Die CDU-Opposition reagiert auf die Vorstellung des neuen Koalitionsvertrages der Ampel-Koalition mit Fassungslosigkeit und Wut. „Das ist eine Kampfansage an die Mainzer Wirtschaft“, reagierte am Montagabend CDU-Generalsekretär Gerd Schreiner. Der Vertrag bedeute „Politik gegen Unternehmen und Arbeitsplätze“ und eine Behinderung von Mobilität, und das alles „mit Unterschrift der FDP – ich bin sprachlos“, sagte Schreiner. Besonders übel stieß der CDU auf, dass die Koalitionäre ihrer Dezernentin Manuela Matz die Zuständigkeit für Unternehmen und Wirtschaftsförderung entziehen wollen, um im Gegenzug einen FDP-Politiker zum zusätzlichen Wirtschaftsdezernenten zu machen. „Es ist an Frechheit kaum zu überbieten, was in dieser Stadt passiert“, sagte CDU-Chefin Sabine Flegel am Abend gegenüber Mainz&: „Die Ampel macht aus der Stadt einen Selbstbedienungsladen.“ Auch Matz selbst äußerte sich.
Grüne, SPD und FDP hatten am Montagabend acht Monate nach der Kommunalwahl im Mai 2019 einen Koalitionsvertrag zur Fortsetzung des Ampel-Bündnisses im Mainzer Stadtrat vorgelegt. Die FDP, der kleinste Partner in der Runde, kündigte dabei an: Man werde dem Oberbürgermeister vorschlagen, einen neuen Dezernentenposten zu schaffen – einen ehrenamtlichen Wirtschaftsdezernenten, der von der FDP besetzt werden solle. Der neue Dezernent solle Kompetenzen und Personal aus dem Wirtschaftsdezernat der im November 2018 für acht Jahre gewählten Manuela Matz abziehen – einer CDU-Frau.
„Das ist ungeheuerlich und ein Schlag gegen die Demokratie“, sagte am Montagabend CDU-Chefin Sabine Flegel gegenüber Mainz&: Hier solle „allein aufgrund von Macht und Postengeschacher“ einer kompetenten Person ihr Aufgabenbereich genommen werden, für den sie demokratisch gewählt worden sei. „Niemand im ganzen Stadtvorstand kann diese Berufserfahrung als erfolgreiche Unternehmerin bieten, wie Manuela Matz sie hat“, betonte Flegel, „hier geht es doch nicht um einen Stuhlkreis – hier geht es um die Zukunft der Stadt.“
Dass die FDP meine, man könne Wirtschaftsförderung und Gewerbeansiedlung nebenbei im Ehrenamt machen, zeige überdeutlich, welchen Stellenwert die Liberalen diesem Job zumessen würden, kritisierte Flegel: „Das ist doch eine Lachnummer.“ Matz habe eine langjährige Berufserfahrung als erfolgreiche Unternehmerin vorzuweisen, „das kommt auch bei den Unternehmen an, denn sie weiß, wovon sie spricht“, betonte Flegel. Bei ihrem Amtsantritt im Dezember 2018 habe sie „einen Scherbenhaufen vorgefunden“ und sei zudem in ihrem ersten Jahr im Amt „gezielt ausgebremst worden“ – so könne erfolgreiche Arbeit nicht gelingen.
Dazu gehöre Mainz zu den am höchsten verschuldeten Städten der Republik, da sei die Schaffung eines weiteren Dezernats „ein Luxus, den sich die Stadt nicht erlauben kann“, sagte Flegel weiter, und erinnerte daran, dass der Stadtvorstand vor zehn Jahren den ehrenamtlichen Kulturdezernenten (damals besetzt von der CDU) abgeschafft hatte – aus Kostengründen. Ein zweiter Wirtschaftsdezernent werde zudem nur bürokratische Wege noch länger machen. „Wir müssen uns nicht wundern, wenn uns die Unternehmen den Rücken kehren“, warnte sie.
Matz selbst sagte am Montagabend auf Mainz&-Anfrage, sie habe von den Plänen der Ampel-Koalition am Montagfrüh aus der Zeitung erfahren. Offiziell habe ihr die Pläne am Montagmittag Oberbürgermeister Ebling eröffnet. Das neue Dezernat sei „überraschend in die Verhandlungsmasse eingeworfen worden“, berichtete Matz, Ebling habe noch hinzugefügt: So sei eben Politik, und so seien die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat.
Sie sei in ihr Amt gestartet ohne irgendwelche Informationen, ohne vernünftiges Konzept und ohne vernünftige Planung – „hier im Dezernat gab’s ja nichts“, betonte Matz weiter. Sie habe sich ohne Hilfestellung einarbeiten müssen, der Leiter der Wirtschaftsförderung habe gekündigt, seinen Posten aber erst im April 2019 geräumt. „Wir sind auf dem Zahnfleisch gegangen, was die personelle Ausstattung angeht, da haben sich ganz viele Mitarbeiter ins Zeug gelegt“, sagte Matz, „ich finde es unfair, wenn auch deren Arbeit jetzt so in Frage gestellt wird.“
Sie selbst erfahre sehr viel positives Feedback, gerade aus Unternehmerkreisen, betonte die CDU-Politikerin: „Man hat mir bestätigt, es sei das erste Mal, dass man eine Vision hört, wie es weitergehen soll – es gab ja keinerlei Visionen.“ Binnen eines Vierteljahrs habe sie Stellen neu besetzt, binnen eines halben Jahres gemeinsam mit ihrem neuen Mitarbeitern ein Konzept ausgearbeitet, sagte Matz: „Ich habe eine Strategie ausgearbeitet, wir werden ein detailliertes Konzept vorlegen.“ Die FDP habe in Jahren nichts auf die Reihe bekommen, „jetzt sucht man irgendeine Entschuldigung, warum man sich schamlos selbst bedient“, kritisierte sie: „Das kann man jetzt nicht mehr hinnehmen.“
„Es kann nicht sein, dass die Ampel hier einen Selbstbedienungsladen draus macht – und der Oberbürgermeister guckt zu“, sagte auch Flegel. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) sei schon qua Amtes „Herr des Verfahrens“ – laut Gemeindeordnung entscheidet der Oberbürgermeister über den Zuschnitt der Dezernate. Ebling habe selbst öffentlich versprochen, „sich darum zu kümmern, dass der Stil des Umgangs besser wird“, merkte Flegel an, „von einem besseren Miteinander haben wir noch nichts gemerkt.“ Der gesamte Vorgang sei „eine bodenlose Frechheit, das ist respektlos und unwürdig, wie man hier auch menschlich miteinander umgeht“, kritisierte Flegel: „Ich würde mich als Ampel schämen.“
Info& auf Mainz&: Mehr zum Thema Wirtschaftsdezernat mit Hintergrund und des Aussagen der Koalitionsparteien in Mainz lest Ihr hier in diesem Sonderartikel zum Thema.