Das rigide Vorgehen der Stadt Mainz neuerdings gegen bislang geduldete Parkflächen im Stadtgebiet, stößt auf immer mehr Kritik. Am Donnerstag übergaben Bürger eine Petition mit mehr als 320 Unterschriften an Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) gegen das Vorgehen der Stadt und forderten eine „Denkpause“ samt Gesprächen. Die Mainzer FDP fordert derweil eine Legalisierung von geduldetem Parkraum und ein ganzheitliches Parkraumkonzept für Mainz. Eine Parkplatzvernichtung ohne Alternativen sei „unsozial“, es brauche intelligente Parklösungen und Quartiersgaragen. Auch die FDP hat nu eine Petition gestartet.

Seit einigen Wochen geht das Verkehrsdezernat in Mainz besonders rigide gegen parkende Autos vor, und das gerade auch an Stellen, wo das Parken seit Jahrzehnten geduldet wurde – und wo es niemanden behindert. Mehr als 800 Knollen verteilte die Stadt Mainz seit Mitte Februar allein in der Wallstraße auf dem Hartenberg, hier hatten Autofahrer seit Jahren auf dem Grünstreifen und zwischen Bäumen geparkt. Gehwege wurden dabei nicht zugestellt, der Grünstreifen ist weder schön bepflanzt noch besonders ökologisch wertvoll.
Trotzdem verteilte das Verkehrsdezernat der grünen Umweltdezernentin Janina Steinkrüger hier gleich hundertfach Bußgelder in Höhe von 55,- Euro das Stück – Anwohner kritisierten empört und entsetzt das Vorgehen: Eine Vorwarnung habe man nicht erhalten, die Änderung in der Handhabung mit den parkenden Autos sei in keinster Weise kommuniziert worden. Dazu parken nun die Autos auf der Fahrbahn, was den Straßenraum massiv verengt, den Verkehr für Radfahrer erheblich gefährlicher macht und zu Problemen mit entgegenkommenden Fahrzeugen führt.
Petition fordert „Denkpause“ von der Stadt statt Parkraumvernichtung
Tatsächlich ist Parken auf Gehwegen und besonders auf Grünstreifen eine Grauzone, die Städte können das Parken hier dulden – sofern die Autos niemanden behindern und Gehwege oder Radwege nicht zugeparkt werden. Die Wallstraße ist indes kein Einzelfall: Auch aus der Oberstadt, rund um den Fichteplatz sowie in Bretzenheim klagen Anwohner über ein ähnliches rigides Vorgehen der Stadt an Stellen, wo parkende Autos bislang stets geduldet wurden. Eine spontan gestartete Petition mit dem Titel „Stadt stoppen“ sammelte seit Ende März Unterschriften gegen den „Knollen-Feldzug“ der Stadt.

Am Donnerstag übergaben die Initiatoren die Petition samt der ersten 323 Unterschriften an Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos): „Binnen weniger Tage haben 318 Mainzerinnen und Mainzer unterzeichnet und viele haben Ihre Gründe dargelegt“, heißt es in der Pressemitteilung dazu: „Der Unmut über das vielfach als kompromisslos empfundene städtische Vorgehen, etwa bei Abschleppaktionen, Parkplatzrückbau bei gleichzeitig angekündigt höheren Gebühren oder Strafzettelverteilung in den Wohnvierteln, ist groß.“
Die Initiatoren und Unterzeichner der Petition fordern von der Stadt, dringend eine „Denkpause“ einzulegen, in der die Stadt Mainz und ihre Bürger ins Gespräch kommen sollten. „Bevor die Stadt Mainz weitere Entscheidungen etwa zum Anwohnerparken und zum Parkplatzmanagement fällt, fordern wir ein Moratorium“, heißt es in der Petition. „Wir betonen, dass wir keiner Autolobby das Wort reden“, unterstreichen die Initiatoren: „Wir nutzen Kraftfahrzeuge ebenso wie Fahrräder, Bus und Bahn und gehen zu Fuß. Mobilität ist vielfältig. Sie neu zu denken ist notwendig.“
„Mainz braucht faires, soziales und klimagerechtes Parkkonzept“
Auf das Auto könnten viele Stadtbewohner aber angesichts nicht ausreichender
Alternativen nicht ganz verzichten, es gebe eine Konkurrenz mit Pendlern um den knappen Parkraum. „Die Stadt Mainz braucht daher ein umfassendes Konzept, das fair, sozial und klimagerecht gerade in den Wohngebieten gute Lösungen auch für Autos und Fahrräder anbietet“, fordert die Petition. Das jetzt angekündigte Nachtparken in Parkhäusern könne ein kleiner Teil einer Lösung sein, man schlage eine mehrwöchige (kostenlose) Testphase auch zur tage- und nicht nur zur monatsweisen Nutzung vor.

In den Quartieren sollten zudem mit den Ortsbeiräten Begehungen stattfinden, konkrete Lösungen für die aktuellen Situationen gesucht, „und mit dem gemeinsamen Nachdenken über die Zukunft der Mobilität in den Vierteln begonnen werden“, heißt es weiter. Das betreffe nicht nur die Oberstadt: „Anwohner*innen z.B. in Gonsenheim, dem Bleichenviertel oder an der Wallstraße kämpfen ebenso damit, dass sie keinen Stellplatz mehr in ihrer Wohnumgebung finden, weil sie meist als Mieter auf keinen privaten Parkraum ausweichen können.“ Bisher fehle „ein Konzept, das die gesamte Stadtgesellschaft in den Blick nimmt und die Lasten angemessen verteilt – damit Mainz für alle ein lebenswerter Wohnort bleibt!“
Ein solches ganzheitliches Parkraumkonzept für Mainz fordert nun auch die FDP – und die Legalisierung von bisher geduldeten Parkflächen, wo diese keine Probleme bei der Sicherheit verursachen. „Die Stadt Mainz zerstört Parkraum, ohne echte Alternativen zu schaffen“, klagten Thomas A. Klann und Marc Engelmann, beide Mitglieder der FDP im Mobilitätsausschuss der Stadt.
FDP startet Petition: geduldeten Parkraum legalisieren
Das sei „nicht nur realitätsfern, sondern auch unsozial gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die auf ihr Auto angewiesen sind“, schimpften die beiden Liberalen: „Wenn über Jahrzehnte genutzte Stellflächen plötzlich gesperrt werden, entsteht der Eindruck, dass es der Stadt primär ums Geldverdienen geht, anstatt um eine sinnvolle Verkehrsplanung.“ In vielen Mainzer Stadtteilen gebe es Flächen, die über Jahre hinweg von Anwohnern als Parkplätze genutzt worden seien, ohne dass es zu Problemen kam.

Die FDP Mainz fordere die Stadtverwaltung auf, seit Jahrzehnten geduldeten Parkraum in Wohngebieten dauerhaft zu legalisieren. „Es kann nicht sein, dass Anwohnerinnen und Anwohner, die auf diese Stellflächen angewiesen sind, plötzlich mit Bußgeldern oder Abschleppmaßnahmen rechnen müssen, nur weil die Stadt ihre bisherige Praxis ändert“, kritisiert die FDP. „Wir brauchen eine Mobilitätspolitik mit Augenmaß, die pragmatische Lösungen für die Menschen findet“, betonte Klann: „Eine autofreie Stadt lässt sich nicht mit Verboten und Schikanen erzwingen, sondern nur mit guten Alternativen.
Dazu gehörten auch ausreichend Parkplätze für Anwohner und Pendler.“ Die FDP Mainz fordere deshalb ein pragmatisches und zukunftsorientiertes Parkraumkonzept, das sowohl Anwohnerinteressen als auch die Realität der Mobilität in Mainz berücksichtige. Dazu gehöre neben einer Legalisierung von unproblematischen Parkflächen auch die Schaffung von Quartiersgaragen oder intelligenten Parklösungen in den Stadtteilen – vor allem aber „ein Stopp der ideologisch motivierten Parkplatzvernichtung ohne sinnvolle Ersatzlösungen.“
Info& auf Mainz&: Auch die Mainzer FDP hat nun eine Petition gestartet, die Ihr hier im Internet findet, sie fordert die Legalisierung von geduldetem Parkraum. Auch die erste Petition „Stadt stoppen“ sammelt weiter Unterschriften, Ihr findet sie hier im Internet. Mehr zum Knollen-Feldzug der Stadt gegen parkende Autos lest ihr hier bei Mainz&.