Die gefürchteten Mutationen des neuen Coronavirus Sars-CoV-2 sind nun auch in Rheinland-Pfalz angekommen – und das auch im Umfeld von Mainz. Bereits am Freitag wurden acht Nachweise der britischen Virus-Mutation B.1.1.7. gemeldet, davon kommen sieben aus dem Kreis Mainz-Bingen. Am Samstag meldete das Mainzer Gesundheitsministerium dann zehn weitere Nachweise, dieses Mal aus den Landkreisen Germersheim und Trier-Saarburg. Die britische Virusmutante gilt als hochansteckend und womöglich auch als tödlicher als die bisher in Deutschland gängige Coronavariante. Allen Betroffenen gehe es aber so weit gut, doch die Angst vor einer dritten Welle wächst.
Die neuen Virusmutationen waren kurz vor Weihnachten 2020 verstärkt aufgetreten, in Südafrika und Brasilien entwickelten sich eigene Mutationen des neuen Coronavirus, die offenbar deutlich ansteckender sind als die bisher gängige „Wildvariante“. Die Politik treibt seither die Angst vor hohen Ansteckungsraten wie in Großbritannien um: Dort sorgte die neue Mutation B.1.1.7. seit kurz vor Weihnachten für exorbitant hohe Corona-Neuinfektionen – und für verzweifelte Zustände in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen besonders in Südengland. Aktuell kämpft Portugal mit einem massiven Ausbruch der Mutation, auch dort sind nun sämtliche Krankenhäuser überlastet, freie Betten nicht mehr verfügbar – Deutschland hat angeboten, mit Ärzten und Pflegern zu helfen.
Aus Angst vor den neuen Mutationen dürfte wohl auch der aktuelle Lockdown bis über den 14. Februar hinaus verlängert werden, die Entscheidung fällt frühestens kommende Woche. Derweil meldeten immer mehr Bundesländer Nachweise der neuen Virus-Mutanten auch bei uns – Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen entdeckten bereits früher kursierende Mutationen vor allem aus England und Südafrika. In Rheinland-Pfalz wurden erst seit etwa dem 25. Januar überhaupt Proben auf die Mutationen untersucht, nachdem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einen bundesweiten Auftrag an Speziallabore erteilte. Seither wird im Ingelheimer Labor Bioscientia nach den Mutationen gefahndet – mehr dazu hier bei Mainz& – nun wurden die Forscher wie erwartet fündig.
Aufgrund der Screening-Untersuchungen mittels PCR wurden zunächst am Freitag acht positive Ergebnisse gemeldet, alle acht seien der Variante aus Großbritannien zuzuordnen, meldete das Mainzer Gesundheitsministerium. Eine endgültige Bestätigung liege aber erst kommende Woche vor, wenn bei den im Screening aufgefallenen Proben auch eine Vollsequenzierung der Viruserbsubstanz erfolgt sei. Bioscientia zufolge stammen alle acht Proben ausschließlich von Erwachsenen, die jüngste Person ist dabei 24 Jahre alt. Von den Betroffenen lebten sieben im Kreis Mainz-Bingen, und einer im Kreis Rhein-Hunsrück.
Am Samstag wurden dann weitere zehn Verdachtsfälle bekannt, sieben aus dem Landkreis Germersheim und zwei aus dem Kreis Trier-Saarburg. Auch in diesen Fällen werde die britische Coronavirus-Variante B.1.1.7., heißt es weiter – ein größeres Ausbruchsgeschehen sei allerdings bisher nicht festzustellen. Allen Betroffenen gehe es soweit gut, Quarantäne und Testungen der Personen und ihres Umfeldes seien aber verschärft worden. „Nun kommt es darauf an, das Infektionsgeschehen weiter einzudämmen, damit sich neue Varianten möglichst wenig verbreiten können“, betonte Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD).
Das Auftauchen der Mutationen fällt ausgerechnet in eine Zeit, in der die Corona-Infektionen erstmals seit Wochen wieder deutlich sinken. Rheinland-Pfalz meldete landesweit am Sonntag 407 neue Infektionsfälle, allerdings auch 16 neue Todesfälle. Das Gesundheitsamt Mainz-Bingen hatte am Freitag 18 Neuinfektionen im Landkreis Mainz-Bingen gemeldet und 27 in der Stadt Mainz, damit sank die Sieben-Tages-Inzidenz in der Stadt Mainz auf nur noch 67 Infektionen pro 100.000 Einwohner und im Landkreis auf 75. Mainz nähert sich damit erstmals seit Monaten wieder der 50-er Marke, ab der deutliche Lockerungen bei Geschäften, Schulen, Theater- und Kultureinrichtungen möglich sein sollen – dieser Erfolg steht mit den neuen Mutationen nun auf dem Spiel.
Derweil stockt die Impfkampagne von Bund und Ländern weiter, weil immer mehr Hersteller Lieferschwierigkeiten melden – bei einem Impfgipfel am Montag zwischen Bund und Ländern sollen nun jede Menge offene Fragen zu Liefermengen, Zeitpunkt und Verteilung der mittlerweile drei EU-weit zugelassenen Corona-Impfstoffe geklärt werden. Die Europäische Union ließ am Freitagabend zwar den Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca zu, die Ständige Impfkommission (Stiko) in Deutschland empfiehlt seine Verwendung aber nur für Menschen im Alter von 18 bis 64 Jahren.
Der Grund: In der Studie zur Erprobung des Impfstoffs war das Mittel nur bei wenigen älteren Menschen erprobt worden, die Stiko argumentiert deshalb, es lägen zu wenig Daten für diese Bevölkerungsgruppe vor. Der AstraZeneca-Impfstoff beruht auf klassischeren Impfverfahren, bei dem Informationen über das neue Virus mit Hilfe von unschädlichen Zweitviren in den Körper des Menschen eingeschleust werden, seine Wirksamkeit soll bei bis zu 70 Prozent liegen und damit deutlich niedriger als bei den modernen mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna, aber vergleichbar mit Grippe-Impfstoffen.
Info& auf Mainz&: Mehr zu den Mutationen und den Untersuchungsverfahren von Bioscientia lest Ihr hier bei Mainz&.