Die Bemühungen zur Unterstützung von Obdachlosen und bedürftigen Menschen in Mainz laufen an, inzwischen erfuhr Mainz&: Die Wintercontainer bleiben stehen, der Verein „Armut und Gesundheit“ gibt Lunchpakete aus – und die Food Fighters wollen nach Möglichkeit die geschlossenen Tafeln durch Lebensmittel-Direktlieferungen ersetzen. Food Fighters und Wohnungslosenhilfe Mainz warnen jedoch: Milde Gaben am Gabenzaun sind überhaupt keine Idee, ein entsprechender Zaun am Hauptbahnhof wurde inzwischen wieder geschlossen.

Kochten schon für Bedürftige zusammen: Food Fighter Michael Schieferstein (links) und Arzt Gerhard Trabert (Mitte). - Foto: Food Fighters
Kochten schon für Bedürftige zusammen: Food Fighter Michael Schieferstein (links) und Arzt Gerhard Trabert (Mitte). – Foto: Food Fighters

Die Coronakrise trifft gerade auch die Ärmsten der Gesellschaft knüppelhart: Obdachlose seien von den Coronavirus-Infektionen besonders bedroht, warnte der Mainzer Obdachlosenarzt Gerhard Trabert gerade in einem Gespräch mit Mainz&. Die Obdachlosenheime sind zwar weiter geöffnet, doch die Plätze reichen nicht aus – und eigentlich wollte die Stadt Mainz auch noch die für den Winter errichteten Notcontainer für Obdachlose gerade wieder schließen. Doch es gibt gute Nachrichten: „Die Container bleiben stehen“, bestätigte Trabert gegenüber Mainz&. Allerdings suche die Stadt Mainz jetzt jemanden, der die Betreuung übernehme – sonst müssten die Container zum 1. April doch noch schließen.

Das Mainzer Sozialministerium habe zudem dem Verein „Armut und Gesundheit“ vier Zimmer im Inndependence Hotel zur Verfügung gestellt, um dort Menschen unterzubringen, berichtete Trabert, und freute sich: „Ich bin da der Stadt und dem Land sehr dankbar, für die schnelle Hilfe und Kooperationsbereitschaft, es ist toll, dass alle so schnell und unbürokratisch aktiv sind.“ Im Ministeriums heißt es derweil: „Wir arbeiten an einem Konzept für Obdachlose“, sagte eine Sprecherin auf Mainz&-Anfrage: „Wir bereiten ein Konzept zur medizinischen Behandlung von Obdachlosen vor.“ Das Thema halte man „für sehr wichtig“, Start werde aller Voraussicht nach in Mainz sein. Zu dem Konzept gehöre auch die Unterbringung der wohnsitzlosen Person bei Bedarf in Quarantäne.

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Gerettete Lebensmittel bei einer Aktion der Food Fighters. - Foto: Food Fighters
Gerettete Lebensmittel bei einer Aktion der Food Fighters. – Foto: Food Fighters

Und auch bei der Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln tut sich etwas: „Wir haben mit der Teestube vereinbart, dass sie uns Lunchpakete zusammenstellen“, sagte Trabert weiter: „Wir versuchen das jetzt zu koordinieren und Lebensmittel zusammenzustellen, die einen gewissen Nährgehalt haben – und die Lebensmittel dorthin zu bringen, wo sich die Obdachlosen aufhalten.“ Auch gebe es die Idee, Gutscheine auszugeben, daran arbeite der Verein gerade.

In Mainz ist seit dem heftigen Ausbruch der Coronapandemie die Mainzer Tafel geschlossen, hier wurden sonst an vier Tagen pro Woche Bedürftige mit Lebensmitteln versorgt. „Bei uns arbeiten wöchentlich rund 160 ehrenamtliche Mitarbeiter, die zu 90 Prozent über 60 Jahre alt sind, und somit zu der gefährdeten Altersgruppe gehören“, heißt es auf der Homepage der Mainzer Tafel. Deshalb habe man sich schweren Herzens zur Schließung der Lebensmittelausgabe entschlossen.

Koch und "Food Fighter" Michael Schieferstein will Bedürftige mit Lebensmitteln versorgen.- Foto Food Fighters
Koch und „Food Fighter“ Michael Schieferstein will Bedürftige mit Lebensmitteln versorgen.- Foto Food Fighters

Das will einer nicht so stehen lassen: „Ich habe volles Verständnis dafür, dass die Tafeln zumachen, aber für die Menschen muss eine Lösung her“, sagt „Food Fighter“ Michael Schieferstein: „Ich will die Tafeln ersetzen, es geht darum, Bedürftige zu versorgen.“ In Ingelheim, Bingen und Bad Kreuznach sei die Versorgung komplett zusammengebrochen, berichtete Schieferstein im Gespräch mit Mainz&, und klagte: „Ich versuche seit Montag die karitativen Stellen oder die Kirchen zu erreichen – man bekommt noch nicht mal einen Rückruf.“

Er wolle deshalb nun versuchen, ein Ersatzangebot auf die Beine zustellen und habe dafür auch eine offizielle Genehmigung beantragt, sagt Schieferstein weiter. Der „Food Fighter“ kämpft sonst gegen Lebensmittelverschwendung und Wegwerf-Wahn, kocht mit Kindern in Schulen frisches Essen oder gibt Kochtipps, was man aus Essensresten noch alles zubereiten kann. Er habe nun auch Aufruf an die Gastronomie gestartet, „die sind ja alle zuhause, die Lebensmittel sind dort“, sagt Schieferstein, selbst gelernter Koch. Es müsse dringend etwas zur Versorgung der Menschen geschehen, die sonst auf die Tafeln angewiesen seien, „sonst haben wir nämlich am Ende Verhungernde und Tote“, fügt er noch hinzu.

Der Gabenzaun für Obdachlose am Mainzer Hauptbahnhof wurde gestoppt - die Infektionsgefahr mit dem Coronavirus ist zu groß. - Foto: Wohnsitzlos in Mainz
Der Gabenzaun für Obdachlose am Mainzer Hauptbahnhof wurde gestoppt – die Infektionsgefahr mit dem Coronavirus ist zu groß. – Foto: Wohnsitzlos in Mainz

Eine gut gemeinte Hilfsaktion allerdings musste allerdings schnell wieder gestoppt werden: Unbekannte hatten am Mainzer Hauptbahnhof eine „Gabenzaun“ eingerichtet und hängten dort Beutel mit Lebensmitteln für Obdachlose auf. „Lasst es – Ihr bringt die Obdachlosen nur zusätzlich in Gefahr“, mahnte umgehend der Verein „Wohnsitzlos in Mainz“: Es habe sich dabei wohl „um eine Guerilla-Aktion gehandelt, die erforderlichen Genehmigungen wurden nicht eingeholt, es ist wahrscheinlich auch Privatgrundstück der DB“, berichtet der Verein auf seiner Homepage: „Wohnsitzlos in Mainz kann diese Aktion nicht gut heißen oder unterstützen.“

Das Problem dabei: Gabenzäune werden zu Treffpunkten für Obdachlose, die dann aber oft keinen Abstand untereinander einhalten – und sich so einer leichten Übertragung des hochansteckenden Coronavirus aussetzen. Wohnsitzlose Menschen sind oft vom Informationsfluss abgeschnitten und über die Notwendigkeit, Distanz zu wahren, um Ansteckungsketten zu unterbrechen, nicht ausreichend informiert. Nur durch eine Schließung solcher Gabenzäune sei es möglich, „die Ärmsten der Armen vor sich selbst und einer Ansteckung zu schützen“, heißt es bei „Wohnsitzlos“ – genau mit dieser Begründung sei auch der Hamburger Gabenzaun geschlossen worden.

Info& auf Mainz&: Unseren ausführlichen Bericht über die Situation von Obdachlosen in Mainz während der Coronakrise findet Ihr hier bei Mainz&. Die Homepage der Food Fighters findet Ihr genau hier im Netz, zum Verein Armut und Gesundheit geht es hier entlang, der Verein „Wohnsitzlos in Mainz“ hat hier sein digitales Domizil. Alle Informationen, Meldungen und Hintergründe zur Coronavirus Epidemie findet Ihr auf unserer Sonderseite „Alles zum Coronavirus“ genau hier bei Mainz&.

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