Wer in diesen Tagen am Fotogeschäft Rimbach am Schillerplatz vorbeikommt, dem blicken aus dem Schaufenster eine ganze Reihe Frauen entgegen. Das an und für sich wäre nichts Ungewöhnliches, doch diese Frauen haben etwas Besonderes gemeinsam: Sie alle engagieren sich in der Mainzer Fastnacht, oft hinter, zuweilen aber eben auch auf der Bühne. „Wir wollen mit dem Projekt Frauen in der Mainzer Fastnacht sichtbar machen“, betont Anna Meffert von der 1. Mainzer Frauengarde „Die Gardinen“. Das Projekt fällt in eine Zeit, in der Frauen immer selbstbewusster auf ihre Rolle in der Narretei pochen.
![Frauen ins Schaufenster: Diese Aktion initiierten Anna Meffert (links) und Maria Weyand von der 1. Mainzer Frauengarde "Die Gardinen". - Foto: gik](https://mainzund.de/storage/2025/02/Gardinen-Anna-und-Maria-vor-Fotoaktion-Frauen-ins-Schaufenster-weit-kleiner-300x235.jpg)
Sie spielen im Musikzug und trainieren das Männerballett, sie organisieren Veranstaltungen oder sind als Büttenrednerinnen und Sitzungspräsidentinnen aktiv: Ohne Frauen ginge in der Mainzer Fastnacht herzlich wenig. Trotzdem stehen oft genug die Männer im Rampenlicht und im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, gelten als „Stars“ der Fastnacht, als umjubelte Akteure. Die Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ kam die letzten Jahre gar ganz ohne Frauenakteure jenseits des Balletts aus – als gäbe es gar keine Frauen in der Bütt oder am Mikrofon.
Eine kleine, feine Fotoaktion will das nun ändern: „Wir wollten mit der Schaufenster-Aktion Frauen mit ihrer Präsenz in der Fastnacht stärken, zeigen, was sie leisten und welches Engagement neben Job und Familie sie bringen“, sagt Anna Meffert alias „Glädis Narhalla von Brittonorum“. Ihr Alias weist sie als Mitglied der 1. Mainzer Frauengarde „Die Gardinen“ aus, die gründete sich vor genau 11 Jahren, und zieht seither als reine Frauentruppe mit viel Spaß und selbstironischen Untertönen durch die Mainzer Fastnacht. „Die Gardinen“ sind natürlich eine Anspielung auf Frauenrollen und das Öffnen von Vorhängen, das Wort ist aber auch von der „Garde“ hergeleitet – in Mainz sind Garden die Hüter der Fastnacht.
![](https://mainzund.de/storage/2025/01/Collage-CIM-Meenzer-Leit-mit-Michel-und-Gardinen-2025-kleiner.jpg)
Vorkämpferinnen für Frauenpower in der Fastnacht: Margit, Hilde
Und da spielen Frauen oft eine ganz zentrale Rolle: Es sind immer Frauen die Balletts trainieren, die Choreographien entwerfen und in den Tanzgruppen ihre Beine schwingen – welche professionellen Ausmaße das inzwischen angenommen hat, demonstrierten höchst eindrucksvoll die Showtanzgruppen Anfang Januar beim 1. Rucki Zucki Dance Contest des Mainzer Carneval Vereins (MCV). Den „Mädchen vom Ballett“ widmete die Fastnachtsbands „Die Humbas“ sogar schon eine Hymne – doch viel zu oft wurden und werden Frauen in der Fastnacht auf die Rolle der „Tanzmaus“ reduziert.
![Vorkämpferin für Frauen auf der Fastnachtsbühne: Margit Sponheimer, das legendäre "Margittche", hier 2019 bei einem Auftritt beim GCV in Gonsenheim, - Foto: gik](https://mainzund.de/storage/2019/04/Margit-Sponheimer-300x200.jpg)
Dabei gibt es längst große und legendäre Vorbilder, allen voran Margit Sponheimer, die einst als erste singende Frau auf einer Mainzer Fastnachtsbühne die Tür für nachkommende weibliche Stars öffnete. „Es Margittche“ ist heute Ehrenbürgerin der Stadt Mainz, eine Nachfolgerin in der Sparte Musik hat sich indes bis heute nicht so richtig gefunden. Dafür stehen Frauen auch längst in der Bütt ihren „Mann“ – allen voran Größen wie Hildegard Bachmann oder Gabriele Elsner mit ihrer „Apollonia“, die in diesem Jahr ihren Abschied von der Fastnachtsbühne nimmt.
Prominente Nachfolgerinnen auf der Fastnachtsbühne? Sind sie tatsächlich rar – oder werden Frauen einfach nur weniger (zu)gelassen? Die Frage drängt sich gerade in diesem Jahr auf, zeigte doch die erste GCVrau-Sitzung mit ihrer komplett reinen Frauenmannschaft, wie viel närrisches Potenzial in den Vereinen schlummert. Brilliante Parodien, Gänsehaut-Songs und bissige Politikvorträge, alles Made by Frauenhand – es war ein Augenöffner in der Mainzer Fastnacht. Zwei der GCVrau-Vorreiterinnen sind denn auch Teil der Fotoaktion: Lea Heymann, Aktivensprecherin beim Gonsenheimer Carneval Verein (GCV) und Moderatorin des GCV-Kinderfestes „Schnorresjer“ – und Christina Grom.
18 Frauenportraits: Protokollerin, Trommlerin, Fahnenschwenkerin
Grom steht schon seit einigen Jahren immer wieder beim GCV mit politischen Vorträgen auf der Bühne, in diesem Jahr allerdings machte sie den ganz großen Sprung nach vorne: Als erste weibliche Protokollerin bei einem der vier großen Mainzer Fastnachtsvereine, legte Chrissie Grom eine umjubelte Premiere als närrische Protokollerin in die Bütt. Über Frauen werde in der Fastnacht generell zu wenig geredet, sagt auch die 1. Vorsitzende der „Gardinen“, Maria Weyand alias „Gundula von Aquincum zu Moguntia“, das wandele sich erst so langsam.
![Frauen in der Fastnacht sind oft hinter den Kulissen tätig, die Fotoaktion stellt sie nun prominent ins Schaufenster - ganz buchstäblich. - Foto: gik](https://mainzund.de/storage/2025/02/Fotoaktion-Frauen-im-Schaufenster-bei-Foto-Rimbach-weiter-kleiner-300x209.jpg)
Für das Fotoprojekt „Fraae uff un hinner de Bühn – Uffgerüscht für die Meenzer Fassenacht“ holten die „Gardinen“ deshalb nun gemeinsam mit Foto Rimbach- Inhaberin Theresa Schulz Fastnachtsfrauen vor die Kamera, mit klarem Fokus: Frauen in der Mainzer Fastnacht sichtbar machen. „Es ist uns auch wichtig, nicht die Frauen zu vergessen, die hinter den Kulissen schaffen, denn ohne die wäre die Fastnacht weniger bunt und gar nicht machbar“, sagt Maria Weyand.
18 Frauenporträts sind dabei herausgekommen, darunter sind etwa Tanja Kieber, die gemeinsam mit Anne-Marie Wessa das Männerballett der Bretzenheimer Jakobiner trainiert, während Wessa auch noch beim Musikzug mitspielt. Andere wie Verena Storch von der Garde der Prinzessin (GdP) laufen als Fahnenschwenkerin bei Umzügen mit, während ihre Kollegin Verena Meier die Social Media Beauftragte der GDP ist, und im Furierteam für die Verpflegung zuständig ist. „Es war auch gar nicht so super leicht, Frauen hinter den Kulissen rauszuholen, viele wollen gar nicht ins Schaufenster“, berichtet Maria – das gelte gerade für die Frauen, die hinter den Kulissen aktiv seien.
Schöpferin der Orden, Sitzungspräsidentin, Frauengarde
So, wie Jutta Hebach-Schönberger, die bei der Mainzer Freischützen-Garde bei Veranstaltungen und im Feldlager mithilft, oder Marlene Backhaus, die bei den Jakobinern die Kostüme für das Männerballett gestaltet und im Komitee sitzt. Ohne diese „Rädchen“ würde das Getriebe der Mainzer Fastnacht wahrlich stocken, ohne die Leistungen einer anderen Frau bleiben viele Hälse nackt: Petra Wagner-Behrendt kreiert seit mehr als 40 Jahren die Orden für die Mainzer Fastnacht.
![Anna Meffert (links) und Maria Weyand vor den Portraits von Frauen in der Fastnacht, in der Mitte: Petra Wagner-Behrendt. - Foto: gik](https://mainzund.de/storage/2025/02/Gardinen-Anna-und-Maria-vor-Fotoaktion-Frauen-ins-Schaufenster-seitlich-kleiner-300x202.jpg)
Auch Wagner-Behrendts Portrait hängt nun groß im Schaufenster am Schillerplatz, daneben ein Portrait der „Gardinen“ oder der Bretzenheimer „Schnattergänsjer“, die bereits seit 2013 als reine Frauengruppe Frauenpower auf die Bühne bringen. Nun macht die Fotoaktion ihre Sitzungspräsidentin und Protokollerin Anne Kusche-Schlömer (30) ebenso sichtbar wie Regisseurin Eva Müller oder die Chefin des Trommlercorps der Mombacher „Bohnegard“, Melanie Richter.
Frauen als Büttenrednerinnen oder im Vorstand von Vereinen finden sich oft eher in kleineren, oder „alternativen“ Vereinen – so wie „Dolores“ Dorothea Emmert (47), die seit 2005 im Vorstand und als Büttenrednerin beim „Närrischer Überwachungsverein Mainz e.V.“ (NÜV) aktiv ist. Oder wie Birgit Schütz, seit 1995 treibende Kraft und Ko-Moderatorin der Meenzer Drecksäcke. Bei denen wiederum Belize Hartmanshenn und Colette Vogler im Chor von „Prediger“ Peter Herbert Eisenhut singen.
Fotografin Theresa Schulz habe es geschafft, dass alle diese Frauen sich vor der Kamera wohlgefühlt und ihre beste Seite gezeigt hätten, schwärmte Anna Meffert – die 34 Jahre alte Schulz hatte gerade erst vor einem Jahr das Traditionsgeschäft „Foto Rimbach“ als Inhaberin übernommen. „Wir sind uns bewusst, dass wir hier nur einen kleinen Querschnitt an engagierten Frauen in der Meenzer Fassenacht zeigen“, sagt Meffert noch“: „Es gibt noch viele Weitere!“
Info& auf Mainz&: Mehr zu Fastnacht aus und in Frauenhand könnt Ihr auch hier bei Mainz& in unserem Bericht über die erste GCVrau nachlesen.