Die Debatte um Schnelltests in Schulen und Kitas reißt nicht ab, seit Anfang April sollen Schüler in Rheinland-Pfalz zweimal pro Woche getestet werden – per Schnelltests in den Schulen, ohne Profi-Teams. Dann kam die dritte Corona-Welle und sorgte für ein erhebliches Infektionsgeschehen in den Kitas – seit vier Wochen werden in den Mainzer Kitas nun ebenfalls die Kinder getestet. Zum Einsatz kommen Nasentests ebenso wie Lolli-Schnelltests, Erzieherinnen geben den Lollitests eindeutig den Vorzug. Doch offenbar denkt man beim Land darüber nach, ausgerechnet diese Tests wieder zu streichen, eine Mainzer Kita fordert nun: Die Lollitests müssen bleiben – sonst werde die Akzeptanz bei den Eltern massiv sinken.

Ben und Erik beim Lolli-Lutschtest in ihrer Kita in Mainz-Weisenau. - Foto: gik
Ben und Erik beim Lolli-Lutschtest in ihrer Kita in Mainz-Weisenau. – Foto: gik

Ben und Erik sind ganz cool. Die beiden Fünfjährigen lutschen gelassen auf dem Stäbchen herum, bis nach 30 Sekunden der Wecker klingelt: Es ist Dienstagnachmittag, und es ist Lolli-Test-Zeit in ihrer Kita in Mainz-Weisenau. „Seit vier Wochen haben wir jetzt hier den Test, und es klappt super gut“, sagt Kitaleiterin Anne Werner: „Für uns als Leitung ist das eine super Sache, weil es einfach mehr Sicherheit gibt.“

Vor vier Wochen startete die Stadt Mainz eine Testkampagne bei Kita-Kindern, nachdem zuvor durch die britische Virus-Mutante das Infektionsgeschehen in den Kitas sprunghaft angestiegen war. Seit März kam es zu einem „erheblichen Infektionsgeschehen“, wie der Leiter des Gesundheitsamt, Dietmar Hoffmann, berichtete, allein zwischen Januar und Mitte April waren in der Stadt Mainz Stadt und im Landkreis Mainz-Bingen 62 Kitas von Corona-Infektionen betroffen, darunter auch einige größere Ausbrüche. Mitte April sprach Hoffmann gar von einem „Riesenproblem“, die Inzidenz der Neuinfektionen lag zu diesem Zeitpunkt in Mainz bei Kinder beinahe doppelt so hoch wie bei Erwachsenen: Während die allgemeine Sieben-Tages-Inzidenz Mitte April in Mainz bei 187 lag, errechnete das Robert-Koch-Institut für die Gruppe der 5- bis 14-Jährigen eine Inzidenz von 385.

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Testkits mit Lollitests in Mainzer Kita. - Foto: gik
Testkits mit Lollitests in Mainzer Kita. – Foto: gik

Stadt Mainz reagierte daraufhin mit einer Testoffensive: Inzwischen würden bis auf drei Kitas in allen rund 60 Einrichtungen der Stadt regelmäßig Corona-Schnelltests bei den Kindern durchgeführt, sagte nun der Mainzer Sozialdezernent Eckart Lensch (SPD) beim besuch der Weisenauer Kita. Viele Kitas arbeiteten mit Apotheken in ihren Stadtteilen zusammen, in 26 Kitas werden die Tests von den Maltesern durchgeführt. „Seit dem 21. April sind wir jeden Tag mit drei Teams in den Mainzer Kitas unterwegs“, berichtet Behrouz Asadi von den Mainzer Maltesern.

Eingesetzt werden dabei Corona-Antigentests, die sogenannten Schnelltests zeigen binnen 15 Minuten ein Ergebnis an. Das besondere in Weisenau: Die Tests erfolgen mit der Lutschmethode, die Kinder lutschen dafür 30 Sekunden lang auf einem kleinen Stäbchen herum und hinterlassen dabei genügend Speichelmaterial für eine Probe. Das Stäbchen schmecke nicht besonders gut, verraten die Erzieherinnen, aber dafür gebe es hinterher eine süße Entschädigung, zudem habe man die Kinder spielerisch vorher auf die Tests vorbereitet. Durchgeführt wird das Prozedere in einem von außen zugänglichen Nebenraum links vor dem Eingang, Ben und Erik lutschen gedankenverloren die angegebene Zeit – dann dürfen sie in die Kita stürmen.

Vorbereitung zum Lolli-Schnelltest durch ein Team der Mainzer Malteser. - Foto: gik
Vorbereitung zum Lolli-Schnelltest durch ein Team der Mainzer Malteser. – Foto: gik

„Die Kinder scheinen das als wenig problematisch zu erleben“, berichtete Lensch, die Vorteile lägen auf der Hand: „Es bringt den Einrichtungen die Sicherheit, dass niemand infektiöses hineinkommt und trägt dazu sei, dass die Inzidenzen nicht noch höher sind.“  Die Eltern hätten sich zu Beginn schon Sorgen gemacht, sagte Lensch weiter, „aber es geht sehr gut, es gibt Ruhe im Ablauf“, positive Tests seien bisher selten gewesen. Insgesamt hätten die Malteser schon 1065 Kinder 485 Erwachsene getestet, das seien zwischen 60 und 70 Kinder am Tag, berichtet Asadi. „Mit Kindern braucht man Zeit, und man braucht Geduld“, weiß er.

Die Corona-Tests würden „super angenommen“, berichtet Anne Werner, das liege auch daran, dass eine professionelle Organisation sie durchführe. „Man hat dann einfach ein besseres Gefühl, wenn eine professionelle Organisation kommt, und das macht“, sagt Werner. Genau dies war der große Streitpunkt vor allem an den Grundschulen im Land: Viele Lehrer fühlten sich der Aufgabe, die Schnelltests bei den Kindern zu beaufsichtigen, nicht gewachsen – auch an Mainzer Grundschulen wurde vehement gegen die Durchführung der Schnelltests in Eigenregie protestiert. Dass die Kinder im Klassenraum selbst mit Proben, Fläschchen und Testreifen hantieren müssten, erhöhe die Infektionsgefahr und senke die Zuverlässigkeit der Tests, so die Befürchtungen – und erst durch die Bundes-Notbremse kam die Testpflicht in den Schulen.

Auch Kitaleiterin Anne Werner macht schnell den Lolli-Lutschtest. - Foto: gik
Auch Kitaleiterin Anne Werner macht schnell den Lolli-Lutschtest. – Foto: gik

Eine Testpflicht für Kita-Kinder gibt es allerdings weiter in Rheinland-Pfalz nicht, das Ergebnis: Im der Kita in Mainz-Weisenau beträgt die Teilnahmequote gerade einmal 60 Prozent. Von 50 Kindern, die derzeit in der Betreuung seien, machten 30 beim Test mit, berichtet Werner. Und dabei sind sie hier in Weisenau schon froh, dass es so viele sind: „Für uns wäre es total wichtig, dass die Lollitests bleiben“, betont die Kita-Leiterin, doch leider gebe es derzeit „eine Debatte, dass das Land die wieder streichen will“, sagt sie. Würde es nur Tests mit Nasenabstrich geben, sagt Werner: „Dann würden wieder weniger Eltern mitmachen, denn die Nasentests tun den Kindern schon weh.“

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Bildung (GEW) fordert regelmäßige Schnelltests in den Kitas für Beschäftigte und Kinder, solche Tests müssten Teil von verbindlichen neuen Leitlinien für einen Alltag mit Corona in den Kitas werden. Es sei nun „dringend der Zeitpunkt gekommen, über Strategien nachzudenken, wie man über den Frühsommer hinaus zu einer weitgehenden und sicheren Öffnung sämtlicher Bildungseinrichtungen gelangen kann“, fordert die Gewerkschaft. Spätestens zum 01. August müssten hierfür Strategien vorliegen, dazu gehörten Test- und Impfstrategien, mehr Personal und die Ausrüstung sämtlicher Gebäude mit geeigneten Lüftungsanlagen.

Die CDU-Opposition hatte schon Anfang Mai die flächendeckende Einführung von Lolli-Schnelltests an Schulen und Kitas gefordert: Spätestens nach den Pfingstferien müssten die Lutschtests zum Einsatz kommen, sagte CDU-Fraktionschef Christian Baldauf: Die Tests seien „altersadäquat und kindgerecht“, sagte Baldauf: „Überfällig ist ein Konzept des Landes, diese Art von Tests für unsere Kinder im Land anzubieten.“

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