Trotz wieder gestiegener Corona-Infektionen nach den Sommerferien lockert das Land Rheinland-Pfalz seine Regelungen für Veranstaltungen weiter. Demnach sind bei Veranstaltungen im Freien ab kommendem Mittwoch wieder bis zu 500 Personen erlaubt, in geschlossenen Räumen werden es 250 sein. Auch Zuschauer auf Tribünen und in Sälen sollen wieder zugelassen werden, der Einzelhandel darf wieder mehr Kunden einlassen. Weihnachtsmärkte in der bisherigen Form sind abgesagt, möglich seien aber Weihnachtsdörfer mit begrenztem Zugang oder in der Stadt verteilte Weihnachtsstände, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Traditionelle Fastnachtssitzungen sind generell abgesagt.
Die neue, nunmehr 11. Corona-Verordnung des Landes soll am 16. September in Kraft treten, der Ministerrat hatte die Änderung am Freitag beschlossen. Rheinland-Pfalz lockert damit weiter seine Vorschriften für Veranstaltungen, Einkaufen und Feste – allerdings nur ein wenig. „Das Infektionsgeschehen hat sich stabilisiert, wir haben keine neue Dynamik“, betonte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz.
Durch die Reiserückkehrer nach den Sommerferien seien zunächst die Infektionszahlen hoch getrieben worden, der Anstieg ist aber wohl vorerst gestoppt: Aktuell sind in Rheinland-Pfalz 929 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, die Zahl der Gesamtfälle seit Beginn der Pandemie im März stieg damit auf 9.634 Fälle. In Mainz kamen am Freitag erneut sieben neue Fälle hinzu, im Kreis Mainz-Bingen waren es fünf. Damit gibt es derzeit pro Tag in Mainz weiter zwischen 7 und 12 neue Fälle.
Aktuell würden in Rheinland-Pfalz 25 Patienten wegen Covid-19 in Krankenhäusern behandelt, davon fünf auf Intensivstationen, sagte Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). Drei Patienten müssten aktuell beatmet werden – und erstmals seit Wochen ist wieder ein Mensch an den Folgen der Infektion mit dem neuartigen Virus Sars-CoV-2 gestorben. Die derzeit niedrige Zahl schwerer Fälle liege vor allem daran, dass sich derzeit vorwiegend junge Menschen infizierten, sagte Bätzing-Lichtenthäler weiter, und warnte: „Das sollte uns nicht in falscher Sicherheit wiegen.“
Solange es keinen Impfstoff und keine Therapie gegen das neue Virus gebe, müsse das Infektionsgeschehen weiter genau zu beobachtet werden. Dreyer mahnte deshalb eindringlich, die Einhaltung der Regeln zu Abstands, Hygiene und Masken – die sogenannten AHA-Regeln – seien auch weiter der Schlüssel zu einer erfolgreichen Bekämpfung des Infektionsgeschehens. Sie habe in den vergangenen Tagen noch einmal intensiv mit Experten und Wissenschaftlern gesprochen, sagte Dreyer weiter: Die Wissenschaftler hätten große Sorge, dass der Kippunkt hin zu einem exponentiellen Anstieg der Fallzahlen nicht rechtzeitig erkannt werde – wie es gerade in Frankreich geschehe.
Das Nachbarland Frankreich meldete gerade am Freitag mehr als 10.000 Neuinfektionen gemeldet – binnen 24 Stunden. Die Krankenhauseinweisungen verdoppelten sich binnen der vergangenen vier Wochen, in manchen Städten waren bereits wieder alle Betten belegt. Deutschland sei nach wie vor sehr erfolgreich bei der Bekämpfung der Pandemie, betonte Dreyer – und zwar „überall dort, wo die AHA-Regeln eingehalten“ würden. „Wir wissen sehr wohl, dass es eine gewisse Maskenmüdigkeit gibt“, sagte Dreyer. Aber Corona-Hotspots entstünden eben genau dort, wo Abstand, Masken und Hygiene nicht eingehalten würden.
Dennoch beschloss das Kabinett weitere Lockerungen bei den Corona-Regeln: So dürfen ab Mittwoch Geschäfte in Rheinland-Pfalz wieder einen Kunden pro fünf Quadratmeter Fläche des Ladens zulassen, bisher waren das zehn Quadratmeter. Vor allem aber lockert das land die Regeln für Veranstaltungen: In geschlossenen Räumen durften sich bislang bis zu 150 Personen treffen, ab Mittwoch dürfen es bis zu 250 Personen sein. Im Freien werden dann sogar bis zu 500 Personen erlaubt – und Rheinland-Pfalz lässt auch wieder Zuschauer auf Tribünen und damit auch in Stadien zu.
Bei Veranstaltungen mit festen Sitzplätzen werde es ausreichen, wenn jeweils ein freier Platz neben, hinter und vor einem Sitzplatz frei blieben, sagte Dreyer. Größere Veranstaltungen mit festen Tribünenplätzen könnten nach Vorlage eines Hygienekonzeptes bis zu zehn Prozent der Platzkapazitäten als Zuschauer zulassen. Großveranstaltungen ohne Beschränkungen bleiben aber bis Ende des Jahres komplett verboten, unterstrich Dreyer – das betrifft auch die Fastnacht und die Weihnachtsmärkte.
Die Ministerpräsidentin hatte sich am Morgen auch mit Vertretern von Karnevals- und Fastnachtsverbänden – darunter Vertretern der Rheinischen Karnevals-Korporationen (RKK) und des Bundes Deutscher Karneval (BDK) – getroffen, danach teilte die Staatskanzlei mit: „Fastnacht, wie wir es kennen, kann es nicht geben.“ In der Pressekonferenz erläuterte Dreyer dann, es sei schlicht nicht vorstellbar, eine Sitzung durchzuführen, in der Menschen vier bis sechs Stunden eng an eng schunkelten. „Aber die Fastnacht ist kreativ“, betonte Dreyer, „Fastnacht hat sich schon oft neu erfunden und auf schwierige Zeiten eingestellt.“
Es gebe inzwischen zahlreiche Pläne für Online-Angebote, Live-Streams von Veranstaltungen mit reduzierten Teilnehmerzahlen, aber auch „wunderbare kleine Formate, zum Beispiel einzelne Auftritte in oder vor sozialen Einrichtungen oder in Kindertagesstätten“, sagte Dreyer. Die Entscheidung in Sachen Veranstaltungen bedeute zudem „kein Aus für den Auftakt am 11.11.“ – die Mainzer Fastnachtsvereine planen für die traditionelle Fastnachtsproklamation bereits Online-Formate mit kleinen Besuchergruppen auf dem abgesperrten Schillerplatz.
Ein Aus verkündete Dreyer hingegen für die Weihnachtsmärkte: „Weihnachtsmärkte wird es nicht wie gewohnt geben“, sagte die Ministerpräsidentin, doch auch hier gelte: Es gebe zahlreiche neue, kreative Ideen, die wolle man ermöglichen. „Wir können uns vorstellen, dass es kleine Weihnachtsdörfer mit Kontakterfassung und Personenbegrenzung geben kann“, sagte Dreyer. Auch sei denkbar, dass es „eine Weihnachtsstadt gibt, wo verteilt in der Stadt Häuschen, Stände und Karusselle aufgestellt werden“ – genau so etwas plant derzeit die Stadt Mainz, wie Ihr hier bei Mainz& nachlesen könnt.
Die Lockerungen für Veranstaltungen gelten auch für Kirchen und Kulturveranstaltungen, Kulturminister Konrad Wolf (SPD) sprach deshalb am Abend von einem „wichtigen Schritt für die Kultur“ durch die Lockerungen. „Uns ist bewusst, dass die Einrichtungen stark unter den notwendigen Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung leiden“, sagte Wolf. Durch angepasste Abstandsgebote solle ermöglicht werden, dass mehr Menschen als bisher in den Genuss von Kultur kommen könnten und dabei gleichzeitig geschützt seien. „Auch den Musikbereich stärken wir durch eine Abstandverringerung und machen Proben sowie Auftritte einfacher“, betonte Wolf.
In Abstimmung mit dem Landesmusikrat Rheinland-Pfalz sei ein umfassendes Hygienekonzept für den Musikbereich auf den Weg gebracht worden, demnach können mitwirkende Personen professioneller Kulturangebote während der Probe oder des Auftritts den Mindestabstand von 1,5 Meter unterschreiten. Tätigkeiten mit verstärktem Aerosolausstoß sollen aber nach Möglichkeit weiter im Freien stattfinden. Die Änderungen seien aber „nur möglich, weil die aktuelle Entwicklung der Pandemie diese Lockerungen möglich macht“, mahnte Wolf.
Der Mainzer Staatstheater-Intendant Markus Müller begrüßte die Lockerungen: Es gebe „eine erkennbar starke Sehnsucht der Menschen nach der Begegnung mit dem und im Theater“, sagte er: „Dass wir unser Gegenüber als potenzielle Bedrohung wahrnehmen, die angespannte wirtschaftliche Situation vieler, die zum Teil aufgeheizte und aggressiv geführte Debatte – all dies verlangt nach Diskurs und ästhetischer Reflexion.“ Die Theater seien „substanziell wichtige Orte für unsere liberale Demokratie“, die Regisseure und Choreografen hätten in den vergangenen Monaten kreative Lösungen für Inszenierungen mit Abstand gefunden.
Die Änderungen seien aber „nur möglich, weil die aktuelle Entwicklung der Pandemie diese Lockerungen möglich macht“, mahnte Minister Wolf aber auch. Gleichzeitig stiegt aber die Zahl derer, die die AHA-Regeln missachten, vor allem in Sachen Maskenpflicht. Dreyer kündigte deshalb einen landesweiten Kontrolltag für den 7. Oktober an: Dann sollen Ordnungsämter und Polizei die Einhaltung der Maskenpflicht im ganzen Land überwachen, mit einer „gesunden Mischung zwischen Sensibilisierung und Ahndung von Verstößen.“
Info& auf Mainz&: Alles zur Corona-Pandemie, zu wissenschaftlichen Forschungen sowie zur Maskenpflicht findet ihr auch weiter in unserem großen Dossier zur Coronapandemie, hier auf Mainz&. Mehr zu den aktuellen Plänen für einen Mainzer Weihnachtsmarklt in Pandemie-Zeiten lest Ihr hier bei Mainz&, mehr zu den Plänen für die Mainzer Fastnacht 2021 gibts hier.