Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) verschärft ihren Kampf gegen die aus ihrer Sicht hochgradig umwelt- und menschenschädliche private Silvesterböllerei: Der Umweltverband stellte diese Woche einen formalen Antrag auf Erlass eines kommunalen Böllerei-Verbots in 98 Städten in ganz Deutschland – darunter auch in Mainz. Der Grund: die hohen Feinstaubwerte. An jedem Neujahrsmorgen herrschten in deutschen Städten aufgrund der privaten Silvester-Böllerei Rekord-Feinstaubwerte von 1000 Mikrogramm und mehr, das sei eine erhebliche Gesundheitsgefährdung, argumentiert die DUH. Dazu kämen für Tier und Umwelt schädlicher Lärm, erhebliche Müllberge sowie Brandgefahren und sogar Verletzte. Die Deutsche Umwelthilfe fordert die Städte deshalb auf, tätig zu werden – denn es gebe Alternativen wie zentrale Licht- und Lasershows.
Schon seit mehreren Jahren plädiert die Deutsche Umwelthilfe für den Verzicht auf die private Silvesterknallerei und für zentrale Lichtshows als Ersatz – und sie ist damit nicht alleine: Knapp 60 Prozent der Deutschen befürworteten Schwarzpulver-freie Silvesterfeuerwerke in dicht besiedelten Innenstädten, das zeigten offizielle Umfragen, betont die DUH. Auch andere Naturschutzverbände wie der NABU kritisieren seit Jahren die Privatböllerei, weil Gartenvögel und Wild aufgeschreckt und viele Haustiere durch die Knallerei in erhebliche Stresssituationen versetzt werden.
Auch das Umweltbundesamt warnt seit einigen Jahren explizit vor dem Aufenthalt im Freien in der Silvesternacht: Da sind zum einen die erheblichen Gefahren durch Brände oder nicht sachgemäß verwandten Böllern, laut Umweltbundesamt erleiden pro Jahr rund 8.000 Menschen zu Silvester Verletzungen des Innenohrs durch Feuerwerkskörper, dazu kommen Verbrennungen, abgerissene Finger und Augenverletzungen in den Notaufnahmen. Stein des Anstoßes in den vergangenen Jahren ist aber vor allem die Feinstaubbelastung: In der Stunde nach Mitternacht legt sich regelmäßig ein Deckel beißenden Qualms über die Innenstädte, und dieser Rauch ist giftig.
4.500 Tonnen Feinstaub der Größe PM10 werden jedes Jahr an Silvester freigesetzt, warnt das Umweltbundesamt – das entspricht in etwa 15,5 Prozent der jährlich im Straßenverkehr abgegebenen Feinstaubmenge. Mehr als 1000 Mikrogramm werden so jedes Jahr in der Neujahrsnacht erreicht – zum Vergleich: der Tagesmittelwert für Feinstaub liegt bei 50 Mikrogramm. Obwohl das Umweltbundesamt bereits seit Jahren vor den negativen Folgen der Silvester-Böllerei warne, herrsche in vielen deutschen Städten noch immer jedes Jahr zum Jahreswechsel „ein regelrechter Ausnahmezustand“, klagt die DUH nun: „Am Neujahrstag zeigen sich die Innenstädte als verwüstete und mit Böllermüll verdreckte Umwelt.“ Trotzdem bleibe der Bund noch immer untätig.
Feinstaub und vor allem der mikroskopisch kleine Ultrafeinstaub zählten aber neben dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) zu den gefährlichsten Luftschadstoffen, betont die DUH. Die Europäische Umweltagentur warne in einer aktuellen Gesundheitsstudie von Anfang Oktober 2019 vor 59.600 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland durch Feinstaub – pro Jahr. „Wir wünschen uns weiterhin freudige Feste zum Jahreswechsel – aber ohne verpestete Luft, brennende Häuser, verletzte Menschen und verängstigte Tiere durch archaische Schwarzpulver-Böllerei“, sagt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch.
Deshalb habe die DUH in den 98 am stärksten belasteten Städten formale Anträge auf ein Verbot der privaten Knallerei gestellt. „Wir hoffen, dass möglichst viele Städte bereits zum kommenden Jahreswechsel innerstädtische Böller-Verbote beschließen und sich damit für die saubere Luft und für ihre Bürger entscheiden“, betonte Resch. Zu den besonders betroffenen Städten gehören diejenigen, in denen die Feinstaubwerte über 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen – in Mainz sind es 24 Mikrogramm im Jahresmittel. Am Neujahrstag 2019 hatte Mainz mit die höchsten Feinstaubwerte in ganz Deutschland auf.
Statt der privaten Böllerei schlägt die DUH zentrale Feuerwerksfeiern in den Städten vor, das tat sie auch schon vor einem Jahr: Ein öffentliches Feuerwerk oder eine professionelle Pyro-Show seien nämlich nicht nur sicherer, sagte die DUH damals, sie belasteten auch die Umwelt weniger, da dabei meist eben nicht das schädliche Schwarzpulver, sondern andere Feuerwerksbatterien zum Einsatz kämen. In diesem Jahr verweist die DUH zudme auf das Beispiel der Stadt Landshut: Die habe zum Jahreswechsel 2018/19 eine professionelle Lasershow organisiert, die hervorragend angekommen sei. Solche Lasershows sein „die moderne und saubere Alternative zur Schwarzpulver-Böllerei“, betont die DUH. Auch zum Start ins kommende Jahrzehnt wolle Landshut wieder eine eindrucksvolle Lasershow anbieten, „die sicher jedem Besucher ein ganz besonderes Neujahrserlebnis bieten wird und die nicht jeder wie ein Feuerwerk schon 100 Mal gesehen hat.“
Die DUH fordert zudem Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) auf, das Bundesimmissionsschutzgesetz so zu ändern, dass Städte leichter umfassende kommunale Böller-Verbote aussprechen können. Dazu beteiligt sich der Umweltverband an einer Online-Petition für das Verbot von Silvesterfeuerwerk für Privatpersonen, auf der Plattform Change.Org haben dies bereits mehr als 100.000 Menschen unterschrieben. „Silvester muss kein gefährliches, umweltbelastendes Fest sein“, betont die Initiatorin Andrea Glomba. Sie rufe deshalb die Menschen auf, auf ihre Stadt- und Gemeindeoberhäupter zuzugehen und ein Ende der privaten Böllerei zum Jahreswechsel zu fordern. „Es wird Zeit für zeitgemäße und sichere Alternativen“, betonte Glomba.
Info& auf Mainz&: Die Online-Petition für ein Verbot von privatem Silvesterfeuerwerk findet Ihr hier auf Change.org, unseren Bericht von 2018 zum Thema mit Fakten und Links findet Ihr hier. Zur Silvesterbilanz 2019 mit Feinstaubwerten und Notfalleinsätzen geht es hier entlang – Mainz hatte an Neujahr 2019 eine der höchsten Feinstaubbelastungen der ganzen Republik.