Kommt die Corona Warn-App bei Veranstaltungen in Mainz zum Einsatz? Die Meldung schreckte am Dienstag die Mainzer Politikszene auf, der SWR hatte auf seinem Online-Auftritt gemeldet, die Mainzer Stadtmarketing Gesellschaft Mainzplus überlege, die neue Warn-App mit Ticket-Verkäufen zu koppeln. Prompt kritisierten die Mainzer Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner (Grüne) und kurz danach die Mainzer SPD die Überlegungen scharf: Das stelle die Freiwilligkeit der App in Frage und öffne Tür und Tor für eine diskriminierende Nutzung. Die Mainzplus Citymarketing sprach am Nachmittag von einem Missverständnis.

Die Corona-Warn-App des Robert-Koch-Instituts läuft nicht auf allen Handymodellen. - Screenshot: gik
Die Corona-Warn-App des Robert-Koch-Instituts läuft nicht auf allen Handymodellen. – Screenshot: gik

Die Mainzplus Citymarketing prüfe, ob bei Veranstaltungen wie etwa im KUZ oder in der Rheingoldhalle die neue Corona-Warn-App eingesetzt werden könne, schrieb der Südwestrundfunk am Dienstag auf seiner Internetseite, und zitierte Mainzplus mit den Worten: „Ein denkbares Szenario sei, dass Besucher bei der Ticket-Buchung einwilligen, dass sie die App beim Einlass einer Veranstaltung vorzeigen müssen, sagte ein Sprecher. Die App könne damit ein Baustein sein, um Gesundheitsschutz bei größeren Veranstaltungen zu gewährleisten.“ Die Freiwilligkeit der App-Nutzung sei damit nicht in Frage gestellt, eine Entscheidung noch überhaupt nicht getroffen.

Doch schon diese Überlegung löste harsche Reaktionen aus: „Das Mainzer Stadtmarketing darf nicht einmal daran denken, Zutritt zu Veranstaltungen im KUZ oder an anderen Orten nur nach Vorzeigen der Corona-Warn-App zu gewähren“, kritisierte die Mainzer Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner (Grüne) scharf: „Genau diese Art von Zugangsbeschränkungen abhängig von der Nutzung der App haben wir Grüne von Anfang an befürchtet.“ Wenn von der Nutzung der App abhänge, ob man am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben dürfe, „hat das mit Freiwilligkeit aber auch gar nichts mehr zu tun“, schimpfte Rößner.

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Die Corona-Warn-App einzusetzen, um Konzerte wieder zu ermöglichen - für die Veranstaltungsbranche ist das attraktiv. Hier ein Konzert von LaBrassBanda 2018. Foto: Mainzplus/ Stefan Sämmer
Die Corona-Warn-App einzusetzen, um Konzerte wieder zu ermöglichen – für die Veranstaltungsbranche ist das attraktiv. Hier ein Konzert von LaBrassBanda 2018. Foto: Mainzplus/ Stefan Sämmer

Das Argument der freiwilligen Nutzung war von Anfang der wichtigste Baustein der vom Robert-Koch-Institut entwickelten Warn-App gewesen. Die App soll helfen, Infektionswege des neuen Coronavirus nachzuverfolgen, dafür werden Benutzer der App gewarnt, wenn sie sich in der Nähe eines Menschen aufgehalten haben, der sich mit Covid-19 infiziert hat. Die freiwillige Nutzung der App war eines der Hauptargumente gewesen, um Akzeptanz für das Smartphone-Programm zu schaffen.

Rößner kritisierte weiter, es werde bei solchen Debatten überhaupt nicht bedacht, dass zahlreiche Gruppen von Menschen die App überhaupt nicht nutzen könnten – weil sie gar kein modernes Smartphone besäßen, auf dem die App laufe. Tatsächlich begrenzt die Corona-Warn-App die Nutzung auf moderne Smartphones mit neuestem Betriebssystem, sie läuft aber werde auf älteren  Geräten noch auf einfachen handys, auch manche Fabrikate sind von der Nutzung ausgeschlossen. „Es wird immer so getan, als sei es nur eine Frage des Wollens, ob jemand die App nutzt“, kritisierte Rößner. Menschen mit geringem Einkommen, Arbeitslose, Studierende, alte Menschen und viele mehr könnten oder wollten sich oft gar keines der neueren Smartphone-Modelle leisten, auf denen allein die App laufe.

Auch die Mainzer SPD kritisierte derweil die Überlegungen der Mainzplus Citymarketing scharf: Eine Corona-App-Pflicht für Veranstaltungen sei „kontraproduktiv“ für die Akzeptanz der App, eine Pflicht, die App installieren und vorzeigen zu müssen, um Veranstaltungen besuchen zu dürfen, „der falsche Weg“, sagte SPD-Vizevorsitzender Bjoern Witczak. Die App habe immer auf Freiwilligkeit gesetzt, „wenn jetzt von einem 100-prozentigem Tochterunternehmen der Stadt und somit einem staatlichen Akteur, eine Pflicht zur Nutzung durch die Hintertür eingeführt wird, sendet dies die falschen Signale.“

Ein rotes Alarmsignal für die Veranstaltungsbranche setzte am Montagabend auch die Mainzplus Citymarketing in der Rheingoldhalle. - Foto: gik
Ein rotes Alarmsignal für die Veranstaltungsbranche setzte am Montagabend auch die Mainzplus Citymarketing in der Rheingoldhalle. – Foto: gik

Bei der Mainzplus versuchte man am Nachmittag zu beruhigen: „Es wird auf keinen Fall eine Corona Warn App verpflichtend geben“, sagte Sprecher Philipp Meier auf Mainz&-Anfrage. Es habe lediglich „Überlegungen gegeben, ob man die App im Sinne des Gesundheitsschutzes nutzen könne.“ Der Gedankengang sei gewesen, ob man die App so einsetzen könne, dass man die Nachverfolgung als Veranstalter nutzen könne. „Es geht nicht darum, die App verpflichtend zu machen, so war das nicht gedacht“, betonte Meier, „dann würden wir ja von vorneherein Menschen ausschließen, das wollen wir nicht.“

Hintergrund der Überlegungen ist die prekäre Lage der Veranstaltungsbranche, noch immer sind größere Veranstaltungen untersagt – gerade am Montagnacht sendete die Veranstaltungsbranche mit der „Night of Light“ einen Hilferuf an die Politik. Die App weckt deshalb die Hoffnung, größere Events wieder möglich zu machen, indem die Nachverfolgbarkeit von Corona-Infektionen als Argument benutzt werden kann, größere Events wieder zuzulassen. Das aber würde voraussetzen, dass alle Teilnehmer die App auf ihrem Handy installiert hätten – und die App damit zur Pflicht wird.

„Ich verstehe die Veranstaltungsbranche und ihre Not und dass sie möglichst bald wieder mit Konzerten und Großveranstaltungen loslegen will“, sagte Rößner deshalb auch. Doch die Frage sei doch auch, „wo das aufhört: Werde ich als Nächstes von meinem Arbeitgeber gekündigt, wenn ich nicht mehr ohne App auf das Firmengelände darf“, fragte Rößner. Dass es solche Diskussionen schon kurz nach Einführung der App gebe, belege „einmal mehr, dass wir so schnell wie möglich ein begleitendes Gesetz zur App brauchen, das Diskriminierung oder Bevorzugung in Zusammenhang mit der App rechtlich ausschließt.“

Info& auf Mainz&: Die Meldung des SWR könnt Ihr hier im Internet nachlesen. Mehr zur Night of Light und den Problemen der Veranstaltungsbranche findet Ihr hier bei Mainz&.

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