UPDATE& — Der Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten, die Corona-Inzidenzen im Sinkflug, die Republik kurz vor dem großen Lockerungstag – so schien die Lage vor knapp drei Wochen. Doch die Realität sieht anders aus: Seit Anfang März steigen die Corona-Zahlen wieder rapide an. Lag die Sieben-Tage-Inzidenz vor einer Woche noch unter der Marke von 1000, so meldete das Gesundheitsamt am Dienstag die stolze Zahl von 1479,3 – am Mittwoch stieg die Inzidenz gar auf 1509 – das ist neuer Rekord. Genau eine Woche nach dem Ende der Fastnacht wirft das Fragen auf – beim Land Rheinland-Pfalz sieht man eher das Ende der Winterferien als Grund. Doch tatsächlich steht wohl ein neuer Gast vor der Tür: der neue Omikron-Subtyp BA.2.
Noch vor einer Woche, am 1. März meldete das Gesundheitsamt Mainz-Bingen eine Corona-Inzidenz von gerade noch 935 in Mainz und 937 im Landkreis Mainz-Bingen. Die Omikron-Welle die seit Jahresbeginn die Republik in Atem gehalten hatte, schien gebrochen, und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verkündete froh: „Wir haben den Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten.“ Die ergriffenen Maßnahmen hätten gewirkt, nun könne sich die Republik maßvolle Lockerungen leisten, sagte Lauterbach, und mahnte zugleich: Zu starke Lockerungen seien verfrüht und könnten negative Folgen haben.
Das war am 18. Februar, die Konsequenz: Die Republik atmete auf, Lockerungen wurden verkündet – und die Gesellschaft legte die Corona-Pandemie quasi schon zu den Akten. In der Woche darauf begannen in Rheinland-Pfalz die Winterferien, die viele zum Skilaufen in den Bergen nutzten, das Fastnachtswochenende war da – und auch, wenn sämtliche große Feiern ohnehin längst abgesagt waren: Gefeiert wurde in kleineren Kreisen trotzdem. Corona schien weit weg.
Doch schon am 2. März kehrte sich der Trend der sinkenden Zahlen wieder um: Mainz lag erstmals wieder über der 1000er-Schwelle, die Inzidenz kletterte auf genau 1001, die Zahl der neuen Fälle sprang nun auf knapp 400 pro Tag. Das böse Erwachen kam ab dem 7. März: Genau eine Woche nach Rosenmontag zählte man im Gesundheitsamt Mainz auf einmal 464 neue Infektionsfälle – und zwar von Freitag auf Samstag. Die Inzidenz lag plötzlich wieder bei 1215, im Landkreis Mainz-Bingen sogar bei 1226, hier hatte es an einem Tag 445 Neuinfektionen gegeben.
Und das war noch nicht alles: Der große Sprung kam am Dienstag, denn nun wurden die Infektionsfälle vom Wochenende nachgemeldet. Das Ergebnis: 680 Neuinfektionen im Landkreis Mainz-Bingen und 861 neue Fälle in der Stadt Mainz – die Landeshauptstadt hatte plötzlich eine Inzidenz von 1479. Am Mittwoch kamen noch einmal 844 Neuinfektionen hinzu, die Inzidenz kletterte damit gar auf den Wert von 1509 – so hoch wie nie.
Das allein wäre vielleicht nicht weiter schlimm, doch gleichzeitig liegt die Hospitalisierungs-Inzidenz inzwischen bei bei 7,53 – am Montag hatte sie noch bei 6,31 gelegen. Noch im Herbst 2021 hätte das Warnstufe 2 in Rheinland-Pfalz und verschärfte Maßnahmen bedeutet, zu Erinnerung: die höchste Warnstufe bei der Inzidenz galt damals schon ab der Marke von 200.
Stattdessen verkündete die rot-grün-gelbe Landesregierung vergangenen Mittwoch neue Lockerungen: „Wir haben die Lage in Rheinland-Pfalz unter Kontrolle, die Infektionszahlen gehen zurück“, sagte Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD): Nun könne das Land „einen großen Schritt Richtung Normalität gehen.“ Rheinland-Pfalz lockerte deshalb zum 4. März die Maskenpflicht in Innenräumen: Immer dann, wenn es eine Kontrolle über den Impfstatus oder den Corona-Test gebe, „kann die Maske entfallen“, sagte Hoch. In allen nicht kontrollierten Bereichen in Innenräumen – wie zum Beispiel beim Einkaufen und bei Behördengängen – gelte die Maskenpflicht aber weiter.
Damit gibt es nun auch in der Gastronomie und in den Hotels keine Maskenpflicht mehr, nur in Abholsituationen ist sie noch nötig. In der Gastronomie gilt generell nur noch 3G statt 2Gplus, Hygienekonzepte müssen gar nicht mehr vorgehalten werden. Überhaupt reduzierte Rheinland-Pfalz bei den Vorschriften allgemein auf die 3G-Regel und schaffte damit Beschränkungen für Ungeimpfte in weiten Teilen wieder ab – und das, obwohl die Impfquote weiter fast völlig stagniert.
Die 2G-Regel gilt nun nur noch bei Veranstaltungen mit mehr als 2.000 Teilnehmenden, nur in Clubs, Diskotheken und ähnlichen Einrichtungen gilt weiter die 2Gplus-Regel, also zusätzlich zur Impfung ein negativer Coronatest. Für Kinder und Jugendliche gilt seit dem 4. März keine Testpflicht mehr bei Freizeitaktivitäten. „Unser Ziel ist wieder ein Leben, ein Alltag, eine Gesellschaft ohne ständiges Maske Tragen“, betonte Hoch. Wer sich weiterhin mit Maske sicherer fühle, dem stehe dies aber selbstverständlich frei. Sollte das Virus zurückkehren, „werden wir vorbereitet sein“, versprach der Minister.
Das könnte schneller gehen, als ihm lieb ist: Die Zahl der Neuinfektionen steige wieder deutlich an, leider seien zuletzt auch hier wieder fünf Menschen an den Folgen einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben, sagte ein besorgter Kreisbeigeordneter Erwin Malkmus (FW) am Montag, und betonte: „Wir alle hätten uns eine andere Entwicklung gewünscht und hatten die Hoffnung, dass mit dem Frühling auch sinkende Zahlen einhergehen.“ Leider sehe man aber im Moment einen Trend in die andere Richtung.
Was die Ursachen dafür sind, da gibt sich die Politik ratlos: Die Ursachen ließen sich „nicht eindeutig benennen, vielleicht liegt es daran, dass viele Dinge wieder möglich sind und die Menschen nun auch unvorsichtiger werden“, spekulierte Malkmus. Gesundheitsminister Hoch hingegen verwies auf die Winterferien: „Die Erwartung war, dass nach den Ferien die Zahlen wieder steigen“, sagte Hoch am Dienstag im Gesundheitsausschuss des Mainzer Landtags, die Inzidenz entwickele sich ganz „im Rahmen der Modellierungen und Erwartungen.“ Behielten die Prognosen Recht, „werden wir ab Ende der Woche einen Rückgang sehen“, sagte Hoch weiter.
Einen weiteren Faktor aber mochten beide Politiker nicht in den Mund nehmen: Nach den Fastnachtstagen vermehrte sich auch in Mainz die Zahl der positiven Corona-Infektionen sprunghaft. In der Karnevals-Hochburg Köln war es noch deutlich schlimmer: Dort sprang die Corona-Inzidenz binnen einer Woche von 1000 auf über 2000, einen derartigen Sprung gebe es sonst nirgendwo im Bundesland zu beobachten, berichtete t-online. Allein an einem Tag wurden 6.648 neue Fälle gemeldet – und der Anstieg ist ausgeprägt in der Altersklasse der 20- bis 29-Jährigen – die Stadt Köln sehe das „als mögliches Anzeichen für Ansteckungen im Zusammenhang mit Karnevalsfeiern“, schreibt der Onlinedienst.
In Köln hatten gerade an Weiberfastnacht Tausende Narren dicht an dicht Karneval gefeiert, am Rosenmontag zogen bei einem Friedensmarsch rund 250.000 Jecken durch die Domstadt. In Mainz hingegen waren große Feiern nicht genehmigt worden, allerdings feierten am Rosenmontag bis zu 4.500 Narren eine Spontanparty auf dem Mainzer Schillerplatz – und das ohne jede Kontrolle. „Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass sich die Menschen nach mehr Freiheit und Normalität sehnen“, sagt Malkmus denn auch. Dennoch appelliere er an die Bürger: „Bleiben Sie bitte vorsichtig und tragen Sie dort, wo es sinnvoll ist, weiterhin FFP2-Masken, die einen guten Schutz bieten.“
Doch es gibt noch einen weiteren Faktor, der ebenfalls für den neuen rasanten Anstieg mit verantwortlich sein könnte: Den neuen Omikron-Subtyp BA.2. Dieser ist bereits in anderen Ländern wie Südafrika, Dänemark oder den Niederlanden die dominierende Corona-Variante – just in den Ländern also, in den sich als erste auch die Omikron-Variante ausbreitete. In Deutschland verursache BA.2 inzwischen rund 15 Prozent der Corona-Infektionen, hieß es noch Mitte Februar. Zahlen aus Schleswig-Holstein und Mecklenborg-Vorpommern legten nahe, dass BA.2 auch in Deutschland dabei sei, sich durchzusetzen, sagte Hoch am Dienstag.
BA.2 sei noch einmal deutlich ansteckender als die bisherige Omikron-Variante, sagen Experten – beunruhigende Studien legen zudem nahe, dass BA.2 auch wieder deutlich mehr schwere Erkrankungen verursachen könnte. Es bestehe die Gefahr, dass bei vermehrten Infektionen mit BA.2 der bisherige Erfolg im Kampf gegen die Pandemie gefährdet werde, warnte denn auch Lauterbach im Februar. Inzwischen warnen Virologen im Norden, etwa in Bremen, vor einer zweiten Omikron-Welle, und Lauterbach vor einer drohenden Corona-Sommerwelle – womöglich müssen Bund und Länder beim bevorstehenden nächsten Corona-Treffen doch wieder neue Corona-Maßnahmen beschließen.
Im Gespräch sind offenbar neue Hotspot-Regeln – bislang wollte die Ampel-Bundesregierung zum 21. März einen großen Lockerungstag verkünden, denn die alten Beschränkungen laufen mit dem 20. März aus. Wie mahnte Kreisbeigeordneter Malkmus zu Wochenbeginn: „Bei allen schrecklichen Nachrichten aus dem Krieg gegen die Ukraine und dem sinnlosen Handeln des russischen Präsidenten, sollten wir Corona nicht ganz vergessen.“
Info& auf Mainz&: Mehr zum Lockerungs-Fahrplan in Rheinland-Pfalz könnt Ihr hier noch einmal bei Mainz& nachlesen. Die jeweils aktuellen Corona-Regeln findet Ihr hier im Internet beim Land. Update&: Wir habend en Artikel mit den neuesten Corona-Zahlen vom Mittwoch ergänzt.