Sie schaffen Bürokratie, sie belasten die Menschen ungleich, und sie sorgen landesweit für Streit, Frust und finanzielle Härtefälle – so sieht es jedenfalls die CDU-Opposition in Rheinland-Pfalz, und forderte nun erneut: Rheinland-Pfalz muss endlich die verpflichtenden Straßenausbaubeiträge abschaffen. Tatsächlich ist Rheinland-Pfalz inzwischen das einzige Bundesland, das seine Hauseigentümer für den Ausbau von Straßen noch zur Kasse bittet, der Steuerzahlerbund wetterte deshalb schon vor einem Jahr von einem „Dinosaurier der Unbelehrbaren“. Nun ist das Thema ein Jahr vor der Landtagswahl 2026 zurück – Dank der Liberalen. Den konkreten Plan dazu legte nun aber die CDU vor.

Es war 2019, als die CDU im Mainzer Landtag einen Gesetzentwurf einbrachte, der es in sich hatte: Die Opposition forderte, die Straßenausbaubeiträge komplett zu streichen. Im Mainzer Stadtrat brachte die CDU sogar eine eigene Resolution ein, die Anteile der Anlieger durch Landesmittel zu ersetzen. „Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ist längst überfällig“, betonte damals CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig, eine gute infrastrukturelle Anbindung und der Zugang zu intakten Straßen müsse für jedermann gewährleistet sein, und dürfe nicht allein von Anliegern bezahlt werden müssen.
Doch alle Vorstöße dazu nützten nichts: Die Ampel-Koalition in Mainz sperrte sich vehement gegen die Abschaffung, vor allem die SPD – dabei forderten ihre eigenen Kreisverbände vehement die Abschaffung. Es war die Zeit, als in Mainz die Hauptstraße in Mombach sowie die Boppstraße und die Große Langgasse saniert wurden, zur Kasse gebeten wurden dafür die Anwohner der Straßen. Das sei völlig ungerecht, schimpfte damals die CDU, das Umlagesystem der Kosten „nicht sauber und fair messbar“ und verursache große Ungerechtigkeiten.
Rheinland-Pfalz „unbelehrbare Ausbaubeitrags-Dinosaurier“
Die Interessengemeinschaft Mombacher Bürger rechnete damals sogar vor, dass die Stadt Mainz nach Zuschüssen durch das Land gerade einmal 3,5 Prozent der Ausbaukosten zahlte, die Bürger aber 65 Prozent, „das ist unlogisch und erzeugt Ärger“, schimpfte der Vorsitzende Hans Pracht. Und überhaupt: Warum sollten Neustadt-Anwohner eines ganzen Viertels allein für eine Straße zahlen, die halb Mainz benutzt? Die Ampel aber weigerte sich, die Beiträge abzuschaffen, und führte stattdessen sogar eine verpflichtendes Umlagesystem der wiederkehrenden Beiträge ein, der Bund der Steuerzahler schimpfte damals, das „Reservat für unbelehrbare Ausbaubeitrags-Dinosaurier“ müsse endlich enden.

Kurios dabei auch: Ausgerechnet die in der Ampel auf Landesebene und damals auch im Mainzer Stadtrat mitregierende FDP sprach sich 2018 und 2019 vehement für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge aus – und stimmte anschließend im Mainzer Stadtrat dagegen. Nun ist das Thema, ein Jahr vor der Landtagswahl im März 23026, zurück, und wieder waren es die Liberalen, die über ihren neuen Fraktionschef Steven Wink die Abschaffung forderte.
Bei der CDU führte das prompt zu süffisanten Bemerkungen: „Wer jahrelang regiert, aber seine Themen nicht durchbekommt, jetzt plötzlich Oppositionsrhetorik betreibt und auf Wahlkampfmodus schaltet, der wirkt schwach, getrieben und durchsetzungsunfähig“, ätzte CDU-Kommunalexperte Dennis Junk im vergangenen Landtag: „Wer mitregiert, kann nicht gleichzeitig Opposition spielen.“ Nun legte die CDU nach, und stellte eine Woche vor der nächsten Landtagssitzung kommende Woche eine neuen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Beiträge vor.
CDU will Straßenausbaubeiträge abschaffen – wie überall sonst auch
„Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass Straßen, Wege und Plätze zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehören, genau wie Kitas und Schulen, und unverzichtbare Teile der Infrastruktur sind, deren Finanzierung von der Gemeinschaft getragen werden sollte“, betonte Junk am Mittwoch in einem Pressegespräch in Mainz. Diese Erkenntnis gebe es auch überall in Deutschland – nur nicht in Rheinland-Pfalz, kritisierte der CDU-Politiker, und legte auch prompt eine Liste vor: Danach wurden die Ausbaubeiträge in Bayern 2018 abgeschafft, in Berlin und Hamburg 2016, in Brandenburg 2017 und in Sachsen-Anhalt und Thüringen 2019.

In Baden-Württemberg wurden sie gar nie erhoben, auch Nordrhein-Westfalen habe die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge kürzlich beschlossen, berichtete Junk – Rheinland-Pfalz sei damit das einzige Bundesland, in dem Grundstückseigentümer weiterhin verpflichtet seien, sich finanziell am Straßenausbau zu beteiligen. Das sei nicht mehr zeitgemäß, schimpfte Junk weiter, zumal die Bürger durch die wiederkehrenden Beiträge sogar mehr für den Straßenausbau zahlten, da der Gemeindeanteil niedriger sei. Zudem verursache die Erhebung einen hohen Bürokratieaufwand und rechne sich in den seltensten Fällen wirklich.
Tatsächlich hatte die Stadt Mainz 2019 einräumen müssen, dass sie bei der Erhebung der Straßenausbaubeiträge hohe Verwaltungskosten hatte – allein für das Jahr 2016 waren es damals rund 203.000 Euro. 2017 waren es rund 199.900 Euro, denen aber nur Einnahmen von rund 350.000 Euro gegenüberstanden. 2018 mussten allein die Mombacher rund 697.000 Euro an Straßenausbaugebühren zahlen, in der Neustadt wurden 2019 rund 972.900 Euro fällig. Inzwischen ist die Grundsteuer B für Hauseigentümer durch die Grundsteuerreform weiter angestiegen, während sich der Zustand der Straßen in Mainz rapide verschlechtert hat – auf Hauseigentümer könnten so weitere, teils erhebliche Kosten zukommen.
CDU: 200 Millionen Euro Landesmittel pauschal an Gemeinden
„Straßenausbaubeiträge gehören der Vergangenheit an“, betonte deshalb nun der CDU-Abgeordnete Junk: „Wir sehen es als ungerecht an, dass nur die Eigentümer den Ausbau bezahlen sollen – die Straße wird schließlich von allen benutzt.“ Die CDU bringt deshalb kommende Woche erneut einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in den Mainzer Landtag ein, hat aber ihren Vorschlag zur Refinanzierung im Vergleich zu 2019 geändert. Damals hatten Steuerzahlerbund, Hauseigentümerverband und CDU mit rund 50 Millionen Euro an Ausfall durch eine Abschaffung gerechnet, diese Summe sei aber nicht mehr zu halten.

„Wir haben inzwischen einen erheblichen Investitionsstau zu verzeichnen, und dazu Preissteigerungen“, sagte Junk, deshalb schlage die CDU jetzt einen Systemwechsel vor: „Wir wollen pauschal 200 Millionen Euro aus Landesmitteln zur Verfügung stellen, die dann jedes Jahr pro Kilometer an die Gemeinden vergeben werden.“ Es gebe in Rheinland-Pfalz rund 20.000 Kilometer an Gemeindestraßen, für diese soll pro Jahr rund 10.000 Euro pro Kilometer zweckgebunden für Straßenausbaumaßnahmen zur Verfügung gestellt werden.
Die Gemeinden könnten sich dann Mittel ansparen, um regelmäßig Teile ihres Straßennetzes zu sanieren – und zwar in eigener Verantwortung und Planung, betonte Junk: „Die Gemeinden hätten die pauschalen Mittel und können selbst entscheiden und kalkulieren, wann sie agieren.“ Der Betrag müsse an Inflationsentwicklungen angepasst werden, die Höhe dürfte für den Landeshaushalt kein Problem darstellen, sagte CDU-Haushaltsexperte Christof Reichert: Die Jahresabschlüsse des Landes hätten gezeigt, „dass wir eindeutig zu wenig investive Mittel haben“, sagte Reichert, das Land habe lediglich rund 1,1 Milliarden tatsächlich für Investitionen verausgabt – und sitze auf einem Rekordwert von 4,3 Milliarden an Rücklagen.
BdSt: Unbezahlbarkeit der Abschaffung „längst als Märchen entlarvt“
„Wir können mit unserem Modell drei Ziele erreichen“, sagte Junk: „Eine Entlastung der Grundstückseigentümer, ein unkompliziertes und nachvollziehbares Verfahren sowie Planungs- und Gestaltungssicherheit für die Kommunen.“ Geht es nach der CDU, sollte das Modell zum 1.1.2027 eingeführt werden – komplett unrealistisch ist das nicht: Da gerade die FDP, aber auch die Grünen in den jüngsten Umfragen zur Landtagswahl schwächelten, könnte bei der Landtagswahl 2026 eine neue Koalition in Rheinland-Pfalz herauskommen – ein Bündnis aus SPD und CDU, wie schon im Bund.
Auch der Bund der Steuerzahler betonte in einem aktuellen Statement erneut, die angebliche Unbezahlbarkeit der Abschaffung der Ausbaubeiträge für die Landeskasse hätten „alle anderen betroffenen Bundesländer längst als Unsinn entlarvt.“ In Rheinland-Pfalz werde „nur deshalb an diesem Märchen festgehalten, weil die SPD-geführten Landesregierungen es seit zwei Legislaturperioden nicht geschafft haben, eine belastbare Erhebung des Beitragsaufkommens durchzuführen“, schimpfte BdSt-Geschäftsführer René Quante: „Vom Umstand, dass die Ampel große Milliardenbeträge in sinnlosen Rücklagen hortet, mal ganz zu schweigen.“
Info& auf Mainz&: Mehr zur Kritik des Steuerzahlerbundes und der Debatte um die Straßenausbaubeiträge könnt Ihr auch noch einmal hier bei Mainz& nachlesen. Mehr zu den Milliarden-Rücklagen des Landes lest Ihr hier bei Mainz&.