Der Corona-Lockdown wird noch einmal um drei Wochen verlängert und soll nun bis zum 7. März dauern – gleichzeitig gibt es nun erste Ausblicke in Punkto Lockerung: Zum 1. März sollen die Friseure wieder öffnen dürfen, sofern dann eine Sieben-Tages-Inzidenz von unter 50 erreicht worden ist. Ab einer stabilen Inzidenz von 35 sollen dann auch Geschäfte des Einzelhandels, Museen und Galerien sowie körpernahe Dienstleistungen öffnen dürfen. Bei den Schulen und Kitas aber gibt der Bund die Verantwortung an die Länder ab: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte überaus deutlich, sie hätte Schulen und Kitas bis zum 1. März geschlossen gehalten – entscheiden sollen das nun aber die Länder selbst. Für Grundschullehrer und Erzieherinnen soll es ein früheres Impfangebot geben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verkündete die Verlängerung des Lockdowns bis 7. März. - Foto: gik
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verkündete die Verlängerung des Lockdowns bis 7. März. – Foto: gik

Die Kanzlerin hatte eine gute Nachricht im Gepäck: Die Neuinfektionen mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 sinken, und sie sinken deutlich. In den vergangenen zwei Wochen sei die bundesweite Sieben-Tages-Inzidenz von 11 pro 100.000 Einwohner auf 68 gefallen, sagte Merkel am Mittwochabend in Berlin. Am 25. Januar seien gerade einmal vier Landkreise unter einer 50er-Inzidenz gewesen, jetzt seien es deutlich mehr als 100. Dazu gehört inzwischen auch die Stadt Mainz: Am Mittwoch meldete das Gesundheitsamt Mainz-Bingen nur noch 11 neue Infektionsfälle in Mainz – und eine Inzidenz von gerade einmal noch 41 Infektionen pro 100.000 Einwohner. Auch die Inzidenz im Landkreis Mainz-Bingen sank deutlich auf 44.

Merkel betonte, mit der Entwicklung „können wir sehr zufrieden sein.“ Zu Verdanken sei das aber den Bürgern, denen sie ausdrücklich danke: „Sie haben das mit ihrem Verhalten ermöglicht.“ Merkel nannte dabei explizit weniger Reisen und viel Homeoffice als entscheidende Maßnahmen für die Senkung der Zahlen. „Die verhängten Maßnahmen zeigen ihre Wirkung, auch wenn sie sehr hart und sehr mühselig sind“, betonte Merkel. Die weitere Entwicklung aber müsse „leider im Lichte einer Entwicklung“ gesehen werden, die man im vergangenen Jahr noch nicht habe voraussehen können, betonte Merkel: die Mutation des Virus.

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Corona-Mutationen breiten sich aus: „Dritte Welle angelegt“

Rechenbeispiel für die exponentiell höheren Ansteckungsraten der Virus-Mutationen bei Sars-CoV2. - Grafik: Heute Story
Rechenbeispiel für die exponentiell höheren Ansteckungsraten der Virus-Mutationen bei Sars-CoV2. – Grafik: Heute Story

Auch in Deutschland breiten sich zunehmen die neuen Virus-Varianten aus England (B.1.1.7.), aber auch aus Südafrika aus – letztere derzeit vor allem in Südbayern im Grenzgebiet zu Tschechien. Dort gibt es bereits hohe Infektionszahlen mit der südafrikanischen Mutante, gegen die zudem zumindest der Impfstoff von AstraZeneca wohl nicht wirken soll. „Die Mutation ist eine Realität, damit wird sie zunehmen“, betonte Merkel: „Die Frage ist, wie viel nimmt sie zu.“ Derzeit liege der R-Wert für die Geschwindigkeit der Ausbreitung des Virus bei um die 0,8 mit den Mutationen könnte der Wert aber sehr hochschnellen. „Wir würden sehr schnell wieder im exponentiellen Bereich sein“, warnte Merkel: „Es ist eine dritte Welle angelegt, die wir bekämpfen müssen.“

Denn eines hätten die wissenschaftlichen Experten mehr als deutlich gemacht: „Die Mutation wird die Oberhand gewinnen“, sagte Merkel, „wir werden mit einem neuen Virus leben, und wir können es noch nicht einschätzen. Deshalb müssen wir weiter runter, runter, runter mit den Fallzahlen.“ Bund und Länder vereinbarten deshalb, den Lockdown bis zum 7. März zu verlängern. „Die Zeitspanne zwischen jetzt und Mitte März ist die Zeit, wo die Mutationen die Oberhand gewinnen könnten“, sagte Merkel, das sagten alle wissenschaftlichen Experten. Diese Zeitspanne sei deshalb existenziell, in dieser zeit müssten die Inzidenzen weiter gesenkt werden, damit die Gesundheitsämter die Nachverfolgung wieder kontrollieren könnten. „Wir wollen alles tun, damit wir nicht in eine Wellenbewegung, hoch und runter, kommen“, betonte Merkel.

„Homeoffice sehr ernst nehmen“ – Friseure sollen ab 1. März öffnen

Wann Schulen wieder öffnen, entscheiden nun die Bundesländer selbst. - Foto: privat/ Mainz&
Wann Schulen wieder öffnen, entscheiden nun die Bundesländer selbst. – Foto: privat/ Mainz&

Die derzeitigen Kontaktbeschränkungen bleiben deshalb intakt, ebenso Reisebeschränkungen und die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske sowie die Aufforderung an die Wirtschaft, Homeoffice vorrangig zu ermöglich – besonders letzteres solle „sehr ernst genommen werden“, mahnte Merkel. Angesichts der sinken Zahlen stellt die Politik aber erstmals auch Lockerungen in Aussicht: Zum 1. März sollen die Friseure wieder öffnen dürfen, sofern die Inzidenz dann tatsächlich unter 50 gesunken ist. „Die Friseure, das hat etwas mit Hygiene, aber auch mit Würde zu tun“, sagte der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) – die Friseure hatten just am Mittwoch auch in Mainz für eine Öffnung ihrer Geschäfte protestiert.

Der nächste Öffnungsschritt könne bei „einer stabilen Inzidenz von 35 erfolgen“, kündigte Merkel weiter an – das solle die Öffnung des Einzelhandels sein mit einem Kunden pro 20 Quadratmetern, dazu die Öffnung von Museen und Galerien sowie von körpernahen Dienstleistungen. Eine „stabile Inzidenz“ sei eine Zeitspanne von mindestens drei Tagen hintereinander“, präzisierte Merkel später, und ja, diese Marke von 35 sei erreichbar: Gehe die Entwicklung weiter wie jetzt, könne zum 1. März die 50er-Inzidenz erreicht werden, danach sei auch die 35er-Marke „in Reichweite“. Söder betonte, die Zahl 35 sei „eine vorsichtige Benchmark ob der Mutation.“

Länder entscheiden über Schulöffnungen selbst

Wann Schulen wieder öffnen, entscheiden nun die Bundesländer selbst. - Foto: privat/ Mainz&Als erste sollen aber die Schulen und Kitas wieder geöffnet werden – sofern sie überhaupt geschlossen sind. Rheinland-Pfalz etwa hatte die Kitas nicht generell geschlossen, sondern lediglich den Regelbetrieb ausgesetzt, das führte aber gerade in den vergangenen Tagen dazu, dass die Zahlen der Kinder in den Kitas wieder deutlich anstiegen – in manchen Einrichtungen sind gar 90 Prozent der Kinder wieder da. Bei den vergangenen Bund-Länder-Gipfeln hatte die Frage Schulöffnung ja oder nein für besonders heftige Diskussionen gesorgt, teilweise hatten Länder nur Minuten später Entscheidungen der Kanzlerin in Sachen Schulen wieder gekippt – auch Rheinland-Pfalz. Nun gibt Merkel die Entscheidung einfach in die Oberhoheit der Länder: Die Bundesländer sollen die Frage der Öffnung in eigener Verantwortung entscheiden.

Merkel machte zugleich mehr als deutlich: Sie selbst hätte Schulen und Kitas bis zum 1. März geschlossen gehalten. „Ich habe bestimmte eigene Vorstellungen gehabt“, sagte sie, bis zum 1. März sei eine Inzidenz von 50 voraussichtlich sicher erreichbar gewesen. „Aber wir leben in einem föderalen Staat, es gibt ganz ganz eindeutige Länderzuständigkeiten, das sind Schule und Kita“, sagte Merkel weiter: „Da ist es einfach nicht möglich, dass ich mich als Bundeskanzlerin so durchsetzen kann als hätte ich ein Vetorecht.“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf der Pressekonferenz am Mittwoch. - Foto: gik
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf der Pressekonferenz am Mittwoch. – Foto: gik

Damit haben die Länder nun den Auftrag, ihre eigenen Öffnungswege vorzulegen – und diese auch verantworten zu müssen. Berlins regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) ließ derweil eine Änderung in der Länderhaltung in der Frage erkennen, ob Schulen nun Treiber der Pandemie seien oder nicht – noch Ende 2020 hatten die Bildungsminister das vehement bestritten. „Schulen kann man nicht vom Infektionsgeschehen außen vor lassen“, sagte Müller nun, es gebe auch Infektionswellen, die durch Schulen ausgelöst worden seien. Rheinland-Pfalz will am Donnerstagvormittag seine Umsetzung der Beschlüsse vorstellen. Bund und Länder beschlossen aber, Grundschullehrer und Erzieherinnen schneller impfen zu wollen: Man wolle prüfen, diese Berufsgruppen in die Prioritätenkategorie 2 vorziehen zu wollen.

„Es ist leichter zu schließen, als zu öffnen, Zumachen erfordert Mut, Öffnen erforderte Klugheit“, bilanzierte Bayerns Ministerpräsident Söder. Der Einsatz durch den Lockdown habe sich gelohnt, „die Lage ist besser, die Stimmung ist aber schwieriger geworden“, sagte Söder. Viele Menschen seien gestresst, in vielen Bereichen der Wirtschaft gehe es inzwischen um die schiere Existenz. Die Akzeptanz in der Bevölkerung werde aber vor allem „durch ein Hin und Her und ein Stopp and Go geschwächt“, sagte Söder weiter, „Unser Ziel war Vorsicht mit Perspektive“, mit Blick auf die Mutationen sei es richtig, langsamer und vorsichtiger zu öffnen als andere. Die jetzige Strategie nannte er „klug, ausgewogen und balanciert“ und angesichts der Mutationen mit einem Sicherheitspuffer versehen. „Ich glaube, heute hat sich der vorsichtige Kurs durchgesetzt“, fügte Söder hinzu. Buund und Länder wollen sich nun am 3. März wieder treffen.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den neuen Coronavirus-Mutationen lest Ihr hier bei Mainz&. Alles zum immer noch neuen Corona-Virus, zu Mutationen, aktuellen Entwicklungen und der Debatte über Schulöffnungen  und Schulsicherheit findet Ihr in unserem großen Mainz&-Corona-Dossier genau hier.