder Neuausschreibung von Busverkehren in Rheinland-Pfalz der Tarifvertrag Nahverkehr BezTV RP angewandt werden – mit besseren Arbeitsbedingungen für die Busfahrer.
Vorerst beschloss eine Streikvollversammlung am Montag, den Busfahrerstreik bis Freitag, den 15.07.2022 fortzusetzen – es sei denn, der VAV unterzeichne den neuen Manteltarifvertrag vorher. „Dann fahren wir wieder, lauten die Stimmen aus der Mitte der Kollegen“, sagte Bärschneider. Man habe der Arbeitgeberseite zudem angeboten, die vereinbarte Kompensationseinmalzahlung von 1250,- Euro „nur noch für unsere Mitglieder in den jeweiligen Busbetrieben fordern“, sagte Verdi-Tarifexperte Christian Umlauf. Damit senke man nochmal das hierfür aufzuwendende Budget um mehr als die Hälfte.
In Mainz sind vor allem Linien der DB Bus Region Mitte betroffen, bei der Mainzer Mobilität heißt es, es müsse mit „erheblichen Fahrtausfällen“ im Streckennetz der Mainzer Mobilität gerechnet werden. Man werde zwar versuchen, einzelne ausfallende Fahrten des Subunternehmers zu ersetzen, doch das sei nicht so einfach, räumte das Mainzer Verkehrsunternehmen ein: Nach dem Hackerangriff auf den IT-Dienstleister und auch wegen eines erhöhten Krankenstandes unter anderem wegen der Corona-Sommerwelle fehlt Personal.
Insbesondere im morgendlichen Berufsverkehr müsse deshalb „mit zahlreichen Fahrtausfällen“ gerechnet werden, so die Mainzer Mobilität weiter. Das betrifft auch vor allem drei Buslinien nach Wiesbaden: Auf den Linien 6, 9 und 33 müsse mit Fahrtausfällen zwischen Mainz und Wiesbaden gerechnet werden, teilte die ESWE Verkehr mit.
Info& auf Mainz&: Die gute Nachricht: Die regulären Internetseiten der Mainzer Mobilität sind wieder online – über Fahrtausfälle und Streckenplanung könnt Ihr Euch jetzt also wieder ganz normal via mainzer-mobilitaet.de informieren. Mehr zum Hintergrund des Busfahrerstreiks lest Ihr auch hier auf Mainz&.