Die neue Corona-Variante Delta breitet sich in Deutschland weiter rasant aus. Aktuell macht die aus Indien stammende Virus-Mutante nach Angaben des Robert-Koch-Instituts  (RKI) bereits 37 Prozent bei den Sequenzierungsnachweisen aus, beim RKI geht man sogar von einem Anteil von bis zu 50 Prozent der Neuinfektionen aus. In Mainz stieg am Donnerstag die Sieben-Tage-Inzidenz erstmals wieder leicht an, derweil bremst die Impfbereitschaft aber leicht ab: Immer mehr Termine werden abgesagt. Das Land Rheinland-Pfalz startet deshalb kommende Woche eine Sonder-Impfaktion für Studierende und junge Erwachsene und ruft dazu auf, Impftermine auch wahrzunehmen.

Verbreitung der Virus-Varianten in Deutschland, die obere Kurse ist Alpha, rechts unten die aufstrebende Kurve markiert die Delta-Variante. - Grafik: RKI, Foto: gik
Verbreitung der Virus-Varianten in Deutschland, die obere Kurse ist Alpha, rechts unten die aufstrebende Kurve markiert die Delta-Variante. – Grafik: RKI, Foto: gik

Die neue Delta-Variante des Coronavirus, die zuerst im Oktober 2020 in Indien nachgewiesen wurde, hat inzwischen auch Europa erreicht, und schickt sich an, das Infektionsgeschehen auch bei uns zu bestimmen. Die Zahl der Neuinfektionen mit der Variante B.1.617.2 (Delta) liege inzwischen bei 37 Prozent aller per Genomsequenzierung untersuchten Fälle, heißt es im jüngsten Virusvarianten-Bericht des RKI, die Zahl habe sich jede Woche verdoppelt. RKI-Chef Lothar Wieler geht davon aus, dass die reale Zahl der Neuinfektionen mit der Delta-Variante bereits jetzt bis zu 50 Prozent ausmacht, Delta werde wohl noch im Laufe des Juli die vorherrschende Variante auch in Deutschland werden, sagen Experten. Der R-Wert nähert sich nach Wochen des Absinkens inzwischen wieder dem Wert 1.

Delta führt zu mehr Krankenhauseinweisungen

Das sind keine guten Nachrichten für einen unbeschwerten Sommer: Delta gilt als noch einmal deutlich ansteckender als die seit dem Frühjahr hier vorherrschende Alpha-Variante, und auch die war bereits etwa 50 Prozent ansteckender als der Urtyp des Coronavirus. Delta könne noch einmal bis zu 40 Prozent ansteckender sein als Alpha, schätzen die Experten, das zeige die Entwicklung aus Großbritannien, von dort verbreitet sich die Delta-Variante derzeit auch auf dem europäischen Kontinent. Die neuen Varianten führten auch zu schwereren Krankheitsverläufen, heißt es beim RKI weiter. Die meisten Ausbrüche gebe es derzeit in privaten Haushalten, am Arbeitsplatz und in Schulen, das gelte sowohl für B.1.1.7 (Alpha) als auch für B.1.617.2 (Delta).

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Warnt seit Tagen eindringlich vor einer neuen Corona-Welle durch die Delta-Variante: RKI-Chef Lothar Wieler, - Foto: gik
Warnt seit Tagen eindringlich vor einer neuen Corona-Welle durch die Delta-Variante: RKI-Chef Lothar Wieler, – Foto: gik

Die Zahl der belegten Betten auf den Intensivstationen gehe zwar seit April zurück, so das RKI in seiner jüngsten Risikobewertung weiter, doch die Zahl der schweren Verläufe steigt offenbar mit der neuen Virusvariante wieder an: Von Anfang bis Mitte Juni wurden insgesamt 873 Einweisungen in Krankenhäuser ans RKI übermittelt, davon betrafen 754 die Alpha-Variante und 119 die Delta-Mutante. Was erst einmal wenig klingt, ist gleichwohl besorgniserregend: Damit mussten 4,4 Prozent aller Covid-19-Erkrankten der Alpha-Mutante mit einem sehr schweren Verlauf der Krankheit in ein Krankenhaus eingeliefert werden – bei der Delta-Variante waren es aber schon 6,1 Prozent der Fälle. Damit bestätigt sich offenbar der Verdacht, dass Delta zu mehr schweren Verläufen führt – betroffen seien nun mehr die 15-59-Jährigen, heißt es beim RKI.

WHO kritisiert UEFA: EM als Pandemiebeschleuniger

Was das für den Verlauf der Infektionen im Sommer heißt, ist bislang unklar. In Großbritannien stieg zuletzt die Sieben-Tage-Inzidenz wieder stark auf weit über 100 an, die Weltgesundheitsorganisation WHO macht dafür auch die Fußball-EM und die unverantwortlich hohe Auslastung der Fußballstadien durch die UEFA verantwortlich: In Schottland wurden laut der Gesundheitsbehörde Public Health Scotland 1.991 Corona-Fälle registriert, die in Verbindung mit Spielen der EM stehen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die EM zum Superspreader-Event werde, sagte der Europadirektor der WHO, Hans Kluge, am Donnerstag – und warnte vor einer neuen Corona-Welle. Nach zehn Wochen Rückgang sei die Zahl der Infizierten in Europa in der vergangenen Woche wieder um zehn Prozent gestiegen, berichtet ZDF Heute.

Volle Stadien, feiernde Fans ohne Abstand - die Fußball-EM droht zum Pandemiebeschleuniger zu werden. - Screenshot: gik
Volle Stadien, feiernde Fans ohne Abstand – die Fußball-EM droht zum Pandemiebeschleuniger zu werden. – Screenshot: gik

In Mainz heißt es zwar noch, es seien bislang nur wenige Delta-Fälle aufgetreten, die Sieben-Tage-Inzidenz stieg aber in Mainz erstmals am Donnerstag laut Landesuntersuchungsamt wieder leicht von 5,9 auf 6,4 an. In Wiesbaden heißt es, man habe ebenfalls erste Delta-Fälle registriert, in einigen betroffenen Straßenzügen habe die Stadt deshalb punktuelle PCR-Testungen für die anwohnenden Bürger angeboten, um sich ein besseres Bild über die Verbreitung dieser Virus-Variante machen zu können, die Daten seien derzeit in der Auswertung. Ziel sei es, „asymptomatische Infektionen, die nicht mittels Antigen-Schnelltest erkennbar waren, zu erfassen und mögliche Querverbindungen zu anderen Indexfällen nachzuvollziehen“, heißt es weiter. So könne man notfalls vorbeugende Maßnahmen erwägen, um ein neues Infektionsgeschehen einzudämmen – Wiesbaden nutzt dafür auch Abwasserproben in der Wiesbadener Kläranlage. Mainz hatte Mitte Juni ebenfalls ein solches Forschungsprojekt zum Aufspüren von Coronaviren im Abwasser gestartet.

Stiko empfiehlt 2. Impfung mit mRNA-Stoff nach Erstimpfung Astra

Klar ist bislang: Der beste Schutz vor der Delta-Variante ist eine Corona-Impfung, allerdings braucht es dafür den vollen Impfschutz. „Der Schutz gegenüber der Deltavariante scheint nach nur einer Impfstoffdosis deutlich herabgesetzt zu sein“, teilte die Ständige Impfkommission Stiko am Donnerstag mit – es sei daher „wichtig, die zweite Impfstoffdosis zeitgerecht wahrzunehmen.“ Die Stiko empfiehlt nun Menschen unter 60 Jahren, die ihre erste Impfung mit AstraZeneca erhalten haben, ausdrücklich die zweite Impfung mit einem mRNA-Impfstoff – also etwa Biontech oder Moderna. Die Immunantwort nach diesem „heterologem Impfschema“ sei den Impfungen mit zweimal dem gleichen Impfstoff „deutlich überlegen“, das zeigten neueste Studien.

Erst Astra, dann Biontech oder Moderna - das bietet offenbar den besten Impfschutz. - Foto: Biontech
Erst Astra, dann Biontech oder Moderna – das bietet offenbar den besten Impfschutz. – Foto: Biontech

Zum Problem wird dabei nun, dass offenbar immer mehr Menschen ihre zweite Impfung schwänzen oder absagen – etwa weil sie in Urlaub fahren wollen. Eine der großen Herausforderungen derzeit sei die teils hohe Zahl nicht wahrgenommener, aber auch nicht abgesagter Termine, sagte der rheinland-pfälzische Impfkoordinator Daniel Stich. Diese Quote liegt landesweit derzeit im Schnitt bei bis zu 15 Prozent. „Wir bitten daher alle Rheinland-Pfälzer: Wenn Sie für einen Termin im Impfzentrum registriert sind, oder bereits einen erhalten haben, zwischenzeitlich aber bei einem Arzt oder Betriebsarzt geimpft wurden, stornieren Sie bitte Registrierung oder Termin möglichst frühzeitig“, appellierte Stich. So sorge man dafür, dass die, die noch warten, schneller geimpft werden könnten.

Andrang auf Impftermine lässt bei den Impfzentren spürbar nach

Denn der Andrang auf die Impftermine lässt inzwischen spürbar nach: „Unsere Impfzahlen sind gut, aber sie reichen noch nicht für einen dauerhaften Erfolg“, betonte Stich. In Rheinland-Pfalz sind laut RKI-Impfquotenmonitor derzeit 56 Prozent der Bevölkerung erstgeimpft, 35,8 Prozent haben auch ihre zweite Impfung erhalten und damit vollen Impfschutz. Die Zahl der Wartenden im Terminpool des Lande schrumpft deshalb derzeit deutlich: Aktuell befinden sich nur noch gut 90.000 Personen Wartestand bei den Impfzentren des Landes, ein deutlicher Rückgang – weniger als 15.000 gehören zur ehemaligen Priogruppe drei, knapp 80.000 haben sich seit dem Wegfall der Priorisierung Anfang Juni angemeldet haben.

Der Andrang in den Impfzentren lässt derzeit spürbar nach, Termine können schneller vergeben werden. - Foto: gik
Der Andrang in den Impfzentren lässt derzeit spürbar nach, Termine können schneller vergeben werden. – Foto: gik

Stich appellierte daher an die Bürger, ihre Chance auf eine Impfung wahrzunehmen: „Wartelisten und Wartezeiten werden kürzer“, sagte der Staatssekretär, er gehe davon aus, dass noch im Sommer jede und jeder Impfwillige ein Impfangebot bekommen könne. „Ich appelliere daher an alle, die sich bisher noch nicht für eine Impfung registriert haben: Melden Sie sich an, lassen Sie sich impfen“, sagte Stich: „Damit schützen sie sich selbst, andere und unsere gemeinsam errungenen Erfolge im Kampf gegen die Pandemie.“

Sonder-Impfaktion für Studierende und Auszubildende

Die sinkende Zahl der Impfwilligen macht deshalb nun auch verstärkt Sonderaktionen möglich: Kommende Woche startet das Land Rheinland-Pfalz eine Sonder-Impfaktion für junge Erwachsene und Studierende zwischen 18 und 27 Jahren. Die Impfkampagne finde an den Hochschulstandorten in Mainz, Koblenz, Kaiserslautern, Landau, Ludwigshafen und Trier statt, stehe aber auch jungen Menschen in der Ausbildung offen, sagte Wissenschaftsminister Clemens Hoch (SPD). Das Land stellt dafür 30.000 Biontech-Impfdosen zur Verfügung, die Organisation erfolgt über die Hochschulen, die jeweils 5.000 Impfdosen erhalten. Man wolle ein hohe Impfquote erreichen, damit es im Wintersemester wieder mehr Normalität an den Hochschulen geben könne.

Die Hochschulen sollen im Wintersemester endlich zurück zum Präsenzunterricht, Rheinland-Pfalz startet nun eine Sonder-Impfaktion für Studierende. - Foto: gik
Die Hochschulen sollen im Wintersemester endlich zurück zum Präsenzunterricht, Rheinland-Pfalz startet nun eine Sonder-Impfaktion für Studierende. – Foto: gik

Nach drei digitalen Semestern gebe es „gute Aussichten“, dass das Wintersemester wieder mit Präsenzveranstaltungen starten könne, sagte Hoch. Das Land wolle aber einen sicheren Semesterbeginn. „Wer sich jetzt im Juli impfen lässt, kann gut geschützt ins Wintersemester starten“, betonte Hoch. Eine hohe Impfquote unter den Studierenden mache es dann möglich, „dass wir dann im kommenden Semester wieder mehr Normalität an den Hochschulen erleben werden.“ Für das Impfangebot können sich Studierende, die aus Rheinland-Pfalz stammen oder an einer rheinland-pfälzischen Hochschule eingeschrieben sind, sowie alle jungen Erwachsenen von 18 bis 27 Jahren mit Wohnsitz in Rheinland-Pfalz anmelden.

„Das Angebot gilt allen jungen Erwachsenen, egal ob man für einen Master oder Meister lernt“, betonte Hoch. Die Impfungen sollen vom 7. bis 14. Juli mit Unterstützung des Deutschen Roten Kreuzes an den sechs Hochschulstandorten erfolgen, Informationen zum Ablauf erfolgen vor Ort durch die Hochschulen. Die Kampagne sei auch ein positives Zeichen an die Studierenden, „die sich in den langen Phasen der Pandemiebekämpfung außerordentlich solidarisch verhalten, und erhebliche Einschränkungen in ihrem Studienverlauf hingenommen haben“, sagte Kristian Bosselmann-Cyran, Präsident der Hochschule Koblenz und Vorsitzender der Landeshochschulpräsidentenkonferenz. Es werde Zeit, „dass diejenigen, die teilweise seit dem Sommersemester 2020 noch keinen einzigen Besuch auf ihrem Campus unternehmen durften, jetzt einen Schritt in die Normalität gehen können.“

Auch die Landesstudierendenvertretung begrüßte das Impfangebot als „unerlässlich“: „Wir freuen uns über die Perspektive einer geöffneten Hochschule, die wieder als Lernort und sozialer Raum genutzt werden kann“, sagte ergänzt Raffael Plum, Sprecher der LandesAStenKonferenz Rheinland-Pfalz: „Wir freuen uns, dass studentische Anliegen Gehör fanden und appellieren an die Studierenden, wenn möglich, das Angebot einer Impfung wahrzunehmen.“

Info& auf Mainz&: Ausführliche Informationen des Robert-Koch-Instituts zu den Virusvarianten findet Ihr hier beim RKI im Internet, die neueste Covimo-Studie zur Impfbereitschaft in Deutschland findet Ihr hier beim RKI. Mehr zum Thema Delta-Variante auf dem Vormarsch lest Ihr auch hier bei Mainz&, einen ausführlichen Bericht über Corona-Nachverfolgung im Abwasser könnt Ihr hier auf Mainz& lesen.

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