Vor knapp einem Jahr bekam Mainz zum ersten Mal die Rote Karte für seine Stadtversiegelungspolitik: Die Deutsche Umwelthilfe bescheinigte der Stadt anhand konkreter Geodaten, eine viel zu hohe Versiegelung und eine viel zu geringe Gründichte – Mainz sei für Hitze schlecht gerüstet. Viel geändert hat sich daran offenbar nichts: Auch bei dem zweiten Hitze-Check der DUH 2025 ist Mainz eines der Schlusslichter in der Republik: Mit mehr als 51 Prozent Versiegelung und einem Grünanteil von ganzen 1,92 Prozent landet Mainz auf dem achtschlechtesten Platz von 190 Städten.

2024 hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zum ersten Mal den Hitze-Check gemacht: Mit Hilfe von Daten der Potsdamer Luftbild Umwelt Planung GmbH wurden die 190 größten Städte in Deutschland mit mehr als 50.000 Einwohnern auf ihren Grad der Flächenversiegelung und ihre Grünausstattung analysiert. Die DUH wollte wissen, wie gut deutsche Städte gegen kommenden Hitzewellen gerüstet sind, ein hoher Grünanteil hilft gerade Innenstädten, das Klimakühler zu halten, Bäume liefern Schatten. Große Betonflächen hingegen sorgen dafür, dass sich Städte aufheizen und das Leben unerträglich machen.
Die Ergebnisse des ersten Hitze-Checks erschreckend: Von 190 untersuchten Städten bekamen zwar 84 eine Grüne Karte, 82 eine Gelbe Karte für ungenügende Vorsorge. 24 Städte bekamen sogar eine Rote Karte für alarmierende Werte – darunter: Mainz. Die Linke sprach prompt von „einer Ohrfeige für die rot-grüne Stadtentwicklungspolitik der vergangenen Jahrzehnte“ und einem „besonders peinlichen Zeugnis“ für die rot-grüne Stadtpolitik, ist das Umweltdezernat doch seit 15 Jahren in grüner Hand, die Baupolitik hingegen Sache der SPD. Zugleich warnte die Linke auch: Hitze sei auch ein soziales Problem, denn wer gezwungen sei, in beengten Innenstadtverhältnissen zu wohnen, sei von gefährlicher Hitze stärker betroffen.
Neuer Hitzebetroffenheitsindex verschärft Lage: 31 x Rote Karte
Genau diesen Aspekt griff die Deutsche Umwelthilfe nun für ihren zweiten Hitze-Check auf: In diesem Jahr wurden die Faktoren hohe Versiegelung und Grünanteil durch einen dritten Faktor ergänzt – einen Hitzebetroffenheitsindex (HBI). Er erfasst, wie viele Menschen innerhalb einer Kommune in stark belasteten Gebieten leben – also dort, wo hohe Temperaturen, dichte Versiegelung und zu wenig Grün zusammentreffen.

Die Ergebnisse nennt die DUH selbst „alarmierend“ – denn durch den neuen Hitzebetroffenheitsindex verschlechterten sich die Werte in vielen Städten noch weiter. So erhielten in diesem Jahr insgesamt sogar 31 Städte eine Rote Karte, 131 eine Gelbe Karte und nur noch 28 eine Grüne Karte – eine deutliche Verschlechterung der Lage. Manche Städte rutschen im Index gar weit ab, so liegt nun Mannheim mit seiner hohen Versiegelungsdichte und vielen Menschen auf engstem Raum auf dem letzten Platz, 2024 war dies Ludwigshafen gewesen. Die Pfälzer Metropole kommt jetzt auf den vorletzten Platz, kurz davor eine weitere rheinland-pfälzische Stadt: Worms.
In all diesen Städten litten besonders viele Menschen unter Hitze, konstatiert die DUH: „Hier leben 88 bis 91 Prozent der Bevölkerung in stark belasteten Gebieten.“ Die Main-Metropole Frankfurt rutscht deshalb auch auf den fünfletzten Platz ab, Mainz liegt nun auf dem achtschlechtesten Platz im Ranking der 190 Städte. Zum Vergleich: Die Nachbarstadt Wiesbaden liegt mit einem Gesamtindex von 16,37 deutlich weiter vorn, was vor allem an einem mittleren Versiegelungsgrad von 45,47 Prozent und einem Grünanteil von 3,53 Quadratmeter Grün pro Quadratmeter Fläche liegt. Spitzenreiter Hattingen hat hingegen einen Versiegelungsgrad von gerade einmal 38,54 Prozent bei einem Grünanteil von 4,98 Quadratmeter Grün pro Quadratmeter Fläche.
Mainz: Grünanteil pro Quadratmeter gerade einmal bei 1,91
Viele der Städte mit einer Grünen Karte liegen denn auch im Norden der Republik, aber auch die Großstadt Hamburg darf sich über einen Wert im grünen Bereich freuen (13,32), ebenso aber auch Ruhrgebietsstädte wie Dorsten (13,41) oder Solingen (13,63) oder die NRW-Stadt Wuppertal (13,53), wo die Studie zum Beispiel einen guten Grünwert von 53,26 ermittelte. In Mainz hingegen liegt der Grünanteil bei lediglich 1,91 Quadratmeter Grün pro Quadratmeter Fläche, einer der schlechtesten Werte im Ranking überhaupt. Auch der Versiegelungsgrad von 51,61 Prozent gehört zu den schlechten Werten, ebenso eine hohe Oberflächentemperatur von im Schnitt 36,85 Grad.

Beim neuen Hitzebetroffenheitsindex (HBI) ermittelte die Studie ebenfalls dramatische Werte für Mainz: Danach sind lediglich 0,37 Prozent der Einwohner von Mainz wenig vom Problem Hitze betroffen, 31,88 Prozent aber mittelstark, aber 67,75 Prozent hochgradig. „Unser Hitze-Check ist ein Alarmsignal und sollte ein Weckruf für Kommunal-, Landes- und Bundespolitik sein“, betonte denn auch DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Die Daten zeigten klar auf, wo der Handlungsbedarf, Grünflächen zu schaffen, am dringlichsten sei und gebe den Städten klare Planungswerkzeuge an die Hand, um Maßnahmen dort umzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht würden.
„Ab sofort muss die Begrünung von Städten und der Erhalt von Bäumen genauso priorisiert werden wie Wohnungsbau“, forderte Metz. Von den 34 Millionen Menschen in den untersuchten Städten seien 32 Millionen von mittleren und extremen Hitzebelastungen betroffen. Mehr als 12 Millionen Menschen in deutschen Städten seien an ihrem direkten Wohnort extremer Hitzebelastung ausgesetzt – und rund 3.000 Menschen sterben hierzulande jedes Jahr an den Folgen extremer Hitze.
DUH fordert verbindliche Mindestgrünanteile auf jedem Grundstück
„Wir fordern verbindliche Mindestgrünanteile auf jedem Grundstück, Gebäude und im öffentlichen Raum“, sagte Metz weiter. Die neue Bundesbauministerin Verena Hubertz sowie Bundesumweltminister Carsten Schneider (beide SPD) sowie alle zuständigen Landesminister „müssen entsprechende Vorgaben etwa in Form eines Grünflächenfaktors im Baugesetzbuch und in allen Landesbauordnungen verankern“, forderte sie. Die Kommunen bräuchten zudem die notwendige finanzielle Unterstützung, um die Städte zu begrünen für die Gesundheit der Bevölkerung.

Die Bürger ruft die DUH derweil dazu auf, ihre Politiker in die Pflicht zu nehmen, und ihnen Anträge für mehr Grün in ihrer Stadt zu schicken – und hat dafür auch gleich ein Formular auf ihrer Homepage bereitgestellt. Darauf kann man angeben welcher Ort oder welche Straße der jeweiligen Stadt besonders dringend mehr kühlendes Grün benötigt.
„Mach mit uns Druck, nimm deine Stadt in die Pflicht und stelle jetzt einen Antrag an deinen Bürgermeister“, heißt es dort: „Fordere mit uns mehr Bäume, mehr grünen Lebensraum und weniger Beton und Asphalt! Denn Stadtgrün kühlt, reinigt die Luft und schafft lebenswerte Orte für alle.“
Info& auf Mainz&: Mehr zu den Ergebnissen des Hitze-Checks 2025 und der Berechnungsmethode findet ihr ausführlich hier bei der DUH im Internet. Mehr zur Methode und den Ergebnissen der einzelnen Bundesländer gibt es hier bei der DUH. Einen ausführlichen Bericht zum Hitze-Check 2024 lest Ihr hier bei Mainz&.