Er war ein legendärer Redner, zeichnete Motivwagen und wurde im Alter zum Chronisten der Mainzer Fastnacht: Heute, am 12. Juni 2025, wäre Rudi Henkel 100 Jahre alt geworden. Der „Mainzer mit Leib und Seele“ war einer der markantesten und wichtigsten Köpfe der Mainzer Fastnacht: Als Präsident führte er den Mainzer Carnevals-Verein (MCV) in den Jahren 1981 bis 1991 aus einer tiefen Krise. Im März 2021 erlag Henkel mit 95 Jahren den Folgen einer Coronainfektion, die er sich ausgerechnet in einem Krankenhaus zugezogen hatte. Der MCV will am 12. Juni Rudi Henkel an seinem Grab Ehren, auch eine Ausstellung im Fastnachtsmuseum erinnert an die Fastnachtslegende.

Rudi Henkel wurde 1925 in Mainz-Weisenau geboren, nach dem Abitur am heutigen Rabanus-Maurus-Gymnasium wurde er 1943 Soldat und begann nach seiner Rückkehr 1946 an der Johannes Gutenberg-Universität ein Medizinstudium. 1952 eröffnete er eine eigene Zahnarztpraxis in Weisenau, die bis heute von seinen Kindern weitergeführt wird. Auf der Fastnachtsbühne machte sich Henkel schnell einen Namen als Redner, seine geschliffenen Reime gehörten zum Besten, was die Mainzer Fastnacht je gesehen hat.
Legendär ist bis heute sein Auftritt als „Professor für Kappologie“ bei „Mainz bleibt Mainz“ im Jahr 1989 – im SWR erzählte er einmal, wie er darauf gekommen war. Im Saal sei es damals mucksmäuschenstill gewesen, erinnerte sich in dem Film Fastnachtssänger Thomas Neger: „Ich habe noch nie einen Beitrag gesehen, der so gebannt verfolgt wurde.“
Legendärer Redner und Verseschmied, Buchautor und Mainzkenner
Henkel schlug seine Zuhörer in den Bann, und das bis ins hohe Alter. Noch 2015 stand er als „Dombetrachter“ in der Bütt, kaum einer brachte das Mainzer Lebensgefühl und die Lebensart der politisch-literarischen Fastnacht so prägnant auf den literarischen Punkt wie Henkel. Nach seiner Pensionierung als Zahnarzt schrieb er Bücher, saß „Nacht(s) am Fastnachtsbrunnen“, und brachte literarisch die Figuren des Mainzer Wahrzeichens zum Sprechen. Immer an Fastnachtsdonnerstag hielt er einen zeitkritisch-humoristischen Vortrag im Landesmuseum.

2018 war es Rudi Henkel, der die Laudatio auf Margit Sponheimer hielt, als die Stadt Mainz die Fastnachtssängerin zur Ehrenbürgerin der Stadt machte. Zu seinem 90. Geburtstag brachten ihm natürlich die Meenzer Schwellköpp ein Ständchen – es war Henkel, der den überdimensionalen Pappfiguren ihren Namen gegeben hatte. Der Ur-Mainzer war ein wahres Multitalent: Henkel war Autor und Redenschreiber, er zeichnete die Entwürfe für die Mainzer Motivwagen und war im hohen Alter längst selbst eine Fastnachtslegende.
„Rudi Henkel war ein Ausnahmetalent, Botschafter und Chronist der Mainzer Fastnacht“, sagt der heutige Präsident des Mainzer Carneval Verein (MCV), Hannsgeorg Schönig, über seinen Vorgänger. Denn Henkel übernahm 1981 das Präsidentenamt des MCV, das er zehn Jahre lang ausfüllte, es waren turbulente Jahre: „Mit einem engagierten Team gelang es ihm, den Verein vor der Pleite zu bewahren“, erinnert sich Schönig. Höhepunkt seiner Amtszeit war das 150-jährige Jubiläum des Vereins im Jahr 1988.
Henkel: Wortakrobat, Geschichtenerzähler – und MCV-Retter
„Er war zehn Jahre lang Präsident des Mainzer Carneval-Vereins und hat den Verein in seiner schwersten Krise gerettet“, betont der heutige MCV-Präsident: „Über Jahrzehnte hinweg hat er den MCV mitgeprägt. Kaum jemand verkörperte die Mainzer Lebensart so sehr wie er. Er war in der Stadt bekannt, geschätzt und beliebt – über alle Vereinsgrenzen hinweg. Rudi Henkel wird immer einen Platz in unseren Herzen haben.“

Die Nachricht von Henkels Tod im März 2021 löste denn auch große Betroffenheit in ganz Mainz aus: Mit 95 Jahren starb Henkel am 24. März 2021 im Katholischen Klinikum Mainz – der Senior hatte sich im Klinikum mit dem Coronavirus infiziert. Rudi Henkel sei „stets gut gelaunt, voller Lebenslust und Tatendrang“ gewesen, ein echtes Phänomen, schrieb damals der langjährige MCV-Pressesprecher und Vorstandsmitglied Michael Bonewitz: „Er konnte so wunderbar aus dem Herzen schreiben, Meenzer Geschichten erzählen.“ Charmant und voller Humor, habe Henkel „ein unglaubliches Gedächtnis gehabt, war geschichtsbewusst, kenntnisreich und auch noch ein Wortakrobat“, schrieb Bonewitz damals: „Der Narrenhimmel weint.“
Zu seinem 100. Geburtstag will sich der MCV nun noch einmal ganz wörtlich vor seinem Ehrenpräsidenten verneigen: Am 12. Juni um 17.00 Uhr will MCV-Präsident Schönig gemeinsam mit einer MCV-Delegation an Henkels Grab in Mainz-Weisenau einen Kranz niederlegen. Es ist nicht die einzige Ehrung: Das Mainzer Fastnachtsmuseum zeigt aus Anlass seines 100. Geburtstages eine Ausstellung über Rudi Henkel. „Er war Mainzer mit Leib und Seele. In der Stadt bekannt, geschätzt und gemocht, verkörperte er die Mainzer Lebensart par excellence“, schreibt das Museum dazu: „Er war zugleich Grandseigneur
und Botschafter der Mainzer Fastnacht wie kein Zweiter.“
Die Ausstellung präsentiert zahlreiche Exponate aus dem Leben und Wirken Henkels, darunter Originalkostüme, Manuskripte, Fotografien sowie private Erinnerungsstücke. Multimediale Stationen geben Einblicke in seine legendären Büttenreden und Auftritte, die die Fastnacht über Jahrzehnte mitgeprägt haben. Die Ausstellung ist noch bis zum 11.11.2025 im Mainzer Fastnachtsmuseum zu sehen – bei der Mainzer Museumsnacht am Samstag könnt Ihr ja mal gucken gehen.
Info& auf Mainz&: Alles zur 13. Mainzer Museumsnacht am kommenden Samstag findet ihr hier bei Mainz&. Unseren Nachruf zum Tod von Rudi Henkel im Jahr 2021 könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.